Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.05.2023, RV/6100640/2008

Keine Verlängerungswirkung einer Amtshandlung wegen fehlendem Bezug zu bestimmtem Abgabenanspruch

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Zwilling in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch STÖGER+PARTNER Steuerberatung GMBH, Berchtesgadner Straße 3, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg-Stadt (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe der Jahre 2001, 2004 und 2005 sowie gegen die Bescheide betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Zeiträume 8-12/2001, 1-12/2002, 1-12/2003, 1-12/2004, 1-12/2005 und 1-12/2006 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Normverbrauchsabgabe 2001 und gegen die Bescheide betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Zeiträume 8-12/2001 und 1-12/2002 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden ersatzlos aufgehoben.

II. Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe der Jahre 2004 und 2005 sowie gegen die Bescheide betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Zeiträume 1-12/2003, 1-12/2004, 1-12/2005 und 1-12/2006 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im Zuge einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Außenprüfung wurde die Normverbrauchsabgabe und die Kraftfahrzeugsteuer für diverse Fahrzeuge festgesetzt. Die Pkws der Beschwerdeführerin wurden in Deutschland geleast und die damit verbundenen Kosten nach Österreich verrechnet. Die Autos wurden von Außendienstmitarbeitern der Gesellschaft genutzt, die in Österreich angestellt und wohnhaft sind und die Kunden der Beschwerdeführerin betreuen. Die Finanzverwaltung ging davon aus, dass § 40 KFG auf den Ort abstellt von dem aus der Antragsteller über das Fahrzeug hauptsächlich verfügt. Antragsteller im Sinne des § 37 Abs 1 KFG könne lediglich der rechtmäßige Besitzer des Fahrzeuges sein. Der rechtmäßige Besitzer könne - müsse aber nicht notwendiger Weise - mit dem wirtschaftlichen Eigentümer des Fahrzeuges ident sein.

Als Ort, von dem aus über das Fahrzeug hauptsächlich verfügt werde, käme jeder Ort in Frage, an dem sich der Verkehr des Unternehmens mit seinen Kunden abspiele, wo das Unternehmen also für seine Kunden erreichbar sei und wo auch regelmäßig die Mehrzahl der internen Geschäftsvorgänge abgewickelt werden. Dieser werde in der Regel also mit dem Firmensitz oder mit dem Sitz einer Zweigniederlassung/Betriebsstätte deckungsgleich sein. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass § 82 Abs 8 KFG als lex specialis dem § 40 Abs 1 KFG vorgehe. Aus der Formulierung des § 82 Abs 8 KFG lasse sich nun wiederum ableiten, dass die Standortvermutung nicht nur auf von Privatpersonen verwendete Fahrzeuge, sondern auch auf von Unternehmungen verwendete Fahrzeuge anzuwenden sei.

Der dauernde Standort eines im Ausland zugelassenes Fahrzeuges eines Unternehmens liege demnach gem § 82 Abs 8 KFG bis zum Gegenbeweis im Inland, wenn das Fahrzeug durch einen Unternehmer verwendet werde, dessen Sitz, Zweigniederlassung oder Betriebsstätte in Österreich liegt. Die österreichische Gesellschaft verfüge über keinen eigenen Fuhrpark. Den Mitarbeitern der österreichischen Gesellschaft, die allesamt über einen Hauptwohnsitz in Österreich verfügen, werden in Deutschland zugelassene Fahrzeuge zur Verfügung gestellt. Bei der Beurteilung des dauernden Standortes dieser Fahrzeuge kommt es also darauf an, "in welchem Auftrag" diese Mitarbeiter tätig werden.

Mit Schriftsatz vom brachte der Beschwerdeführer Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen die Bescheide ein. Den Bescheiden sei folgendes entgegenzuhalten:
"Der Normverbrauchsabgabe unterliegen die folgenden Vorgänge: Die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland, ausgenommen von Vorführkraftfahrzeugen, sofern die Steuerpflicht nicht bereits nach Z 1 oder 2 eingetreten ist oder nach Eintreten der Steuerpflicht eine Vergütung nach § 12 Abs. 1 erfolgt ist. Als erstmalige Zulassung gilt auch die Zulassung eines Fahrzeuges, das bereits im Inland zugelassen war, aber nicht der Normverbrauchsabgabe unterlag oder befreit war sowie die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird ein Nachweis über die Entrichtung der Normverbrauchsabgabe erbracht. Abgabenschuldner der Normverbrauchsabgabe ist .... Im Falle der erstmaligen Zulassung (§ 1 Z 3) derjenige, für den das Kraftfahrzeug zugelassen wird. Wird das Kraftfahrzeug für mehrere Personen zugelassen, so sind diese Gesamtschuldner (§ 6 Abs. 1 BAO). (…)

Wird ein Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen von einer Person mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland im Bundesgebiet verwendet, ist es als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung eines solchen Fahrzeuges ohne Zulassung ist nur während eines Monates ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Der Verwender kann den Gegenbeweis antreten, dass das Fahrzeug keinen dauernden Standort im Inland hat. Die Zulassungsverpflichtung bei einem "Verwender" ohne den Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland würde sich nach § 79 KFG (mit seiner Jahresregel) richten (vgl. ). Steuerschuldner der NoVA ist im Falle des § 1 Z 3 letzter Satz NoVAG - wie aus dieser Bestimmung in Verbindung mit § 4 Z 2 leg. cit. zu schließen ist - nur derjenige, auf den das Fahrzeug zuzulassen wäre, das ist der "Verwender" des Fahrzeuges.

Gemäß § 37 Abs. 2 KFG 1967 ist eine Zulassung von Fahrzeugen nur auf den rechtmäßigen Besitzer des Fahrzeuges oder auf den, der das Fahrzeug auf Grund eines Abzahlungsgeschäftes im Namen des rechtmäßigen Besitzers innehat, zulässig. Der Name KG muss daher die Eigenschaft als "rechtmäßiger Besitzer" des Fahrzeuges zukommen, um als Steuerschuldner der Normverbrauchsabgabe in Anspruch genommen werden zu können. Das Finanzamt fühlt dazu im angefochtenen Bescheid aus, dass die Beschwerdeführerin "zweifelsfrei" als "Verwender" im Sinnes des § 82 Abs. 8 KFG 1967 festgestellt werden konnte, weil "diese den Nutzen aus der Verwendung im Bundesgebiet zieht".

Das Fahrzeug wird von der Beschwerdeführerin im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit durch deren Mitarbeiter genutzt. Es erfolgt eine Verrechnung der Fahrzeugkosten durch die Name KG Deutschland. Die Beschwerdeführerin ist im Sinne §§ 309 und 316 ABGB nicht der rechtmäßige Besitzer des Fahrzeuges. Es wird auch keine Miete verrechnet, sondern nur ein am Aufwand orientiertes Nutzungsentgelt. Ein Leihvertrag liegt auch nicht vor, weil wegen des Aufwandsersatzes keine Unentgeltlichkeit vorliegt. Dem Kommentar von Novak zum Österreichischen Straßenverkehrsrecht (II. Teil: Kraftfahrrecht) ist zu § 37 Abs. 2 KFG 1967 folgendes zu entnehmen: Der Antragsteller muss nicht Eigentümer, sondern nur rechtmäßiger Besitzer sein. Der Begriff des rechtmäßigen Besitzes richtet sich nach § 309 ABGB, wonach der Besitzer einer Sache derjenige Inhaber ist, der den Willen hat, sie als die seinige zu behalten, und nach § 316 ABGB, wonach der Besitz einer Sache rechtmäßig ist, wenn er auf einem gültigen Titel beruht. Hierzu führen die EB folgendes aus: "Besitzer ist also idR der Eigentümer, der Kreditgeber, aber auch der Dieb oder derjenige, der glaubt, Eigentümer zu sein. Dagegen ist der Gebrauchsberechtigte, der Fruchtnießer, der Entlehner oder der Verwahrer nicht Besitzer ...".

Vor dem Sachverhaltshintergrund kann zwischen der Beschwerdeführerin und dem Fahrzeug keine Verbindung hergestellt werden, die ihr die Eigenschaft als dessen "rechtmäßiger Besitzer" zukommen lassen würde. Außerdem übersieht das Finanzamt, dass dann, wenn der Standort eines KFZs im Ausland (Deutschland) liegt, dieses KFZ längstens ein Jahr ab Einbringung in das Bundesgebiet aufgrund der ausländischen (deutschen) Zulassung verwendet werden kann. Der dauernde Standort eines KFZ ist gemäß § 40 KFG dort gegeben, von dem aus über das KFZ hauptsächlich verfügt wird.

Im gegenständlichen Fall steht das KFZ im Eigentum einer deutschen Gesellschaft und welches auch von dieser in Deutschland angemeldet worden ist und vom Mitarbeiter auch in Österreich mit der deutschen Zulassung verwendet werden kann. Es ist davon auszugehen, dass das deutsche Unternehmen hauptsächlich über dieses KFZ verfügt und somit der dauernde Standort des KFZs in Deutschland gegeben ist. Für die NoVa bedeutet dies, dass nur dann § 1 Abs. 1 Z 3 NoVAG zur Anwendung zu gelangen hat, wenn für das in Österreich mit deutscher Zulassung und deutschem Kennzeichen verwendete KFZ in Österreich eine Zulassung zu erwirken gewesen wäre. § 1 Abs. 1 Z 3 NoVAG kommt demnach nur dann zur Anwendung, wenn das KFZ im Inland ohne kraftverkehrsrechtliche erforderliche Zulassung verwendet wird. Da aber aufgrund des dauernden Standortes in Deutschland ein widerrechtlicher Gebrauch in Österreich nicht vorliegen kann, kommt § 1 Abs. 1 Z 3 NoVAG nicht zur Anwendung.

Damit ist die Vorschreibung der NoVA nicht zulässig. Hinzuweisen ist auch auf die Bestimmung des Abkommens über die Besteuerung von Straßenfahrzeugen zu privaten Gebrauch im internationalen Verkehr (BGBl 1949, Nr. 170). Entsprechend diesem Abkommen sowie dem dazu ergangenen Erlass des BMF (AÖF 111/91) besteht diese Steuerbefreiung für KFZ zum privaten Gebrauch, wenn der Aufenthalt in Österreich ein Jahr nach dem Grenzübergang nicht überschreitet. "Privater Gebrauch" im Sinne des Abkommens bedeutet jede Art von Gebrauch mit Ausnahme für Personenbeförderung gegen Entgelt, sowie gewerbliche oder kommerzielle Güterbeförderung gegen oder ohne Entgelt. Da die Beschwerdeführerin für das KFZ keine inländische Zulassung benötigt und auch eine gewerbliche Nutzung des KFZs im Sinne des oa. Erlasses nicht vorliegt, kann eine Vorschreibung von NoVA nicht erfolgen. Die Einjahresfrist beginnt mit jedem Grenzübertritt neu zu laufen, sodass sie in keinem Fall überschritten wird, da sich die Mitarbeiter der Firma Name regelmäßig in Deutschland zur Führung der Geschäfte der deutschen Gesellschaft aufhalten. Die Vorschreibung von Normverbrauchsabgabe und Kraftfahrzeugsteuer erfolgt daher zu unrecht. Außerdem ist hinsichtlich der Jahre 2001 und 2002 bereits Verjährung eingetreten, sodass eine Vorschreibung der Abgabe nicht erfolgen darf."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die Pkws der Beschwerdeführerin wurden in Deutschland geleast und die damit verbundenen Kosten nach Österreich verrechnet. Die Autos wurden von Außendienstmitarbeitern der Gesellschaft genutzt, die in Österreich angestellt und wohnhaft sind und die Kunden der Beschwerdeführerin betreuen. Die Finanzverwaltung ging davon aus, dass § 40 KFG auf den Ort abstellt von dem aus der Antragsteller über das Fahrzeug hauptsächlich verfügt. Die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe und der Kraftfahrzeugsteuer erfolgte mit Bescheiden vom in folgender Höhe:
NoVa 2001: € 1.972,07
NoVa 2004: € 1.848,00
NoVa 2005: € 2.003,30
Kraftfahrzeugsteuer 8-12/2001: € 216,00
Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2002: € 518,40
Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2003: € 518,40
Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2004: € 518,40
Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2005: € 518,40
Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2006: € 1.036,80

Die Beschwerdeführerin stützt sich bei ihrer Beschwerde im Wesentlichen auf die Argumentation der UFS Entscheidung vom (RV/0494-G/07), gegen die eine Beschwerde beim VwGH anhängig war.

Hinsichtlich der Verjährung der Jahre 2001 und 2002 argumentierte das Finanzamt, dass der Prüfungszeitraum zwar erst im Februar 2008 auf die Jahre 2001 und 2002 ausgedehnt wurde, jedoch bereits im Zuge der von Besprechungen im Rahmen der Betriebsprüfung in den Jahren 2006 und 2007 die Problematik der NoVa und Kraftfahrzeugsteuer auch der Jahre 2001 und 2002 erörtert worden sei. In den vorgelegten Unterlagen, auf die das Finanzamt verwiesen hat, wurde jedoch nie dezidiert auf die Jahre 2001 und 2002 verwiesen.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und sind das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens.

Auch für das Bundesfinanzgericht haben sich in Wahrnehmung seiner amtswegigen Ermittlungspflicht keine Anhaltspunkte ergeben, an der Richtigkeit des festgestellten Sachverhaltes zu zweifeln. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Einleitend wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 323 Abs. 38 BAO die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen sind.

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist abgesehen von den für den Beschwerdefall nicht relevanten taxativ aufgezählten Tatbeständen bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre.

Gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.

§ 209 BAO lautet:

"(1) Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen.

(2) Die Verjährung ist gehemmt, solange die Geltendmachung des Anspruches innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist wegen höherer Gewalt nicht möglich ist.

(3) Das Recht auf Festsetzung einer Abgabe verjährt spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4 BAO). […]"

Für die NoVa und die Kraftfahrzeugsteuer des Jahres 2001 ist der Abgabenanspruch am entstanden. Für die Kraftfahrzeugsteuer des Jahres 2002 ist der Abgabenanspruch am entstanden.

Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage beginnt somit die Festsetzungsverjährung mit Ablauf des Jahres 2001 bzw. 2002 zu laufen und endet - sofern keine Verlängerungshandlung iSd § 209 Abs. 1 BAO gesetzt wurde - mit Ablauf des Jahres 2006 bzw. 2007. Die im Jahr 2008 erlassenen Bescheide betreffend NoVa und die Kraftfahrzeugsteuer des Jahres 2001 bzw. 2002 wären somit außerhalb der fünfjährigen Festsetzungsverjährungsfrist ergangen und ersatzlos aufzuheben. Zu prüfen ist somit, ob die von der belangten Behörde gesetzten Amtshandlungen geeignet waren, die Verjährungsfrist um ein Jahr zu verlängern.

Wie den obigen Feststellungen zu entnehmen ist, verweist das Finanzamt auf Besprechungen mit Vertretern der Beschwerdeführerin in den Jahren 2006 und 2007. In keinem der vorgelegten Protokolle und E-Mails erfolgte jedoch der konkrete Bezug zur NoVa des Jahres 2001 oder zur Kraftfahrzeugsteuer der Jahre 2001 oder 2002. Das Vorbringen der belangten Behörde, wonach die angeführten Unterlagen eine die Verjährungsfrist verlängernde Amtshandlung dargestellt habe, mag das Bundesfinanzgericht nicht zu überzeugen. Wie den obigen Feststellungen zu entnehmen ist, weisen die Protokolle und E-Mails keinerlei Bezug zur Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches auf.

Somit ist auch keine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der fraglichen Verlängerungshandlung möglich. Gerade darin sieht aber das Bundesfinanzgericht den Sinn und Zweck der vom Verwaltungsgerichtshof formulierten Anforderungen an eine Verlängerungshandlung. Dabei geht es nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes gerade nicht um einen Selbstzweck, sondern vielmehr darum, dass die gesetzte Verlängerungshandlung auch einer nachprüfenden Kontrolle standhält. Nur im Fall, dass die Verlängerungshandlung zur Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches gesetzt wurde, soll ihr Verlängerungswirkung zukommen. Gerade vor dem Hintergrund, dass mit Ablauf der Verjährung Rechtsfriede eintreten soll (vgl ) und somit die Verlängerungshandlung eine gleichsam rechtskraftdurchbrechende Wirkung entfaltet, sind nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes besonders strenge Kriterien bei der Beurteilung der Tauglichkeit einer derartigen Handlung anzulegen.

Auch der Verwaltungsgerichtshof legt einen strengen Maßstab an verjährungsunterbrechende Amtshandlungen, wenn er ausspricht, dass es sich bei einer als Verlängerungshandlung intendierten Amtshandlung um eine in jeden Zweifel ausschließender Weise zur Geltendmachung eines Abgabenanspruches dienende Amtshandlung handeln müsse (vgl. , Rz 24).

Da die von der belangten Behörde ins Treffen geführten Amtshandlungen somit nicht die Verjährungsfrist verlängern konnten und mit Ablauf des Jahres 2006 bzw. 2007 die Festsetzungsverjährung hinsichtlich der NoVa und Kraftfahrzeugsteuer des Jahres 2001 bzw. der Kraftfahrzeugsteuer des Jahres 2002 eingetreten ist, ergingen der angefochtenen Bescheide vom außerhalb der fünfjährigen Festsetzungsverjährungsfrist und sind daher ersatzlos aufzuheben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Abweisung)

Gemäß § 1 Z 3 Normverbrauchsabgabegesetz - NoVAG 1991 unterliegt der Normverbrauchsabgabe - abgesehen von hier nichtzutreffenden Ausnahmen - die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland. Als erstmalige Zulassung gilt u.a. die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird ein Nachweis über die Entrichtung der Normverbrauchsabgabe erbracht.

Nach § 4 Z 2 NoVAG 1991 ist Abgabenschuldner im Falle der erstmaligen Zulassung (§ 1 Z 3) derjenige, für den das Kraftfahrzeug zugelassen wird. Wird das Kraftfahrzeug für mehrere Personen zugelassen, so sind diese Gesamtschuldner (§ 6 Abs. 1 BAO).

Kraftfahrzeuge dürfen nach § 36 Kraftfahrgesetz 1967 - KFG 1967, BGBl. Nr. 267/1967, nur dann auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet werden, wenn sie u.a. zum Verkehr zugelassen sind.

Nach § 37 Abs. 2 KFG 1967 idF BGBl. I Nr. 132/2002 dürfen Kraftfahrzeuge und Anhänger u.a. nur zugelassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er der rechtmäßige Besitzer des Fahrzeuges ist oder das Fahrzeug auf Grund eines Abzahlungsgeschäftes im Namen des rechtmäßigen Besitzers innehat, wenn er seinen Hauptwohnsitz oder Sitz, bei Antragstellern ohne Sitz im Bundesgebiet eine Hauptniederlassung im Bundesgebiet hat oder bei Miete des Fahrzeuges aus einem anderen EU-Mitgliedstaat, jedenfalls der Mieter seinen Hauptwohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet hat.

Kraftfahrzeuge und Anhänger sind nach § 38 Abs. 1 KFG auf Antrag für die Dauer von höchstens einem Jahr vorübergehend zuzulassen, wenn der Antragsteller seinen Hauptwohnsitz, seine Hauptniederlassung oder seinen Sitz nicht im Bundesgebiet hat und die im § 37 Abs. 2 angeführten Unterlagen und Nachweise ordnungsgemäß erbracht sind.

Gemäß § 40 Abs. 1 zweiter Satz KFG 1967 idF BGBl. I Nr. 132/2002 gilt als dauernder Standort eines Fahrzeuges der Hauptwohnsitz des Antragstellers, bei Fahrzeugen von Unternehmungen der Ort, von dem aus der Antragsteller über das Fahrzeug hauptsächlich verfügt.

Gemäß § 79 KFG 1967 ist das Verwenden von Kraftfahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (unbeschadet zollrechtlicher und gewerberechtlicher Vorschriften) u. a. nur zulässig, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht wurden.

§ 82 Abs. 8 KFG 1967 bestimmt, dass Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dauerndem Standort im Inland anzusehen sind. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 KFG 1967 ist nur während eines Monats ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig.

Aus der dargestellten Rechtslage ergibt sich, dass die Verwendung eines nicht im Inland zugelassenen Fahrzeuges dann der Normverbrauchsabgabe unterliegt, wenn es nach dem KFG 1967 zum Verkehr zuzulassen wäre. Dies betrifft vor allem die Verwendung von im Ausland zugelassenen Fahrzeugen, wenn auf Grund kraftfahrrechtlicher Bestimmungen die Zulassung im Inland zu beantragen wäre, dies aber unterlassen wird.

Mit der Einführung dieses Auffangtatbestandes in § 1 Z 3 NoVAG (durch die Novelle BGBl. I Nr. 122/1999) sollten auch jene Fälle, in denen dauerhaft im Inland verwendete Fahrzeuge nur zum Zweck der Vermeidung der Normverbrauchsabgabe im Ausland zugelassen werden, von der Normverbrauchsabgabe erfasst werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/15/0276).

Zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Voraussetzungen ein Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen im Inland zuzulassen ist, richtet sich danach, ob es über einen dauernden Standort im Inland oder im Ausland verfügt (vgl. § 79 Abs. 1 und § 82 Abs. 8 KFG 1967). Bei der Bestimmung des dauernden Standortes (vgl. § 40 Abs. 1 zweiter Satz KFG) kommt es darauf an, von wem das Fahrzeug im Inland verwendet wird.

Wird das Fahrzeug beispielsweise durch eine natürliche Person ohne Hauptwohnsitz im Inland verwendet, so kommt § 79 Abs. 1 KFG 1967 (mit seiner Jahresregel) zum Tragen. Wird das Fahrzeug hingegen durch eine natürliche Person mit Hauptwohnsitz im Inland verwendet, so ist dies nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 zu beurteilen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom Zl. 95/11/0378).

§ 4 Z 2 NoVAG 1991 bezeichnet als Abgabenschuldner im Falle der erstmaligen Zulassung (§ 1 Z 3) denjenigen, für den das Kraftfahrzeug zugelassen wird. Damit wird aber nur der Abgabentatbestand des ersten Satzes des § 1 Z 3 NoVAG 1991 (erstmalige Zulassung) erfasst. Beim Abgabentatbestand des zweiten Satzes dieser Bestimmung (fiktive erstmalige Zulassung) fehlt es aber - mangels Zulassung - an jener Person, für die zugelassen worden ist. § 4 NoVAG sah bis zur Novelle durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 52/2009 dafür keine ausdrückliche Regelung zur Bestimmung des Steuerschuldners vor.

Nach dem dem Steuerschuldrecht innewohnenden Grundgedanken, dass derjenige Steuerschuldner ist, der den die Steuerpflicht auslösenden Tatbestand verwirklicht hat (Stoll, Bundesabgabenordnung, 77), ist aber in einem solchen Fall jene Person, welche das Fahrzeug ohne Zulassung im Inland verwendet, zur Normverbrauchsabgabe heranzuziehen. Und zwar unabhängig davon, ob das Fahrzeug für diese Person überhaupt zugelassen werden könnte. Auf den rechtlichen Besitz an dem Fahrzeug kommt es bei der Verwirklichung dieses Tatbestandes nicht an.

Diese Auslegung des NoVAG 1991 findet ihre Bestätigung auch in der vom Gesetzgeber durch die Novelle BGBl. I Nr. 52/2009 vorgenommenen "Klarstellung" (vgl. die Materialien zu dieser Novelle 113 BlgNR XXIV. GP 79) durch die Ergänzung des § 4 NoVAG. Dessen nunmehr angefügte Z 3 bestimmt im Falle der Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre (§ 1 Z 3) auch denjenigen, der das Fahrzeug verwendet, als Abgabenschuldner (§ 6 Abs. 1 BAO).

Das NoVAG enthält jedoch auch keine Regelung darüber, wem die Verwendung des Fahrzeuges zuzurechnen ist. Auf Grund der gleichartigen Zielsetzung - nämlich die Person zu bestimmen, die für die durch die Verwendung des Fahrzeuges entstandenen Folgen einzustehen hat, - bietet es sich in diesem Zusammenhang an, auf den bundesrechtlich geregelten Begriff des Halters des Kraftfahrzeugs nach § 5 Abs. 1 Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz - EKHG zurückzugreifen. Unter dem Halter ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dazu die Person zu verstehen, die das Fahrzeug auf eigene Rechnung in Gebrauch und die Verfügungsgewalt darüber hat. Dies ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Maßgebend ist, dass der Halter tatsächlich in der Lage ist, die Verfügung über das Fahrzeug auszuüben (vgl. dazu etwa OGH, , 9 Ob A 150/00z).

Im Beschwerdefall ist die Beschwerdeführerin zu dem Ergebnis gekommen, dass sie vom Finanzamt deswegen zu Unrecht als Steuerschuldnerin in Anspruch genommen worden sei, weil sie nicht als rechtmäßige Besitzerin des Fahrzeuges angesehen werden könne. Damit hat sie aber die Rechtslage verkannt. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, kommt es nämlich bei der Entstehung der Normverbrauchsabgabenschuld im Beschwerdefall ausschließlich auf die Verwendung eines nicht im Inland zugelassenen Fahrzeugs im Bundesgebiet über die in § 82 Abs. 8 KFG vorgesehene Frist hinaus an. Ob der Person, welche ein Fahrzeug im Inland solcherart verwendet, der rechtmäßige Besitz an diesem Fahrzeug zukommt, ist für die Entstehung der Steuerschuld und die Bestimmung des Steuerschuldners unerheblich.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992 unterliegen der Kraftfahrzeugsteuer Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung verwendet werden.

Nach § 6 Abs. 4 KfzStG 1992 hat der Steuerschuldner für jedes abgelaufene Kalenderjahr bis zum 31. März des darauffolgenden Kalenderjahres dem Finanzamt eine Steuererklärung über die steuerpflichtigen Kraftfahrzeuge abzugeben.

Die Verwendung von Kraftfahrzeugen im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung führt nach § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992 zur Kraftfahrzeugsteuerpflicht. Bei der Verwendung von Kraftfahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen im Inland ist im ersten Schritt die Anwendbarkeit des § 82 Abs. 8 KFG 1967 zu prüfen. Die diesbezügliche Prüfung hat in folgenden Schritten zu erfolgen (Haller, Normverbrauchsabgabegesetz (2017), § 1 Rz 84, mit Literatur- und Judikaturnachweisen):

1. Es muss eine Verwendung des Fahrzeugs in Österreich im Sinne einer physischen Nutzung auf inländischen Straßen vorliegen.

2. Diese Verwendung muss rechtlich einer bestimmten natürlichen oder juristischen Person, dem sog. "Verwender", zugerechnet werden.

3. Der Verwender muss seinen Hauptwohnsitz bzw. Sitz im Inland haben.

Nur beim kumulativen Vorliegen aller drei oa. Voraussetzungen - welche von der inländischen Behörde nachzuweisen sind - ist § 82 Abs. 8 KFG 1967 anwendbar und wird ein dauernder Standort des Fahrzeugs im Inland vermutet. In diesem Fall ist die Verwendung des Fahrzeugs im Inland nach Überschreiten der Monatsfrist gemäß § 82 Abs. 8 2. Satz KFG 1967 unzulässig (Haller, § 1 Rz 85). Eine dennoch fortgesetzte, widerrechtliche Verwendung führt zur Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992.

Fest steht, dass im gegenständlichen Fall alle drei Voraussetzungen gegeben sind. Zusammenfassend ist sohin festzuhalten, dass aufgrund des kumulativen Vorliegens aller drei oa. Voraussetzungen im gegenständlichen Fall § 82 Abs. 8 KFG 1967 anwendbar ist und ein dauernder Standort der streitgegenständlichen Kraftfahrzeuge im Inland vermutet wird.

Aufgrund der obigen Ausführungen ist sohin festzuhalten, dass die belangte Behörde zu Recht vom Bestehen der Kraftfahrzeugsteuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992 für den streitgegenständlichen Zeitraum ausgegangen ist.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt III. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht strittige Rechtsfrage ist durch die Rsp des VwGH geklärt. Von dieser wird im vorliegenden Erkenntnis nicht abgewichen. Die (ordentliche) Revision war somit nicht zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 208 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 4 Z 2 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 37 Abs. 2 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 40 Abs. 1 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
§ 6 Abs. 4 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100640.2008

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at