Säumniszuschlag verwirkt trotz Zahlungserleichterungsansuchens in der Nachfrist nach Abweisung eines fristgerechten Zahlungserleichterungsansuchens, da die Nachfrist nur für Entrichtungen genutzt werden kann
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende V-1, die Richterin R-1 sowie die fachkundigen Laienrichter R-2 und R-3 in der Beschwerdesache Bf. in Liqu., A-1, vertreten durch G-1, A-1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer N-1, betreffend Säumniszuschlag gemäß § 217 BAO in der Sitzung vom zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von € 1.384,48 fest, da die Umsatzsteuer 08/2022 mit einem Betrag von € 69.223,77 nicht bis zum entrichtet worden sei.
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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte die Beschwerdeführerin (Bf.) ein, dass am Fälligkeitstag der Umsatzsteuer 08/2022 ein Stundungsansuchen eingereicht worden sei, da für die Veranlagung der Umsatzsteuer 2020 ein Guthaben von € 69.352,77 zu erwarten gewesen sei. Die Umsatzsteuererklärung sei am eingereicht worden. Die Umsatzsteuer 2020 sei zunächst abweichend von den Steuererklärungen veranlagt worden. Ihrer Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2020 sei am stattgegeben worden, sodass letztendlich der Betrag von € 69.352,77 dem Finanzamtskonto gutgeschrieben worden sei. Eine Säumnis von ihrer Seite habe es daher nicht gegeben.
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Das Finanzamt wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, dass die Umsatzsteuer 08/2022 in Höhe von € 69.223,77 nicht bis zum (Nachfrist aufgrund der Abweisung eines Ansuchens gemäß § 212 BAO vom ) entrichtet worden sei, weshalb ein erster Säumniszuschlag in Höhe von € 1.384,48 (2% von € 69.223,77) gemäß § 217 Abs. 2 BAO verwirkt gewesen sei.
Soweit einem vor Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des gemäß § 212 Abs. 2 BAO eingebrachten Ansuchens um Zahlungserleichterungen nicht stattgegeben werde, stehe dem Abgabepflichtigen für die Entrichtung eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe des das Ansuchen erledigenden Bescheides zu.
Die Umsatzsteuer 08/2022 sei durch die Beschwerdevorentscheidung betreffend die Umsatzsteuer 2020 mit Wirksamkeitstag vom verspätet entrichtet worden.
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Die Bf. beantragte am rechtzeitig die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht sowie die Entscheidung durch den Senat.
Ergänzend wurde vorgebracht, dass das Stundungsansuchen für die Umsatzsteuer 08/2022 mit Bescheid vom abgewiesen worden sei. Als Begründung sei angeführt worden, dass die beantragte Stundungsfrist bereits abgelaufen sei. Als Zahlungstermin für den zu diesem Zeitpunkt offenen Betrag von € 69.223,77 sei der festgesetzt worden.
Am sei ein weiteres Stundungsansuchen für den offenen Betrag von € 69.352,77 (Umsatzsteuer 08/2022) bis eingereicht worden, das mit Bescheid vom bewilligt worden sei. Die Beschwerdevorentscheidung betreffend Umsatzsteuer 2020, die zu einer Gutschrift von € 77.229,89 geführt habe, sei am erfolgt, sodass das Finanzamtskonto am ein Guthaben von € 4,00 ausgewiesen habe.
Sämtliche Stundungsansuchen seien spätestens am Fälligkeitstag der Abgaben bzw. am festgesetzten Zahlungstermin des offenen Rückstandes und somit fristgerecht eingebracht worden. Es habe daher zu keinem Zeitpunkt eine Säumnis der Bf. bestanden, sodass der Säumniszuschlag zu Unrecht festgesetzt worden sei.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Sachverhalt:
Für die Umsatzsteuer 08/2022 reichte die Bf. eine Voranmeldung mit einer Zahllast von € 70.140,00 ein, die am fällig war und am auf dem Abgabenkonto verbucht wurde. Am Fälligkeitstag wurde ein Zahlungserleichterungsansuchen gemäß § 212 Abs. 1 BAO eingebacht (Antrag auf Stundung der Umsatzsteuer 08/2022 von € 70.140,00 bis ), das mit Bescheid vom abgewiesen wurde, da die begehrte Stundungsfrist bereits abgelaufen sei. Diese Abweisung bewirkte gemäß § 212 Abs. 3 BAO eine Zahlungsfrist von einem Monat, dies war gemäß dem Abweisungsbescheid der .
Am letzten Tag dieser Nachfrist brachte die Bf. am neuerlich einen Antrag auf Gewährung von Zahlungserleichterungen ein (Antrag auf Stundung der Umsatzsteuer 08/2022 von € 69.352,77), der mit Bescheid vom bewilligt wurde.
Am erließ das Finanzamt eine Beschwerdevorentscheidung betreffend Umsatzsteuer 2020, die eine Gutschrift von € 69.352,77 ergab, mit der die Umsatzsteuer 08/2022 von € 69.223,77 entrichtet wurde.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt vom zum aushaftenden Betrag der Umsatzsteuer 08/2022 in Höhe von € 69.223,77 einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von € 1.384,48 fest.
Beweiswürdigung:
Dieser Sachverhalt ergab sich aus dem Abgabenkonto und den vom Finanzamt übermittelten Urkunden und wurde darüber hinaus von der Bf. auch nicht bestritten.
Rechtliche Würdigung:
Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Gemäß Abs. 2 beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
Säumniszuschläge sind gemäß § 217 Abs. 4 lit. b BAO für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist.
Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen (§ 212 Abs. 1) vor dem Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz eingebracht, so dürfen Einbringungsmaßnahmen gemäß § 230 Abs. 3 BAO bis zur Erledigung des Ansuchens nicht eingeleitet werden; dies gilt nicht, wenn es sich bei der Zahlungsfrist um eine Nachfrist gemäß § 212 Abs. 3 erster oder zweiter Satz handelt.
Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.
Soweit einem vor Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz eingebrachten Ansuchen um Zahlungserleichterungen nicht stattgegeben wird, steht dem Abgabepflichtigen gemäß § 212 Abs. 3 BAO für die Entrichtung eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe des das Ansuchen erledigenden Bescheides zu. Dies gilt - abgesehen von Fällen des Abs. 4 - nicht für innerhalb der Nachfristen des ersten oder zweiten Satzes eingebrachte Ansuchen um Zahlungserleichterungen.
Der Säumniszuschlag im Sinne des § 217 BAO ist eine objektive Rechtsfolge der verspäteten Entrichtung einer Abgabe. Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind (grundsätzlich) unbeachtlich (). Sie könnten aber gegebenenfalls aufgrund eines (hier nicht eingebrachten) Antrages gemäß § 217 Abs. 7 BAO Berücksichtigung finden.
§ 217 Abs. 4 lit. b BAO zufolge sind Säumniszuschläge nicht zu entrichten, als die Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 BAO gehemmt ist.
Das erste Zahlungserleichterungsansuchen (jenes vom ) war rechtzeitig im Sinne des § 230 Abs. 3 BAO, weshalb eine gesetzliche Hemmung bis (§ 230 Abs. 2 iVm Abs. 3 BAO - Zahlungsfrist von einem Monat bei Nichtstattgabe eines zeitgerechten Zahlungserleichterungsansuchens) vorlag.
Das neuerliche Zahlungserleichterungsansuchen vom war nicht säumniszuschlagshemmend, weil § 230 Abs. 3 BAO normiert, dass die einbringungs- und damit gemäß § 217 Abs. 4 lit. b BAO säumniszuschlagshemmende Wirkung im Falle der Einbringung eines Zahlungserleichterungsansuchens innerhalb einer Nachfrist gemäß § 212 Abs. 3 BAO (wie im gegenständlichen Fall nach Abweisung des Antrages vom ) nicht eintritt.
Dass das neuerliche Zahlungserleichterungsansuchen vom mit Bescheid vom schlussendlich bewilligt wurde, hatte auf die bereits am selben Tag eingetretene Verwirkung des ersten Säumniszuschlages entgegen der Ansicht der Bf. keinen Einfluss, da Zahlungserleichterungsansuchen keine hemmende Wirkung haben, wenn es sich bei der Zahlungsfrist, vor deren Ablauf sie eingebracht wurden, um eine solche des § 212 Abs. 3 zweiter Satz BAO (Nichtstattgabe eines zeitgerechten Zahlungserleichterungsansuchens) handelt (Ritz, BAO6, § 230 Rz 8; ).
Dabei war der Rechtsansicht des Finanzamtes zu folgen, dass nach der genannten Bestimmung des § 212 Abs. 3 zweiter Satz BAO im Falle der Abweisung eines Ansuchens um Zahlungserleichterung die Nachfrist nur für die Entrichtung, nicht aber für ein neuerliches Zahlungserleichterungsansuchen genutzt werden kann, um die Verwirkung eines Säumniszuschlages zu verhindern ().
Somit hätte die fristgerechte Entrichtung der Umsatzsteuer 08/2022 bis Ende der im abweisenden Bescheid vom genannten Nachfrist, daher spätestens bis erfolgen müssen.
Die Einwendungen der Bf. gehen daher ins Leere. Darüber hinaus wurden keine Gründe vorgebracht, die geeignet wären, eine Rechtswidrigkeit des gegenständlichen Säumniszuschlages aufzuzeigen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine solche Rechtsfrage liegt hier nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr den zwingenden gesetzlichen Bestimmungen sowie der dargestellten Judikatur des VwGH.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 217 Abs. 4 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 230 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100980.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at