Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.07.2023, RV/5100390/2022

Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen bei der Kindesmutter wegen fehlender Haushaltszugehörigkeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, vertreten durch Erwachsenenvertreter Rechtsanwalt ***R.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Ordnungsbegriff: ***OB***, betreffend die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen hinsichtlich der Zeiträume März 2020 bis Oktober 2021 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Bescheid vom forderte das Finanzamt unter Verweis auf die Bestimmungen des § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) und § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge in Höhe von insgesamt 4.166,00 Euro (FB: 2.998,00 Euro; KG: 1.168,00 Euro) zurück, welche die Beschwerdeführerin (Bf.) für ihren Sohn ***K.***, VNR: ***000***, für die Zeiträume März 2020 bis Oktober 2021 bezogen hatte.
Dies mit der Begründung, dass das Kind nicht im Haushalt der Bf. lebe. Obwohl die Bf. die überwiegenden Unterhaltskosten leiste, erhalte sie keine Familienbeihilfe, weil eine andere Person aufgrund eines gemeinsamen Haushalts mit dem Kind anspruchsberechtigt sei (§2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
Da sich das Kind der Bf. seit nicht mehr im gemeinsamen Haushalt befinde, bestehe für den angeführten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Dagegen richtete sich die Beschwerde vom , in der zur Begründung im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass die Bf. mit dem Magistrat der Stadt Linz eine Obsorgevereinbarung abgeschlossen habe. Aufgrund der Vereinbarung sei die Bf. verpflichtet, 95,00 Euro pro Monat an den Magistrat der Stadt Linz zu bezahlen. Diese Vereinbarung werde auch monatlich eingehalten. Die Bf. habe einen Großteil der FB und KG und sohin des Unterhaltes an den Magistrat der Stadt Linz geleistet, um für die Unterhaltskosten ihres Sohnes aufzukommen. Sie sei berechtigt, die Leistungen der FB als auch des KB zu beziehen. Gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967 sei jene Person berechtigt, die FB und den KB zu erhalten, welche die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trage. Die belangte Behörde habe selbst bestätigt, dass die Bf. die überwiegenden Unterhaltskosten trage.
Die Unterbringungsstelle des Sohnes sei nicht als gemeinsamer Haushalt iSd § 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 anzusehen, sonst hätte § 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967 keinen Anwendungsbereich. Im Zuge der teleologischen Auslegung sei auf den Sinn und Zweck der Norm einzugehen. Der Sinn und Zweck des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 sei, dass diejenige Person, welche die Unterhaltskosten trage, berechtigt sei, die FB und den KG zu erhalten. Aufgrund dessen, dass die Unterbringungsstelle des Sohnes keine Person iSd § 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 sei, sei der Zweck der Norm, dass die Bf., welche überwiegend die Unterhaltskosten trage, die FB und den KG erhalten solle.
Desweiteren ergebe sich der Anspruch auf FB und KG aus § 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967.
Dieser laute wie folgt: "…"
Der Sohn der Bf. sei in einer Einrichtung der ***X.*** untergebracht, jedoch nur solange die Umstände es für notwendig erachten würden. Somit sei der Sohn eine begrenzte Zeit nicht im gemeinsamen Haushalt ansässig und unterliege dem § 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967. Nach dem Informationsstand der Bf. stehe aktuell auch gerade im Raum, dass ihr Sohn wieder zu ihr zurückkehre.
Beweis: Obsorgevereinbarung vom (Beilage./C)
Offenbar sei die FB und der KG - ohne Inkenntnissetzung der Bf. - von der Einrichtung, ***X.***, bei der belangten Behörde beantragt worden:
Spätestens bei der doppelten Beantragung hätte zumindest die Bf. in Kenntnis gesetzt werden müssen. Dann wäre sie in der Lage gewesen, mit dem Magistrat der Stadt Linz in Kontakt zu treten, um die Aussetzung der Kostentragungspflicht gemäß der oben genannten Vereinbarung zu fixieren.
Tatsächlich hätte die FB und KG nicht an die ***X.*** ausbezahlt werden dürfen.
Rückforderungen in der Höhe von € 4.166,00 seien für die Bf., die nur über ein minimalstes Einkommen (in diesem Falle Witwenpension und Ausgleichszahlung) verfüge, existenzbedrohend. Die FB und der KG seien außerdem gutgläubig verbraucht worden.
Desweiteren müsse darauf hingewiesen werden, dass bei zeitnaher Mitteilung, dass die FB und der KG nicht mehr gewährt würden, ein Antrag auf Leistungen aus dem Familienhärtefonds eingebracht werden hätte können. Aufgrund der nicht erfolgten Mitteilung, dass die Bf. angeblich nicht mehr berechtigt sei, die FB und den KG zu erhalten, seien ihr Ausgleichszahlungen aus dem Familienhärtefonds entgangen.
Beweis: Screenshot Website Bundeskanzleramt vom (Beilage./D)

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Zur Begründung führte die Behörde unter Verweis auf die Bestimmungen des § 2 Abs. 2 und Abs. 3 FLAG 1967 im Wesentlichen an, dass es in der Absicht des Gesetzgebers liege, die Familienbeihilfe dem Haushalt zuzuleiten, in dem das Kind lebe. Die Familienbeihilfe solle die mit der Betreuung des Kindes verbundenen Mehrbelastungen - zumindest teilweise - ausgleichen. Die Betreuung eines Kindes stelle in jedem Fall eine vermögenswerte Leistung dar und stehe der Erfüllung der Sorgepflicht durch Geldleistungen gleich.
Es sei somit davon auszugehen, dass die Betreuung, Erziehung und Pflege eines Kindes dem Geldunterhalt des anderen Elternteiles gleichkomme und durch Leistung des reinen Geldunterhaltes keine überwiegende Leistung des Unterhaltes vorliegen könne.
Für ein Kind, das im Haushalt eines Elternteiles (Großeltern, Wahleltern, Stiefeltern oder Pflegeeltern) betreut werde, könne daher kein Anspruch auf die Familienbeihilfe aus dem Titel der überwiegenden Kostentragung vorliegen, unabhängig davon, ob und wieviel an Unterhalt geleistet werde.
Der Sohn der Bf. lebe seit als Pflegekind im gemeinsamen Haushalt mit der Pflegemutter. Die Beschwerde sei daher abzuweisen.

Mit Eingabe vom beantragte die Bf. durch ihren Erwachsenenvertreter die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).

Das Finanzamt legte in der Folge die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht vor.

Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht teilte der Magistrat der Landeshauptstadt Linz in Beantwortung eines Auskunftsersuchens mit, dass die Unterbringungskosten für den Sohn der Bf. im Streitzeitraum 196,22 Euro + USt pro Tag betrugen, sich die Bf. zu einem monatlichen Kostenersatz in der Höhe von 95,00 Euro verpflichtete und die Bf. dieser Verpflichtung seit Mai 2021 nachkommt.

Mit Eingabe vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog im Zeitraum März 2020 bis Oktober 2021 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge in der Höhe von insgesamt 4.166,00 Euro (FB: 2.998,00 Euro; KG: 1.168,00 Euro) für ihren am ***GebDat*** geborenen Sohn ***K.***.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts Linz vom wurde das Land Oberösterreich als Kinder und Jugendhilfeträger mit der gesamten Obsorge für den Sohn der Bf. betraut.
Der Sohn der Bf. ist seit im Rahmen von Betreuungsvereinbarungen zwischen dem Land OÖ vertreten durch den Magistrat Linz als Kinder- und Jugendhilfeträger einerseits und einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung andererseits über die Übertragung der Ausübung der Pflege und Erziehung bei einer Pflegefamilie haushaltszugehörig. Die Unterbringungskosten betragen monatlich ca. 5.887 Euro (196,22 Euro pro Tag) exkl. Umsatzsteuer.
In einer schriftlichen Vereinbarung mit dem Magistrat der Stadt Linz vom , GZ. *******, verpflichtete sich die Bf. zu einem monatlichen Kostenersatz in der Höhe von 95,00 Euro. Seit Mai 2021 kommt die Bf. dieser Verpflichtung nach.

2. Beweiswürdigung

Der angeführte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus den Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei. Ausgehend von den Ermittlungsergebnissen sieht das Bundesfinanzgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend geklärt an. Es liegen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht keine begründeten Zweifel vor, die durch weitere Ermittlungen zu verfolgen wären, zumal auch die Verfahrensparteien keine solchen begründeten Zweifel darlegten, dass weitere Erhebungen erforderlich und zweckmäßig erscheinen.

3. Rechtslage

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der für den Beschwerdefall maßgebenden Fassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist (§ 2 Abs. 2 FLAG 1967).

Nach Abs. 3 leg. cit sind im Sinne dieses Abschnittes Kinder einer Person
a) deren Nachkommen,
b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,
c) deren Stiefkinder,
d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).

Kinder im Sinne dieses Abschnittes sind auch Kinder, die aufgrund einer akut gefährdenden Lebenssituation kurzfristig von Krisenpflegepersonen betreut werden (Krisenpflegekinder). Krisenpflegepersonen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen, die im Auftrag des zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträgers ausgebildet und von diesem mit der vorübergehenden Pflege und Erziehung eines Kindes für die Dauer der Gefährdungsabklärung betraut wurden (§ 2 Abs. 3a FLAG 1967).

Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung (§ 2 Abs. 4 FLAG 1967).

Gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 gehört ein Kind zum Haushalt einer Person dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,
b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,
c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).

Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, daß die Mutter den Haushalt überwiegend führt (§ 2a Abs. 1 FLAG 1967).

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

4. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 184 ABGB in der seit geltenden Fassung des BGBl I Nr. 15/2013 (KindNamRÄG 2013) sind Pflegeeltern Personen, die die Pflege und Erziehung des Kindes ganz oder teilweise besorgen und zu denen eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahekommende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll. Diese Bestimmung entspricht dem bis in Geltung gestandenen § 186 ABGB (idF vor KindNamRÄG 2013), auf den § 2 Abs. 3 lit. d FLAG 1967 nach wie vor verweist. Es kann daher die zu dieser gleichlautenden Vorgängerbestimmung entwickelte Lehre und Rechtsprechung weiterhin herangezogen werden (vgl. ).

§ 184 Satz 1 ABGB gibt eine Legaldefinition der Pflegeelternschaft und umgrenzt diesen Begriff durch zwei Kriterien: Pflegeltern sind Personen, die die Pflege und Erziehung des Kindes ganz oder teilweise besorgen und die ein der leiblichen Elternschaft nahekommendes Eltern-Kind-Verhältnis aufgebaut haben bzw. die Absicht haben, ein solches herzustellen. Das Pflegeverhältnis bedarf keiner gerichtlichen Bestätigung. Die Pflegeelternschaft ist nicht zwingend an ein vertragliches Verhältnis geknüpft. Sie kann auch aus faktischen Umständen resultieren (Deixler-Hübner in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.07 § 184 Tz 3 und 5)

Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ist die Pflegeelternschaft nach § 184 ABGB kraft Gesetzes - auf die Art des Begründungsakts oder die Rechtsgrundlage dafür kommt es nicht an - gegeben, wenn die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale, nämlich einerseits die tatsächliche (gänzliche oder teilweise) Besorgung der Pflege und Erziehung im Sinn einer rechtmäßigen und regelmäßigen Betreuung, andererseits die geforderte persönliche Beziehung im Sinn des Bestehens oder zumindest der Absicht zum Aufbau einer dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern vergleichbaren emotionalen Bindung vorliegen. Beide Begriffselemente setzen in der Regel eine weitgehende Eingliederung des Kindes in den Haushalt und Lebensablauf der Pflegeeltern voraus (, mit Hinweis auf und die Materialien zum Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001, BGBl. I Nr. 135/2000, ErläutRV 296 BlgNR 21. GP 69).

Der Sohn der Bf. ist seit im Rahmen von Betreuungsvereinbarungen (Volle Erziehung) zwischen dem Land OÖ als Kinder- und Jugendhilfeträger vertreten durch den Magistrat der Landeshauptstadt Linz einerseits und einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung andererseits über die Übertragung der Ausübung der Pflege und Erziehung bei einer Pflegefamilie haushaltszugehörig.

Die Voraussetzungen für die Annahme eines Pflegschaftsverhältnisses im Verhältnis der Pflegemutter zum Sohn der Bf. sind im gegenständlichen Fall erfüllt. Es besteht kein Zweifel daran, dass aufgrund der Ausführungen in den Betreuuungsvereinbarungen und den darin dargestellten Betreuungs- und Obsorgeleistungen der Pflegemutter eine emotionale Bindung des Kindes zu dieser ähnlich jener zu seinen leiblichen Eltern besteht und damit eine persönliche Beziehung vorliegt, die an Intensität dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahekommt.

Im beschwerdegegenständlichen Zeitraum war somit der Sohn der Bf. ein Pflegekind im Sinne des § 2 Abs. 3 lit. d FLAG 1967 und konnte damit den Pflegeeltern - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - einen Beihilfenanspruch vermitteln.

§ 2 Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 stellt hinsichtlich des Familienbeihilfenanspruches primär auf die Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind ab und nur subsidiär (§ 2 Abs. 2 zweiter Satz) darauf, welche Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt. Einem Anspruch auf Familienbeihilfe im Sinne des zweiten Satzes des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 steht der ausschließliche Anspruch einer Person, bei der das Kind im strittigen Zeitraum haushaltszugehörig war, zwingend entgegen ().

Da das anspruchsvermittelnde Kind im beschwerdegegenständlichen Zeitraum bereits zum Haushalt der Pflegeeltern gehörte, scheidet ein Beihilfenanspruch der Bf. aufgrund einer allfälligen überwiegenden Kostentragung zwingend aus. Auf die Höhe der von ihr weiterhin noch getragenen Kosten im Rahmen des mit dem Magistrat der Landeshauptstadt Linz vereinbarten Kostenersatzes kommt es somit nicht an. Das Beschwerdevorbringen zur behaupteten überwiegenden Tragung der Unterhaltskosten vermag daher der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Im Übrigen kann angesichts der vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz mitgeteilten Höhe der Unterbringungskosten von 196,22 Euro pro Tag nicht davon gesprochen werden, dass die Bf. mit dem ab Mai 2021 geleisteten monatlichen Kostenersatz in der Höhe von 95,00 Euro tatsächlich überwiegend zum Unterhalt beigetragen hätte.

Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Für den Anspruch auf Familienbeihilfe kommt es dabei in erster Linie auf die faktische Haushaltszugehörigkeit an. Nicht von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Meldung nach dem Meldegesetz, auf die sich die Beschwerdeführerin berufen hat. Polizeiliche Meldebestätigungen sind nicht geeignet, einen vollen Beweis über die tatsächlichen Verhältnisse zu liefern, ebenso wie das Unterbleiben einer polizeilichen Meldung kein unwiderlegbares Indiz dafür ist, dass das Kind nicht beim Anspruchswerber wohnt ( mit Hinweis auf ).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt die Beantwortung der Frage, mit welcher Person ein Kind die Wohnung im Sinne des § 2 Abs. 5 FLAG 1967 teilt, ganz wesentlich davon ab, in wessen Wohnung das Kind regelmäßig nächtigt, und zwar jedenfalls dann, wenn die betreffende Person die üblicherweise mit diesen Nächtigungen in Zusammenhang stehenden altersadäquaten Betreuungsmaßnahmen (z.B. Sorgetragung für morgendliche und abendliche Körperpflege oder Begleitung zur Schule) erbringt ().

Dass der Sohn der Bf. im Streitzeitraum bei den Pflegeeltern wohnte und nächtigte, wird auch von der Bf. nicht in Abrede gestellt.
In Anbetracht des dauerhaften Charakters der Unterbringung des Sohnes der Bf. bei der Pflegefamilie ist aber auch nicht zweifelhaft, dass kein Fall des § 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967 (nur vorübergehender Aufenthalt außerhalb der gemeinsamen Wohnung) vorliegt (vgl. ). Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen erweist sich daher als nicht berechtigt.

Was der Gesetzgeber unter "einheitlicher Wirtschaftsführung" im Sinne des § 2 Abs. 5 FLAG 1967 versteht, ist weder den Materialien zum Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (549 der Beilagen XI. GP), noch den Materialen zu den Vorläufergesetzen (45 der Beilagen VI. GP zum Kinderbeihilfengesetz vom , BGBl. Nr. 31/1950 und 419 der Beilagen VII. GP zum Familienlastenausgleichsgesetz vom , BGBl. Nr. 18/1955) zu entnehmen. Voraussetzung für die Haushaltszugehörigkeit eines Kindes ist nach herrschender Ansicht eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft. Eine einheitliche Wirtschaftsführung setzt voraus, dass die Kinder im Rahmen der dem Haushalt zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend bedacht und damit der elterlichen (im gegenständlichen Fall: pflegeelterlichen) Obsorge teilhaft werden (vgl. ). Nicht maßgebend ist in diesem Zusammenhang, wer die Mittel für die Führung des Haushaltes zur Verfügung stellt. Diese Mittel können demnach auch von Personen, die dem Haushalt nicht angehören, stammen. Es kommt lediglich darauf an, dass über diese Mittel im Rahmen der "einheitlichen Wirtschaftsführung" verfügt wird. Die Bedürfnisse des Kindes müssen daher in dieser einheitlichen Wirtschaftsführung entsprechend Berücksichtigung finden (Wittmann-Galletta, Kommentar zu § 2 FLAG, Seite 11). Auch aus dem Vorrang der Haushaltszugehörigkeit vor der Kostentragung in § 2 Abs. 2 FLAG 1967 ergibt sich, dass eine gemeinsame Wirtschaftsführung nicht voraussetzt, dass die finanziellen Mittel, die im Haushalt zur Verfügung stehen und verwendet werden, auch von der haushaltsführenden Person selbst erarbeitet werden müssen. Vielmehr ist die Herkunft der finanziellen Mittel nicht ausschlaggebend und spielt es daher keine Rolle, ob diese durch eigenes Erwerbseinkommen, Transfer- oder Unterstützungsleistungen von Versicherungen, der öffentlichen Hand oder dritten Personen oder aus vorhandenem Vermögen lukriert werden. Entscheidend ist ausschließlich, ob die im Haushalt vorhandenen finanziellen Mittel für das gemeinsame Zusammenleben verwendet werden.

Die finanziellen Aufwendungen der Bf. für das Kind (Kostenersatz in der Höhe von monatlich 95,00 Euro seit Mai 2021) ändern daher nichts daran, dass das Kind im Rahmen der dem pflegeelterlichen Haushalt zur Verfügung stehenden Mittel im Streitzeitraum entsprechend bedacht und damit der pflegeelterlichen Obsorge teilhaft wurde.

Im beschwerdegegenständlichen Zeitraum vermittelte der Sohn der Bf. daher aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Haushalt der Pflegeeltern diesen einen Beihilfenanspruch, der einen von der Bf. ins Treffen geführten Anspruch aufgrund überwiegender Kostentragung ausschließt. Dabei normiert die Bestimmung des § 2a Abs. 1 FLAG 1967 einen vorrangigen Anspruch der Pflegemutter, die nach den Anmerkungen in der Beihilfendatenbank der Behörde seit März 2020 auch die Familienbeihilfe für das Kind bezieht.

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ergibt sich eine rein objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs von Familienbeihilfe an, also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug. Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienbeihilfe, gutgläubiger Empfang oder gutgläubige Verwendung der Beihilfe, sind nach ständiger Rechtsprechung des VwGH für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg.), FLAG2, § 26 Rz 12 f und die dort angeführte Judikatur).

Mitteilungen über den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag gemäß § 12 FLAG 1967 stehen einer Rückforderung gemäß § 26 FLAG 1967 nicht entgegen. Einer Rückforderung stünde auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden wäre ().

Daraus folgt, dass aufgrund fehlender Anspruchsvoraussetzungen die für die Zeiträume März 2020 bis Oktober 2021 zu Unrecht zuerkannten Beträge bei der Bf. zurückzufordern waren.

Aus den angeführten Gründen war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

5. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at