Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.07.2023, RV/5100455/2019

Kein Ausschluss der Dreijahresverteilung (§ 37 Abs. 7 2. Satz EStG) trotz Vergleichssummenbesteuerung gem. § 67 Abs. 8 lit. a EStG.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***US*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Tosold Steuerberatungsgesellschaft mbH, Naumanngasse 9, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend Einkommensteuer 2016 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im Einkommensteuerbescheid 2016 vom setzte die belangte Behörde Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug iHv € 564.865,57 als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit fest. Der Bescheid enthält diesbezüglich keine Begründung.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf.) fristgerecht (Fristverlängerung bis wurde beantragt und stattgegeben) Beschwerde und begründete diese wie folgt:

"Unser Mandant erhielt im Jahr 2016 sowohl noch laufende Bezüge aus der Verdienstentgangsentschädigung als auch eine Vergleichszahlung, die zur Beendigung selbiger Zahlungen führte. Insgesamt flossen unserem Mandanten 2016 Zahlungen in Höhe von EUR 573.613,57 zu.

[…]

Gem. §67 (8) a sind bei derartigen Einkünften 1/5, begrenzt mit 1/5 der 9fachen Höchstbeitragsgrundlage, somit EUR 8.748,00 steuerfrei zu belassen (als pauschale Berücksichtigung für allfällige steuerfreie Zulagen und Zuschläge oder sonstige Bezüge sowie als Abschlag für einen Progressionseffekt durch die Zusammenballung von Bezügen).

Grundsätzlich wird die Heranziehung des §67 (8) a nicht bestritten. Es ist jedoch anzumerken: Lt. Auskunft des zuständigen Finanzamtes steht eine Verteilung von Einkünften gem. §37 (2) Z 2 EStG nicht zu, wenn Bezugsteile mit festen Steuersätzen des §67 versteuert sind bzw. subsumieren unter dem Größenschluss, dass dies demzufolge auch für Bezüge gelten muss, die steuerfrei zu belassen sind. Dies geht jedoch aus der Norm des §37 (7) in keiner Weise hervor. Der Gesetzgeber schreibt jedoch dezidiert vor, dass eindeutig eine Besteuerung mit einem begünstigten Steuersatz stattfinden müsse, um die Begünstigung des §37 zu verlieren. Dies ist bei einer Steuerfreistellung von Bezugsteilen (und in Anbetracht der Tatsache, dass dies bei unserem Mandanten einen vergleichsweise geringen Betrag betrifft) nicht der Fall. Es ist davon auszugehen, - da auf den steuerfrei gestellten Betrag von EUR 8.748,00 grundsätzlich sowieso keine weitere Begünstigung gewährt werden kann, - dass für den Restbetrag, auf den eben der §67 (8) a nicht angewendet wird, weil er das Fünftel der Höchstbeitragsgrundlage überschreitet, unseres Erachtens die Begünstigung des §37 (2) Z 2 EStG jedenfalls heranzuziehen ist.

Da im Gegenzug der § 67 (8) a grundsätzlich Vergleiche berührt, aber weder eine Zusammenballung mehrerer Jahre fordert noch eine begünstigte Besteuerung anderer Teile vorsieht und dezidiert die Steuerfreiheit mit einem Fünftel der 9fachen Höchstbeitragsgrundlage umfasst, lässt sich im Gegenschluss eher vermuten, dass diese Begünstigung Vergleichssummen betreffen soll, die typischerweise einen Zeitraum von 1-2 Jahren betreffen.

Dagegen betrifft die Begünstigung des § 37 Einkommenszuflüsse, die Entschädigungen betreffen, die für mindestens 7 Jahre oder mehr geleistet werden.

Darüber hinaus findet sich im Einkommensteuergesetz keine Regelung, dass nicht beide Begünstigungen parallel angewendet werden können, sofern der Steuerpflichtige in solchen Situationen nicht diejenige Begünstigung wählen kann, die auf die Sachlage eher zutrifft bzw. die für ihn die günstigere Variante darstellt.

Zur weiteren Vorgehensweise wurden dem Finanzamt Braunau die weiteren Schritte zur Veranlagung 2016 vorgelegt. Nach Veranlagung und eingebrachter Fristverlängerung für die Berufung wurde die Berufungsfrist unter der Begründung "Eine den Tatsachen entsprechende Erledigung liegt in beiderseitigem Interesse." verlängert. Eine den Tatsachen entsprechende Erledigung liegt unseres Erachtens derzeit nicht vor."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesenen. In der Begründung wird auf die übermittelten Ausführungen des bundesweiten Fachbereiches für Lohnsteuer verwiesen.

Mit Vorlageantrag vom wurde die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung sowie die Entscheidung durch den Senat beantragt.

Am wurde der Akt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und mit meiner Gerichtsabteilung zugeteilt. Darin führt die belangte Behörde wie folgt aus:

"Der Bf. erhielt im Jahr 2016 eine Abfindung der ihm aufgrund eines schweren Verkehrsunfalls zugesprochenen Verdienstentgangsentschädigung. Es wurde ein Vergleich geschlossen und eine letzte Zahlung von € 564.824,00 geleistet.

Die Besteuerung erfolgte gem. § 67 Abs.8a EStG. 1/5 der Summe - begrenzt mit 1/5 der 9-fachen Höchstbeitragsgrundlage - wurde steuerfrei belassen, der Rest wurde zum Tarif versteuert.

Die Besteuerung wurde in Anlehnung an die Rechtsmeinung des bundesweiten Fachbereiches vorgenommen.Es wird eine abweisende Erledigung beantragt."

Mit Schreiben vom zog der Bf. den Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem gesamten Senat zurück.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer, geboren am ***Datum***, wurde bei einem Verkehrsunfall im Jahr 1992 auf Grund des alleinigen Verschuldens des Unfallgegners schwer verletzt und erlitt Dauerschäden, sodass eine uneingeschränkte Teilnahme des Bf. am Arbeitsmarkt nicht mehr möglich ist. Aus diesem Grund wurde dem Bf. vom Gericht eine Ausgleichsrente zugesprochen.

Diese Verdienstentgangsentschädigungen wurden als Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) erklärt.

Für die Erlangung der Versicherungsleistungen war ein ständiges betreiben des Bf. bzw. seines Rechtsanwaltes notwendig, die ständigen Einmahnungen und Gerichtsverfahren mit der Versicherung stellten sich als erhebliche psychische Belastung heraus. Deshalb nahm der Bf. im Jahr 2016 (im Alter von 42 Jahren) einen Vergleich über eine Ausgleichszahlung an.

Der Bf. erhielt im Jahr 2016 sowohl noch laufende Bezüge aus der Verdienstentgangsentschädigung iHv € 8.863,57 als auch eine Vergleichszahlung, die zur Beendigung selbiger Zahlungen führte. Die Vergleichssumme belief sich auf € 564.750,00.

Der Bf. beantragt gem. § 37 Abs. 2 Z 2 EStG die Verteilung der Einkünfte auf drei Jahre.

Das gesetzliche Pensionsantrittsalter erreichen Männer in Österreich mit 65 Jahren. Die monatliche Höchstbeitragsgrundlage laut ASVG betrug im Jahr 2016 € 4.860,00.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf den glaubwürdigen, nicht der Aktenlage widersprechenden Ausführungen des Bf. im Vorhalteverfahren, in der Beschwerde, sowie im Vorlageantrag, die im Wesentlichen den im Vorlagebericht der belangten Behörde wiedergegebenen Feststellungen entsprechen.

Beweismittel: Audiofile über den mündlichen Vergleich über die Verdienstentgangs-entschädigung vom .

Der Sachverhalt ist nicht strittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

§ 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 lautet:

Zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 gehören auch:

1. Entschädigungen, die gewährt werden

a) als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen einschließlich eines Krankengeldes und vergleichbarer Leistungen oder […].

§ 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 normiert:

Über Antrag sind nachstehende Einkünfte, beginnend mit dem Veranlagungsjahr, dem der Vorgang zuzurechnen ist, gleichmäßig verteilt auf drei Jahre anzusetzen:

[…]

2. Entschädigungen im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 1, wenn überdies im Falle der lit. a oder b der Zeitraum, für den die Entschädigungen gewährt werden, mindestens sieben Jahre beträgt.

§ 37 Abs. 7 EStG 1988 normiert:

Die Progressionsermäßigung nach Abs. 2, Abs. 3 oder Abs. 5 steht nicht zu, wenn Einkünfte nicht in einem Veranlagungszeitraum anfallen. Für Einkünfte, die zum Teil mit dem festen Steuersatz des § 67 versteuert werden, steht keine Progressionsermäßigung zu.

§ 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 normiert:

Für die nachstehend angeführten sonstigen Bezüge gilt Folgendes:

a) auf gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichen beruhende Vergleichssummen, sind, soweit sie nicht nach Abs. 3, 6 oder dem letzten Satz mit dem festen Steuersatz zu versteuern sind, gemäß Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Fünftel steuerfrei zu belassen, höchstens jedoch ein Fünftel des Neunfachen der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG; Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Fallen derartige Vergleichssummen bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses an und werden sie für Zeiträume ausbezahlt, für die eine Anwartschaft gegenüber einer BV-Kasse besteht, sind sie bis zu einem Betrag von 7 500 Euro mit dem festen Steuersatz von 6% zu versteuern; Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

§ 67 Abs. 11 EStG 1988 normiert:

Die Abs. 1, 2, 6 und 8 sind auch bei der Veranlagung von Arbeitnehmern anzuwenden.

Rechtliche Erwägungen

Vergütungen für unfallbedingten Verdienstentgang wegen Arbeitsunfähigkeit oder eingeschränkter Arbeitsfähigkeit sind unter § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 zu subsumieren (). Im Fall des Ersatzes nichtselbständiger Bezüge sind diese gemäß § 25 in Verbindung mit § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 steuerpflichtig. Dasselbe gilt für Schadenersatzleistungen in Form der Abgeltung des Verdienstentganges durch die Haftpflichtversicherung eines Unfallgegners ().

Werden von einer Versicherung Verdienstentgangsentschädigungen als Einkommensersatz geleistet, sind diese als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit gemäß § 25 in Verbindung mit § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 im Veranlagungswege zu erfassen.

Gemäß § 67 Abs. 11 EStG 1988 sind die Abs. 1, 2, 6, 7 und 8 leg. cit. auch bei der Veranlagung von Arbeitnehmern anzuwenden. Liegt daher der Verdienstentgangsentschädigung ein gerichtlicher oder außergerichtlicher Vergleich oder eine Nachzahlung auf Grund eines Gerichtsurteiles zugrunde, erfolgt die Besteuerung gemäß § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 (vgl. -F/08).

Der VwGH hat in dem Erkenntnis vom , 2010/15/0158 ausgeführt, dass allein die Tatsache, dass eine Besteuerung gemäß § 67 EStG 1988 erfolgt, noch nicht eine Berücksichtigung von Progressionsbegünstigungen im Rahmen der Veranlagung ausschließt:
"§ 67 EStG 1988 hat die lohnsteuerliche Behandlung sonstiger Bezüge zum Inhalt. Abschließend gibt er die steuerliche Behandlung sonstiger Bezüge aber nur insoweit vor, als diese nicht in eine Einkommensteuerveranlagung einzubeziehen sind (vgl. § 41 Abs. 4 und § 67 Abs. 9 und 11 EStG 1988). Sind sonstige Bezüge in eine Einkommensteuerveranlagung einzubeziehen, dann regeln insoweit erst die für die Veranlagung geltenden Vorschriften abschließend die steuerliche Behandlung der sonstigen Bezüge. Lässt eine bei der Veranlagung anzuwendende Bestimmung wie § 37 EStG 1988 im Rahmen der Veranlagung eine Begünstigung sonstiger Bezüge zu, so ist sie, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, zu gewähren".

Der Bf. beantragt die Verteilung der Verdienstentgangsentschädigung gem. § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 auf drei Jahre. Verdienstentgangsentschädigungen fallen unter die Bestimmung des § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988. Da der Zeitraum, für den die Entschädigung gewährt wird, mindestens sieben Jahre beträgt, sind die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Dreijahresverteilung grundsätzlich erfüllt.

Insoweit herrscht zwischen den Parteien des Verfahrens rechtliche Einigkeit.

Strittig ist die Frage, ob § 37 Abs. 7 2. Satz EStG die Dreijahresverteilung im gegenständlichen Beschwerdefall ausschließt.

Die belangte Behörde bringt diesbezüglich wie folgt vor:

"[…] Gem. § 37 Abs. 7 zweiter Satz EStG 1988 steht für Einkünfte, die zum Teil mit dem festen Steuersatz des § 67 EStG 1988 versteuert werden, keine derartige Progressionsermäßigung zu. Dieser Satz wurde durch das Steuerreformgesetz 1993 ursprünglich in § 37 Abs. 6 EStG 1988 neu eingefügt. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage wurde begründend dazu ausgeführt: "Der neu angefügte Abs. 6 soll ausschließen, dass der halbe Durchschittssteuersatz auch auf Einkünfte anzuwenden ist, die bereits teilweise mit dem festen Steuersatz von 6% versteuert worden sind. Dies wird insbesondere für Erfindervergütungen im Sinne des § 67 Abs. 7 Bedeutung haben." Aus den Erläuterungen geht somit hervor, dass die teilweise Versteuerung einer Vergütung mit einem Steuersatz von 6 % den Verlust der Progressionsermäßigung bewirkt.

Zwar sind Vergleichssummen nur dann mit dem festen Steuersatz zu versteuern, wenn sie auf sonstige Bezüge gem. § 67 Abs. 3 und 6 EStG 1988 entfallen, oder wenn sie bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses für Zeiträume ausbezahlt werden, für die eine Anwartschaft gegenüber einer BV-Kasse besteht. Dennoch ist bei der Versteuerung von Vergleichssummen ein Fünftel steuerfrei zu belassen, höchstens jedoch ein Fünftel des Neunfachen der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG. Wenn nun eine (teilweise) Besteuerung mit festen Sätzen die Progressionsermäßigung des § 37 Abs. 2 Z 2 iVm Abs. 7 EStG 1988 ausschließt, muss dies nach dem Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Bestimmung umso mehr gelten, wenn ein Teil zur Gänze steuerbefreit ist (Größenschluss).

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (BGBl. I Nr. 142/2000) anlässlich der Änderung der Vergleichssummenbesteuerung führen unter anderem Folgendes aus: "Vom verbleibenden Betrag ist ein Fünftel als pauschale Berücksichtigung für allfällige steuerfreie Zulagen und Zuschläge oder sonstige Bezüge sowie als Abschlag für einen Progressionseffekt durch die Zusammenballung von Bezügen steuerfrei zu belassen (diese Steuerfreiheit bleibt auch bei einer allfälligen Veranlagung erhalten)." Das steuerfreie Fünftel dient nach den Erläuterungen der Berücksichtigung allfälliger sonstiger Bezüge, welche üblicherweise mit den festen Sätzen des § 67 EStG 1988 zu versteuern sind. Deshalb erscheint der Ausschluss der Progressionsermäßigung durch Dreijahresverteilung auf Grund der Berücksichtigung eines steuerfreien Fünftels als gewisses Äquivalent zur Besteuerung mit festen Sätzen ebenfalls sachgerecht.

Das steuerfreie Fünftel dient nach den Erläuterungen zudem als Abschlag für einen Progressionseffekt durch die Zusammenballung von Bezügen. Daher stellt das steuerfreie Fünftel ebenso wie § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 eine Progressionsermäßigung dar. Eine Berücksichtigung einer mehrfachen Progressionsermäßigung für Vergleichssummen durch zusätzliche Dreijahresverteilung kann dem Gesetz nicht entnommen werden.

Gemäß § 67 Abs. 11 EStG 1988 sind § 67 Abs. 1, 2, 6 und 8 EStG 1988 auch bei der Veranlagung von Arbeitnehmern anzuwenden. Wie der UFS in seiner Entscheidung vom , RV/0234-F/08 ausgeführt hat, sind Verdienstentgangsentschädigungen, denen ein gerichtlicher oder außergerichtlicher Vergleich oder eine Nachzahlung auf Grund eines Gerichtsurteiles zugrunde liegt, als Vergleichssumme gemäß § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 zu besteuern. Da die Vergleichssummenbesteuerung auch bei der Veranlagung von Arbeitnehmern Anwendung findet, schließt diese, wie zuvor ausgeführt, eine Progressionsermäßigung gemäß § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 aus. Im Rahmen der Veranlagung kann daher nur das steuerfreie Fünftel, höchstens jedoch ein Fünftel des Neunfachen der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG, berücksichtigt werden."

Demgegenüber argumentiert der steuerliche Vertreter des Bf. wie folgt:

"[…] Grundsätzlich wird die Heranziehung des §67(8) a nicht bestritten. Es ist jedoch anzumerken:

Lt. Auskunft des zuständigen Finanzamtes steht eine Verteilung von Einkünften gern. §37(2) Z2 EstG nicht zu, wenn Bezugsteile mit festen Steuersätzen des §67 versteuert sind bzw. subsumieren unter dem Größenschluss, dass dies demzufolge auch für Bezüge gelten muss, die steuerfrei zu belassen sind (siehe Beilage 2.3). Dies geht jedoch aus der Norm des §37 (7) in keiner Weise hervor. Der Gesetzgeber schreibt jedoch dezidiert vor, dass eindeutig eine Besteuerung mit einem begünstigten Steuersatz stattfinden müsse, um die Begünstigung des §37 zu verlieren. Dies ist bei einer Steuerfreistellung von Bezugsteilen (und in Anbetracht der Tatsache, dass dies bei unserem Mandanten einen vergleichsweise geringen Betrag betrifft) nicht der Fall. Es ist davon auszugehen, - da auf den steuerfrei gestellten Betrag von EUR 8.748,00 grundsätzlich sowieso keine weitere Begünstigung gewährt werden kann, - dass für den Restbetrag, auf den eben der §67 (8) a nicht angewendet wird weil er das Fünftel der Höchstbeitragsgrundlage überschreitet, unseres Erachtens die Begünstigung des §37 (2) Z2 EstG jedenfalls heranzuziehen ist.

Da im Gegenzug der §67 (8) a grundsätzlich Vergleiche berührt, aber weder eine Zusammenballung mehrerer Jahre fordert noch eine begünstigte Besteuerung anderer Teile vorsieht und dezidiert die Steuerfreiheit mit einem Fünftel der 9 fachen Höchstbeitragsgrundlage umfasst, lässt sich im Gegenschluss eher vermuten, dass diese Begünstigung Vergleichssummen betreffen soll, die typischerweise einen Zeitraum von 1-2 Jahren betreffen.

Dagegen betrifft die Begünstigung des §37 Einkommenszuflüsse, die Entschädigungen betreffen, die für mindestens 7 Jahre oder mehr geleistet werden.

Darüber hinaus findet sich im Einkommensteuergesetz keine Regelung, dass nicht beide Begünstigungen parallel angewendet werden können, sofern der Steuerpflichtige in solchen Situationen nicht diejenige Begünstigung wählen kann, die auf die Sachlage eher zutrifft bzw. die für ihn die günstigere Variante darstellt."

Abschließende Würdigung:

Für Einkünfte, die zum Teil mit dem festen Steuersatz des § 67 EStG versteuert werden, steht nach § 37 Abs 7 2. Satz EStG keine Progressionsermäßigung zu.

Zunächst ist festzuhalten, dass eine Subsumtion des gegenständlichen Sachverhalts unter den Tatbestand des § 37 Abs. 7 2. Satz EStG nicht ohne weiteres möglich ist, da die gegenständliche Vergleichssumme nicht mit einem festen Steuersatz besteuert wurde. Diese Rechtsfolge könnte nur dann eintreten, wenn der Tatbestand des § 37 Abs. 7 2. Satz EStG teleologisch weiter ausgelegt wird, als er ist.

Zum historischen Hintergrund: Diese Bestimmung wurde durch das StRefG 1993 (BGBl 1993/818) als Abs. 6 eingefügt und zielte ursprünglich auf Diensterfindungsvergütungen ab, die betragsmäßig zumindest "zum Teil" mit dem um 15 % erhöhten Jahressechstel begünstigt waren. Für diese sollte über dieses erhöhte Jahressechstel hinaus keine weitere Begünstigung für Diensterfindungsvergütungen zustehen. Damit wurde die Begünstigung nach § 38 EStG im Falle von Diensterfindungen nur in seltenen Fällen in Anspruch genommen. Da aber § 67 Abs 7 EStG mit dem StRef G 2015/2016 außer Kraft getreten ist, war/ist die Begünstigung nach § 38 EStG für Erfinder ab dem Veranlagungsjahr 2016 wieder von verstärktem Interesse.

In diesem Zusammenhang gilt es jedoch zu beachten, dass § 37 Abs 7 EStG eine Inanspruchnahme des Hälftesteuersatzes nicht nur bei einer begünstigten Besteuerung mit dem um 15 % erhöhten Jahressechstel nach § 67 Abs 7 EStG, sondern ganz allgemein dann ausschließt, wenn Einkünfte "zumindest zum Teil mit dem festen Steuersatz des § 67 versteuert werden", denn obwohl § 37 Abs 7 EStG ursprünglich iZm § 67 Abs 7 EStG entstand, wurde durch das StRef G 2015/2016 nur letztere Bestimmung aufgehoben.

Aber nicht nur auf Grund der geschilderten historischen und teleologischen Überlegungen ist die Bestimmung des § 37 Abs. 7 2. Satz aus Sicht des Bundesfinanzgerichtes eng auszulegen, sondern auch, weil der von der belangten Behörde gezogenen Größenschluss zu unsachgemäßen Ergebnissen führen würde.

Der Ausschluss der Progressionsermäßigung durch Dreijahresverteilung würde dazu führen, dass die Vergleichszahlung im Jahr des Zuflusses zur Gänze zum Tarif zu versteuert wäre, obwohl die Entschädigung den Verdienstentgang für mehr als zwei Jahrzehnte (der Bf. war im Zeitpunkt des Vergleiches 42 Jahre alt, Regelpensionsalter in Österreich für Männer 65 Jahre) abgelten soll. Dieses Ergebnis würde dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und dem Leistungsfähigkeitsprinzip widersprechen.

Obige Erwägungen sprechen daher dafür, die Ausschlussbestimmung des § 37 Abs. 7 EStG eng auszulegen, schließlich ging es dem Gesetzgeber ursprünglich darum, eine doppelte Inanspruchnahme zweier Begünstigungsnormen auszuschließen, die speziell auf Erfindungsvergütungen zugeschnitten waren.

Darüber hinaus behandelt § 67 Abs. 8 lit a EStG Vergleiche, fordert aber keine Zusammenballung mehrerer Jahre, wie § 37 Abs. 2 Z 2 EStG es vorsieht. Insofern ist dem Vorbringen des steuerlichen Vertreters zuzustimmen, dass die Begrenzung der Steuerfreiheit mit einem Fünftel der 9fachen Höchstbeitragsgrundlage darauf schließen lässt, dass diese Begünstigung Vergleichssummen betreffen soll, die typischerweise nur einen Zeitraum von 1-2 Jahren betreffen.

Berechnung Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug 2016:
Vergleichssumme € 564.750,00
Höchstbeitragsgrundlage 2016 gedeckelt
€ 4.860 x 9/5: € 8.748,00 (§ 67 Abs.8 lit. a EStG-steuerfrei)
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€ 556.002,00 verteilt auf 3 Jahre = € 185.334,00

Laufende Zahlungen 2016 € 8.863,57
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Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug 2016 € 194.197,57

Der Beschwerde war stattzugeben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis folgt dem klaren Wortlaut des § 37 Abs. 7 EStG, die Revision war daher nicht zuzulassen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100455.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at