Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.07.2023, RV/5100463/2023

Keine zielstrebige Berufsausbildung bei 2/3 Fehlstunden-Quote

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch DDr Hiebl Karl R u Mag Lirk Alexander, Stadtplatz 50 Tür 2, 5280 Braunau/Inn, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , wonach zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe (€ 1.816,10) und Kinderabsetzbetrag (€ 642,40) für den im April 2002 geborenen ***Sohn*** (***SVNr_Sohn***) für den Zeitraum August 2021 bis Juni 2022 gemäß § 26 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückgefordert werden, Gesamtrückforderungsbetrag € 2.458,50, zu ***SVNr_Bf.***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit der Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom wurde der Beschwerdeführerin (in der Folge: "Bf.") ein Bezug von Jänner 2014 bis Juni 2022 für ihren Sohn ***Sohn*** gewährt.

In den Akten findet sich ein "Arbeitsauftrag" der belangten Behörde vom mit folgendem Inhalt: "Lt Anruf Schule hat ***Sohn*** seit - bis über 130 Fehlstunden und viele negative Noten - Kommt nur zur ersten Stunde und ist gleich wieder weg - Schule bittet um Überprüfung da AST immer wieder anruft und um die Bestätigung verlangt wegen der FB! Schule bestätigt nur mit den Fehlstunden - bitte rückwirkend ab 09/21 Schulbestätigung verlangen."

Die Schulbesuchsbestätigung vom betreffend das Schuljahr 2021/2022 vom bis enthält folgende, fett gedruckte Anmerkung des Schuldirektors:

"Es handelt sich bei der Bundeshandelsakademie für Berufstätige um eine Schulform mit mindestens 25,0 Wochenstunden, Fernunterrichtsanteil davon 12,5 Wochenstunden.

Vom Fernunterrichtsanteil wurden die geforderten Leistungen nicht erbracht.

Schultage von September bis Dezember: 33 (165 Unterrichtsstunden)

Fehlstunden von September bis Dezember: mind. 110 Unterrichtsstunden"

Mit der Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom wurde ein Bezug von Jänner 2014 bis Dezember 2021 betreffend den Sohn der Bf. gewährt.

Mit der Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom wurde ein Bezug von Jänner 2014 bis Juni 2022 betreffend den Sohn der Bf. gewährt.

Mit "Erinnerung" vom wurde die Ergänzung eines familienbeihilfenbezogenen Datenblattes sowie die Vorlage einer Schulnachricht bzw. eines Jahreszeugnisses vom Schuljahr 2021/2022 sowie die Angabe, ob der Sohn die Schule weiterhin besuchen wird, urgiert und eine Frist von 3 Wochen gesetzt.

Mit Vorhaltsbeantwortung vom , bei der belangten Behörde im Briefkasten eingelangt am , übermittelte die Bf. dieses Datenblatt und beantragte in diesem die "Abmeldung" der Familienbeihilfe ab , da ihr Sohn keine Schule mehr besuche.

Mit Auskunftsersuchen vom wurde die Bf. abermals aufgefordert, eine Schulnachricht vom Februar 2022 bzw. das Jahreszeugnis vom Schuljahr 2021/2022 vorzulegen, widrigenfalls die Familienbeihilfe rückgefordert würde.

Mit dem nunmehr angefochtenenBescheid vom wurden von der belangten Behörde Beträge an Familienbeihilfe (€ 1.816,10) und Kinderabsetzbetrag (€ 642,40) für den im April 2002 geborenen ***Sohn*** (***SVNr_Sohn***) für den Zeitraum August 2021 bis Juni 2022 (Gesamtrückforderungsbetrag € 2.458,50) gemäß § 26 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 als zu Unrecht bezogen zurückgefordert. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Familienbeihilfe bei einer ernsthaften und zielstrebigen Ausbildung zustehe, was dann der Fall sei, wenn das Kind die volle Zeit dafür verwende und in angemessener Zeit zu Prüfungen antrete. Dies treffe beim Sohn der Bf. nicht zu. Laut Bestätigung der Schule vom sei kein regelmäßiger Schulbesuch erfolgt bzw. lägen ab September 2021 viele Fehlstunden vor. Angeforderte Unterlagen seien von der Bf. nicht vorgelegt worden. Somit sei die Familienbeihilfe ab Ende des Schuljahres 2020/21 zurückzufordern.

Dagegen brachte die Bf. per FinanzOnline die Beschwerde vom ein. Ihr Sohn sei bis Februar 2022 an der Abendschule gewesen. Sie müsse nur den Betrag von März bis einschließlich Juni 2022 zurückzahlen, allerdings nicht den Betrag für 2021 und Anfang 2022. Die Schulbestätigung für 2022 sei bereits der belangten Behörde übermittelt worden.

Mit Auskunftsersuchen vom ersuchte die belangte Behörde abermals und mit Frist bis zum um die Übermittlung einer Schulnachricht vom Februar 2022 bzw. eines Jahreszeugnisses vom Sommer 2022.

Mit Eingaben vom brachte die Bf. vor, dass sie für den Zeitraum von Februar bis Sommer 2022 keine Schulnachricht bzw. kein Jahreszeugnis vorlegen könne, da ihr Sohn nicht mehr in der Abendschule sei und zu Arbeiten begonnen hat. Die Familienbeihilfe sei mit Bescheid vom gewährt worden und wenn diese nun doch nicht zustünde anhand der Schulbestätigung vom , hätte diese nicht weiterhin gewährt werden sollen. Die Bf. müsse daher die Familienbeihilfe nur für den Zeitraum von Februar 2022 bis inklusive Juni 2022, jedoch nicht für den Zeitraum September 2021 bis Februar 2022 zurückbezahlen. Die Bf. legte dazu die ihren Sohn betreffende Schulbesuchsbestätigung vom betreffend das Schuljahr 2021/2022 vom bis abermals vor.

Die Beschwerde vom wurde mit der Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Die Begründung lautete:

"Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) steht Familienbeihilfe nur dann zu, wenn das Kind in Berufsausbildung steht. Die wesentlichen Merkmale einer Berufsausbildung im Sinne des Gesetzes sind praktischer und theoretischer Unterricht, bei dem fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt wird, eine angemessene Unterrichtsdauer, sowie die Verpflichtung zur Ablegung einer Abschlussprüfung. Familienbeihilfenanspruch besteht nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Dies wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antritt.

***Sohn*** hat im Wintersemester 2021/22 die BHAK f. Berufstätige in ***1*** besucht. Laut Bestätigung vom hat Ihr Sohn jedoch von 165 Unterrichtsstunden an 110 Stunden gefehlt. Aufgrund der hohen Anzahl an Fehlstunden kann hier nicht von einer ernsthaft und zielstrebig betriebenen Berufsausbildung ausgegangen werden. Seit ist ***Sohn*** berufstätig, und befindet sich somit in keiner Berufsausbildung mehr. Folglich kann von 08/2021 - 06/2022 keine Familienbeihilfe gewährt werden."

Dagegen brachte die Bf. den Vorlageantrag vom ein. Es sei fraglich, warum zunächst aufgrund der Schulbesuchsbestätigung vom die Familienbeihilfe bis einschließlich Juni 2022 gewährt worden sei, obwohl die Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen seien, was einen Verfahrensfehler darstelle. Aufgrund der finanziellen Situation der Familie habe die Bf. ein geringes Gehalt und der Gatte sei arbeitslos. Der Sohn sei bis (wohl gemeint: ) an der Abendschule gewesen, wenn auch nicht zu 100%. Im Übrigen wurde das Beschwerdevorbringen wiederholt.

Die belangte Behörde forderte von der Bf. mit Vorhalt vom eine Abmeldebestätigung der Schule bzw. ein Jahreszeugnis für das Schuljahr 2020/21 sowie eine Stellungnahme der Bf. ab, da laut der Bestätigung der Schule vom der Sohn der Bf. im Zeitraum September 2021 bis Dezember 2021 von 165 Unterrichtsstunden an mindestens 110 Unterrichtsstunden gefehlt habe.

In der Ergänzung vom zum Vorlageantrag vom brachte die Bf. vor, dass der Sohn bis zum die Abendschule besucht habe und legte eine entsprechende Schulbesuchsbestätigung vom vor, in welcher der Besuch der 5. Klasse von bis zum vermerkt ist. Weiters legte die Bf. zugleich ein Semesterzeugnis betreffend das Schuljahr 2021/22 vom vor, in welchem von 11 Pflichtgegenständen 9 mit "Nicht beurteilt" und die restlichen 2 mit der Note "Nicht genügend" beurteilt wurden. Im Zeugnis ist zudem vermerkt, dass in den letzten beiden Semestern weniger als 10 Wochenstunden erfolgreich abgeschlossen worden seien und die Ausbildung daher gemäß § 32 Abs. 1 Z 4 des SchUG-BKV nicht weitergeführt werden könne.

Mit Eingabe vom legte die nunmehr von der Bf. in dieser Beschwerdesache beauftragte und bevollmächtigten Rechtsanwaltskanzlei, DDr. Karl Robert Hiebl, Mag. Alexander Lirk Rechtsanwälte, Stadtplatz 50/2, 5280 Braunau, die bereits aktenkundige Schulbesuchsbestätigung vom sowie eine Abmeldebestätigung der Schule vom vor, welche als Abmeldedatum den anführt. Die Bf. habe die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag zu Recht für ihren Sohn ***Sohn*** für den Zeitraum August 2021 bis zumindest Februar 2022 bezogen. In diesem Zeitraum habe der Sohn der Bf. die ***Schule*** besucht.

Mit Vorhalt vom wurde die Bf. (offenbar ein wiederholtes Mal) aufgefordert, die Schulnachricht bzw. das Jahreszeugnis der Schule betreffend das Schuljahr 2020/2021 vom Februar 2021 und vom Juli 2021 betreffend den Sohn des Bf. vorzulegen, da bislang nur das Zeugnis vom Oktober 2021 vorgelegt worden sei.

Die Bf.übermittelte am hierauf folgende Unterlagen:

  1. Schulbesuchsbestätigung vom (betreffend -),

  2. Schulbesuchsbestätigung vom (betreffend -),

  3. Schulbesuchsbestätigung vom (betreffend -),

  4. Schulbesuchsbestätigung vom (betreffend -),

  5. Schulbesuchsbestätigung vom (betreffend -, -, -, -, -)

  6. Semesterzeugnis vom (Zweitschrift vom ) betreffend das Schuljahr 2020/21 (Pflichtgegenstände: 4 Fächer "Nicht beurteilt", 4 Fächer "Nicht genügend"; 3 Fächer "Genügend")

  7. Semesterzeugnis vom betreffend das Schuljahr 2021/22: Pflichtgegenstände: 9 Fächer "Nicht beurteilt", 2 Fächer "Nicht genügend". In diesem Zeugnis ist zudem vermerkt, dass in den letzten beiden Semestern weniger als 10 Wochenstunden erfolgreich abgeschlossen worden seien und die Ausbildung daher gemäß § 32 Abs. 1 Z 4 des SchUG-BKV nicht weitergeführt werden könne.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der im April 2002 geborene Sohn der Bf., ***Sohn***, hat im Wintersemester 2021/22 und auch mehrere Semester zuvor die BHAK für Berufstätige in ***1*** (Schulform mit mindestens 25 Wochenstunden) besucht. Laut Bestätigung vom hat er jedoch an 110 von 165 Unterrichtsstunden gefehlt und die im Fernunterrichtsanteil (12,5 von 25 Wochenstunden) geforderten Leistungen nicht erbracht. Im Semesterzeugnis betreffend das Schuljahr 2021/2022 ist vermerkt, dass der Sohn der Bf. in den letzten beiden Semestern weniger als 10 Wochenstunden erfolgreich abgeschlossen hat. Von 11 Pflichtgegenständen wurden im Wintersemester 2021/22 neun mit "Nicht beurteilt" und die restlichen zwei mit der Note "Nicht genügend" beurteilt. Bereits im Schuljahr zuvor (2020/2021) waren 4 Lehrfächer mangels Anwesenheit nicht beurteilt worden, von den übrigen 7 Fächern waren 4 mit "Nicht genügend" und 3 mit "Genügend" beurteilt worden. Das darüber hinaus gelehrte Pflichtfach Religion wurde generell nicht beurteilt. Seit ist der Sohn der Bf. berufstätig. Mit wurde der Sohn der Bf. von der Schule abgemeldet. Eine entsprechende Rechtfertigung oder nachvollziehbare Begründung für die Fehlzeiten wurde seitens der Bf. weder vorgebracht, noch belegt.

Von der Bf. wurden seitens der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom für den Zeitraum August 2021 bis Juni 2022 gemäß § 26 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 bereits vom Finanzamt ausbezahlte Familienbeihilfe (€ 1.816,10) und bereits vom Finanzamt ausbezahlter Kinderabsetzbetrag (€ 642,40) zurückgefordert.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf die Angaben der Bf. sowie auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen des Finanzamtes (insbesondere die Schulbesuchsbestätigungen und Schulzeugnisse) und ist - soweit entscheidungsrelevant - unstrittig.

Die Angabe, dass der Sohn der Bf. seit dem berufstätig ist, stammt von der Bf. selbst. Die Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid und der Beschwerdevorentscheidung, wonach der Sohn der Bf. seine Ausbildung nicht ernsthaft und nicht zielstrebig betreibe, wurden von der Bf. nicht bestritten.

Eine entsprechende Rechtfertigung oder Begründung für die Fehlzeiten des Sohnes der Bf. wurde von der Bf. weder vorgebracht, noch belegt und es ergeben sich auch aus den Akten keine Hinweise auf solche Gründe. Bereits in der Begründung des angefochtenen Bescheides, ebenso in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung und auch in der Stellungnahme der belangten Behörde im Vorlagebericht wurde jeweils auf die Notwendigkeit des Nachweises einer ernsthaft und zielstrebig geführten Ausbildung hingewiesen. Nicht nur Ergänzungsersuchen, sondern auch eine Beschwerdevorentscheidung (; , 94/15/0024; , 98/15/0108; , 2000/14/0194; , 2008/15/0288) und ein (der Bf. zugestellter) Vorlagebericht (; , RV/5101257/2015; , RV/7102305/2016; , RV/7104782/2016; , RV/7102265/2019; , RV/5100002/2021; , RV/5101642/2019; , RV/7102528/2016; , RV/4100181/2020; , RV/5101642/2019; , RV/5101811/2018) haben Vorhaltscharakter. Weitere Vorhalte diesbezüglich erübrigen sich daher.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) steht Familienbeihilfe für volljährige Kinder nur dann zu, wenn das Kind in Berufsausbildung steht. Die wesentlichen Merkmale einer Berufsausbildung im Sinne des Gesetzes sind praktischer und theoretischer Unterricht, bei dem fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt wird, eine angemessene Unterrichtsdauer, sowie die Verpflichtung zur Ablegung einer Abschlussprüfung.

Der laufende Besuch einer der Berufsausbildung dienenden schulischen Einrichtung reicht für sich allein noch nicht, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 anzunehmen (; , 94/15/0130). Um von einer Berufsausbildung sprechen zu können, ist außerhalb des im § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 besonders geregelten Besuchs einer Einrichtung im Sinn des § 3 Studienförderungsgesetz nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das ernstliche, zielstrebige und nach außen erkennbare Bemühen um einen Ausbildungserfolg erforderlich (; , RV/7101517/2021; ).

Die bloße Anmeldung an einer Schule und die Vorlage einer Schulbesuchsbestätigung reichen also für sich noch nicht für die Gewährung von Familienbeihilfe aus, wenn kein ernstliches, zielstrebiges und nach außen erkennbares Bemühen um einen Ausbildungserfolg vorliegt.

Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob die erfolgreiche Absicht tatsächlich gelingt (; , 2009/16/0315).

Ob ein Kind eine Berufsausbildung absolviert, ist eine Tatfrage, welche die Behörde in freier Beweiswürdigung zu beantworten hat (, , 2003/13/0157).

Der Sohn der Bf., ***Sohn***, hat im Wintersemester 2021/22 die BHAK für Berufstätige in ***1*** besucht. Laut Bestätigung vom hat dieser jedoch an "mindestens" (!) 110 von 165 Unterrichtsstunden gefehlt. Die Benotung "nicht beurteilt" erfolgt nur dann, wenn der Schüler so gering bzw. gar nicht anwesend war, um eine entsprechende Beurteilung im entsprechenden Unterrichtsfach zu vergeben. Die Zeugnisse zeigen, dass der Sohn der Bf. im beschwerdegegenständlichen Zeitraum in der überwiegenden Anzahl der Fächer keine Mindest-Anwesenheit erreichte und auch im Schuljahr davor in mehreren Fächern aus diesem Grund nicht beurteilt wurde. Aufgrund der hohen Anzahl an Fehlstunden (somit mindestens zwei Drittel der Unterrichtsstunden im Wintersemester 2021/22 zum und somit noch vor Semesterende) liegt hier, wie von der belangten Behörde bereits richtig ausgeführt, keine ernsthaft und zielstrebig betriebene Berufsausbildung vor. Dies wird auch von den Noten in den Fächern, die tatsächlich benotet werden konnten, bestätigt: Es wurde überwiegend bzw. im streitgegenständlichen Zeitraum sogar ausschließlich mit "Nicht genügend" benotet. Das darüber hinaus gelehrte Pflichtfach Religion wird generell nicht beurteilt und ist somit für den Schulerfolg nicht relevant. Mangels einer ernsthaft und zielstrebig betriebenen Berufsausbildung steht auch keine Familienbeihilfe für den Zeitraum eines derartigen Schulbesuches zu.

Seit ist ***Sohn*** berufstätig und befindet sich somit in keiner Berufsausbildung mehr. Dies alleine spricht bereits gegen eine Gewährung von Familienbeihilfe nach dem Ende der Schulzeit des Sohnes der Bf. bis zum Juni 2022, wie auch die Bf. selbst in mehreren Eingaben gegenüber der belangten Behörde zugesteht.

Die Familienbeihilfe wird gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Von August 2021 bis zum Juni 2022 wurde somit keine der im FLAG angeführten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Die Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag wurden von der Bf. daher zu Unrecht bezogen.

§ 26 Abs. 1 FLAG 1967 (Familienlastenausgleichsgesetz) idF. BGBl. I Nr. 104/2019 lautet:

"Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen."

Nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz) idF. BGBl. I Nr. 135/2022 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. (…) Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ergibt sich eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat ( mit Verweis auf ). Der Einwand der Bf., die Behörde hätte die Familienbeihilfe schon ursprünglich nicht gewähren dürfen, geht daher ins Leere. Vielmehr ist dies eine tatbestandliche Anwendungsvoraussetzung des § 26 Abs. 1 FLAG.

Im Beschwerdezeitraum wurde kein Tatbestand, der den Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nach sich zieht, verwirklicht. Die Bf. hat aber Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag bezogen.

Die Familienbeihilfe sowie der Kinderabsetzbetrag wurden daher gemäß § 26 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 für den genannten Zeitraum zur Gänze zu Recht zurückgefordert.

Da sich der angefochtene Bescheid nicht als rechtswidrig erwiesen hat, war die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist. Sachverhaltsfragen sind einer Revision nicht zugänglich.

Linz, am

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