Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.06.2023, RV/7400006/2021

Rettungsgebühr, Gesetzwidrigkeit Verordnung

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2323/2023 anhängig.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistratsabteilung 70 Fachbereich Gebühren vom betreffend Einsatzgebühr gemäß § 28 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Bescheid

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gegenüber eine Einsatzgebühr für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien (Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges am ***10***) in der Höhe von 694,00 Euro fest.

2. Beschwerde

Mit E-Mail vom bekämpfte der Beschwerdeführer den Bescheid vom und machte unter anderem geltend, dass er die Rettung weder gerufen, noch benötigt habe und eine Hilfeleistung am Beschwerdeführer oder ein Transport des Beschwerdeführers nicht erfolgt wäre. Der Beschwerdeführer führte diesbezüglich aus: "Die Ursache für das Unterbleiben einer Hilfeleitung/eines Transports lag auch weder im Verhalten des Beschwerdeführers, noch einer Änderung des Zustandes des Beschwerdeführers. Vielmehr war eine Hilfeleistung oder ein Transport von vorneherein nicht erforderlich." Der Beschwerdeführer hätte auch keine erhebliche Gesundheitsstörung oder erhebliche Verletzung erlitten, die es erforderlich gemacht hätte, erste Hilfe zu leisten, ihn in eine Krankenanstalt zu befördern oder ärztlicher Hilfe zuzuführen. Schon gar nicht habe unmittelbare Lebensgefahr, die Notwendigkeit einer Überwachung/Aufrechterhaltung lebenswichtiger Funktionen oder eines Blut-, Blutprodukte- oder Organtransports vorgelegen. Auch habe beim Beschwerdeführer kein Zustandsbild vorgelegen, aufgrund dessen diese Umstände mit gutem Grunde angenommen werden konnten.

Hinsichtlich § 29 Abs. 1 WKRG verwies der Beschwerdeführer darauf, dass es dort heiße, die Gebührenschuld entstehe "auch dann, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieb". Daraus folge im Umkehrschluss, dass keine Gebührenpflicht entstehe, wenn die Hilfeleistung - wie im vorliegenden Fall - aus anderen Gründen. als dem Verhalten oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterbleibe.

Weiters sei nach § 28 Abs. 2 WRKG jedenfalls von der Einhebung der Gebühr abzusehen, da
§ 28 Abs. 1 WRKG iVm § 29 Abs. 1 WRKG eine Verpflichtung zur Zahlung der Einsatzgebühr bei Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges durch denjenigen, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen werde, vorsehe, und § 28 Abs. 2 WRKG das verfassungsrechtlich erforderliche Korrektiv zu dieser vom Verpflichteten nicht beeinflussbaren Zahlungspflicht sei, sodass neben persönlichen Umständen auch in der Sache gelegene Umstände als besonders berücksichtigungswürdig anzusehen seien ("Nicht gerechtfertigt ist es, einer handlungsfähigen Person eine Einsatzgebühr vorzuschreiben, wenn gegen ihren Willen durch einen Mitarbeiter der Wiener Berufsrettung bei der Wiener Berufsrettung die Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges veranlasst wird (ebd))".

Im vorliegenden Fall sei ein Transport/eine Hilfeleistung von vorneherein nicht erforderlich gewesen, der Einsatz sei ohne das Einverständnis des Beschwerdeführers angefordert worden, und durch die Rettung sei weder eine Hilfeleistung, noch ein Transport erfolgt, sodass gemäß § 28 Abs. 2 WRKG von einer Einsatzgebühr gänzlich abzusehen, diese aber jedenfalls erheblich zu mindern sei.

Schließlich machte der Beschwerdeführer auch die Gesetzwidrigkeit des § 1 der Verordnung des Wiener Gemeinderates betreffend die Festsetzung der Gebühren gemäß §§ 28 Abs. 3 und 29 Abs. 4 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz - WRKG (in Folge kurz "GebührenVO") geltend, da dieser der Verordnungsermächtigung, konkret § 28 Abs. 4 WRKG, widerspreche.

Statt den Voraussetzungen des § 28 Abs, 4 WRKG entsprechende abgestuften Gebühren, für einzelne oder eine Mehrheit ähnlicher Arten der Inanspruchnahme, die sich am entstandenen Aufwand orientieren, festzulegen, sehe die Verordnung einen Pauschalbetrag für jede Inanspruchnahme vor, was mit dem Text der Verordnungsermächtigung in keiner Weise vereinbar sei.

Die Ermächtigung die Gebühren für bestimmte Arten der Inanspruchnahme oder Teile davon in Pauschbetragen festzusetzen, könne diese Vorgehensweise nicht rechtfertigen, da nicht Pauschbeträge für bestimmte Arten der Inanspruchnahme oder Teile davon in Pauschbeträgen, sondern ein Pauschbetrag für sämtliche Arten der Inanspruchnahme festgesetzt würde.

Auch eine Zweckmäßigkeit aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bei der Ermittlung des Ausmaßes der Gebühren wäre vom Verordnungsgeber überhaupt nicht dargelegt worden und liege auch offenkundig nicht vor. Die Auswahl des zutreffenden Betrags aus einer Auflistung einiger, weniger Pauschbeträge für bestimmte Arten der Inanspruchnahme verursache - wenn überhaupt - einen völlig vernachlässigbaren Mehraufwand.

Dieser vernachlässigbare Mehraufwand könne die völlige Hinwegsetzung des Verordnungsgebers über die gesamten ersten beiden Sätze des § 28 Abs. 4 WRKG keinesfalls rechtfertigen: Der Gesetzgeber fordere bei der Verordnungsermächtigung nach deren eindeutigem Wortlaut ausdrücklich eine Abstufung der Gebühren. Eine völlige "Aushebelung" dieses klaren gesetzgeberischen Willens aufgrund der - eng zu interpretierenden - Ausnahme des letzten Satzes des § 28 Abs. 4 WRKG wäre völlig widersinnig.

Im Übrigen würden auch § 1 Abs. 3 und 4 der GebührenVO keine Abstufung iSd § 28 Abs. 4 WRKG darstellen, sondern auf § 28 Abs. 6 WRKG (Abs. 3) und § 29 Abs. 4 WRKG (Abs. 4) beruhen, die gesonderte Gebühren für Einsätze außerhalb Wiens bzw. die Beistellung von Sanitätern zu Veranstaltungen beträfen.

Für den Fall, dass die belange Behörde den Bescheid nicht schon im Wege der Beschwerdevorentscheidung ersatzlos behebe, äußert der Beschwerdeführer daher schon jetzt die Anregung das Bundesfinanzgericht möge die entsprechenden Anträge iSd Art. 139 Abs. 1 Z 1 B-VG beim Verfassungsgerichthof stellen.

3. E-Mail-Verkehr

Mit E-Mail vom teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit:

"Hinsichtlich Ihres Ansuchen, bezüglich Herabsetzung der entstandenen Einsatzgebühren, für den Rettungseinsatz am ***10***, teilt Ihnen die Magistratsabteilung 70 - Berufsrettung Wien folgendes mit:

Das Mindesteinkommen und der daraus abgeleitete Richtsatz mir Ausgleichszulagen, für das Jahr 2020, beläuft sich für Alleinstehende auf 966,65 €, zusätzlich einer Erhöhung für jedes Kind von 149,15 €.

Sollte Ihr Einkommen über dem beschriebenen Richtsatz liegen, kann Ihnen die Magistratsabteilung 70 dem Antrag auf Herabsetzung der Einsatzgebühren nicht nachkommen.

Wenn Sie aber unter dem Richtsatz liegen sollten, bitten wir Sie um Übermittlung Ihres Einkommensnachweis und ggf. kann die Gebühr dann herabgesetzt werden.

Andernfalls können wir Ihnen nur eine monatliche Ratenzahlung von mindestens € 50,- anbieten."

Mit E-Mail vom teilte der Beschwerdeführer der belangten Behörde mit:

"Falls die Angelegenheit für mich mit der Zahlung von EUR 113,20 endgültig erledigt ist und mir keine weiteren Kosten entstehen, wäre ich damit einverstanden."

4. Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde vom als unbegründet und führte unter anderem aus, dass eine Übernahme der zur Verrechnung eingereichten Einsatzgebühren seitens der Österreichischen Gesundheitskasse aufgrund der Diagnose "Alkoholintoxikation" abgelehnt worden sei und die Einsatzgebühren daher dem Beschwerdeführer vorzuschreiben gewesen wären.

5. Vorlageantrag vom

Mit Email vom übermittelte der Beschwerdeführer der belangten Behörde einen Vorlageantrag und führte weitgehend wie bereits in seiner Beschwerde aus.

Zu den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung brachte der Beschwerdeführer ergänzend vor, dass beim gegenständlichen Rettungseinsatz keine medizinischen Messungen an seiner Person durchgeführt worden wären.

6. Vorlagebericht

Mit Schreiben vom legte die belangte Behörde dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde zur Entscheidung vor und übermittelte folgende Unterlagen:

  1. Einsatzprotokoll

  2. Versichertendatenabfrage

  3. Zentralmelderegister Pat.

  4. Auszug Österreichische Sozialversicherung

  5. Rettungseinsätze Pat.

  6. Bescheid

  7. Beschwerde

  8. Schriftverkehr Patient

  9. Beschwerdevorentscheidung

  10. Vorlageantrag

Im Vorlagebericht führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass durch die durch die am Einsatzort anwesende Rettungsmannschaft diverse medizinische Messwerte (Herzfrequenz, Atemfrequenz) erhoben worden wären.

Da keine tatsächliche Notwendigkeit für eine Hospitalisierung vorgelegen sei und durch den Beschwerdeführer ein Krankenhaustransport ebenso nicht gewünscht worden wäre, sei der Beschwerdeführer am Berufungsort belassen worden. Abschließend sei der Beschwerdeführer dahingehend informiert worden, abermals die Berufsrettung Wien alarmieren zu können, sofern eine neuerliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes eintreten sollte.

Zur Frage einer Absehens bzw einer Minderung der Einsatzgebühr verwies die belangte Behörde darauf, dass eine Definition, unter welchen Umständen ein Fall als besonders berücksichtigungswürdig beurteilt werden könne, im Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz - WRKG nicht enthalten sei, sodass für jeden Einzelfall zu entscheiden wäre. Um bei Beschwerden gegen die Höhe der Einsatzgebühren, jedoch Gleichheit zu gewährleisten, würde als Richtsatz, vorrangig das unpfändbare Existenzminimum herangezogen. Bei darunter befindlichen Einkommen werde, vorbehaltlich der jeweiligen finanziellen Situation der Betroffenen, Nachsicht gewährt.

7. Beschluss

Mit Beschluss vom wurde der belangten Behörde aufgetragen dem Bundesfinanzgericht sämtliche - nicht schon im Rahmen der Vorlage übermittelte - Unterlagen (zB MEDEA) betreffend den beschwerdegegenständlichen Rettungseinsatz vom ***10*** und die Geltendmachung der Rettungsgebühren bei der Sozialversicherung in Kopie vorzulegen, sowie Name und ladungsfähige Adresse der am Einsatz beteiligten Personen (von der Aufnahme der Meldung bis zum Abschluss des Einsatzes) mitzuteilen.

Der Beschwerdeführer wurde vom Bundesfinanzgerichtaufgefordert, die Personen namhaft zu machen, in deren Begleitung er am Abend des ***10*** war und die sich bereit erklärt hatten, ihn nach Hause zu bringen.

Zum letzten Punkt wurde in der Begründung des Beschlusses festgehalten, das dem Einsatzprotokoll der Wiener Berufsrettung vom ***10*** nach, der Beschwerdeführer ua "mit Freunden unterwegs" gewesen wäre und diese sich bereit erklärt hätten, "ihnnachhause zu bringen". Das Einsatzprotokoll der Wiener Berufsrettung vom ***10*** wurde dem Beschwerdeführer in Kopie übermittelt.

8. Stellungnahme belangte Behörde vom

Mit E-Mail vom teilte die belangte Behörde dem Bundesfinanzgericht mit:

"Die österreichische Sozialversicherung bietet über die sogenannte "ELDA" Software einen Datenübermittlungsweg an. Auf diese Weise erfolgt die elektronische Abrechnung zwischen dem Sozialversicherungsträger und dem Vertragspartner. Der betroffene Rettungseinsatz wurde am der ÖGK übermittelt und mit zurückgemeldet. Aus ebendieser Rückmeldung geht hervor, dass die ÖGK einer Gebührenübernahme nicht zugestimmt hat, da die Leistung chefärztlich abgelehnt wurde.

Hinsichtlich der damals am Einsatz beteiligten Personen teilen wir wie folgt mit:

  1. Lenker: Pers. Nr. ***1*** - ***2*** ***3***

  2. Protokollführerin: Pers. Nr. ***4*** - ***5*** ***6***

Weiteres haben wir Ihnen in der Beilage einen Aktenvermerk über das Notrufgespräch beigelegt."

Auf Nachfrage des Bundesfinanzgerichtes mit E-Mail vom teilte die belangte Behörde mit E-Mail vom mit, dass es sich beim Aktenvermerk um eine Verschriftlichung der archivierten Tonaufnahme des Notrufgesprächs handle.

[...]

Der Aktenvermerk über das Notrufgespräch am ***10*** und die Stellungnahme der Rettung vom wurden dem Beschwerdeführer mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung am übermittelt.

9. Stellungnahme Beschwerdeführer

Mit Schreiben vom teilte der Beschwerdeführer mit:

" … Gemeinsam mit dem Beschluss wurde dem Beschwerdeführer ein Einsatzprotokoll über den Einsatz vom zugestellt.

Der Beschwerdeführer hält dazu fest, dass im übermittelten Einsatzprotokoll festgehalten ist, dass er zum Einsatzzeitpunkt zwar alkoholisiert, aber ansprechbar und orientiert war. Im Übrigen ist im Bericht eine "getrübte" Bewusstseinslage dokumentiert, ansonsten sind keinerlei behandlungsbedürftigen Störungen bzw Zustände dokumentiert.

Als Ersthelfermaßnahme ist lediglich "psychischer Beistand" angeführt, im Bericht ist auch ausdrücklich als "Einsatzergebnis" festgehalten, dass der klinische Zustand "gleich", somit keine Zustandsänderung während des Einsatzes eingetreten ist. Auch der Umstand, dass keine weiteren Maßnahmen gesetzt wurden und der Beschwerdeführer nicht transportiert wurde, sondern von Freunden nach Hause begleitet wurde, ist im Bericht ersichtlich.

Die Angaben im Einsatzprotokoll stimmen somit mit den Angaben des Beschwerdeführers in Punkt 3. der Beschwerde insoweit überein, dass keine Hilfeleistung und kein Transport erfolgten, und - da nach dem Einsatzprotokoll auch keine Zustandsänderung eintrat - diese auch von vorneherein nicht erforderlich waren.

Der Beschwerdeführer hat somit keine Einwände gegen diese im Einsatzprotokoll ersichtlichen Angaben.

Da in der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom nicht einmal behauptet wurde, dass der Beschwerdeführer den Rettungseinsatz selbst angefordert oder die Anforderung veranlasst hätte, scheint auch der Umstand, dass der Einsatz nicht vom Beschwerdeführer angefordert wurde und die Anforderung ohne dessen Einverständnis erfolgte, nicht strittig.

Die Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde hängt daher nach Ansicht des Beschwerdeführers im Wesentlichen von der Lösung reiner Rechtsfragen - insbesondere der zu Punkt 4. der Beschwerde vom geltend gemachten Gesetzwidrigkeit der Gebührenverordnung - ab.

II. Verzicht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung

Der Beschwerdeführer zieht aus den genannten Gründen seinen in der Beschwerde und dem Vorlageantrag gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück und verzichtet auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung, sofern das Bundesfinanzgericht diese nicht iSd § 274 Abs 1 Z 2 BAO für erforderlich hält.

[...]

10. Mündliche Verhandlung

Mit Schreiben vom hat der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen. Gemäß § 274 Abs 1 Z 2 BAO hat über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung unter anderem dann stattzufinden, wenn es der Einzelrichter für erforderlich hält. Im Beschwerdefall wurde daher eine mündliche Verhandlung durchgeführt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer traf sich am ***10*** im Freien am Fuße des Kahlenbergs, mit ***7***. ***8*** ***9*** (und einigen anderen Personen), um auf dessen Geburtstag anzustoßen.
Dabei wurden Whiskey und Tequila getrunken.

Schließlich verließ die Gruppe den Platz, wo sie getrunken hatte, und ging in Richtung des Wohnhauses eines Freundes, der unter den Feiernden war. Auf dem Weg dorthin hatte ***7***. ***8*** ***9*** den Eindruck, dass der Beschwerdeführer stark alkoholisiert, nicht mehr ansprechbar und auch nicht mehr in der Lage, zu gehen, war. Daraufhin rief ***7***. ***8*** ***9*** die Rettung (der Inhalt der insgesamt drei Anrufe ist dem Tonbandprotokoll der belangten Behörde zu entnehmen, siehe die Darstellung im Verfahrensgang), weil er den Eindruck hatte, dass beim Beschwerdeführer ein medizinischer Notfall vorliege und diesem Gefahr drohe.

Die Gruppe befand sich zu diesem Zeitpunkt auf der Straße auf Höhe der Adresse ***11*** ***12***, ***13*** Wien. Die Darstellung des Notfalles durch ***7***. ***8*** ***9*** war objektiv geeignet, beim Disponenten der Berufsrettung Wien den Eindruck eines medizinischen Notfalls (eines Berufungsgrundes) entstehen zu lassen, sodass dieser gerechtfertigter Weise die Ausfahrt eines Rettungsfahrzeuges veranlasste. Die Auslösung des Alarms erfolgte um 20:19 Uhr.

Bei Eintreffen des Rettungsfahrzeuges am Einsatzort wurde der Beschwerdeführer liegend angetroffen. Durch die Berufsrettung Wien erfolgte eine Untersuchung des Beschwerdeführers, um dessen Gesundheitszustand und die allfällige Notwendigkeit weiterer medizinischer Hilfsmaßnahmen festzustellen. Die Rettungskräfte maßen eine Pulsfrequenz von achtzig Schlägen pro Minute und eine Atemfrequenz von zwölf Atemzügen pro Minute. Zu den bei Untersuchung des Beschwerdeführers aufgenommenen weiteren Befunden wird auf das Einsatzprotokoll vom 25.4.202 ("Erstbefund") verwiesen.

Die Berufsrettung Wien kam am Einsatzort zur Einschätzung, dass keine Notwendigkeit für eine Hospitalisierung des Beschwerdeführers vorlag und da eine solche vom Beschwerdeführer auch nicht gewünscht wurde, erfolgte eine Belassung des Beschwerdeführers am Berufungsort. Die Freunde des Beschwerdeführers erklärten sich gegenüber den Rettungskräften bereit, diesen nach Hause zu bringen. ***7***. ***8*** ***9*** und ein weiterer aus der Gruppe (ein Freund der im neunzehnten Bezirk wohnt) brachte den Beschwerdeführer schließlich zu diesem Freund nach Hause.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den seitens der Streitparteien vorgelegten Unterlagen und abgegebenen Erklärungen, insbesondere aus dem Einsatzprotokoll der Berufsrettung Wien vom ***10*** (Casusnummer ***14***; Einsatznummer ***15***; Fahrzeug ***16***) und der Aussage des Zeugen ***7***, ***8*** ***9*** in der mündlichen Verhandlung am . Der Inhalt der drei bei der Rettung abgesetzten Notrufe ergibt sich der Verschriftlichung des Tonbandprotokolls der belangten Behörde sowie aus der Aussage des Zeugen ***8*** ***9*** in der mündlichen Verhandlung am , der die Richtigkeit der Wiedergabe der Anrufe auch nicht in Zweifel gezogen hat.

Im Einsatzprotokoll der Berufsrettung Wien vom ***10*** wird ein Einsatz am Samstag, dem ***10***, mit einem Alarm um 20:19 und einem Einsatzende um 20:56 ausgewiesen (Casusnummer ***14***; Einsatznummer ***15***; Fahrzeug ***16***).

Der Einsatzverlauf und dass an dem Beschwerdeführer von den Rettungskräften eine Untersuchung einschließlich medizinischer Messungen vorgenommen wurde, ergibt sich aus dem Einsatzprotokoll der Berufsrettung Wien vom ***10*** (Casusnummer ***14***; Einsatznummer ***15***; Fahrzeug ***16***).

[...]

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

3.1.1. Allgemeines

Strittig zwischen den Parteien ist die bescheidmäßige Festsetzung der Einsatzgebühr gemäß § 28 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz für einen Rettungseinsatz am ***10*** dem Grunde und der Höhe nach.

3.1.2. Rechtlicher Rahmen

Die einschlägigen Bestimmungen des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz - WRKG, LGBl. Nr. 39/2004 idF LGBl. Nr. 1/2019, lauten:

Rettungsdienst

§ 1. Aufgaben eines Rettungsdienstes sind:

1. Personen, die eine erhebliche Gesundheitsstörung oder erhebliche Verletzung erlitten haben, erste Hilfe zu leisten, sie transportfähig zu machen und sie erforderlichenfalls unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln in eine Krankenanstalt zu befördern oder ärztlicher Hilfe zuzuführen;

2. Personen wegen unmittelbarer Lebensgefahr sofortige erste notärztliche Hilfe zu leisten, die anders nicht gewährleistet ist;

3. den Transport von Personen durchzuführen, bei denen lebenswichtige Funktionen ständig überwacht oder aufrecht erhalten werden müssen;

4. akute Blut-, Blutprodukte- oder Organtransporte durchzuführen;

5. Sanitätsdienste zur Behandlung von akuten Erkrankungen oder Verletzungen bei Veranstaltungen mit dem hiefür erforderlichen Personal, den erforderlichen Einrichtungen und erforderlichen Transportmitteln bereit zu stellen;

6. die Bevölkerung in erster Hilfe zu schulen;

7. im zivilen Katastrophenschutz mitzuwirken.

Verständigungspflicht

§ 27. (1) Jedermann, der bei einer Person, die sich in einer das Leben oder die Gesundheit unmittelbar drohenden erheblichen Gefahr befindet, nicht in der Lage ist, Hilfe zu leisten, ist verpflichtet, einen bewilligten Rettungsdienst zu verständigen.

(2) Besitzer von Nachrichtenübermittlungsanlagen sind zur Weiterleitung diesbezüglicher Meldungen verpflichtet.

Gebühr

§ 28. (1) Für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien, insbesondere für die Betreuung (Hilfeleistung, Transport), ist eine Gebühr zu entrichten, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges kommt.

(2) In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann von der Einhebung der Gebühr ganz oder teilweise abgesehen werden.

(3) Der Gemeinderat wird ermächtigt, sofern eine solche Ermächtigung nicht ohnedies bundesgesetzlich eingeräumt ist, die Gebühren in einer Gebührenordnung festzusetzen. Eine Gebührenordnung kann bis zu einem Monat rückwirkend erlassen werden.

(4) In der Gebührenordnung sind für jede einzelne Art oder eine Mehrheit ähnlicher Arten einer Inanspruchnahme Gebühren vorzusehen. Diese Gebühren sind nach den mit der Inanspruchnahme üblicherweise verbundenen Kosten, insbesondere nach Anzahl der gefahrenen Kilometer, nach Anzahl und Art des eingesetzten Personals sowie nach Art und Dauer des Einsatzes abzustufen. Insoweit es aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bei der Ermittlung des Ausmaßes der Gebühren zweckmäßig ist, sind diese für bestimmte Arten der Inanspruchnahme oder Teile davon in Pauschbeträgen festzusetzen.

(5) Die Höhe der Gebühren ist unter Zugrundelegung der sich in einem Kalenderjahr voraussichtlich ergebenden Zahl von Einsätzen und des auf ein Kalenderjahr entfallenden Gesamtaufwandes derart festzusetzen, dass die Summe der zur Einhebung gelangenden Gebühren das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb des öffentlichen Rettungsdienstes sowie für die Verzinsung und Tilgung der Anlagekosten nicht übersteigt.

(6) Für Einsätze außerhalb Wiens können unter Berücksichtigung des sich daraus ergebenden Mehraufwandes Zuschläge pro gefahrenem Kilometer festgesetzt werden.

(7) Die Gebührenordnung ist im Amtsblatt der Stadt Wien kundzumachen.

Zahlungspflicht

§ 29. (1) Gebührenschuldner ist derjenige, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, und zwar auch dann, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieb. Die Gebühr ist auch dann zu entrichten, wenn der öffentliche Rettungsdienst zu Personen gerufen wird, ohne dass die im § 1 Z 1 bis 4 geforderten Voraussetzungen gegeben waren, sofern das Vorliegen dieser Voraussetzungen auf Grund des Zustandsbildes mit gutem Grunde angenommen werden konnte.

(2) Bei Zahlungsunfähigkeit des Gebührenschuldners haften für die Entrichtung der Gebühr nach Abs. 1 Personen im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht. Ist die Verletzung oder Gesundheitsstörung, die zu einer Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes geführt hat, auf ein Ereignis zurückzuführen, für das zufolge gesetzlicher Vorschrift ein Dritter einzustehen hat, haftet dieser bis zur Höhe der noch unbeglichenen Gebühr.

(3) Unbeschadet eintretender Straffolgen und privatrechtlicher Schadenersatzpflicht sind Gebührenschuldner die Personen, die einen vergeblichen Einsatz des öffentlichen Rettungsdienstes veranlassen, obwohl kein Anlass für einen Einsatz besteht.

(4) Wird am Ort einer Veranstaltung im Sinne des Wiener Veranstaltungsgesetzes, LGBl. für Wien Nr. 12/1971, in der jeweils geltenden Fassung, vom Veranstalter, vom Geschäftsführer oder von einer Aufsichtsperson des Veranstalters zur Gewährleistung der ersten Hilfe die Bereitstellung von Sanitätern oder Notärzten eines Rettungs- oder Krankentransportdienstes verlangt, hat der Veranstalter dafür eine Gebühr zu entrichten, die sich nach Umfang und Dauer richtet.

(5) Auf die Bemessung, Einhebung und zwangsweise Eintreibung der Gebühren findet die Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 in der Fassung BGBl. I Nr. 62/2018, Anwendung.

Schuldübernahme

§ 30. (1) Mit Zustimmung der Stadt Wien können die hiefür in Betracht kommenden Sozialversicherungsträger oder mit deren Einvernehmen der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sowie Krankenfürsorgeanstalten öffentlich Bediensteter durch schriftliche Erklärung an Stelle von Gebührenpflichtigen als Gebührenschuldner eintreten. Nach Abgabe dieser Erklärung sind die Sozialversicherungsträger oder Krankenfürsorgenanstalten öffentlich Bediensteterallein die Gebührenpflichtigen (-schuldner).

(2) Wenn jedoch der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger oder die Krankenfürsorgeanstalt öffentlich Bediensteter im Einzelfall angibt, dass mangels eines ihm (ihr) gegenüber bestehenden Anspruchs auf Kostenübernahme seine (ihre) Eintrittserklärung keine Anwendung findet, ist die Gebühr dem Gebührenschuldner im Sinne des § 29 Abs. 1 vorzuschreiben.

(3) Die schriftliche Erklärung gilt für unbestimmte Zeit. Die Stadt Wien, der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger oder die Krankenfürsorgeanstalt öffentlich Bediensteter kann die Fortdauer der Gebührenschuldnerschaft widerrufen. Der Widerruf wird frühestens nach Ablauf von drei Kalendermonaten wirksam. Für höchstens drei Monate ab der Wirksamkeit des Widerrufs können die im Abs. 1 genannten Sozialversicherungsträger oder Krankenfürsorgeanstalten mit Zustimmung der Stadt Wien durch Erklärung die Inanspruchnahme der Gebührenschuldner gemäß § 29 Abs. 1 aufschieben.

(4) Für die Dauer der Gebührenschuldnerschaft der Sozialversicherungsträger oder der Krankenfürsorgeanstalten öffentlich Bediensteter kann der Gemeinderat ohne Rücksicht auf die Gebührenform (abgestufte Gebühren, Einheitsgebühren) niedrigere Gebühren, als sich gemäß § 28 Abs. 4 und 6 ergeben würden, festsetzen, insoweit diese Gebührenschuldnerschaft einen geringeren Verwaltungsaufwand bei der Einhebung der Gebühren bedingt.

§ 1 Verordnung des Wiener Gemeinderates betreffend die Festsetzung der Gebühren gemäß §§ 28 Abs. 3 und 29 Abs. 4 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz - WRKG, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 1/2019, lautet:

§ 1 (1) Für jede Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien innerhalb des Gebietes der Stadt Wien, auch wenn wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes desjenigen, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, sowohl eine Hilfeleistung als auch ein Transport unterblieben sind, ist eine Gebühr von 694 Euro zu entrichten.

(2) Für jede Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien außerhalb des Gebietes der Stadt Wien ist für jeden gefahrenen Kilometer, auch wenn wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes desjenigen, für den der öffentliche Rettungsdienst der Stadt Wien in Anspruch genommen wurde, sowohl eine Hilfeleistung als auch ein Transport unterblieben sind, eine Gebühr von 29 Euro zu entrichten.

Würde auf Grund der Anzahl der gefahrenen Kilometer die Gebühr weniger als 694 Euro betragen, ist jedenfalls eine Gebühr von 694 Euro zu entrichten.

(3) Für die Bereitstellung einer Sanitäterin oder eines Sanitäters wird eine Gebühr in der Höhe von 49,85 Euro je Stunde festgesetzt.

(4) In der Gebühr gemäß Abs. 3 ist die Umsatzsteuer in Höhe von 10 v. H. enthalten.

3.1.3. Gebührenpflicht

Gemäß § 28 Abs 1 WRKG ist für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien, insbesondere für die Betreuung (Hilfeleistung, Transport), eine Gebühr zu entrichten, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges kommt.

Im Beschwerdefall kam es zu einer solchen Inanspruchnahme und zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges. Auch eine Hilfeleistung durch den öffentlichen Rettungsdienst, nämlich in Gestalt der Abklärung der Gefährlichkeit der gesundheitlichen Beeinträchtigung des Beschwerdeführers, ist erfolgt. Die Voraussetzungen des § 28 Abs 1 WRKG sind daher erfüllt.

Gemäß § 29 Abs 1 WRKG ist derjenige Gebührenschuldner, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde.

Somit ist der Beschwerdeführer der Gebührenschuldner, da für ihn der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde. Auf Grund des Vorliegens einer Alkoholintoxikation kam es auch nicht zu einem Eintritt des Sozialversicherungsträgers iSd § 30 Abs 1 WRKG.

Derjenige, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, ist gemäß § 29 Abs 1 WRKG auch dann Gebührenschuldner, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieb.

Im Beschwerdefall kam es zu einer Hilfeleistung, nämlich zu einer Abklärung der Gefährlichkeit der gesundheitlichen Beeinträchtigung des Beschwerdeführers durch Untersuchung desselben. Darin liegt - auch wenn der Beschwerdeführer dies offensichtlich nicht so beurteilt - eine ihm zuteilgewordene Hilfsleistung, die eben auch in einer Untersuchung und Beurteilung der medizinischen Lage bestehen kann. Es entspricht dem allgemeinen Verständnis, dass auch die Untersuchung von Patienten allein bereits als medizinische Hilfeleistung anzusehen ist.

Soweit der Beschwerdeführer hinsichtlich § 29 Abs 1 WKRG darauf verwiesen hat, dass es dort heiße, die Gebührenschuld entstehe "auch dann, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieb" und daraus im Umkehrschluss folge, dass keine Gebührenpflicht entstehen würde, wenn die Hilfeleistung - wie im vorliegenden Fall - aus anderen Gründen als dem Verhalten oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterbleibe, kann dies - schon im Hinblick auf die tatsächlich erfolgte Hilfeleistung - eine Gebührenpflicht nicht ausschließen.

Aber auch wenn keine Hilfeleistung erfolgt wäre, hätte dies nichts am Entstehen der Gebührenpflicht geändert. § 29 Abs 1 zweiter Satz WRKG bestimmt, dass eine gebührenpflichtige Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes oder des öffentlichen Krankenbeförderungsdienstes dann vorliegt, wenn eine Anforderung dieses Dienstes zur Ausfahrt eines Einsatzwagens führt, wobei es nicht darauf ankommt, ob Hilfe oder Beförderung tatsächlich geleistet wurden (vgl ).

Die Gebühr ist auch dann zu entrichten, wenn der öffentliche Rettungsdienst zu Personen gerufen wird, ohne dass die im § 1 WRKG geforderten Voraussetzungen gegeben waren, sofern das Vorliegen dieser Voraussetzungen auf Grund des Zustandsbildes mit gutem Grunde angenommen werden konnte (vgl , wo es heißt:
"Diese Regelung, gegen die beim Verwaltungsgerichtshof aus Anlaß dieses Beschwerdefalles verfassungsrechtliche Bedenken nicht entstanden sind, wurde dem § 6 Abs. 1 leg. cit. durch die Novelle LGBl. Nr. 47/1983 als zweiter Satz angefügt, wobei der erste Satz bereits vorsah, daß Gebührenschuldner derjenige ist, für den der öffentliche Rettungsdienst oder der öffentliche Krankenbeförderungsdienst in Anspruch genommen wurde, und zwar auch dann, wenn die Hilfeleistung oder Beförderung wegen des Verhaltens oder der ÄNDERUNG des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieb. Die getroffene Ergänzung durch den zweiten Satz normiert somit die Gebührenpflicht des Gebührenschuldners bei Herbeirufung der Rettung (insbesondere auch durch einen Dritten), sofern die Voraussetzungen schon URSPRÜNGLICH, also im Zeitpunkt der Herbeirufung, nicht vorlagen, jedoch auf Grund des Zustandsbildes mit gutem Grunde angenommen werden konnten.").

Im Beschwerdefall erfolgte die Herbeirufung des öffentlichen Rettungsdienstes durch eine der an der Geburtstagsfeier teilnehmende Person zu Recht. Ein solches Einschreiten stellt einen für das Rettungswesen typischen Fall des Tätigwerdens eines Dritten für einen handlungsunfähigen oder in seiner Dispositionsfähigkeit eingeschränkten Kranken oder Verletzten (ohne dessen Vollmacht und Auftrag) dar (vgl ).

Aufgrund des im Notrufgespräch geschilderten Sachverhaltes und der zweimaligen Urgenz seitens des Anrufers, konnte vom Mitarbeiter des Rettungsdienstes, der die Anforderung entgegengenommen hatte, mit gutem Grund angenommen werden, dass die Voraussetzungen für einen Rettungseinsatz vorlagen.

Dass Alkoholintoxikationen häufig der Anlass für Rettungseinsätze sind, entspricht der Lebenserfahrung und ist zB auch aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes ersichtlich (siehe zB [Einsatzgebühr - Alkoholisierung]; [Einsatzgebühr gemäß §§ 28 und 29 WRKG bei Alkoholisierung]; [Rechtssatz: Keine Übernahme von Einsatzgebühren der Wiener Rettung seitens der Wiener Gebietskrankenkasse bei Diagnose "Alkohol"]; ; [Freunde alarmieren Rettung; Belassung am Einsatzort]; [Einsatzgebühr bei Rettungseinsatz iZm Alkoholintoxikation]; ; [Einsatzgebühr - nicht sozialversichert - Alkoholisierung]; [Einsatzgebühr Wiener Rettung - Diagnose Alkoholintoxikation]).

Es war unerheblich, ob die Mitarbeiter des Rettungsdienstes auf Grund der Umstände, die sich beim Eintreffen ergaben, eine Einlieferung in ein Krankenhaus als geboten erachteten oder nicht (vgl ).

Somit lagen die Voraussetzungen für die Vorschreibung der Einsatzgebühr vor.

In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann (also im Wege des Ermessens) gemäß
§ 28 Abs 2 WKRG von der Einhebung der Gebühr ganz oder teilweise abgesehen werden.

Der Beschwerdeführer sieht in dem für ihn erfolgten Rettungseinsatz einen besonders berücksichtigungswürdigen Fall iSd § 28 Abs 2 WRKG und beantragt daher ein gänzliches oder zumindest teilweises Absehen von der Vorschreibung der Einsatzgebühr.

Wie die belangte Behörde im Vorlagebericht ausgeführt hat, enthält das WRKG keine Definition, unter welchen Umständen ein Fall als besonders berücksichtigungswürdig beurteilt werden könne. Um bei Beschwerden gegen die Höhe der Einsatzgebühren, jedoch Gleichheit zu gewährleisten, würde als Richtsatz vorrangig das unpfändbare Existenzminimum herangezogen. Bei darunter befindlichen Einkommen werde, vorbehaltlich der jeweiligen finanziellen Situation der Betroffenen, Nachsicht gewährt.

Eine Einkommenshöhe, die als berücksichtigungswürdiges Kriterium iSd § 28 Abs 2 WRKG anzusehen wäre (vgl zur Anknüpfung an das unpfändbare Existenzminimum ), liegt beim Beschwerdeführer aber unbestritten nicht vor.

Allerdings beruft sich der Beschwerdeführer darauf, dass neben persönlichen Umständen auch in der Sache gelegene Umstände als besonders berücksichtigungswürdig anzusehen seien.

Ermessensentscheidungen haben sich innerhalb der Grenzen zu halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht zu halten und sind innerhalb dieser Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen, wobei dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Interesse an der Einbringung der Abgabe" beizumessen ist (vgl ).

Soweit der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang, anführt, dass es nicht gerechtfertigt wäre, "einer handlungsfähigen Person eine Einsatzgebühr vorzuschreiben, wenn gegen ihren Willen durch einen Mitarbeiter der Wiener Berufsrettung bei der Wiener Berufsrettung die Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges veranlasst wird", ist seitens des Bundesfinanzgerichtes - unabhängig von der Frage, ob der Beschwerdeführer im Zeitraum der beschwerdegegenständlichen Vorgänge überhaupt handlungsfähig war, - auf die obigen Ausführungen zum Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen zu verweisen, wonach auch bei Berufung eines Rettungsfahrzeuges durch dritte Personen und berechtigter Annahme eines Notfalls beim Rettungsdienst die Gebührenpflicht eintritt.

Soweit der Beschwerdeführerin behauptet, der Einsatz wäre gegen seinen Willen und durch einen Mitarbeiter der Wiener Berufsrettung veranlasst worden, ist eingangs darauf hinzuweisen, dass der Rettungseinsatz durch den dreimaligen Notruf des ***7***. ***8*** ***9*** veranlasst wurde. Ursache dafür war wiederum die Alkoholintoxikation des Beschwerdeführers. Dass und wie der Beschwerdeführer seinen Unwillen gegen das Rufen der Rettung zum Ausdruck gebracht hätte, ist aus seinen Ausführungen im Verfahren nicht ersichtlich.

Wenn der Beschwerdeführer behauptet, es müsse im Wege des Ermessens zu seinen Gunsten berücksichtigt werden, dass durch die Rettung weder eine Hilfeleistung, noch ein Transport erfolgt wäre, sodass gemäß § 28 Abs. 2 WRKG von einer Einsatzgebühr gänzlich abzusehen, diese aber jedenfalls erheblich zu mindern sei, ist nochmals darauf zu verweisen, dass sehr wohl eine Hilfeleistung erfolgt ist. Dass kein Transport erfolgte, ist dem Umstand geschuldet, dass die Rettungskräfte einen solchen nicht für erforderlich hielten und der Beschwerdeführer auch einen Krankenhaustransport nicht gewünscht hat. Für einen Rettungseinsatz ist im Übrigen eine Pauschalgebühr (siehe auch unten) festgelegt.

Die vom Beschwerdeführer behaupteten Umstände stellen im Übrigen - entgegen seinen Behauptungen - keine in der Sache gelegene Umstände zu Gunsten des Beschwerdeführers besonders berücksichtigungswürdige Umstände dar. Es handelt sich vielmehr um eine im Rettungswesen durchaus übliche - von der Rechtsprechung (siehe ) auch als solche beurteilte - Situation, sodass darin sowohl unter dem Blickwinkel der Zweckmäßigkeit oder als auch unter jenem der Billigkeit kein besonders berücksichtigungswürdiger Fall zu erblicken ist.

Anzumerken ist, dass sich der Beschwerdeführer aus freien Stücken durch übermäßigen Alkoholkonsum in einen beeinträchtigten Zustand versetzt und dadurch die Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges verursacht hat. Dieser Umstand ist aber nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes schon grundsätzlich weder nach dem Maßstab der Billigkeit noch nach jenem der Zweckmäßigkeit geeignet, eine Gebührenpflicht auszuschließen oder zu vermindern, sondern kann im Rahmen einer Ermessensübung lediglich zu Ungunsten des Beschwerdeführers Berücksichtigung finden.

3.1.4. Gesetzmäßigkeit der Verordnung

Das Bundesfinanzgericht kann die vom Beschwerdeführer geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung der verfahrensgegenständlichen Pauschalgebühr in § 1 Verordnung des Wiener Gemeinderates betreffend die Festsetzung der Gebühren gemäß §§ 28 Abs. 3 und 29 Abs. 4 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz - WRKG, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 1/2019 (in der Folge: Gebührenordnung) nicht teilen und sieht somit auch keinen Anlass für die Anregung eines Verordnungsprüfungsverfahrens.

§ 28 Abs 3 WRKG ermächtigt den Gemeinderat die Gebühren in einer Gebührenordnung festzusetzen. Somit besteht jedenfalls eine Verordnungsermächtigung zur Gebührenfestsetzung. Dazu sieht § 28 Abs 4 WRKG vor, dass in der Gebührenordnung für jede einzelne Art oder eine Mehrheit ähnlicher Arten einer Inanspruchnahme Gebühren vorzusehen sind. Diese Gebühren sind nach den mit der Inanspruchnahme üblicherweise verbundenen Kosten, insbesondere nach Anzahl der gefahrenen Kilometer, nach Anzahl und Art des eingesetzten Personals sowie nach Art und Dauer des Einsatzes abzustufen, wobei es aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bei der Ermittlung des Ausmaßes der Gebühren zweckmäßig ist, diese für bestimmte Arten der Inanspruchnahme oder Teile davon in Pauschbeträgen festzusetzen. Auch eine gesetzliche Ermächtigung zur pauschalen Gebührenfestsetzung ist folglich gegeben.

Entsprechend sieht § 1 Abs 1 Gebührenordnung vor, dass für jede Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien innerhalb des Gebietes der Stadt Wien, auch wenn wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes desjenigen, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, sowohl eine Hilfeleistung als auch ein Transport unterblieben sind, eine Gebühr von 694 Euro zu entrichten ist.

§ 1 Abs 2 Gebührenordnung legt bei jeder Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien außerhalb des Gebietes der Stadt Wien für jeden gefahrenen Kilometer, auch wenn wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes desjenigen, für den der öffentliche Rettungsdienst der Stadt Wien in Anspruch genommen wurde, sowohl eine Hilfeleistung als auch ein Transport unterblieben sind, eine Gebühr von 29 Euro fest. Würde auf Grund der Anzahl der gefahrenen Kilometer die Gebühr weniger als 694 Euro betragen, ist jedenfalls eine Gebühr von 694 Euro zu entrichten.

Die gegenständliche Durchführungsverordnung enthält also das Gesetz konkretisierende Bestimmungen.

Somit ist für die im Beschwerdefall gegenständliche Maßnahme, also den Standardfall der Inanspruchnahme des Rettungsdienstes (Ausfahrt eines Rettungswagens zur Hilfeleistung), ein einheitlicher Satz von 694 Euro vorgesehen. In der Ausfahrt des Einsatzfahrzeuges ist - wenn nicht überhaupt nur eine einzelne Art der Inanspruchnahme darin liegt - so zumindest eine Mehrheit ähnlicher Arten der Inanspruchnahme zu sehen. Somit entspricht die Umsetzung der Verordnung durchaus der gesetzlichen Vorgabe.

Dass es für diese Einsatzform zu keiner weiteren Abstufung kommt, ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes, von der Verordnungsermächtigung des § 28 WRKG durchaus gedeckt. Der Rettungsdienst ist kein kommerzielles Unternehmen, dass am Markt differenziert bepreiste Dienstleistungen erbringt, sondern ist dazu bestimmt, die in § 1 Abs 1 WRKG festgelegten Aufgaben zu erfüllen. Die Festlegung einer einheitlichen Gebühr für den Standardfall der Inanspruchnahme des Rettungsdienstes bei Ausfahrt eines Einsatzfahrzeugs ist auch unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt. Es handelt sich dabei um die schätzende Durchschnittsbetrachtung eines Lebenssachverhaltes, nämlich einer Ausfahrt des Rettungsdienstes zur Betreuung.

Solche typischen Rettungseinsätze in diverse separat bepreiste Einzelleistungen zu zerlegen (zB nach Art, Ausmaß und Dauer der erbrachten Leistungen, nach Art, Ausmaß und Dauer der angebotenen aber abgelehnten Leistungen, nach der Art, Ausmaß und Dauer der bereit gehaltenen aber im Einzelfall nicht erforderlichen Leistungen etc), um diese dann zu neu definierten Typen der Inanspruchnahme des Rettungsdienstes zusammenzufassen, würde einen zusätzlichen administrativen Aufwand verursachen. Welche Typen bzw Formen der Inanspruchnahme der Beschwerdeführer dabei vor Augen hat, wurde von ihm auch nicht weiter dargelegt. Überdies ist zu berücksichtigen, dass das Vorhalten der Leistungs- bzw Einsatzbereitschaft durch die Wiener Berufsrettung, welches eine maßgebliche Kostenkomponente darstellt, pauschalierend besser berücksichtigt werden kann und dass die Regelung auch dem Schutz der Parteien vor unverhältnismäßigen finanziellen Belastungen bei besonders umfangreichen Rettungseinsätzen dienlich ist.

Im Übrigen besteht auch in Gestalt des § 28 Abs 2 WRKG ohnehin die Möglichkeit, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen von der Einhebung der Gebühr ganz oder teilweise abzusehen. Eine Möglichkeit von welcher seitens der belangte Behörde auch in der Praxis tatsächlich Gebrauch gemacht wird, für die aber im Beschwerdefall - mangels berücksichtigungswürdiger Umstände - keine Veranlassung bestand.

Schließlich ist auch anzumerken, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom , 2006/17/0016, auf den , verwiesen hat, in welchem der Verfassungsgerichtshof ausführt:

"Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Gesetzwidrigkeit des § 1 der Verordnung des Wiener Gemeinderates betreffend die Festsetzung der Gebühren gemäß §§ 5 Abs. 2 und 6 Abs. 4 des Wiener Rettungs- und Krankenbeförderungsgesetzes, ABl. Nr. 52/2002, behauptet wird, lässt ihr Vorbringen im Hinblick auf die (aus verfassungsrechtlicher Sicht unbedenkliche) Bestimmung des § 5 Abs. 3 letzter Satz des Wiener Rettungs- und Krankenbeförderungsgesetzes, LGBl. Nr. 22/1965, die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat."

Das Bundesfinanzgericht hegt aufgrund der angeführten Erwägungen daher keine Bedenken an der Gesetzmäßigkeit des § 1 Gebührenordnung und sieht sich daher auch nicht veranlasst, mit einem Verordnungsprüfungsantrag wegen Gesetzwidrigkeit an den Verfassungsgerichtshof heranzutreten.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die gegenständliche Entscheidung an der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientiert, fehlt es an einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sodass eine Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 28 Abs. 1 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7400006.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at