Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.06.2023, RV/5101165/2018

Zulässigkeit der Wiederaufnahme

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/15/0118.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durchdie Richterin Mag. Susanne Haim in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Grieskirchen Wels (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Körperschaftsteuer 2015 und Wiederaufnahme § 303 BAO / KSt 2015 Steuernummer ***BF1StNr1***

I. zu Recht erkannt:

Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Körperschaftsteuer 2015 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. beschlossen:

Die Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2015 wird als gegenstandslos zurückgewiesen.

III. Gegen dieses Erkenntnis und diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf.) ***Bf1*** (nunmehr FN 123) ist seit 2009 im Geschäftszweig ökologisch orientierter Wohnbau tätig (davor ab Gründung Ankauf, Entwicklung und Verwertung von Immobilien, Abwicklung von Bauträgergeschäften). VN NN war bis zum Verkauf von 55 % der Anteile im Jahr 2012 Alleineigentümer der Gesellschaft.

Mit Bericht vom wurde eine Betriebsprüfung des Finanzamtes ***5*** für den Zeitraum 2008 bis 2013, Nachschau 1/2014 bis 3/2015, abgeschlossen. Einzige steuerliche Feststellung betraf in TZ 1 verdecktes Stammkapital.

Aus vorliegenden Mails zwischen der steuerlichen Vertretung und dem Prüfer ergibt sich, dass das Vorliegen eines Mantelkaufes im Jahr 2012 geprüft wurde. Aus einem Mail des Teamleiters Karl ***20*** vom an den steuerlichen Vertreter ergibt sich "Mantelkauf - kein Thema mehr (dank ihrer guten Argumente)".

Am wurde eine anonyme Anzeige mit folgendem Inhalt erstattet: "Anonymer Anzeiger spricht am im Finanzamt ***21*** vor: Der Anzeiger gibt an, dass er Kenntnis hat, dass die Firma ***Bf1*** im Jahr 2012 von einem gewissen Herrn NN2 W nur zu einem Zweck gekauft wurde, um die Verluste zu verwerten. Ein gewisser NN soll Hauptgesellschafter dieser Firma gewesen sein und nur zum Schein, um die Verluste verwerten zu können, weiterhin als Geschaftsführer fungieren. Derzeit werden mit dieser Firma Immobiliengeschäfte abgewickelt. Zweifel hegt der Anzeiger auch hinsichtlich des Kaufpreises, ob da alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Zu diesem Zweck wird ein anonymisiertes Mail vorgelegt, woraus ersichtlich ist, dass es hier im Vorfeld zumindest Zweifel gegeben hat. Der Anzeiger mochte unbedingt anonym bleiben und darf auch bei einer eventuellen Auswertung das Mail nicht veröffentlicht werden. Der Anzeiger fürchtet ansonsten repressives Verhalten. Zu diesem Zweck wird ein Firmenbuchausdruck angefertigt und die Steuernummer ermittelt ***23***. Die Anzeige wird an das Finanzamt ***5*** zur weiteren Bearbeitung weitergeleitet."

Der Körperschaftsteuerbescheid 2015 vom erging erklärungsgemäß, er wurde vom Finanzamt ***5*** erlassen. Es wurde ein Verlustabzug vorgenommen.

Die Anzeige samt Beilagen wurde am vom vormaligen Prüfer des Finanzamtes ***5*** an das Finanzamt ***22*** weitergeleitet.

Im Zuge einer Außenprüfung betreffend Körperschaftsteuer für den Zeitraum 2014-2016 wurde seitens der belangten Behörde festgestellt, dass im Jahr 2012 der Tatbestand des Mantelkaufes gem. § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c KStG erfüllt sei (vgl. Betriebsprüfungsbericht vom samt Niederschrift zur Schlussbesprechung vom ). Daher wurden im Prüfungszeitraum geltend gemachte Verlustvorträge im weitaus überwiegendem Ausmaß nicht anerkannt. Der Betriebsprüfungsbericht vom verweist ebenso wie die Niederschrift zur Schlussbesprechung vom bezüglich der Feststellungen "Tz. 1 Mantelkauf" auf die "Beilage Tz. 1".

Die Beilage "Tz. 1 Mantelkauf" lautet wie folgt:

"Sachverhalt:

Am erwirbt die Firma gmbH 55% der Anteile an der ***Bf1*** von Herrn VN NN um € 100.000,- mit den bis 2012 angelaufenen Verlusten iHv € 413.414,08. Der Kaufpreis für die abgetretene Beteiligung beträgt € 100.000,--, wobei bis dato nur € 35.000,-- bezahlt wurden. Der restliche Betrag von € 65.000,-- ist laut einer gesonderten Vereinbarung in jährlichen Raten zu bezahlen. Die Höhe der jährlichen Raten richtet sich nach dem jeweiligen Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit und zwar in Höhe von 25% des jeweiligen EGT. Im Jahr 2014 wies die ***Bf1*** erstmals ein positives EGT aus. Jedoch erfolgte bis dato, trotz positiven Ergebnissen, keine Zahlung des Restbetrags.

Mit Kaufvertrag vom hat Herr W NN2 (100% Gesellschafter-Geschäftsführer der Firma GmbH) die 55% Anteile an der ***Bf1*** von der Firma gmbH um € 65.000,- erworben. Durch die Übernahme einer in dieser Höhe bestehenden offenen Verbindlichkeit der Firma gmbH gegenüber VN NN wird der Kaufpreis berichtigt.

Der Abgabenbehörde liegt eine anonyme Anzeige vom vor, aus der der Verdacht eines Mantelkaufs hervorgeht. Aus dieser Anzeige geht hervor, dass die Firma ***Bf1*** im Jahr 2012 von Herrn W NN2 nur zu einem Zweck gekauft wurde und zwar um die Verluste zu verwerten. Dieser Anzeige liegt ein Mailverkehr betreffend den Verkauf eines GmbH-Mantels bei. In diesem Mailverkehr werden dezidiert Überlegungen zum Verkauf des GmbH-Mantels angeführt. Herr NN rechnet mit einem Preis von rund € 100.000,--, wobei Herr NN € 50.000,-- sofort und die restlichen € 50.000,-- bei positiver Verwertung der steuerlichen Verlustvorträge erhalten möchte. Um die Chance der Anerkennung der Verluste zu erhöhen, wäre Herr NN laut E-Mail vom bereit für einen gewissen Zeitraum weiterhin als Geschäftsführer der Gesellschaft formell zur Verfügung zu stehen. Für diesen Zeitraum möchte Herr NN, dass ihm gegenüber eine Schad- und Klagloserklärung abgegeben wird.

Zu einer Verlustverwertung kam es erstmals im Wirtschaftsjahr 2014. Im Zuge der BP wurden somit die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Mantelkaufs überprüft.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c KStG 1988 steht der Verlustabzug ab jenem Zeitpunkt nicht mehr zu, ab dem die Identität des Steuerpflichtigen infolge einer wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wirtschaftlich nicht mehr gegeben ist.

Die Vortragsfähigkeit von Vorjahresverlusten ist jedoch bei Vorliegen der Mantelkaufelemente nicht beeinträchtigt, wenn der Sanierungstatbestand des § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c KStG oder der Rationalisierungstatbestand des § 4 Z 2 UmgrStG beim aufnehmenden Unternehmen gegeben ist. Im gegenständlichen Betriebsprüfungsverfahren haben sich die Firma ***7*** bzw. ihre Vertreter nicht auf diese Tatbestände berufen. Es waren daher die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Mantelkaufs zu prüfen.

1) Änderung der organisatorischen Struktur

Eine Änderung der organisatorischen Struktur liegt vor, wenn die Organwalter der Körperschaft in den Leitungs- und Verwaltungsfunktionen geändert werden. Eine wesentliche Änderung ist gegeben, wenn alle oder die überwiegende Mehrheit der Mitglieder der Geschäftsführung in einem Zug oder bei Vorliegen eines inneren Zusammenhangs sukzessive ersetzt werden. Dabei ist lediglich auf jene Personen abzustellen, die auch tatsächlich die Geschäfte führen. Wird die bisherige Geschäftsführung zwar formal im Amt belassen, verfügt sie aber über keine Entscheidungsbefugnisse mehr, liegt auch in diesem Fall eine wesentliche Änderung der organisatorischen Struktur vor. Über die tatsächlichen Verhältnisse können die interne Geschäftsverteilung der Geschäftsführung sowie die Erfüllung der erforderlichen Voraussetzungen (Qualifikationen) des bisherigen Geschäftsführers in Bezug auf die neue Geschäftstätigkeit der Körperschaft Aufschluss geben.

Im gegenständlichen Fall geht aus der anonymen Anzeige hervor, dass sich Herr NN bereit erklärte formell weiterhin als Geschäftsführer der Gesellschaft zur Verfügung zu stehen, um die Chance der Anerkennung der Verluste zu erhöhen.

Als Nachweis können in diesem Zusammenhang herangezogen werden:

a) Unterlagen (zB Aktenvermerke, Protokolle usw.), die belegen, dass die behauptete Tätigkeit auch tatsächlich ausgeübt wird.

Im Zuge der BP wurden keine entsprechenden Unterlagen vorgelegt aus denen ersichtlich ist, dass Herr NN die Geschäftsführertätigkeit tatsächlich ausübt.

b) Das Vorhandensein der für die Tätigkeit erforderlichen Infrastruktur (zB Arbeitsplatz, Mitarbeiter, Technik).

Nach eigenen Angaben (siehe Niederschrift vom ) wirkt Herr NN an der Konzeption und Entwicklung von Bauprojekten mit. Er ist allerdings beruflich als Zahnarzt in Ort2 tätig (Ordinationszeiten lt Website: Mo: 13-18 Uhr, Di: 8:30-12, Mi 08:30-12 und 13-18, Do: 08:30-12 und 13-18, Fr: 08:30-12), und kann daher zeitlich nur eingeschränkt als Geschäftsführer tätig sein. Nach eigenen Angaben verfügt er über kein Büro für diese Tätigkeit und beschäftigt kein eigenes Personal. Im Gegensatz zu den anderen Geschäftsführern (NN2, NN4, NN5) und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird Herr NN auf der Homepage des Unternehmens nicht erwähnt. Herr NN habe Herrn NN2 ersucht, ihn nicht auf der Website zu erwähnen, um seine Seriosität als Zahnarzt zu wahren. Des Weiteren verfügt er als einziger der Geschäftsführer über keine E-Mail Adresse mit der Endung "@Bf.at". Herr NN tritt somit nach außen nicht in Erscheinung.

c) Die Höhe der Geschäftsführerbezüge im Vergleich zum neuen Geschäftsführer sowie die erforderliche Anzahl von Geschäftsführern im Hinblick auf die Unternehmensgröße.

Herr NN hat ab dem Zeitpunkt des Anteilsverkaufs () weder ein Gehalt als Geschäftsführer bezogen, noch Ausschüttungen in seiner Eigenschaft als Gesellschafter erhalten, oder Provisionsabrechnungen an die ***1*** GmbH gestellt. Fremdunüblich ist auch, dass der Restbetrag von € 65.000,- noch vollständig unbeglichen ist. Laut Vertrag vom soll dieser Restbetrag in jährlichen Raten iHv 25 % des EGT, sofern dieses positiv ist, beglichen werden. Obwohl laut Jahresabschlüssen folgende positive EGT erwirtschaftet wurden:

2014: EUR 20.861,23

2015: EUR 90.414,94

2016: EUR 87.884,38

Die anderen Geschäftsführer haben ebenfalls noch keine Geschäftsführerbezüge oder Ausschüttungen erhalten. Im Gegensatz zu Herrn NN haben Sie jedoch (direkt oder über ihre Firmen) Provisionsabrechnungen an die ***Bf1*** gestellt.

Herr W NN2 ist seit Geschäftsführer der ***Bf1***. Von bis 12.1 .2016 war die Firma gmbH (Gesellschafter-GF: Herr NN2) zu 55% Gesellschafter der ***Bf1***. Seit sind diese Anteile im Eigentum von Herrn NN2 als natürliche Person. Die Firma gmbH hat im Prüfungszeitraum 2014-2016 für die Vermittlung von Kunden Provisionen in folgender Höhe erhalten:


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2014
2015
2016
189.616,33
195.770,00
504.939,61

Herr NN2 hat für seine Vertriebsbetreuung und Beratung 2016 € 358.000,-- im Jahr 2017 in Rechnung gestellt.

Herr lng. Peter NN3 war von bis gemeinsam mit Herrn NN2 Geschäftsführer der ***Bf1***. Im Prüfungszeitraum erhielt die Firma ***2*** NN3 AG (Vorstand: Ing NN3) für die Vermittlung von Kunden Provisionen in folgender Höhe:


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2014
2015
2016
44.358,34
171.941,34
66.232,50

Herr Ma NN4 ist seit gemeinsam mit Herrn NN2 Geschäftsführer. Herr Ma NN4, sowie Herr NN5 (GF seit ) und Herr NN2 profitieren zB indirekt über die Frima2 GmbH. Die Frima2 GmbH ist im Bereich der Errichtung und Entwicklung von Immobilienprojekten tätig. Die Gesellschaft wurde mit Gesellschaftsvertrag vom errichtet. Geschäftsführer sind Herr Ma NN4 und Herr Herbert NN5.

Folgende Firmen sind jeweils zu 33% Gesellschafter der Frima2 GmbH:

• Firma3 GmbH (Eigentümer Herbert und Dieter NN5)

• Ma NN4 GmbH (Eigentümer mit 99% Herr NN4)

• Firma gmbH (Eigentümer Herr NN2).

Die Frima2 GmbH errichtet Vorsorgewohnungen, bei denen die ***Bf1*** den Generalvertrieb österreichweit übernimmt. Der Verkaufserlös der Wohnungen fließt der Frima2 GmbH zu und die ***7*** erhält für den Vertrieb/die Vermittlung Provisionen.

Fraglich ist somit warum alle Geschäftsführer und auch betriebsfremde Personen für die Vermittlung von Kunden/Abnehmern Provisionen erhalten, lediglich Herr NN nicht. Laut eigenen Angaben (siehe Niederschrift vom ) hat Herr NN den Kontakt zu Herrn ***17*** (Gesellschafter-Geschäftsführer der ***8*** GmbH) hergestellt. Die ***8*** GmbH ist einer der wichtigsten Geschäftspartner der ***Bf1***. Die ***8*** GmbH errichtet Senioren-Wohnanlagen in ganz Österreich (Betreutes Wohnen). Die ***Bf1*** erhält für den Vertrieb dieser Bauherrenmodellanteile Provisionen. Im Prüfungszeitraum erzielte die ***Bf1*** alleine durch den Vertrieb dieser Anlagen Umsätze (netto) in folgender Höhe:


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2014
2015
2016
168.730,75
562.096,50
1.304.697,50

Für die Abgabenbehörde ist es nicht nachvollziehbar, warum Herr NN für die Vermittlung dieses Kundens keine Provision erhalten hat.

Um missbräuchliche formale Gestaltungen hintanzuhalten, ist trotz grundsätzlich formaler Betrachtung der Elemente des Manteltatbestandes auch auf die faktischen Gegebenheiten abzustellen. Dies gilt für die Änderung der organisatorischen Struktur umso mehr, als sich auch das Gesellschaftsrecht in bestimmten Konstellationen von der rein formalen Betrachtung löst und das Institut des "faktischen Geschäftsführers" kennt (siehe dazu zB ). Bei Vorgängen zwischen Fremden wird man zwar grundsätzlich davon ausgehen können, dass die formale Gestaltung auch den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, wenn aber begründete Zweifel daran bestehen, ist auch bei Fremden zu untersuchen, wer tatsächlich die Geschäfte der Körperschaft führt (Vgl. KStR 2013, Rz 995).

Aufgrund der Anzeige vom bestehen begründete Zweifel hinsichtlich der Geschäftsführungstätigkeit von Herrn NN. Die Prüfung des Sachverhaltes führte zur Erhärtung dieses Verdachtes, da keine Belege für die tatsächliche Tätigkeit vorgelegt wurden, NN nach außen hin nicht in Erscheinung tritt, über keine entsprechende Infrastruktur verfügt, und bislang in keiner Weise entlohnt wurde.

Aus Sicht des Finanzamtes ist es nicht glaubwürdig, dass Herr NN freiwillig auf die Bezahlung des restlichen Kaufpreises der veräußerten Anteile verzichtet. Viel wahrscheinlicher scheint es, dass, wie der Anzeige entnommen werden kann, der Restbetrag erst bezahlt wird, wenn die steuerliche Verwertung der Verlustvorträge vollzogen wurde.

Laut Firmenbuch ist Herr NN nicht selbständig vertretungsbefugt, sondern vertritt gemeinsam mit Herrn NN2. Es wurde weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, dass Herr NN über Entscheidungsbefugnisse verfügt. Als weiteres Indiz kann angeführt werden, dass abgesehen von Herrn NN alle Geschäftsführer an der "Akademiereise" von 2.2. bis nach Ort teilgenommen haben.

Nach Ansicht der BP ist Herr NN seit Verkauf der Anteile am faktisch nicht als Geschäftsführer der ***Bf1*** tätig.

2) Änderung der wirtschaftlichen Struktur

Eine Änderung der wirtschaftlichen Struktur liegt vor, wenn die aus Vermögen und Tätigkeit gebildete wirtschaftliche Einheit (bezogen auf sämtliche bisherigen Tätigkeitsbereiche) der Körperschaft verloren geht. Die wirtschaftliche Einheit kann auch dann verloren gehen, wenn sich nur eines der genannten Strukturmerkmale (Vermögen oder Tätigkeit) wesentlich ändert. Besonderes Gewicht ist dabei - im Sinne eines beweglichen Systems - auf jenes Strukturmerkmal zu legen, das identitätsstiftend wirkt (zB wird die Identität der wirtschaftlichen Einheit bei Holdinggesellschaften insbesondere durch das Vermögen geprägt, bei Produktionsbetrieben hingegen durch die Tätigkeit).

Diese Änderung kann sein:

negativ gesehen: Verminderung bis hin zur Beendigung der wirtschaftlichen Einheit mit nachfolgender Schaffung einer neuen Einheit. Die bloße Beendigung oder Verminderung der bisherigen wirtschaftlichen Einheit im Bereich des Voreigentümers ist zunächst ebenso unbedenklich wie im Bereich des Folgeeigentümers. Bei Beendigung der wirtschaftlichen Einheit bewirkt erst die Schaffung einer neuen wirtschaftlichen Einheit durch den Folgeeigentümer eine wesentliche Änderung. Bei Verminderung der wirtschaftlichen Einheit liegt dann eine wesentliche Änderung vor, wenn der Folgeeigentümer eine zusätzliche wirtschaftliche Einheit schafft und die neue Einheit gegenüber der bisherigen erheblich (um mindestens 75%) überwiegt. Bei einer wirtschaftlichen Einheit, deren Identität vor allem durch ihre Tätigkeit geprägt ist (insbesondere Produktionsbetrieb), liegt in einem solchen Fall nur dann eine wesentliche Änderung vor, wenn die zusätzliche Einheit in einer anderen Branche geschaffen wird.

positiv gesehen: Erweiterung der wirtschaftlichen Einheit in quantitativer oder qualitativer Hinsicht. Die Erweiterung der übernommenen und weitergeführten wirtschaftlichen Einheit stellt eine wesentliche Änderung dar, wenn

- eine kurzfristig durchgeführte quantitative Erweiterung um zumindest das Dreifache erfolgt. Sofern der Erweiterungszeitraum sich längerfristig erstreckt, ist dies unschädlich. Dies gilt auch bei wirtschaftlichen Einheiten, deren Identität vor allem durch die Tätigkeit geprägt ist.

- eine kurzfristige qualitative Erweiterung (vom Kleinstbetrieb zum Handwerksbetrieb, zum Fabrikbetrieb, zum Industriebetrieb) stattfindet, sodass die Beendigung der bisherigen wirtschaftlichen Einheit und die Gründung einer neuen anzunehmen ist.

Erfolgen die beschriebenen Änderungen zwar ausschließlich im Herrschaftsbereich des Voreigentümers, aber auf Veranlassung des Folgeeigentümers, stellt dies ebenfalls eine wesentliche Änderung dar (Vgl. KStR 2013, Rz 996).

Nach Ansicht der Betriebsprüfung liegen bei der ***Bf1*** folgende Änderungen der wirtschaftlichen Struktur vor:

Beendigung der wirtschaftlichen Einheit mit nachfolgender Schaffung einer neuen Einheit.

Die ***Bf1*** befand sich ab in Liquidation, wobei sich beide Strukturmerkmale der wirtschaftlichen Einheit (Tätigkeit und Vermögen) wesentlich geändert haben. Für die vollständige Beendigung der Tätigkeit des Unternehmens sprechen folgende Anhaltspunkte:

- keine Angestellten ab

- Entwicklung der Umsätze


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2008
2009
2010
2011
2012
3.000,00
800.000,00
0,00
0,00
0,00

- Auflassung des Büros. Der Sitz der ***Bf1*** wurde laut Firmenbuch zeitgleich mit dem Eintritt von Herrn NN2 als Geschäftsführer in die Straße in ***5*** verlegt. An diesem Standort hat die Firma gmbH eine Niederlassung.

Änderung der Tätigkeit (keine Planung oder Bau, sondern reine Vermittlung). Fraglich ist ob vor Verkauf der Anteile überhaupt noch eine Tätigkeit ausgeübt wurde. Dazu wurde eine Stellungnahme von Herrn Tp im Auftrag von Herrn NN2 eingeholt. Im Wesentlichen ging es um die Frage, ob und in welchem Umfang Immobilienprojekte im Zeitraum 2011 bis 2013 von der ***Bf1*** bearbeitet wurden. Bei dem von Tp erwähnten Projekt ***24*** bei ***25*** ist keine Involvierung der ***Bf1*** ersichtlich. Herr Tp führt lediglich an, dass er an diesem Projekt gearbeitet hat und mit NN darüber gesprochen hat.

Laut Stellungnahme teilte ihm NN im Frühjahr 2012 mit, dass er gerne Herrn NN2 als Partner in die ***7*** aufnehmen möchte. Erstmals wurde im Februar 2012 laut E-Mail, welche der Anzeige beiliegt, über den Kauf der Mantel GmbH geschrieben. Somit ist ein zeitlicher Zusammenhang gegeben.

Im Frühsommer fanden im Büro von Herrn NN2 in ***5*** ernsthafte Gespräche zum Eintritt in die ***Bf1*** statt. Dabei wurde lt Tp bereits die Planung des Projektes A-P besprochen. Aus dem vorgelegten Prospekt über das Projekt A-P/***26*** ist ersichtlich, dass dieses erst nach dem Eintritt von Herrn NN2 erstellt wurde, da es sich bei der im Prospekt angeführten Adresse um die Niederlassung der Firma gmbH in ***5*** handelt und ein Lageplan erstmals am bestellt wurde. Die Veranlassungen zu diesem Projekt erfolgten daher bereits durch den Folgeeigentümer Herrn NN2.

Auffallend ist auch, dass Herr Tp in den Niederschriften vom mit Herrn NN und Herrn NN2 mit keinem Wort erwähnt wurde.

Aufgrund dieser Tatsachen ist die Stellungnahme von Herrn Tp für die Abgabenbehörde nicht schlüssig und hat Zweifel an der Glaubwürdigkeit zur Folge. Diese Unglaubwürdigkeit wird zusätzlich damit untermauert, dass Herr Tp laut gerichtlichen Vergleich nicht mehr als Rechtsanwalt praktizieren darf (siehe gerichtlichen Vergleich LG ***5***, Gz 234).

Vor dem Verkauf der Anteile war auch kein Vermögen vorhanden.

3) Änderung der Gesellschafterstruktur

Ob eine wesentliche Änderung vorliegt, ist im Einzelfall zu beurteilen (), jedenfalls ist von einer wesentlichen Änderung auszugehen, wenn sich mehr als 75% der Vorstruktur ändert.

Fraktionierte Erwerbe sind zusammen zu rechnen, wenn ein innerer Zusammenhang mit den übrigen Tatbestandsmerkmalen besteht. Voraussetzung ist eine Änderung auf entgeltlicher Grundlage (Vgl KStR 2013, Rz 997).

Mit Vertrag vom wurden 55% der Anteile an der ***Bf1*** für den Kaufpreis von € 100.000,00 veräußert. Davon wurden bislang € 35.000,00 beglichen. Die restlichen € 65.000,-- werden, wie aus der Anzeige abgeleitet werden kann, wahrscheinlich erst bei Realisierung des Steuervorteile aus den steuerlichen Verlustvorträgen geleistet.

4) Gesamtbild der Verhältnisse

Der ermittelte Sachverhalt zeigt, dass alle Tatbestandsmerkmale eines Mantelkaufs vorliegen. Auch der kurze Zeitraum der Verwirklichung der Änderungen spricht für das Vorliegen eines Mantelkaufs. Die organisatorischen und wirtschaftlichen Änderungen fanden zeitgleich zum Zeitpunkt des Kaufvertrages statt, zu dem sich auch die Gesellschafterstruktur veränderte.

Wie unter Punkt 2 aufgezeigt, ist der Zustand der betrieblichen Sphäre zum Zeitpunkt des Auftretens der Verluste nicht mit jenem unmittelbar vor den Strukturänderungen vergleichbar. Umsätze, Anlagevermögen und Auftragsvolumen sind auf null bzw. auf ein unwesentliches Ausmaß abgesunken.

In Anbetracht dieser Tatsachen liegt daher ein Mantelkauf im Sinne des § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c KStG 1988 vor. Die Tatbestandselemente des Mantelkaufes sind im Jahr 2012 gegeben und somit ist der Verlustvortrag ab diesem Wirtschaftsjahr verloren. Im gegenständlichen Fall betragen die bis 2012 angelaufenen Verluste € 413.414,08. Die Verwertung dieser Verluste in den Jahren 2014-2016 steht somit nicht zu."

Mit Wiederaufnahmebescheid betreffend Körperschaftsteuer 2015 vom wurde das Verfahren gem. § 303 BAO wiederaufgenommen, im Körperschaftsteuerbescheid wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit EUR 90.723,10 festgestellt sowie die Körperschaftsteuer 2015 mit EUR 14.361,00 festgesetzt. Zur Begründung wurde jeweils auf den Betriebsprüfungsbericht sowie die dazu aufgenommene Niederschrift verwiesen.

Mit Beschwerde vom , welche am selbigen Tag per Fax eingebracht wurde, bekämpfte die Bf. die Wiederaufnahmebescheide betreffend Körperschaftsteuer 2014, 2015 und 2016 sowie die Körperschaftsteuerbescheide 2014, 2015 und 2016 und beantragte die Direktvorlage an das Bundesfinanzgericht gem. § 262 Abs. 2 lit. a BAO sowie die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den Senat.

Die Wiederaufnahmebescheide wurden vollinhaltlich und die Körperschaftsteuerbescheide hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der steuerlichen Verlustvorträge aus den Jahren 2009 und 2010 angefochten. Der Körperschaftsteuerbescheid 2016 wurde zusätzlich hinsichtlich der nicht anerkannten Betriebsausgaben betreffend eine Akademiereise angefochten.

Die Bf. beantragte, die Wiederaufnahmebescheide ersatzlos aufzuheben, die Verlustvorträge aus den Jahren 2009 und 2010 als verrechenbare Verluste anzuerkennen, die geänderten Bescheide 2014 und 2015 ersatzlos aufzuheben (sodass die bisherigen Bescheide für 2014 vom und für 2015 vom wieder in Rechtskraft erwachsen), den Körperschaftsteuerbescheid 2016 abzuändern und den Aufwand der Akademiereise als Betriebsausgabe anzuerkennen sowie die Verluste aus den Vorjahren zum Abzug zuzulassen.

Zur Begründung der Beschwerde wurde hinsichtlich Wiederaufnahme ausgeführt:

Wiederaufnahmebescheide 2014, 2015 und 2016

"Die Bescheide 2014 und 2015 wurden (nur) hinsichtlich der Verrechnung mit Verlusten aus Vorjahren abgeändert. Im Betriebsprüfungsverfahren wurde festgestellt, dass die Verluste aus den Jahren 2009 und 2010 nicht vortragsfähig seien, weil im Jahr 2012 der Tatbestand des Mantelkaufs erfüllt worden wäre. Mit Abtretungsvertrag vom hat Herr VN NN 55 % seiner Anteile an die Firma gmbh entgeltlich abgetreten. Die Behörde vermeint, die Änderungen im Jahr 2012 würden den Tatbestand des Mantelkaufs gem. § 8 Abs 4 Z 2 lit c KStG erfüllen. In dieser Feststellung erschöpfen sich die Wiederaufnahmegründe. (…)

Weiters wenden wir ein, dass keine neuen Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen sind, die eine Wiederaufnahme rechtfertigen würden.

Weder die Bescheidbegründungen selbst, noch die Berichte oder Niederschriften, auf die verwiesen wird, führen die Wiederaufnahmegründe an. Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung auf Seite 6 unter Prüfungsabschluss berichtet die Behörde, dass die Feststellungen Tz 1, 2 eine Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs 4 BAO (sic!) erforderlich machen würden. Hiermit werden die Änderungen wiederholt, aber nicht dargelegt, welche Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind, die eine Wiederaufnahme gem. § 303 Abs 1 BAO begründen würden.

Alleine dadurch sind die Bescheide mit Rechtswidrigkeit belastet und wir beantragen deren Aufhebung.

(…)

Wir halten fest, dass bereits eine Außenprüfung der Zeiträume 2008 - 2013 mit den Gegenständen Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer sowie eine Nachschau 1/2014-3/2015 durchgeführt worden ist. Diese wurde vom Finanzamt ***5*** mit Bericht vom abgeschlossen. Es kam zu nur einer Feststellung: ein Gesellschafterdarlehen wurde als verdeckte Einlage qualifiziert und Gesellschaftsteuer vorgeschrieben. Die Prüfung begann mit Prüfungsauftrag vom . Es wurde damals jeder Beleg und jeder Geschäftsvorgang, insbesondere das Projekt*** und diesbezügliche Vereinbarungen genauestens geprüft, und es wurde damals bereits umfassend geprüft, ob ein Mantelkauf vorliegt oder nicht.

Die Tatsache der Übertragung von 55% der Anteile und die Änderung der Geschäftsführung und die neuen Vertretungsrechte waren mit ins Firmenbuch eingetragen worden und dürfen als der Behörde bekannt vorausgesetzt werden.

Es wurde die Übertragung, die Tatsache, dass sich das Unternehmen in Liquidation befunden hatte, die Geschäftstätigkeit, etc. untersucht, und nach umfangreichen Erhebungen und Einvernahmen schlussendlich festgestellt, dass kein Mantelkauf gegeben sei. Dieses Ergebnis wurde von Herrn ***3***, Teamleiter, per Mail vom mitgeteilt (Beilage 1). Das Thema Mantelkaufs wurde schlussendlich in der Niederschrift und im Bericht vom nicht mehr erwähnt.

In der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom führt die Behörde in Tz. 1 Mantelkauf aus, dass der Behörde eine anonyme Anzeige vom vorliegt, aus der der Verdacht eines Mantelkaufs hervorgeht.

Die Anzeige selbst stellt keinen Wiederaufnahmegrund dar. Dies wurde von der Behörde im Übrigen auch nicht behauptet. Dies alleine deshalb, weil die Veranlagung 2014 (Bescheid vom ) und 2015 (Bescheid vom ) erfolgt sind, als die anonyme Anzeige bereits bekannt war. Dies hauptsächlich aber deshalb, weil die Anzeige keine neuen Tatsachen oder Beweismittel mit sich gebracht hat. Die Verdachtsmomente haben wir bereits im Betriebsprüfungsverfahren versucht auszuräumen, die Behörde beharrte aber bei ihrer Schlussfolgerung. Wie unten ausgeführt wird, hat der Anzeiger nicht wie protokolliert eine Kenntnis, sondern eine von einer persönlichen Kränkung verklärte Meinung, von einem komplexen, sich über den Zeitverlauf entwickelt habenden Sachverhalt. Diese Meinung fußt, wie die mit der Anzeige übergebenen Mails beweisen, auf einer derart bruchstückhaften Grundlage - nämlich drei Mails vom - und 4 Mails vom - , dass aus ihr für die Einschätzung des Gesamtbildes der Verhältnisse nichts zu gewinnen ist. Die Anzeige ist das Ergebnis von "Hörensagen" und Argwohn. Der Anzeiger, vermutlich Herr VN4 Anz., war als exklusiver Vertriebspartner und seiner damals erfolgten Vertragsauflösung persönlich gekränkt und ist daher nicht glaubhaft. Er konnte aufgrund seines Standorts in ***5*** und seiner Kündigung Ende September 2015 gar kein Wissen über die tatsächlichen Vorgänge, vor allem über den Zeitverlauf der Verhandlungen und der Entscheidungsfindung hinweg haben. Hier werden in der anfänglichen Orientierungsphase gesponnene Szenarien mit entscheidungsrelevanten Motiven verwechselt. Im Ergebnis liegen dieser anonymen Anzeige weder neue Tatsachen oder Beweismittel zugrunde, noch ergeben sich aus ihr solche.

Wir vertreten daher die Auffassung, dass sämtliche maßgeblichen Umstände der Behörde bereits bekannt waren, nämlich im Zeitpunkt der ursprünglichen Veranlagung des Jahre 2014 am , sowie des Jahres 2015 am und auch des Jahres 2016 am . Es fehlt daher am Erfordernis der neu hervorgekommen Tatsachen oder Beweismittel.

Auch wenn das Vorliegen von vortragsfähigen Verlusten für das Jahr der Verrechnung zu prüfen ist, so ist es unzulässig, bereits im Verfahren 2008 - 2013, sowie 2014 und 2015 bekannte und gewürdigte Tatsachen oder Beweismittel für das aktuelle Verfahren als neue Wiederaufnahmegründe zu verwenden.

(…)

Die Wiederaufnahme der Bescheide 2014, 2015 und 2016 erfolgte somit ohne gesetzliche Grundlage. Wir beantragen die ersatzlose Aufhebung und Zurücknahme der Bescheide sowie in der Folge der wiederaufgenommenen Körperschaftsteuerbescheide.

Als Beilage 1 war der Beschwerde das bereits oben erwähnte E-Mail vom des Teamleiters eines Betriebsprüfungsteams (***3***) der belangten Behörde an Herrn früherer Stb. (steuerliche Vertretung der Bf.) beigefügt:

"Ich darf mich kurz schriftlich melden:

Mantelkauf - kein Thema mehr (dank ihrer guten Argumente)

Forderungsverzicht des NN an die GmbH - bisher noch keine Unterlagen, wir werden den Verlustvortrag um diese rund 177.000,-- kürzen (gegen Verlustvortrag) und damit den ohne Grundlagen gebuchten Forderungsübergang auf NN2 stornieren - das Forderungskonto verschwindet aus der Bilanz

Wenn das so ok ist - bitte Verzicht auf Schlußbesprechung"

Die belangte Behörde entschied mittels Beschwerdevorentscheidungen vom , zugestellt am , wie folgt:

Der Beschwerde betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Körperschaftsteuer 2014, zugestellt am , wurde aufgrund vernachlässigbarer steuerlicher Auswirkung stattgegeben und der Wiederaufnahmebescheid betreffend Körperschaftsteuer 2014 wurde (ersatzlos) aufgehoben.

Die Beschwerde wurde betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Körperschaftsteuer 2015 und 2016 abgewiesen.

Die Beschwerde gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2015 und 2016 wurde als unbegründet abgewiesen.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde zwar gemäß § 262 Abs. 2 lit. a BAO beantragt, die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung unterbleiben zu lassen und die Beschwerde direkt dem Verwaltungsgericht vorzulegen. In Folge des Ablauts von drei Monaten ab Einlangen der Beschwerde ohne Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht kam es zu keiner Direktvorlage und ergingen die angeführten Beschwerdevorentscheidungen.

In einer zu den Beschwerdevorentscheidungen vom ergangenen (ergänzenden) Bescheidbegründung vom wurde inhaltlich ausgeführt:

"Gegen die genannten Bescheide wird seitens der Bf. eingewendet,

a) dass die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2014 zu Unrecht erfolgte, weil die steuerlichen Auswirkungen vernachlässigbar seien, und weil keine neuen Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen seien, die eine Wiederaufnahme rechtfertigen wurden,

b) dass die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Körperschaftsteuer 2015 und 2016 zu Unrecht erfolgte, weil keine neuen Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen seien, die eine Wiederaufnahme rechtfertigen wurden,

c) dass kein Mantelkauf iSd § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c vorliege und der Verlustabzug daher wie ursprünglich beantragt und veranlagt zustehe, und

d) dass die "Akademiereise" ausschließlich betrieblich veranlasst sei, und die gesamten diesbezüglichen Ausgaben daher als Betriebsausgaben anzuerkennen seien.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

a) Zur Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2014

Der Beschwerde ist hinsichtlich der Anfechtung der Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2014 stattzugegeben. Nach Ansicht des Finanzamtes liegen zwar Wiederaufnahmegrunde gem. § 303 Abs. 1 vor, wie lit. b dieser Bescheidbegründung zu entnehmen ist, allerdings sind die steuerlichen Auswirkungen vernachlässigbar, weshalb der Wiederaufnahmebescheid 2014 ersatzlos aufzuheben war. Die Beschwerde gegen den Körperschaftssteuerbescheid 2014 vom richtet sich somit gegen einen nicht mehr existenten Bescheid, und ist als unzulässig (geworden) zurückzuweisen.

b) Zur Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Körperschaftsteuer 2015 und 2016

In der Beschwerdeschrift wird der Standpunkt vertreten, dass sämtliche maßgebliche Umstände der Behörde im Zeitpunkt der ursprünglichen Veranlagungen am (2015) bzw. am (2016) bereits bekannt waren. Daher fehle es an den für eine Wiederaufnahme erforderlichen neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismitteln.

Die Wiederaufnahmebescheide 2015 und 2016 enthalten folgende Begründung:

"Die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgte gem. § 303 (1) BAO aufgrund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind. Daraus ist auch die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen im Spruch bezeichneten Bescheid zu ersehen. Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfugt. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse an der Rechtsrichtigkeit das Interesse auf Rechtsbeständigkeit. Die steuerlichen Auswirkungen können auch nicht als bloß geringfügig angesehen werden."

Die Feststellungen der Betriebsprüfung stützen sich zum einen auf die anonyme Anzeige vom , und zum anderen auf die im Zuge der BP durchgeführten Erhebungen. Wie in der Beschwerdeschrift dargelegt, wurden die Körperschaftsteuerbescheide 2015 und 2016 erlassen, als die Anzeige bereits vorlag. Die Anzeige für sich stellt aber nicht nur deshalb keinen Wiederaufnahmegrund dar, sondern auch weil die in den vorgelegten Emails dargelegten Plane zur Abwicklung eines entgeltlichen Geschäfts über einen GmbH-Mantel zwar eine entsprechende Absicht, nicht aber die tatsächliche Durchführung dokumentieren. Erst durch die Feststellungen der Außenprüfung 2014-2016 ergibt sich für die Abgabenbehörde ein Gesamtbild der Verhältnisse, das die Wiederaufnahme der Körperschaftsteuerbescheide 2015 und 2016 rechtfertigt. Maßgebend ist, ob der Sachverhalt der Abgabenbehörde so vollständig bekannt war, dass sie bereits im ursprünglichen Verfahren zu der Entscheidung hatte kommen können, die im nunmehr wiederaufgenommenen Verfahren getroffen wurde (Vgl. Ritz BAO Kommentar, 6. Auflage 2017, § 303, Rz. 24). Dies ist im beschwerdegegenständlichen Sachverhalt nicht der Fall.

Entscheidungswesentlich hinsichtlich der Wiederaufnahme eines Verfahrens gem. § 303 Abs. 1 lit. b ist, sofern in der Begründung des Wiederaufnahmebescheides auf die abgabenbehördliche Prüfung verwiesen wird, "dass in der Niederschrift auf den Prüfungsbericht mit den getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird und gleichzeitig unter den genannten Textziffern Umstande dargetan werden, die als Wiederaufnahmegrund geeignet sind." ().

Neu hervorgekommen sind folgende Tatsachen, die dem Prüfungsbericht vom zu entnehmen sind:

1. Die Firma gmbH hat am 55 % der Anteile an der ***Bf1*** um € 100.000,00 erworben. Laut einer gesonderten Vereinbarung, ebenfalls vom , ist der Teilbetrag von € 65.000,00 in jährlichen Raten, und zwar in Höhe von 25 % des jeweiligen positiven Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, zu bezahlen. Trotz positiver EGT in den Jahren 2014, 2015 und 2016 erfolgte bis Prüfungsabschluss keine Zahlung. Dass keine Zahlung erfolgte, stellt eine neu hervorgekommene Tatsache dar. Diese Vorgangsweise entspricht dem, was in den im Rahmen der Anzeige vorgelegten Emails vorgeschlagen wird, nämlich der Begleichung des Restbetrags erst bei Realisierung des Steuervorteils aus den Verlustvorträgen.

2. Neu hervorgekommen ist auch die Tatsache, dass Herr VN NN seit nicht als Geschäftsführer der ***Bf1*** tätig war und ist. Erst im Zuge der Außenprüfung wurde dies durch die Einvernahmen von VN NN und Herrn W NN2 (jeweils vom ), sowie weiterer Ermittlungen (u.a. Provisionsabrechnungen der anderen Geschäftsführer, kein Außenauftritt, keine Unterlagen zu tatsächlichen Leistungen, kein Büro, keine Teilnahme an der "Akademiereise", etc.) für das Finanzamt erkennbar. Auch diese Feststellung deckt sich mit der geplanten Vorgangsweise laut Anzeige, wonach Herr NN bereit gewesen sei, für einen gewissen Zeitraum formal als Geschäftsführer Verfügung zu stehen, um "die Chance der Anerkennung der Verluste zu erhöhen" (Email vom ). Erst die Kenntnis der Behörde von der tatsächlichen Durchführung dieser geplanten Vorgangsweise stellt einen Wiederaufnahmegrund dar.

3. Eine neu hervorgekommene Tatsache stellt für das Veranlagungsjahr 2016 auch die in Tz. 2 der Niederschrift vom getroffene Feststellung zur "Akademiereise Ort" dar. Der Abgabenbehörde war zum Zeitpunkt des Erstbescheides nicht bekannt, dass Kosten einer Reise mit primär gesellschaftlichem und unterhaltendem Charakter in Höhe von € 10.524,69 als Betriebsausgaben angesetzt wurden. In der Beschwerdefrist wird ausgeführt, dass diese Feststellung keinen Wiederaufnahmegrund darstelle, und dies von der Behörde auch nicht behauptet worden sei. Dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom ist eindeutig zu entnehmen, dass die Feststellungen laut Tz. 1 und Tz. 2, wobei letztere sich auf die "Akademiereise Ort" bezieht, die Wiederaufnahme der Verfahren erforderlich machen.

Die steuerliche Auswirkung durch die Wiederaufnahme der Körperschaftssteuerverfahren 2015 und 2016 ist zweifelsfrei nicht geringfügig, was im Übrigen von der steuerlichen Vertretung auch nicht eingewendet wurde."

Mit am zur Post gegebenem und bei der belangten Behörde am eingelangten Vorlageantrag vom stellte die Bf. den Antrag, die Beschwerden vom gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2015 vom , Körperschaftsteuerbescheid 2015 vom , Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2016 vom und den Körperschaftsteuerbescheid 2016 vom (Bescheidbegründung jeweils am eingelangt) dem Bundesfinanzgericht vorzulegen. Weiters wurden die Entscheidung durch einen Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Betreffend die Beschwerdegründe wurde auf die Ausführungen in den Beschwerden verwiesen und zunächst kein neues Vorbringen erstattet.

Die belangte Behörde legte mit Vorlagebericht vom die Beschwerde gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2015 und 2016 sowie die jeweils betreffenden Wiederaufnahmebescheide dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Strittig sei die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Körperschaftsteuer 2015 und 2016. Nach Ansicht der Bf. würden keine Wiederaufnahmsgründe vorliegen. Nach Ansicht des FA seien die Gründe für die Wiederaufnahme dem Bericht über die Außenprüfung und der Niederschrift über die Schlussbesprechung zu entnehmen. Im Zuge der Beschwerdevorentscheidung sei eine Konkretisierung erfolgt.

Das Rechtsmittel ging bei der Gerichtsabteilung 6003 des Bundesfinanzgerichtes am ein.

Die Bf. brachte am folgende Ergänzung des Beschwerdevorbringens beim Bundesfinanzgericht ein:

"Im gegenständlichen Verfahren geht es um die Frage, ob infolge der entgeltlichen Abtretung eines 55 % Anteils an der ***Bf1*** von Herrn VN NN an die Firma gmbH am der Tatbestand eines Mantelkaufs gemäß § 8 Abs 4 lit c KStG verwirklicht worden ist oder nicht. Seitens des Finanzamtes ***11*** wird im Wesentlichen vorgebracht, dass die Gesellschafterstellung und die Geschäftsführerfunktion von Herrn NN nur formal aufrechterhalten worden sind, um das Vorliegen eines Mantelkaufs zu vermeiden.

Namens- und Auftrags unserer Mandantschaft ergänzen wir die Begründung der Beschwerde um folgende Punkte:

In der Begründung vom der Berufungsvorentscheidung wird auf Seite 3 ausgeführt, dass die Tatsache, dass Dr NN seit nicht als Geschäftsführer der ***7*** tätig war, neu hervorgekommen sei. Auf Seite 4 wird ausgeführt, dass zur Tätigkeit von Dr NN keine Unterlagen vorgelegt werden konnten. Diese Angaben weisen wir zurück. Festzuhalten ist, dass die Herren VN NN und W NN2 am im Finanzamt ***11*** von ***27*** und Frau ***28***, getrennt voneinander, unter Beisein des Steuerberaters, befragt worden sind. Die Befragungen verliefen aus unserer Sicht insofern sehr positiv, als nach unserer Wahrnehmung die Annahme Herrn ***27*** widerlegt werden konnten, dass die Geschäftsführerfunktion Herrn NN bloß vorgeschoben worden wäre. Nach dem Termin waren sowohl die Vertreter des Steuerpflichtigen als auch der steuerliche Vertreter überzeugt, dass der Verdacht des Vorliegens eines Mantelkauftatbestandes ausgeräumt worden sei. Umso überraschter waren wir, als mit den Berufungsvorentscheidungen die Beschwerden 2015 und 2016 abgewiesen worden sind. Unverständlich sind für uns die Ausführungen, wonach zur Tätigkeit von NN keine Unterlagen vorgelegt werden konnten. Unterlagen wurden nie verlangt, auch nicht im Zuge der Befragung (siehe Protokolle). Der Sachverhalt stellte sich - spätestens nach den Befragungen - derart klar und unstrittig dar, dass wir keinen Anlass gesehen haben, unaufgefordert Unterlagen zur Dokumentation auszuheben und der Behörde zu liefern. Ansonsten verweisen wir auf die Begründung der Bescheidbeschwerde.

Der Vollständigkeit halber teilen wir mit, dass Herr Dr NN mit Schreiben vom seine Geschäftsführungsfunktion aus gesundheitlichen Gründen zurückgelegt hat. Dies wurde im Firmenbuch am eingetragen. Die Zurücklegung mehr als 6 Jahre nach der Anteilsabtretung steht in keinem Zusammenhang mit der Abtretung im Jahr 2012 sodass der Tatbestand des § 8 Abs 4 Z 2 lit c KStG bis zur Zurücklegung nicht erfüllt war und durch die Zurücklegung nicht erfüllt wird.

Überdies halten wir die Frage nach der Änderung der organisatorischen Struktur für müßig, weil ohnehin die Gesellschafterstruktur bis heute unverändert geblieben ist. Wir geben, insbesondere weil im Zuge des Verfahrens seitens der Behörde die Wahrhaftigkeit der Gesellschafterstellung Herrn NN angezweifelt worden ist, diesbezüglich bekannt, dass am eine Gewinnausschüttung in Höhe von EUR 100.000,- an die Gesellschafter durchgeführt wurde. Am wurde neuerlich eine Gewinnausschüttung in Höhe von EUR 100.000,00 beschlossen, die am an die Gesellschafter durchgeführt worden ist. Aufgrund der positiven Entwicklung können erstmals Gewinnausschüttungen vorgenommen werden, sodass der Verdacht einer bloß formellen Gesellschafterstellung unbegründet ist.

Wir fassen bezüglich Mantelkauf zusammen, dass sich die organisatorische Struktur gegenüber dem Jahr 2012 erst im November 2018 wesentlich geändert hat. Die Gesellschafterstruktur hat sich, was Herrn Dr NN betrifft, bis heute nicht geändert.

Zur Akademiereise Ort, deren Aufwendungen nicht als abzugsfähig anerkannt werden, ist angesichts der BVE zu sagen, dass in der Niederschrift vom in Pkt 2 der Sachverhalt unvollständig, weil ohne Angaben zum Inhalt, zur Dauer, zum Programm, etc. wiedergegeben wird. Die rechtliche Würdigung basiert auf einem nicht dargelegten, sich uns nicht erschließenden Sachverhalt. Der Satz "Nach dem vorliegenden Programm sind die Aufwendungen grundsätzlich der privaten Lebensführung zuzuordnen" wäre als zusammenfassendes Ergebnis nach ausführlicher Darlegung des Sachverhalts und einer eingehenden Würdigung der Elemente der Veranstaltung denkbar. So ist er Basis und Ergebnis der rechtlichen Würdigung in einem und daher als Begründung untauglich. In der BVE wird nicht auf die Ausführungen in der Beschwerde eingegangen, der "primäre gesellschaftliche und unterhaltende Charakter" wird abermals behauptet, findet aber weder im Bericht noch in ergänzenden Ausführungen in der BVE ihre Grundlage. Somit ist zu wiederholen, dass die Wiederaufnahme in diesem Punkt nicht begründet ist."

Aus dem Kopf der Eingabe der Bf. vom geht hervor, dass die Steuernummer der Bf. (***BF1StNr2***) vormals ***vormStNr*** gelautet habe.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom mit Wirksamkeit ab wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung 6003 gemäß § 9 Abs. 9 BFGG abgenommen und der Gerichtsabteilung 6010 neu zugeteilt.

Mit Beschluss vom wurde den Parteien der bisherige Verfahrenslauf zur Stellungnahme übermittelt.

Mit Beschluss vom wurden der Amtspartei die Unterlagen der Bf. zur Wahrung des Parteiengehörs und Stellungnahme übermittelt.

Mit Schreiben vom nahm die Amtspartei nochmals zur Körperschaftsteuer Stellung.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf mündliche Verhandlung und Entscheidung durch den Senat zurückgenommen.

Im Protokoll des Erörterungstermins vom finden sich folgende Ausführungen: "Strittig sind im gegenständlichen Verfahren die Wiederaufnahmebescheide 2015 und 2016 sowie die zugehörigen Körperschaftsteuerbescheide. Bei diesen Bescheiden inhaltlich Mantelkauf und Reise nach Ort. Der Abgabenbehörde wird mitgeteilt, dass der steuerliche Vertreter mit Mail vom der Richterin den Betriebsprüfungsbericht der Betriebsprüfung der Jahre 2008 bis 2013 (Bericht vom ) übermittelt hat."

Zur Wiederaufnahme wurde sodann ausgeführt:

"1) Wiederaufnahme

Zunächst wird die Wiederaufnahme besprochen.

Die Amtspartei kann nach Befragung durch die Richterin nicht angeben, warum die anonyme Anzeige vom erst am dem Finanzamt ***11*** übermittelt wurde.

Es wird festgestellt, dass der Körperschaftsteuerbescheid 2015 am vom Finanzamt ***5*** erklärungsgemäß veranlagt wurde, obwohl die anonyme Anzeige schon vorlag.

Der Steuerberater weist darauf hin, dass im Zuge der Vor-BP der Mantelkauf geprüft wurde und keine Feststellungen erfolgten. Diesbezüglich liegen E-Mails vor. Die Richterin gibt an, die Mails bereits erhalten zu haben.

Die Amtspartei führte aus, dass die Wiederaufnahme nicht nur auf die Anzeige gestützt wurde, sondern beispielsweise auf die Nichtentrichtung des Kaufpreises und das Nichttätigwerden von NN als Geschäftsführer.

Die steuerliche Vertretung wird Unterlagen zur inzwischen erfolgten Restzahlung des Kaufpreises vorlegen."

Mit Mail vom teilte der Steuerberater mit, dass der restliche Kaufpreis für die GmbH Anteile bis dato noch nicht bezahlt wurde. Die Forderung bzw. Verbindlichkeit sei allerdings aufrecht.

Mit Schreiben vom nahm die Amtspartei neuerlich Stellung und führte aus: "Stellungnahme zur Niederschrift über den Verlauf der Erörterung vom

1. Zur Wiederaufnahme der Verfahren

Laut Firmenbuch (Beilage 1) wurde der Ort der Geschäftsleitung und der Betriebssitz am von ***5*** nach ***11*** verlegt. Entsprechend wurde das Finanzamt ***22*** erst zu diesem Zeitpunkt zuständig. Daraus erklärt sich, dass die Anzeige (erst) am übermittelt wurde. Wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt, hätte die Anzeige für sich noch keine Wiederaufnahme ermöglicht. Erst die Ergebnisse der Außenprüfung 2014-2016 führten zu einem Gesamtbild der Verhältnisse, das die Wiederaufnahme rechtfertigte.

2. Mantelkauf

(…)"

Mit Beschluss vom wurden das Mail des Steuerberaters bzw. das Schreiben der Amtspartei den Parteien zur Wahrung des Parteiengehörs übermittelt. Für eine weitere Stellungnahme wurde eine Frist bis eingeräumt. Es erfolgten keine Stellungnahmen mehr.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Im Jahr 2015 fand bei der Bf. eine Betriebsprüfung des Finanzamtes ***5*** statt. Dabei wurde auch der Mantelkaufstatbestand überprüft, was sich aus dem Mailverkehr zwischen Steuerberater und Prüfer ergibt.

Aufgrund welcher Sachverhaltselemente der Prüfer den Verdacht eines Mantelkaufes hatte bzw. welche diesbezüglichen Tatsachen ihm bereits bekannt waren, geht aus den Unterlagen nicht hervor, da der Punkt fallen gelassen wurde und nicht im Bp-Bericht aufscheint.

Am erging eine anonyme Anzeige, wonach die Bf. nur zu dem Zweck gekauft worden sei, um die Verluste der Vorjahre zu verwerten.

Der ursprüngliche Körperschaftsteuerbescheid 2015 erging am und wurde vom Finanzamt ***5*** erklärungsgemäß veranlagt, dh die Verluste der Vorjahre wurden berücksichtigt.

Im Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens für 2015 vom wird ausgeführt: "Die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgte gem. § 303 (1) BAO aufgrund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind. Daraus ist auch die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen im Spruch bezeichneten Bescheid zu ersehen. Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse an der Rechtsrichtigkeit das Interesse auf Rechtsbeständigkeit. Die steuerlichen Auswirkungen können auch nicht als bloß geringfügig angesehen werden."

Im bezugnehmenden BP-Bericht vom wird ausgeführt: "Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 4 BAO Hinsichtlich nachstehend angeführter Abgabenarten und Zeitraume wurden Feststellungen getroffen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs.4 BAO erforderlich machen: Abgabenart Körperschaftsteuer; Zeitraum Feststellung 2014-2016 Tz. 1,2

Die Wiederaufnahme erfolgt unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung und der sich daraus ergebenden Gesamtauswirkung. Im vorliegenden Fall können die steuerlichen Auswirkungen nicht als geringfügig angesehen werden. Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung war dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteiinteresse an der Rechtskraft) einzuräumen."

Für das Jahr 2015 relevant ist lediglich die Tz 1, die Tz 2 betrifft nur das Jahr 2016.

In der TZ 1 wird zum Mantelkauf ausgeführt und insbesondere auf die anonyme Anzeige vom verwiesen. (siehe Seite 3 bis 11 dieser Entscheidung)

Lt. Beschwerdevorentscheidung vom bzw. der diesbezüglichen gesonderten Bescheidbegründung wird ausgeführt, neben der Anzeige sei neu hervorgekommen, dass der Restbetrag noch nicht bezahlt worden sei bzw. dass NN nicht als Geschäftsführer tätig gewesen sei. (siehe Seite 15 dieser Entscheidung)

2. Beweiswürdigung

Hinsichtlich Wiederaufnahmebescheide ist die Zulässigkeit der Wiederaufnahme fraglich. Der diesbezügliche Sachverhalt bzw. die Ausführungen in den Bescheiden und Bescheidbegründungen sind unstrittig. Es wird auf die Ausführungen in der Rechtlichen Beurteilung (Punkt 3) verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Wiederaufnahme des Verfahrens 2015

§ 303 BAO lautet:

(1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Dazu wird ausgeführt:

Eine Wiederaufnahme setzt somit voraus, dass Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind. Maßgebend ist der Wissensstand der Abgabenbehörde, bezogen auf die Aktenlage im Zeitpunkt der Erlassung des das Verfahren abschließenden Bescheides (vgl zB ; , 2008/13/0090; , 2008/15/0005 und 2008/15/0006).

Wiederaufnahmsgründe sind nur im Zeitpunkt der Bescheiderlassung existente Tatsachen, die später hervorkommen (nova reperta). Später entstandene Umstände (nova producta) sind keine Wiederaufnahmsgründe (zB ; , 96/15/0221).

Das Hervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln ist nach hA aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen (zB ; , 2006/13/0019; , 2007/15/0045; , 2007/13/0157; , 2009/15/0016; , 2011/15/0106; aM Schobesberger, ÖStZ 1988, 310; Wiedermann, Wiederaufnahme, 99 ff; vgl hierzu auch Stoll, BAO, 2935 ff).

Daher können zB Kenntnisse des Lohnsteuerprüfers für die Einkommensteuerveranlagung (vgl , 0094) oder für die Erhebung der Kommunalsteuer für die Gemeinde () neu hervorkommen.

Maßgebend ist der Wissensstand des jeweiligen Veranlagungsjahres (zB -0177; , 99/15/0120; , 2009/15/0161; , 2008/15/0005, 0006).

Tatsachen sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände (zB ; , 95/14/0094); also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis (als vom Bescheid zum Ausdruck gebracht) geführt hätten, etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften (zB ; , 95/14/0094; , 2006/13/0107; , 2010/15/0064; , Ra 2018/15/0097).

Tatsachen sind nicht nur sinnlich wahrnehmbare Umstände, sondern auch innere Vorgänge, soweit sie rational feststellbar sind (Ansichten, Absichten oder Gesinnungen wie zB die Zahlungswilligkeit, ).

Waren bestimmte Umstände im betreffenden Verfahren der Behörde bekannt, hat sie diese Umstände jedoch für unwesentlich gehalten, so sind solche Umstände keine Wiederaufnahmsgründe ().

Es ist nicht Sache des Abgabepflichtigen, das Nichtvorliegen eines Wiederaufnahmsgrundes nachzuweisen, sondern Aufgabe der Abgabenbehörde, die von ihr verfügte Wiederaufnahme durch unmissverständliche Hinweise darauf zu begründen, welche Tatsachen oder Beweismittel auf welche Weise neu hervorgekommen sind ().

Gerade im Hinblick darauf, dass die Frage des Mantelkaufes im Jahr 2012 durch die vorige Betriebsprüfung im Jahr 2015 geprüft wurde, wäre nach Ansicht der Richterin im beschwerdegegenständlichen Betriebsprüfungsverfahren jedenfalls eine konkrete Nennung der Punkte notwendig gewesen, die nach Ansicht der Betriebsprüfung neu hervorgekommen sind. Denn maßgebend ist, ob der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können (zB ; , 2006/15/0006; , 2009/15/0135; , 2011/15/0157; , Ra 2017/15/0015; , Ra 2018/15/0097).

In der Begründung der Verfügung der Wiederaufnahme eines Verfahrens sind die Wiederaufnahmegründe anzuführen. Es ist Aufgabe der Abgabenbehörde, die von ihr verfügte Wiederaufnahme durch unmissverständliche Hinweise darauf zu begründen, welche Tatsachen oder Beweismittel auf welche Weise neu hervorgekommen sind (). Die fehlende Angabe der Wiederaufnahmegründe ist im Rechtsmittelverfahren nicht "nachholbar", dies auch nicht in einer Beschwerdevorentscheidung. Daher sind die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung für die Überprüfung der Wiederaufnahmegründe ohne Bedeutung. Die Rechtsmittelbehörde kann sich bei der Erledigung gegen die Wiederaufnahme gerichteter Rechtsmittel auf keine neuen Wiederaufnahmegründe stützen. Sie hat lediglich zu beurteilen, ob die von der Abgabenbehörde angeführten Wiederaufnahmegründe eine Wiederaufnahme rechtfertigen, nicht jedoch, ob die Wiederaufnahme aus anderen Gründen zulässig gewesen wäre.

Liegt der vom Finanzamt angenommene Wiederaufnahmegrund nicht vor oder hat das Finanzamt die Wiederaufnahme auf keinen Wiederaufnahmegrund gestützt, so muss das BFG den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben.

Eine Überprüfung, welche Tatsachen konkret bereits bei der vorigen Betriebsprüfung bzw. im Zeitpunkt der Bescheiderstellung 2015 bekannt waren, war nach Ansicht der Richterin nicht möglich. Die anonyme Anzeige lag jedenfalls bei der Bescheiderstellung durch das Finanzamt ***5*** bereits vor. Der Verkaufsvorgang fand bereits im Jahr 2012 statt und war bei der BP im Jahr 2015 daher ebenfalls bekannt. Das Vorliegen des Mantelkaufstatbestandes wurde bereits im Jahr 2015 geprüft, aber verworfen. Welche Tatsachen damals zum Verdacht des Mantelkaufs geführt haben bzw. warum dieser Punkt verworfen wurde, ist nicht dargestellt worden. Wenn in der Beschwerdevorentscheidung angeführt wird, neben der Anzeige sei neu hervorgekommen, dass der Restbetrag noch nicht bezahlt worden sei bzw. dass NN nicht als Geschäftsführer tätig gewesen sei, so wird dem entgegengehalten, dass auf beide Punkte bereits in der anonymen Anzeige hingewiesen wird. Diese lag bereits im Bescheiderstellungszeitpunkt vor.

Es wurde somit im Zuge der Wiederaufnahme nicht dargelegt, welche Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen wären und ist dies auch für die Richterin nicht ersichtlich.

Es ist natürlich zulässig, das Vorliegen von vortragsfähigen Verlusten im Jahr der Verwertung zu überprüfen. Allerdings müssen auch hier die Gründe für eine Wiederaufnahme unmissverständlich genannt werden.

Nach Ansicht der Richterin ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens 2015 nicht möglich.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Beschluss Gegenstandsloserklärung)

Körperschaftsteuer 2015

§ 261 BAO lautet:

(1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären, wenn dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen wird

a) in einem an die Stelle des angefochtenen Bescheides tretenden Bescheid oder

b) in einem den angefochtenen Bescheid abändernden oder aufhebenden Bescheid.

(2) Wird einer Bescheidbeschwerde gegen einen gemäß § 299 Abs. 1 oder § 300 Abs. 1 aufhebenden Bescheid oder gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid (§ 307 Abs. 1) entsprochen, so ist eine gegen den den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheid (§ 299 Abs2.2 bzw. § 300 Abs. 3) oder eine gegen die Sachentscheidung (§ 307 Abs. 1) gerichtete Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären.

Da der Beschwerde hinsichtlich Wiederaufnahme 2015 Rechnung getragen wurde, war die Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2015 mit Beschluss als gegenstandslos zu erklären.

3.3. Zu Spruchpunkt III. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage liegt nicht vor. Es war lediglich das Vorliegen von Wiederaufnahmegründen strittig. Die diesbezüglichen Aussagen dieses Erkenntnisses beziehen sich auf die Rechtsprechung des VwGH. Der Beschluss zur Körperschaftsteuer 2015 ist eine rechtlich vorgesehene Folge des Erkenntnisses zur Wiederaufnahme.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 8 Abs. 4 Z 2 lit. c KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5101165.2018

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