Für den Pauschbetrag wegen eigener Behinderung und Behinderung der Ehegattin genügen der slowakische Behindertenausweis und der Bezug einer slowakischen Invalidenpension nicht als Nachweis.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Regina Vogt in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018, 2019 und 2020, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird für die Jahre 2018 im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom gemäß § 279 BAO teilweise stattgegeben. Dem Beschwerdeführer steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag i.H. von € 494.- zu.
II. Der Beschwerde wird für das Jahr 2019 gemäß § 279 BAO teilweise stattgegeben. Dem Beschwerdeführer steht der Alleinverdienerabsetzbetrag in nicht indexierter Höhe gem. § 33 Abs. 4 EStG 1988 idF BGBl. I 135/2022, somit € 494.- statt bisher 316,65, und der Familienbonus Plus gem. § 33 Abs. 3a Zif. 1 lit. b EStG 1988 idF BGBl. I 135/2022 in der zum nicht indexierten Höhe von monatlich € 41,68, somit € 500,16 statt bisher € 320,64, zu.
III. Der Beschwerde wird für das Jahr 2020 gemäß § 279 BAO teilweise stattgegeben. Dem Beschwerdeführer steht der der Familienbonus Plus gem. § 33 Abs. 3a Zif. 1 lit. b EStG 1988 idF BGBl. I 135/2022 in der zum nicht indexierten Höhe von monatlich € 41,68 für sieben Monate, somit 291,16 statt bisher 187,04, zu.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben ist der Berechnung am Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen.
IV. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf.) war in den beschwerdegegenständlichen Jahren 2018, 2019 und 2020 in Österreich beschäftigt.
Der Familienwohnsitz befand sich auch damals in der Slowakei.
In den Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung für diese Jahre machte er jeweils außergewöhnliche Belastungen geltend, und zwar den Pauschbetrag wegen eigener körperlicher Behinderung von 50% sowie Mehraufwendungen für Krankendiätverpflegung.
In den Jahren 2019 und 2020 machte er überdies einen Pauschbetrag wegen Behinderung der Ehegattin von 72% geltend.
Mit Vorhalt vom und Erinnerungsschreiben vom wurde der Bf. aufgefordert, "den Bescheid betreffend Erwerbsminderung und Magendiät vorzulegen."
In den Bescheiden vom wurden keine außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigt, da "die abverlangten Unterlagen nicht vorgelegt worden seien".
In der als Wiederaufnahme bezeichneten Beschwerde vom legte der Bf. folgende Unterlagen vor:
Bestätigung der Sozialversicherungsanstalt Bratislava vom , wonach der Grad der Behinderung weiterhin 50% betrage
Bescheid der Sozialversicherungsanstalt Bratislava vom betr. Zuerkennung einer Invalidenrente ab inklusive des ärztlichen Befundes, der zu deren Zuerkennung führte
Formulare E9 betr. 2016-2020, wonach der Bf. in der Slowakei in diesen Jahren keine Einkünfte bezog
Formular E9, wonach als Steuerbemessungsgrundlage betr. seine Ehefrau folgende Beträge angegeben wurden
2018: € 1.734,72
2019: € 5.125,12
2020: € 6.257,73
Er beantragte, soweit es das gegenständliche Verfahren betrifft, für 2018, 2019 und 2020 den Alleinverdienerabsetzbetrag, den Pauschbetrag wegen eigener Behinderung von 50% und jenen für seine Ehefrau wegen Behinderung von "über 70%".
Mit Vorhalt vom wurde dem Bf. folgendes mitgeteilt:
Die Behinderung und ihr Ausmaß sind durch eine amtliche Bescheinigung der folgenden zuständigen Stellen nachzuweisen:
• Landeshauptfrau oder Landeshauptmann bei Empfängerinnen und Empfängern einer Opferrente
• Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
• Sozialministeriumservice in allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art
Der Nachweis kann auch durch einen Behindertenpass bzw. durch einen abschlägigen Bescheid darüber (aus dem der Grad der Behinderung ersichtlich ist) erfolgen. Der Behindertenpass bzw. Bescheid wird vom Sozialministeriumservice ausgestellt.
Für die im Betreff angeführten Veranlagungsjahre wurde keine der voranstehend genannten Unterlagenbzw. Nachweise beigelegt. Andere Unterlagen berechtigen nicht zum Abzug der behinderungsbedingten Pauschalbeträge.
Sollte einer der benötigten Nachweise vorhanden sein, ist dieser dem Antwortschreiben beizulegen.
Mit Vorhaltsbeantwortung vom legte der Bf. eine Bestätigung der slowakischen Sozialversicherungsanstalt vom vor, wonach unter Hinweis auf eine ärztliche Untersuchung am das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit weiterhin 50% betrage.
Weiters wurde die Kopie des slowakischen Behindertenausweises vorgelegt.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde der Beschwerde betreffend 2018 und 2019 teilweise stattgegeben und der Alleinverdienerabsetzbetrag gewährt. Im Jahr 2019 betrug dieser in der zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung geltenden Rechtslage € 316,65 (indexiert gem. § 33 Abs. 4 Zif. 4 EStG 1988 idf BGBl I 2018/62).
Der Pauschbetrag wegen eigener Behinderung und Behinderung der Ehefrau wurde mit der Begründung, dass keine Unterlagen iS des Vorhaltes vom vorgelegt worden seien, abgewiesen.
Für 2020 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Hinsichtlich des beantragten Alleinverdienerabsetzbetrages wurde darauf hingewiesen, dass die Ehefrau des Bf. im Jahr 2020 steuerpflichtige Einkünfte über € 6.000.- bezogen habe.
Der Pauschbetrag wegen eigener Behinderung und Behinderung der Ehefrau wurde wiederum mit der Begründung, dass keine Unterlagen iS des Vorhaltes vom vorgelegt worden seien, abgewiesen.
Am und am legte der Bf. via FinanzOnline wiederum die Bestätigung der slowakischen Sozialversicherungsanstalt vom und seinen slowakischen Behindertenausweis vor.
Das Anbringen vom wurde von der belangten Behörde als Vorlageantrag gewertet.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Bf. war in den Jahren 2018, 2019 und 2020 in Österreich beschäftigt.
Der Familienwohnsitz befand sich in der Slowakei.
Der Bf. war in diesem Zeitraum verheiratet und bezog für ein Kind (geb. ***Datum***.1998) Familienbeihilfe bzw. eine Differenzzahlung (im Jahr 2020 von Juni 2020 bis Dezember 2020, sohin für 7 Monate).
In der Slowakei erzielte er keine Einkünfte, seine Ehefrau hingegen im Jahr 2018 € 1.734,72, 2019 € 5.125,12 und 2020 € 6.257,73.
In der Slowakei galt er lt. den dort geltenden Rechtsvorschriften bereits seit dem Jahr 2012 als zu 50% behindert und bezog eine Invalidenrente. Er besitzt einen slowakischen Behindertenausweis.
2. Beweiswürdigung
Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.
Gem. § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.
Gem. § 115 Abs. 1 BAO wird diese Verpflichtung durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht der Abgabepflichtigen, wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten, eingeschränkt.
Gemäß § 119 Abs 1 BAO ergibt sich die Verpflichtung eine Offenlegungspflicht nach Maßgabe der Abgabenvorschriften.
Gemäß § 138 Abs. 1 BAO haben Abgabepflichtige auf Verlangen der Abgabenbehörde in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht gemäß § 119 BAO zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen.
Gemäß § 138 Abs. 2 BAO sind auf Verlangen Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere, Schriften und Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen, soweit sie für den Inhalt der Anbringen von Bedeutung sind.
Gem. § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrensnach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat eine Beschwerdevorentscheidung die Wirkung eines Vorhaltes ().
Dem Bf. wurde mit Vorhalt vom15.9.2021, Erinnerungsschreiben vom , Vorhalt vom und letzlich den Beschwerdevorentscheidungen vom die Möglichkeit eingeräumt, die dort angesprochenen Unterlagen vorzulegen. Insbesondere wurde er auch darauf hingewiesen, dass der Behindertenpass vom Sozialministeriumservice ausgestellt wird.
Bezüglich des für sich selbst beantragten Pauschbetrages wegen Behinderung gem. § 35 EStG 1988 wurden nur die in den Entscheidungsgründen dargestellten Schreiben der slowakischen Sozialversicherungsanstalt übermittelt.
Bezüglich der vom Bf. behaupteten Minderung der Erwerbsfähigkeit seiner Ehefrau von "über 70%" wurden keine Unterlagen vorgelegt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
§ 34 EStG 1988 normiert auszugsweise:
(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen
von höchstens 7 300 Euro …………………………………………………………….……6%.
mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro ………………………….………………………8%.
mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro …………………………......................10%
mehr als 36 400 Euro ……………………………………………..………………………..12%.
Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht
wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt
für jedes Kind (§ 106).
(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.
(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:
[…]
Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.
§ 35 EStG 1988 lautet auszugsweise:
(1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen
durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
[…]
und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.
(2) Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen, z
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
(3) Es wird jährlich gewährt
bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von ein Freibetrag von Euro
25% bis 34%.. 124
35% bis 44%.. 164
45% bis 54% ..401
55% bis 64%.. 486
65% bis 74%.. 599
75% bis 84%.. 718
85% bis 94%.. 837
ab 95%.. 1.198.
(7) Der Bundesminister für Finanzen kann nach den Erfahrungen der Praxis im Verordnungsweg Durchschnittssätze für die Kosten bestimmter Krankheiten sowie körperlicher und geistiger Gebrechen festsetzen, die zu Behinderungen im Sinne des Abs. 3 führen.
(8) Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat mit ausdrücklicher Einwilligung der betroffenen Person dem zuständigen Finanzamt und dem Arbeitgeber, der Bezüge aus einer gesetzlichen Sozialversicherung oder Ruhegenussbezüge einer Gebietskörperschaft im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1, 3 oder 4 auszahlt, die vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen gespeicherten und für die Berücksichtigung von Freibeträgen im Sinne der Abs. 1 bis 3 und 7 erforderlichen personenbezogenen Daten elektronisch zu übermitteln. Die Übermittlung der genannten personenbezogenen Daten ist auch hinsichtlich jener Personen zulässig, die einen Freibetrag im Sinne der Abs. 1 bis 3 und 7 bereits beantragt haben. Die Datenübermittlung ersetzt für den betroffenen Steuerpflichtigen den Nachweis gemäß Abs. 2 und die Bescheinigung gemäß § 62 Z 10. […]
§ 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 (idF BGBl. II Nr. 430/2010) lautet:
(1) Als Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei
Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids 70 Euro
Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit 51 Euro
Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit 42 Euro
pro Kalendermonat zu berücksichtigen. Bei Zusammentreffen mehrerer Krankheiten ist der höhere Pauschbetrag zu berücksichtigen.
(2) Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von weniger als 25% sind die angeführten Beträge ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten nach Abzug des Selbstbehaltes gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 zu berücksichtigen.
Zu den außergewöhnlichen Belastungen, die gemäß § 34 Abs. 6 EStG 1988 ohne Berücksichtigung des Selbstbehalts nach Abs. 4 abgezogen werden können, zählen u.a. behinderungsbedingte Mehraufwendungen iSd § 35 Abs. 1 EStG 1988. Das Ausmaß des Freibetrags bestimmt sich dabei nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. nach dem Grad der Behinderung (§ 35 Abs. 2 und 3 EStG 1988). Nach § 35 Abs. 2 EStG 1988 sind sowohl die Tatsache der Behinderung als auch das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. der Grad der Behinderung durch eine amtliche Bescheinigung (bzw. elektronische Übermittlung iSd § 35 Abs. 8 EStG 1988) der zuständigen Stelle nachzuweisen. Diese ist - abgesehen von im vorliegenden Fall nicht relevanten Ausnahmen - regelmäßig das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (nunmehr kurz: Sozialministeriumservice). Dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff BBG bzw. durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen (vgl. ). Die Abgabenbehörde hat ihrer Entscheidung die jeweils vorliegende amtliche Bescheinigung zu Grunde zu legen (vgl. ).
Die Feststellung einer Behinderung und ihres Ausmaßes der Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. des Grades der Behinderung, ist somit nicht von der Abgabenbehörde, sondern bindend vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zu treffen.
Der Bf. beantragte in den Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung zunächst auch den Ersatz von Mehraufwendungen wegen "Diät". In der Beschwerde werden nur mehr der Pauschbetrag wegen Behinderung für sich und die Ehefrau sowie der Alleinverdienerabsetzbetrag beantragt.
Das Bundesfinanzgericht geht daher davon aus, dass nur mehr diese Positionen strittig sind.
Nach dem oben Gesagten wären jedoch auch die Mehraufwendungen für eine Krankendiätverpflegung nur dann als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, wenn die zu Grunde liegende Krankheit durch das Sozialministeriumservice festgestellt würde.
Der Bf. hat ausschließlich slowakische Dokumente vorgelegt.
Diese sind nach der ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift des § 35 Abs. 2 EStG 1988 sowie nach der dazu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Obersten Gerichtshofes nicht ausreichend, um die Art und das Ausmaß der Behinderung nachzuweisen und somit einen Anspruch auf den Pauschbetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu begründen (siehe auch betr. Bezüge einer ungarischen Rentenkasse).
Der Bf. ist der mehrfachen Aufforderung des Finanzamtes, eine derartige Bescheinigung vorzulegen, nicht nachgekommen.
Die von einer slowakischen Behörde ausgestellte Bescheinigung über einen Behinderungsgrad bewirkt in Österreich nicht automatisch die Zugehörigkeit zum Kreis begünstigter Behinderter.
Gleiches gilt für die von der slowakischen Sozialversicherungsanstalt gewährte Invalidenrente.
Gemäß § 35 Abs. 1 EStG 1988 steht dem Steuerpflichtigen ein Freibetrag (Abs. 3) zu, wenn er außergewöhnliche Belastungen bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners (§106 Abs. 3) hat und er keine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindengeld) erhält.
Zuständige Stelle ist auch in diesem Fall gemäß § 35 Abs. 2 Z 2 EStG das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmung ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
Mangels geeigneter Nachweise muss der begehrten Berücksichtigung der Behinderung sowohl des Bf. als auch der Ehegattin der Erfolg versagt werden.
Hinsichtlich des Alleinverdienerabsetzbetrages ist folgendes auszuführen:
Nach § 33 Abs 4 EStG 1988 steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich
- bei einem Kind (§ 106 Abs 1) 494 Euro,
…………………
…………………..
Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben.
Voraussetzung ist, dass der (Ehe-)Partner (§ 106 Abs 3) Einkünfte von höchstens € 6.000.- jährlich erzielt.
Die nach § 3 Abs 1 Z 4 lit a, weiters nach § 3 Abs 1 Z 10, 11 und 32 und auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreien Einkünfte sind in diese Grenzen mit einzubeziehen, wohingegen andere steuerfreie Einkünfte nicht zu berücksichtigen sind.
Aus § 33 Abs. 4 EStG 1988 geht klar hervor, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag nur zusteht, wenn die Einkünfte des Partners im Veranlagungsjahr unter 6.000 Euro liegen.
Unstrittig ist, dass der Bf. in den beschwerdegegenständlichen Jahren verheiratet war und für ein Kind Familienbeihilfe bzw. eine Differenzzahlung bezogen hat.
In den Jahren 2018 und 2019 bezog die Ehefrau des Bf. Einkünfte unter € 6.000.-.
Für diese Jahre steht daher der Alleinverdienerabsetzbetrag jedenfalls zu und zwar für 2018 in der bereits in der Beschwerdevorentscheidung vom gewährten Höhe von € 494.-. Für 2019 wurde er jedoch, ebenfalls in der Beschwerdevorentscheidung vom , nur in indexierter Höhe von € 316,65 gewährt.
Mit BGBl I 135/2022 hob der Gesetzgeber aufgrund des EuGH-Urteils v , C-328/20, zur Unionsrechtswidrigkeit der Indexierung von Familienleistungen die in § 33 Abs 3, Abs 3a Z 2 und 5, Abs 4 Z 4 und 5 und Abs 7 Z 2 EStG 1988 enthaltenen Regelungen iZm der Indexierung von Kinderabsetzbetrag, AVAB, AEAB und Unterhaltsabsetzbetrag sowie Kindermehrbetrag auf. Abs 3 idF vor BGBl I 135/2022 entfiel rückwirkend auf. Dem Bf. seht daher, entgegen der Beschwerdevorentscheidung vom für 2019 der Alleinverdienerabsetzbetrag in der nicht indexierten Höhe des § 33 Abs. 4 EStG 1988, somit in Höhe von € 494.- zu.
In der Beschwerdevorentscheidung vom , der Vorhaltcharakter zukommt, wurde der Alleinverdienerabsetzbetrag mit der Begründung nicht gewährt, dass die Ehefrau steuerpflichtige Einkünfte von über € 6.000.- bezogen habe. Grundlage dafür war das vom Bf. übermittelte Formular E) der slowakischen Steuerbehörden.
Dieser Feststellung wurde vom Bf. im weiteren Verfahren nicht entgegengetreten.
Das Bundesfinanzgericht legt daher seiner Entscheidung ebenfalls diese Tatsache zu Grunde, sodass daher für das Jahr 2020 kein Alleinverdienerabsetzbetrag zusteht.
Der Familienbonus Plus gem. § 33 Abs. 3a Zif. 1 lit.b ( € 41, 68 monatlich für ein Kind, für das Familienbeihilfe gewährt und das das 18. Lebensjahr bereits vollendet hat) steht auf Grund des bereits oben erwähnten EuGH-Urteils v , C-328/20 für die Jahre 2019 und 2020 ebenfalls in nicht indexierter Höhe zu. Er beträgt daher für
2019: € 500,16 (41,68x12) statt bisher 316,65 und für
2020: € 291,76 (41,68x7, Bezug einer Differenzzahlung von Juni 2020 bis Dezember 2020) statt bisher € 187,04.
Der Bescheid betr. Einkommensteuer 2018 vom bleibt im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom unverändert.
Die Bescheide betreffend 2019 und 2020 werden wie folgt abgeändert:
2019:
Gesamtbetrag der Einkünfte………………………..20.413,56
Sonderausgaben………………………………………………….60,00
Einkommen………………………………………………….20.353,56
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge……………….2.573,75
Familienbonus Plus…………………………………………….-500,16
Alleinverdienerabsetzbetrag………………………………-494,00
Verkehrsabsetzbetrag………………………………………..-400,00
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge………………1.179,59
Steuer sonstige Bezüge………………………………………….17,18
Anrechenbare Lohnsteuer………………………………..-3.652,29
Gutschrift…………………………………………………………..2,455,52
2020:
Gesamtbetrag der Einkünfte………………………….14.653,49
Sonderausgaben………………………………………………….-60,00
Einkommen……………………………………………………14.593,49
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge…………………..718,70
Familienbonus Plus…………………………………………….-291,76
Verkehrsabsetzbetrag…………………………………………..-800,00
Steuer nach Abzug der Ansetzbeträge………………….-373,05
Erstattungsbetrag………………………………………………… 373,05
Einkommensteuer…………………………………………………-373,05
Anrechenbare Lohnsteuer………………………………….-2.480,62
Rundung……………………………………………………………………-0,33
Abgabengutschrift……………………………………………….2.854,00
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag im gegenständlichen Fall nicht vor:
Die Nachweisführung betreffend § 35 Abs. 2 EStG 1988 ergibt sich unmittelbar aus dieser gesetzlichen Vorschrift. Gleiches gilt für den Alleinverdienerabsetzbetrag gem. § 33 Abs. 4 Zif. 1 EStG 1988.
Die Gewährung von Alleinverdienerabsetzbetrag und Familienbonus Plus in nicht indexierter Höhe ist unmittelbare Folge des .
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 35 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 35 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100505.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
YAAAC-34075