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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 24.05.2023, RV/7100607/2020

Zurückweisung einer Vorlageerinnerung bei erloschener Vollmacht des Einschreiters nach Löschung im Firmenbuch gemäß § 40 FBG

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, vertreten durch StB, Adresse StB, betreffend Vorlageerinnerung vom betreffend der Beschwerden (vormals Berufungen) gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2000, 2001, 2002 und 2003, gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2000, 2001, 2002, 2003, 2004 und 2005, jeweils vom und gegen die Haftungs- und Abgabenbescheide betreffend Kapitalertragsteuer für die Zeiträume 2000, 2001, 2002, 2003 und 2004, jeweils vom zu Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

I. Die Vorlageerinnerung vom wird als nicht zulässig zurückgewiesen.

II. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit Schriftsatz vom erhob die Beschwerdeführerin durch die steuerliche Vertretung Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme hinsichtlich der Umsatzsteuer für die Jahre 2000 bis 2003 sowie gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2000-2005 und mit Schriftsatz vom Beschwerde gegen die Haftungs- und Abgabenbescheide für die Jahre 2000 bis 2004.

Am wurde durch die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, StB, eine Vorlageerinnerung gemäß § 264 Abs. 6 BAO hinsichtlich der Beschwerden der ***Bf1*** eingebracht. Die Vorlageerinnerung bezieht sich auf den Vorlageantrag vom . Der Vorlageantrag umfasste die Vorlage der Berufungen vom bzw vom betreffend:

• Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Umsatzsteuer 2000, 2001, 2002 und 2003;

• Umsatzsteuerbescheide für 2000, 2001, 2002, 2003, 2004 und 2005

• Bezug habende Nebengebühren

• Haftungs- und Abgabenbescheide betreffend Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2000, 2001, 2002, 2003 und 2004

Der Vorlageerinnerung wurde der Vorlageantrag vom beigelegt. Eine Vorlage dieser Beschwerde ist tatsächlich nicht erfolgt.

Über die ***Bf1*** wurde mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien AZ das Konkursverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom wurde der Konkurs nach Verteilung einer Quote von 0,02% an die Gläubiger aufgehoben. Die amtswegige Löschung im Firmenbuch gemäß § 40 FBG erfolgte am .

Über die Vorlageerinnerung wurde erwogen:

Rechtliche Grundlagen:

§ 40 Abs 1 FBG lautet:

Eine Kapitalgesellschaft, die kein Vermögen besitzt, kann auf Antrag der nach dem Sitz der Gesellschaft zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung oder eines Finanzamtes oder von Amts wegen gelöscht werden; mit der Löschung gilt die Gesellschaft als aufgelöst. Eine Abwicklung findet nicht statt. Sofern das Vorhandensein von Vermögen nicht offenkundig ist, gilt eine Kapitalgesellschaft bis zum Beweis des Gegenteils auch dann als vermögenslos, wenn sie die Jahresabschlüsse und gegebenenfalls die Lageberichte (§§ 277 ff UGB) von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht vollzählig zum Firmenbuch eingereicht hat und seit dem Zeitpunkt, zu dem der Jahresabschluss für das zweite Geschäftsjahr einzureichen gewesen wäre, mindestens sechs Monate vergangen sind.

§ 83 BAO lautet:

(1) Die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche voll handlungsfähige Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten richten sich nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Abgabenbehörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 85 Abs. 2 von Amts wegen zu veranlassen.

(3) Vor der Abgabenbehörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; hierüber ist eine Niederschrift aufzunehmen.

(4) Die Abgabenbehörde kann von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Angehörige (§ 25), Haushaltsangehörige oder Angestellte handelt und Zweifel über das Bestehen und den Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten.

(5) Die Bestellung eines Bevollmächtigten schließt nicht aus, daß sich die Abgabenbehörde unmittelbar an den Vollmachtgeber selbst wendet oder daß der Vollmachtgeber im eigenen Namen Erklärungen abgibt.

§ 85 BAO lautet:

(1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).

(2) Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

(3) Die Abgabenbehörde hat mündliche Anbringen der im Abs. 1 bezeichneten Art entgegenzunehmen,

a) wenn dies die Abgabenvorschriften vorsehen, oder

b) wenn dies für die Abwicklung des Abgabenverfahrens zweckmäßig ist, oder

c) wenn die Schriftform dem Einschreiter nach seinen persönlichen Verhältnissen nicht zugemutet werden kann.

Zur Entgegennahme mündlicher Anbringen ist die Abgabenbehörde nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Amtsstunden verpflichtet, die bei der Abgabenbehörde durch Anschlag kundzumachen sind.

(4) Wird ein Anbringen (Abs. 1 oder 3) nicht vom Abgabepflichtigen selbst vorgebracht, ohne dass sich der Einschreiter durch eine schriftliche Vollmacht ausweisen kann und ohne dass § 83 Abs. 4 Anwendung findet, gelten für die nachträgliche Beibringung der Vollmacht die Bestimmungen des Abs. 2 sinngemäß.

(5) Der Einschreiter hat auf Verlangen der Abgabenbehörde eine beglaubigte Übersetzung einem Anbringen (Abs. 1 oder 3) beigelegter Unterlagen beizubringen.

§ 264 BAO lautet:

(1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

(2) Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist befugt

a) der Beschwerdeführer, ferner

b) jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.

(3) Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Bescheidbeschwerde wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehreren hiezu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller dieser Anträge.

(4) Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden:

a) § 93 Abs. 4 und 5 sowie § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 (Frist),

b) § 93 Abs. 6 und § 249 Abs. 1 (Einbringung),

c) § 255 (Verzicht),

d) § 256 (Zurücknahme),

e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),

f) § 274 Abs. 3 Z 1 und 2 sowie Abs. 5 (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung).

(5) Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht.

(6) Erfolgt die Vorlage der Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht nicht innerhalb von zwei Monaten ab Einbringung des Vorlageantrages bzw. in den Fällen des § 262 Abs. 3 und 4 (Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung) ab Einbringung der Bescheidbeschwerde, so kann die Partei (§ 78) beim Verwaltungsgericht eine Vorlageerinnerung einbringen. Diese wirkt wie eine Vorlage der Beschwerde. Sie hat die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdevorentscheidung und des Vorlageantrages zu enthalten.

(7) Durch die Aufhebung einer Beschwerdevorentscheidung scheidet der Vorlageantrag aus dem Rechtsbestand aus.

§ 1023 ABGB lautet:

Die von einem Körper (Gemeinschaft) ausgestellten und übernommenen Vollmachten werden durch die Erlöschung der Gemeinschaft aufgehoben.

Rechtlich folgt:

Die Löschung gemäß § 40 Abs. 1 FBG gilt nur als deklarativ und führt nach der ständigen Rechtsprechung des OGH grundsätzlich nicht zur Vollbeendigung der Gesellschaft. Es ist jedoch mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch, nach der Rechtsprechung des OGH, konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden. In so einem Fall können an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden. Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre somit unwirksam. Ebenso erloschen sind sämtliche Vollmachten (s. dazu Rubin in Kletečka/Schauer, ABGB, § 1023 Rz 1; ).

Mit der Löschung der ***Bf1*** gemäß § 40 FBG im Firmenbuch kam es zum Erlöschen der Vollmacht der StB. Es steht daher fest, dass die ehemalige steuerliche Vertretung nicht mehr für die ***Bf1*** einschreiten konnte. Die Einbringung der Vorlageerinnerung erfolgte ohne hierzu bevollmächtig zu sein.

Nach § 83 Abs. 1 und 2 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten richten sich nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Abgabenbehörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 85 Abs. 2 BAO von Amts wegen zu veranlassen.

Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen gemäß § 85 Abs. 2 BAO die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

Ein Mängelbehebungsauftrag ist nicht zu erlassen, wenn die Eingabe von vornherein offenkundig aussichtslos (etwa verspätet oder von einem nicht hiezu Legitimierten eingebracht) ist (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO³, § 85 Anm 12; Ritz, BAO7, § 85 Tz 15, unter Berufung auf Judikatur [ 421, 422/78, ZfVB 1980/3/976; , 93/12/0095, 0096, ZfVB 1995/5/1827; ]).

Besteht kein Zweifel am Erlöschen der Vollmacht, sind Anträge des (ehemaligen) steuerlichen Vertreters ohne Mängelbehebungsauftrag zurückzuweisen. Dieser Vollmachtsmangel ist nicht verbesserungsfähig, da § 85 Abs. 4 BAO nicht der nachträglichen Vollmachtserteilung dient. (RV/7100527/2013-RS1) Eine nachträgliche Bevollmächtigung ist überdies in der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation mit einer im Firmenbuch gelöschten und nicht handlungsfähigen GmbH nicht denkbar.

Im vorliegenden Fall besteht kein Zweifel, dass die ehemalige steuerliche Vertretung ohne aufrechte Bevollmächtigung von der ***Bf1*** eingeschritten ist. Ein Mängelbehebungsauftrag an StB ist nicht erforderlich, da eine Behebung des Mangels nicht möglich wäre.

Vorlageerinnerungen sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten iSd § 85 Abs. 1 BAO. Eine unzulässige Vorlageerinnerung ist vom Verwaltungsgericht mit Beschluss zurückzuweisen (Ritz/Koran, BAO7 § 264 Rz 24).

Eine Eingabe ist - bis zum Nachweis der Bevollmächtigung - nicht dem Machtgeber, sondern dem einschreitenden Vertreter zuzurechnen (). Da im Zeitpunkt der Antragstellung keine Bevollmächtigung der StB durch die ***Bf1*** (mehr) bestand, war die Vorlageerinnerung der StB und nicht der ***Bf1*** zuzurechnen. Mangels Parteistellung im Verfahren der ***Bf1*** hat die Zurückweisung zu erfolgen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 9 B-VG eine Revision nicht zulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und stellt keine Rechtsfrage dar, der grundsätzliche Bedeutung zu kommt. Aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 264 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§§ 277 ff UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
§ 1023 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
§ 40 Abs. 1 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991
§ 83 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 83 Abs. 1 und 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 40 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991
§ 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100607.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at