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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.07.2023, RV/5100455/2023

Einwendungen gegen den Feststellungsbescheid im Einkommensteuerverfahren

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2022 vom gemäß § 295 Abs. 1 BAO geändert. Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft wurden mit einem Betrag von 1.192,12 € (zuvor: - 1.215,25 €) berücksichtigt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Änderung aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes Österreich zu StNr. ***FStNr*** vom erfolgt sei.

Mit Schreiben, eingelangt am , wurde gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 vom die mit "Einspruch" titulierte Beschwerde eingebracht. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass der Einkommensteuerbescheid 2022 vom gesetzeskonform erstellt worden sei, was man vom Einkommensteuerbescheid 2022 vom nicht behaupten könne. Die Angaben für die Absetzung der Abnutzung für bestehende Gebäude sei ignoriert bzw. nicht berücksichtigt worden. Da die Gebäude anlässlich der Verpachtung der Wiesenflächen an den Pächter für die Benützung auch an den Verpächter vermietet worden seien, sei die Afa bei der Feststellung der Einkünfte gem. § 188 BAO zu berücksichtigen. Da die Gebäude für die Bewirtschaftung der verpachteten Wiesenflächen an den Sohn der Beschwerdeführerin für die Lagerung von Heu und Grummet sowie für die Einstellung der erforderlichen Heugeräte und Traktoren benützt werden müssten, um überhaupt die Flächen bewirtschaften zu können, wäre die Vermietung Voraussetzung für die Verpachtungsmöglichkeit der Wiesenflächen. Laut § 8 EStG seien Instandhaltungskosten von Gebäuden bei der Berechnung der Einkommensteuer zu berücksichtigen. Diese würde jährlich 1,5 % des Gebäudewertes betragen und sei in der Einkünfteermittlung unter Kennzahl 9500 zu berücksichtigen. Dies würde laut § 7 Abs. 1a auch die degressive Abnutzung für neue Gebäude betreffen. Diese betrage jährlich 4,5 % des Gebäudewertes (Kennzahl 9135).
Aus den genannten Gründen seien daher die negativen Einkünfte (Abgänge) bei der Erstellung des Einkommensteuerbescheides 2022 zu berücksichtigen - so wie beim Bescheid vom .

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde Folgendes ausgeführt:
"Die geltend gemachten Beschwerdegründe betreffen das Feststellungverfahren zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft und können nur in der Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid geltend gemacht werden.
Wurde im Feststellungsbescheid über etwas abgesprochen, so ist das Einkommensteuer-verfahren daran gebunden (Bindungswirkung von Grundlagenbescheiden).
Wird dagegen im Einkommensteuerverfahren Beschwerde erhoben, so ist diese Beschwerde abzuweisen (§ 252 BAO)."

Mit Schreiben, eingelangt am , wurde gegen die Beschwerdevorentscheidung vom der mit "Einspruch" titulierte Vorlageantrag eingebracht. Im Wesentlichen wurde die Begründung der Beschwerdevorentscheidung wiederholt. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass sich an den Berechnungsgrundlagen weder etwas verändert hätte noch seien zusätzliche Unterlagen vorgelegt worden, daher sei es unverständlich, dass die selben Beamten innerhalb von wenigen Tagen zu einer gänzlich anderen Beurteilung kommen würden. Es werde nochmals klargestellt, dass als Voraussetzung für die Verpachtung der Wiesenflächen an den Pächter die Vermietung eines Teiles der Gebäude notwendig sei.

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerdesache dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte unter Hinweis auf § 252 Abs. 1 BAO die Anweisung der Beschwerde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

***VN1*** ***BF*** und ***VNBF*** ***BF*** beziehen aus einer Land- und Forstwirtschaft gemeinsame Einkünfte, die gemäß § 188 Abs. 1 BAO festgestellt werden.

Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer 2022 entsprechend der Einkommensteuererklärung vom insofern erklärungskonform veranlagt, als die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft mit einem Verlust von 1.215,25 € veranlagt wurde.

Mit Bescheid vom wurden die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für das Jahr 2022 gemäß § 188 BAO für ***BF*** ***VN1*** und ***VNBF*** mit einem Betrag von 2.384,25 € festgestellt. Der Anteil für ***VN1*** ***BF*** und ***VNBF*** ***BF*** beträgt je 1.192, 13 €. Begründend wurde darauf hingewiesen, dass die Beilagen E6b und E6c zu den pauschalierten Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft nicht berücksichtigt werden könnten.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid von wurde der Einkommensteuerbescheid 2022 vom insofern geändert, als die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft entsprechend dem Feststellungsbescheid vom mit 1.192,12 € festgesetzt wurden.

Gegen den Feststellungsbescheid vom wurde mit Schriftsatz vom das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Parteienvorbringen und den vorgelegten Unterlagen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Für den gegenständlichen Fall sind folgende rechtliche Grundlagen von Relevanz:

§ 188. Abs. 1 BAO:
Festgestellt werden die Einkünfte (der Gewinn oder der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten)
a) aus Land- und Forstwirtschaft,
b) aus Gewerbebetrieb,
c) aus selbständiger Arbeit,
d) aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens,
wenn an den Einkünften derselben Einkunftsart mehrere Personen beteiligt sind.

§ 295 Abs. 1 BAO:
Ist ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist.

Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, kann gemäß § 252 Abs. 1 BAO dieser Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.

Im Rechtssatz zur Entscheidung vom , Ra 2019/15/0016, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es aus dem Normengefüge und der Systematik der Bundesabgabenordnung hinsichtlich der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften auf den Willen des Gesetzgebers zu schließen ist, dass alle Feststellungen, die die gemeinschaftlich erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung betreffen, im Feststellungsverfahren mit Bindungswirkung für die Abgabenbescheide der Teilhaber getroffen werden sollen, weil abgabenrechtlich relevante Feststellungen zweckmäßigerweise in jenem Verfahren zu treffen sind, in dem der maßgebende Sachverhalt mit dem geringsten Verwaltungsaufwand ermittelt werden kann.

Aus diesem Rechtssatz und aus § 188 Abs. 1 BAO ergibt sich, dass die land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte von ***VN1*** ***BF*** und ***VNBF*** ***BF*** in einem Feststellungsverfahren mit Bindungswirkung jeweils für ***VN1*** ***BF*** und für ***VNBF*** ***BF*** festzustellen sind. In diesem Verfahren ist auch festzustellen, ob bzw. in welcher Höhe Afa für Gebäude zu berücksichtigen ist. Einen derartigen Bescheid hat das Finanzamt am erlassen.

Der Feststellungsbescheid wurde zeitlich nach dem Einkommensteuerbescheid vom erlassen. In diesem Bescheid waren die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft entsprechend der eingereichten Einkommensteuererklärung berücksichtigt worden. Da im Feststellungsbescheid die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft anders festgesetzt wurden als sie im Einkommensteuerbescheid berücksichtigt worden waren, hat das Finanzamt eine entsprechende Änderung iSd § 295 Abs. 1 BAO durchgeführt.
Änderungen von Bescheiden nach § 295 BAO haben gegebenenfalls zwingend (kein Ermessen) zu erfolgen. ()
Wenn die Beschwerdeführerin moniert, dass die Beamten den Einkommensteuerbescheid innerhalb weniger Tage geändert hätten, so ist dem entgegenzuhalten, dass sie dazu verpflichtet waren, weil eben der Einkommensteuerbescheid an die Feststellungen im Feststellungsbescheid gebunden ist und § 295 Abs. 1 BAO für diese Fälle zwingen die entsprechende Änderung vorsieht.

Liegen einem Bescheid Feststellungen zu Grunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann gemäß § 252 Abs. 1 BAO der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind. ()

Mit Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit eines dem abgeleiteten Bescheid zugrunde- liegenden Grundlagenbescheides kann eine allfällige Rechtswidrigkeit auch des abgeleiteten Bescheides nicht begründet werden. ()

Das Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide ist insoweit eingeschränkt, als Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen mit Erfolg nur in der gegen den Feststellungsbescheid gerichteten Beschwerde vorgebracht werden können. Gegenständlich geht es um die Frage der Berücksichtigung der Afa für Gebäude. Dies ist eine Frage, die nur im Feststellungsverfahren geklärt werden kann. Eine entsprechende Beschwerde wurde mit Schriftsatz vom eingebracht. Sollte sich im dortigen Verfahren ergeben, dass die Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft laut Feststellungsbescheid vom nicht richtig war, ist von Amts wegen verpflichtend eine entsprechende (neuerliche) Änderung der abgeleiteten Einkommensteuerbescheide 2022 vorzunehmen.

Die Anfechtung eines Steuerbescheides, die lediglich mit Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit eines dem Steuerbescheid zugrundeliegenden Feststellungsbescheides begründet ist, ist in der Sache abzuweisen. ()

Die gegenständliche Beschwerde richtet sich ausschließlich gegen die Nichtberücksichtigung der Afa für die Gebäude. Wie bereits dargelegt wurde, handelt es sich dabei um eine Frage, die im zugrundeliegenden Feststellungsverfahren und nicht im gegenständlichen Einkommen-steuerverfahren zu klären ist.

3.2. Zu Spruchpunkt II.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Ein solcher Fall liegt gegenständlich nicht vor. Sowohl aufgrund der zitierten gesetzlichen Bestimmungen als auch aufgrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass abgeleitete Bescheide nicht wirksam mit der Begründung angefochten werden können, dass die im Feststellungs- oder Zerlegungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 252 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100455.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at