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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.06.2023, RV/7102384/2020

Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin I. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I.Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

In der Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) Begräbniskosten in Höhe von € 8.968,28 für ihr im Jahr 2018 verstorbenes Kind als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Das Finanzamt erließ den Vorhalt vom . Darin heißt es:

"Sie werden neuerlich ersucht den Verlassenschaftsbeschluß (mit Bekanntgabe der Aktiva !) nachzureichen - ohne diesen können die beantragten Begräbniskosten nicht berücksichtigt werden."

Im Einkommensteuerbescheid 2018 ließ das Finanzamt die Begräbniskosten nicht zum Abzug zu, weil die angeforderten Unterlagen nicht vorgelegt worden seien.

Die dagegen erhobene Beschwerde richtet sich gegen die Nichtberücksichtigung der Begräbniskosten. Die Bf. habe die Begräbniskosten für ihr Kind bezahlt. Die Belege seien bereits beim Schalter abgegeben worden, würden aber nochmals beigelegt. Demnach setzten sich laut Bf. die € 8.968,28 wie folgt zusammen:

1. Anzahlung Bestattung 2.000,00

2. Rechnung der Bestattung € 3.991,64, bestehend aus den Teilpositionen
"Leistungen der Bestattung" im Gesamtbetrag € 1.952,94 sowie
"Auslagen, die für Sie bezahlt wurden", dies waren
-Bestattung Wien-Abholung € 728,40
- Standesamt - Sterbeurkunde € 9,30
- Friedhofsgebühr- Arbeitsgebühren € 763,00
- Priester € 148,00
- Kremation € 330,00
-Blumen, Urnenkranz € 60,00.
In der Rechnung war die Anzahlung von € 2.000,00 in Abzug gebracht und wurde der Restbetrag von € 1.991,64 zur Zahlung vorgeschrieben.

3. Rechnung Friedhöfe Wien ("Friedhofsverwaltung") € 763,00

4. Bestattungskostenbeitrag (Bundesstempelgebühr) € 14,30

5. Bestattung (Zahlungsbeleg) € 1.991,64

6. Rechnung Totenmahl € 222,00

In der abweisendenBeschwerdevorentscheidung (BVE) hielt das Finanzamt fest, dass Begräbniskosten nur insoweit eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden, als sie nicht aus dem Nachlass bestritten werden könnten. Da die Bf. weder die Verlassenschaftsabhandlung noch die Einantwortungsurkunde vorgelegt habe, sei nicht zu ermitteln gewesen, ob bzw. in welcher Höhe die Aktiva (Nachlass) vorhanden seien.

Die Bf. brachte den von ihr als "Beschwerde" bezeichneten Vorlageantrag ein. Laut beigelegtem Gerichtsbeschluss waren Nachlassaktiva in Höhe von € 805,52 vorhanden, die der Bf. aufgrund der Überschuldung des Nachlasses an Zahlungs statt überlassen wurden.

Im Vorlagebericht hielt das Finanzamt fest, dass der Bf. der Abzug der Begräbniskosten dem Grunde nach zustehe. Strittig sei die Höhe. Nachgewiesen seien laut Finanzamt Aufwendungen in Höhe von € 4.213,64 (Bestattungsinstitut (€ 3.991,64) und Totenmahl (€ 222,00)). Die Höhe der Kosten für die Bestattung seien auch im Gerichtsbeschluss mit € 3.991,64 beziffert.

Das Finanzamt legte unter Bezugnahme auf die einzelnen Teilpositionen dar, dass Aufwendungen doppelt geltend gemacht worden seien (Anm.: Pkt. 2, Pkt. 3) bzw. kein Beleg (Anm.: Pkt. 4) vorhanden sei.

Es beantragte, Begräbniskosten in Höhe von € 3.408,12 (€ 4.213,64 abzgl. € 805,52) als außergewöhnliche Belastung zum Abzug zuzulassen.

Gegen die Ausführungen im Vorlagebericht brachte die Bf. keine Einwendungen vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Berechtigung der Bf. zum Abzug der Begräbniskosten steht dem Grunde nach außer Streit. Strittig ist die Höhe des abziehbaren Betrages.

Die Bf. machte Begräbniskosten in Höhe von € 8.968,28 für ihr 2018 verstorbenes Kind geltend. Sie legte im weiteren Beschwerdeverfahren die Belege für die Aufwendungen und den Gerichtsbeschluss vor.

Die Begräbniskosten haben insgesamt € 3.991,64 betragen (Rechnung Pkt. 5, Gerichtsbeschluss). Die Bf. hat sie mit der Anzahlung in Höhe von € 2.000,00 (Pkt. 1) sowie die Zahlung von € 1.991,64 (Zahlungsbeleg, Pkt. 5) beglichen. Der Abzug der € 3.991,64 als außergewöhnliche Belastung steht außer Streit. Ebenso sind die Aufwendungen für das Totenmahl (€ 222,00, Pkt. 6) unstrittig.

Die Bestattungskosten laut Pkt. 1 (Anzahlung € 2.000,00) und Pkt. 5 (€ 1.991,64) wurden durch die nochmalige Geltendmachung in Pkt. 2 (€ 3.991,64) doppelt geltend gemacht.

Die vorerst von der Bestattung bezahlten Kosten für die Friedhofsverwaltung (€ 763,00, Pkt. 3) sind in der Rechnung der Bestattung (Pkt. 2, Gesamtbetrag € 3.991,64) enthalten.

Für die Bundesstempelgebühr von € 14,30 (Pkt. 4) liegt kein Zahlungsbeleg vor.

Bei der Verstorbenen waren Aktiva von € 805,52 vorhanden.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt basiert auf dem vorliegenden Akteninhalt, den Vorbringen der Parteien und insbesondere auf den von der Bf. vorgelegten Unterlagen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung

Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1.Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2.Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3.Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Die Belastung ist gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Die Belastung erwächst gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Die Belastung beeinträchtigt gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen

von höchstens 7 300 Euro 6%.

mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro 8%.

mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro 10%.

Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt …

Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind gemäß § 34 Abs. 5 EStG 1988 als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.

Begräbniskosten gehören zu den bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten (§ 549 ABGB). Sie sind vorrangig aus vorhandenen Nachlassaktiva zu bestreiten. Ist kein ausreichender Nachlass vorhanden, haften hierfür grundsätzlich die Unterhaltsverpflichteten des Verstorbenen.

Begräbniskosten bilden insoweit keine außergewöhnliche Belastung, als sie in den Nachlassaktiva (Verkehrswerten) Deckung finden (; , 84/14/0040; ; , RV/2100553/2016 zu Grundstücken) [Peyerl in Jakom EStG, 16. Aufl. (2023), § 34, Rz. 90, "Begräbniskosten"].

Im gegenständlichen Fall hat die Bf. tatsächliche Zahlungen für Begräbniskosten in Höhe von € 3.991,64 sowie das Totenmahl (€ 222,00), zusammen somit € 4.213,64, geleistet. Diese Kosten sind durch Nachlassaktiva in Höhe von € 805,52 gedeckt, die der Bf. an Zahlungs statt überlassen wurden. Die nach Abzug der Nachlassaktiva verbleibenden € 3.408,12 stehen der Bf. als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt zu.

Wie bereits im Sachverhalt festgehalten, wurden die Begräbniskosten von € 3.991,64 doppelt geltend gemacht und konnten daher nur einmal als außergewöhnliche Belastung in Abzug gebracht werden. In diesem Betrag sind auch schon die von der Bf. nochmals geltend gemachten € 763,00 für Friedhofsgebühren enthalten und können nicht neuerlich abgezogen werden. Die Bundesstempelgebühren (€ 14,30) konnten mangels Zahlungsbeleg nicht zum Abzug zugelassen werden.

Nach all dem Gesagten war der Beschwerde der Bf. teilweise Folge zu geben. Anstatt der beantragten € 8.968,28 sind nunmehr € 3.408,12 als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt in Abzug zu bringen. Der Beschwerde war daher teilweise Folge zu geben.

3.2. Zur Un/Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die vorliegende Entscheidung wurde im Rahmen der freien Beweiswürdigung durch Beurteilung der Parteienvorbringen sowie der vorgelegten Unterlagen getroffen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Beilagen:
1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
außergewöhnliche Belastung
Nachlassaktiva
Begräbniskosten
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102384.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at