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Verfahrenshilfe – Einzel – Beschluss, BFG vom 27.06.2023, VH/7100010/2023

Keine Verfahrenshilfe bei mangelnder Rechtsfrage und ausreichendem Einkommen.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Walter Aiglsdorfer über den Antrag von ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***A*** auf Gewährung von Verfahrenshilfe gemäß § 292 Bundesabgabenordnung (BAO) im Beschwerdeverfahren gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe gemäß § 292 BAO wird abgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang:

Vorerst wird das Verwaltungsgeschehen betreffend das anhängige Beschwerdeverfahren dargestellt.

Mit Einkommensteuerbescheiden 2011 und 2012 vom wurden die ursprünglichen Bescheide gemäß § 295 Abs. 1 BAO geändert.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Änderung aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes Wien 3/6/11/15 zu Steuernummer ***1*** vom erfolgt seien.
Ebenso wurden Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2011 und 2012 erlassen.

Mit Eingabe vom wurde Beschwerde gegen diese Bescheide eingebracht.
Begründend wurde ausgeführt, dass hinsichtlich sämtlicher bekämpfter Bescheide Festsetzungsverjährung iSd § 207 BAO vorliegen würde, sodass diese rechtswidrig seien; einerseits die beiden Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 sowie andererseits die Bescheide über die Anspruchszinsen 2011 und 2012, da kein wie immer gearteter Steuerrückstand bestehen würde. Der Ordnung halber werde darauf hingewiesen, dass gegen die Bescheide 2011 und 2012 gemäß § 188 BAO bereits am Einspruch erhoben und im Übrigen auch dort das Vorliegen von Verjährung eingewandt worden sei. Da im gegenständlichen Fall die Verjährungsfrist 5 Jahre betragen würde und diese Frist jedenfalls abgelaufen sei, zumal die nunmehr abgeänderten Bescheide einerseits vom und andererseits vom stammen würden und somit die 5-jährige Frist für die Verjährung iSd § 207 BAO abgelaufen sei.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 als unbegründet abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass Grundlagenbescheide (§ 188 BAO), die eindeutig auf die Geltendmachung von bestimmten Abgaben gerichtet seien, für die Verjährung der abgeleiteten Bescheide bedeutsam seien. Feststellungsbescheide würden somit die Verjährungsfrist für jene Abgabenansprüche die von den Feststellungsbescheiden abgeleitet seien, verlängern. Seit dem Jahr 2016 würden aktive Ermittlungen u.a. auch gegen das dem Feststellungsbescheid zugrundeliegende Unternehmen laufen. Die Beschwerde sei somit hinsichtlich des Verjährungseinwandes als unbegründet abzuweisen gewesen.
Gemäß § 252 Abs. 1 BAO könne ein Bescheid, der von einem Feststellungsbescheid abgeleitet sei, nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend seien. Die Beschwerde sei auch diesbezüglich als unbegründet abzuweisen gewesen.

Mit Eingabe vom wurde beantragt, die Beschwerde vom gegen die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag).
Wie bereits im Rechtsmittel mitgeteilt, würde Festsetzungsverjährung bestehen, welche selbstverständlich auch für Bescheide gemäß § 295 BAO bestehe, weshalb die Beschwerdevorentscheidungen vom , zugestellt am , unrichtig erscheinen. Wie bereits in der Beschwerde vom dargelegt, sei im gegenständlichen Fall die fünfjährige Verjährungsfrist iSd § 207 BAO anzuwenden, sodass Rechtswidrigkeit vorliegen würde.
Es werde daher, wie bisher, die ersatzlose Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 beantragt und zusätzlich die Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung sowie die Durchführung einer Senatsentscheidung.
Diesbezüglich werde auch auf den Punkt 2. der Beschwerde vom verwiesen.

Mit Vorlagebericht vom wurde gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Nach Darlegung einer umfassenden Stellungnahme beantragte die belangte Behörde eine Abweisung der Beschwerde.

Mit Beschluss vom übermittelten der nunmehr zuständige Richter folgendes Schreiben an die Beschwerdeführerin (zu Handen des bevollmächtigten Vertreters):
"In Vorbereitung zur beantragten Senatsverhandlung möchte ich ihnen hiermit die Ergebnisse meiner Recherchen zur Kenntnis bringen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat kürzlich judiziert, dass an Verlängerungshandlungen keine allzu formalistische Sichtweise Platz greifen dürfe (vgl. ). Weiters gibt es Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, dass Feststellungsbescheide die Verjährungsfristen für jene Abgabenansprüche verlängern, die von den Feststellungsverfahren abgeleitet sind (vgl. ; ).
Die im Feststellungsverfahren vorgenommenen Ermittlungsschritte (Verlängerungshandlungen) sind also auch im streitgegenständlichen Verfahren zu beachten (vgl. Ellinger ua, BAO³, § 209 Rz 5).
Die entsprechenden Verlängerungshandlungen wurden bereits im Vorlagebericht dargestellt.

Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sich auch der erkennende Senat dieser Rechtsansichten anschließen würde - ohne hiermit deren Entscheidung vorwegzunehmen.

Ich ersuche um Darstellung von Gründen, warum die genannten Entscheidungen gegenständlich nicht anzuwenden sein sollten.

Zur Beschwerde betreffend Anspruchszinsen ist auszuführen, dass es hierzu eine gefestigte Rechtsprechung gibt.
Anspruchszinsenbescheide sind an die Stammabgabenbescheide gebunden. Wenn sich diese nachträglich als rechtswidrig erweisen und abgeändert oder aufgehoben werden, sind neue, an die geänderten Stammabgabenbescheide gebundene Anspruchszinsenbescheide zu erlassen (vgl. ; ).
Gegenständliche Beschwerde könnte demnach zurückgezogen werden, ohne einen Rechtsnachteil zu erfahren.

Am ist bereits ein Wiener Senat in Linz anberaumt.
Sollte obigen Darstellungen nichts Wesentliches entgegengebracht werden, gedenke ich gegenständlichen Fall auch in Linz zu verhandeln - vor allem auch aus verwaltungsökonomischen Gründen. Da es sich hier um eine reine Rechtsfrage handelt, erscheint auch die Teilnahme der Beschwerdeführerin nicht zwingend erforderlich zu sein.

Sollte ich bis Ende der Kalenderwoche 20 keine Gegendarstellungen erhalten, werde ich die darauffolgende Woche die Landung versenden."

Mit Eingabe vom übermittelte die Beschwerdeführerin den nunmehr zu beurteilenden Antrag auf Verfahrenshilfe.
Dieser Antrag ist vor Erledigung des übrigen Beschwerdebegehrens (Festsetzungsverjährung) zu behandeln.
Es wurde der Antrag gestellt, dass im Wege der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Herr Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Dr. A als Verfahrenshelfer bestellt werde solle - also der bisherige Vertreter der Beschwerdeführerin.

Es werde ein Verfahrenshelfer in oben genanntem Verfahren benötigt, zumal die Beschwerdeführerin ergänzend einen Antrag auf Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung iSd § 206 BAO stellen werde.
Die monatliche Nettopension würde rd. 1.700,00 € betragen, jedoch müsse von dieser eine Monatsrate von 332,00 € für einen Rückstand auf Grund der geänderten Einkommensteuerbescheide an die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen bezahlt werden, sodass nur 1.370,00 € verbleiben würden.
Abschließend werde mitgeteilt, dass der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung nach wie vor bestehe und auch aus Kostengründen beantragt werde, diese in Wien durchzuführen.
Nach Bestellung eines Verfahrenshelfers werde auch der Antrag iSd § 206 BAO näher dargelegt werden.

Mit Verfügung vom wurde die Antragstellerin seitens des Richters aufgefordert, ihre Vermögenssituation vollständig darzulegen (mittels übermitteltem Vermögensbekenntnis).

Mit Eingabe vom wurden hierzu folgende Ausführungen übermittelt:
Hinsichtlich der besonderen Schwierigkeit werde dargestellt, dass die Frage der Verjährung noch ungeklärt und im gegenständlichen Verfahren abzuklären sei, inwieweit die Bestimmungen des § 206 BAO Platz greifen würde.
Es sei auch noch nicht geklärt, ob tatsächlich die Einkünfte als formelle Komplementärin der B KG der Antragstellerin zuzurechnen seien, weil dies auch im offenen Rechtsmittelverfahren betreffend die B KG ungeklärt sei. Dabei würde es sich um den Vorlageantrag betreffend die Beschwerde gegen die Bescheide über die Feststellung von Einkünften für die Jahre 2011-2016 sowie die Umsatzsteuerbescheide 2011-2016 handeln.
Es sei wohl evident, dass auch die Frage, wie es sich diesbezüglich mit einer Zurechnung an die Antragstellerin verhalten würde, eine schwierige Rechtfrage darstellen würde.
Aus all diesen Gründen werde es notwendig sein, einen Verfahrenshelfer beizugeben.

Vermögensbekenntnis:
< Wohnrecht für ca. 70m²
< Zahlung für die Wohnung 580,00 € pro Monat (für A1, Versicherung, Gas, Strom)
< Pensionsbezug (PVA) 1.855,66 € pro Monat
< Bargeld: 500,00 €
< Ratenzahlung an SV wegen Beitragsrückstand (18.169,43 €): 332,00 € pro Monat
< Schuld FA: ca. 152.000,00 € (Anmerkung Richter: diese resultieren im Wesentlichen aus dem Ergebnis des Feststellungsverfahrens B KG und sind derzeit ausgesetzt).

Rechtliche Beurteilung:

A) Dem Erkenntnis wurde folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Mit Bescheiden vom wurden die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 aufgrund von neuen Bescheiden über die Feststellung von Einkünfte gemäß § 188 BAO geändert (§ 295 Abs. 1 BAO).

Dagegen wurde seitens der steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin Beschwerde mit der Begründung eingebracht, es würde bereits Festsetzungsverjährung vorliegen.

Gegenständlich ist allerdings von keiner Festsetzungsverjährung auszugehen, da entsprechende Verlängerungshandlungen getätigt wurden.
Diese Verlängerungshandlungen wurden der Beschwerdeführerin auch klar und unmissverständlich zur Kenntnis gebracht. Eine diesbezüglich endgültige Entscheidung obliegt allerdings dem Senat.

Gegenständlich liegt als Beschwerdegegenstand das Bestehen einer Festsetzungsverjährung vor.

Weiters ist beabsichtigt, einen Antrag auf Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung iSd § 206 BAO einzubringen.

Zur weiteren Verfolgung des Beschwerdebegehrens und zur Beantragung der Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung wird Verfahrenshilfe beantragt.

Die monatliche Nettopension beträgt 1.850,66 €.
Unterhaltsverpflichtungen sind nicht bekannt und wurden auch nicht behauptet.
Nach Abzug der HH-Aufwendungen iHv ca. 580,00 € pro Monat sowie Zahlungen an die Sozialversicherung iHv 332,00 € verbleibt somit ein frei verfügbarer Betrag von 938,66 € pro Monat. Bei dieser Berechnung ist noch nicht berücksichtigt, dass die Pension 14x im Jahr ausbezahlt wird. Es steht also noch ein zusätzlicher Betrag in Höhe von ca. 3.600,00 € pro Jahr zur Verfügung.

B) Beweiswürdigung:

Zur Problematik der Festsetzungsverjährung wurde bereits seitens des zuständigen Richters eine klare Sachverhaltsdarstellung übermittelt (Beschluss vom ).

Die Vermögenssituation der Beschwerdeführerin wurde im Antrag vom unmissverständlich dargestellt (1.700,00 € monatliche Nettopension abzüglich 332,00 € SV-Zahlungen).

C) Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 292 Abs. 1 BAO ist auf Antrag einer Partei (§ 78), wenn zu entscheidende Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen, ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenshilfe vom Verwaltungsgericht insoweit zu bewilligen,
1. als die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und
2. als die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Gemäß § 292 Abs. 2 BAO ist als notwendiger Unterhalt derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt.

§ 292 Abs. 5 BAO lautet wie folgt: "Offenbar aussichtslos ist eine Beschwerde insbesondere bei Unschlüssigkeit des Begehrens oder bei behebbarem Beweisnotstand. Bei einer nicht ganz entfernten Möglichkeit des Erfolges liegt keine Aussichtslosigkeit vor. Mutwillig ist eine Beschwerde dann, wenn sich die Partei der Unrichtigkeit ihres Standpunktes bewusst ist oder bewusst sein muss."

Gemäß § 292 Abs. 7 Z 1 BAO kann der Antrag ab Erlassung des Bescheides, der mit Beschwerde angefochten werden soll, gestellt werden.

Gemäß § 292 Abs. 8 BAO hat der Antrag zu enthalten
1. die Bezeichnung des Bescheides (Abs. 7 Z 1) bzw. der Amtshandlung (Abs. 7 Z 2) bzw. der unterlassenen Amtshandlung (Abs. 7 Z 3),
2. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
3. die Entscheidung der Partei, ob der Kammer der Wirtschaftstreuhänder oder der Rechtsanwaltskammer die Bestellung des Verfahrenshelfers obliegt,
4. eine Darstellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers und der wirtschaftlich Beteiligten.

Gemäß § 292 Abs. 11 BAO hat das Verwaltungsgericht über den Antrag mit Beschluss zu entscheiden.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Abgabenänderungsgesetz 2016 wird hierzu folgendes ausgeführt:
"Ebenso wie nach § 77 Abs. 3 FinStrG, § 63 Abs. 1 ZPO und § 61 Abs. 2 StPO setzt die Bewilligung der Verfahrenshilfe bei natürlichen Personen nach § 292 Abs. 1 lit. a BAO voraus, dass die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhaltes zu bestreiten.
Die Definition des notwendigen Unterhaltes in § 292 Abs. 2 BAO entspricht jener in § 63 Abs. 1 zweiter Satz ZPO. Als notwendiger Unterhalt ist ein zwischen dem "notdürftigen" und den "standesgemäßen" Unterhalte liegender anzusehen, der abstrakt zwischen dem statistischen Durchschnittseinkommen eines unselbständig Erwerbstätigen und dem "Existenzminimum" liegt und unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles seine die Bedürfnisse des Einzelnen berücksichtigende bescheidene Lebensführung gestatten (vgl.
2012/08/0057)."

Gemäß Art. 47 Abs. 3 Grundrechtscharta (GRC) wird Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten.

Gemäß diesen gesetzlichen Bestimmungen ist also einerseits Voraussetzung für die Gewährung einer Verfahrenshilfe, dass eine Rechtsfrage von besonderer Schwierigkeit in rechtlicher Hinsicht vorliegt und andererseits keine Möglichkeit besteht, die Kosten der Führung des Verfahrens zu bestreiten.
Ein weiterer Grund liegt vor, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht aussichtslos erscheint - ohne hier einer allfälligen Senatsentscheidung vorgreifen zu wollen.

In Entsprechung des Art. 47 Abs. 3 GRC darf somit im Verfahren vor dem BFG nach § 292 Abs. 1 BAO Verfahrenshilfe bei Mittellosigkeit der Antragstellerin nur insoweit bewilligt werden, als die zu entscheidende Rechtsfrage besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweist und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar aussichtslos erscheint.

a) Wirtschaftliche Lage der Antragstellerin:
Die Einkommensverhältnisse hat die Beschwerdeführerin selbst in ihrer Eingabe vom dargestellt - ihr verbleibt nach Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen eine monatliche Nettopension iHv 1.370,00 €. Unterhaltsverpflichtungen wurden nicht angeführt und sind auch nicht bekannt. Davon sind noch HH-Aufwendungen iHv. ca. 508,00 € zu bestreiten.

Das Fehlen finanzieller Mittel zur Bestreitung der Verfahrenskosten bildet den Hauptbestandteil der Bewilligungsvoraussetzungen der Verfahrenshilfe. Nur wer sich einen steuerlichen Vertreter nicht leisten kann, soll in den Genuss der Verfahrenshilfe kommen (vgl. Rzeszut/Schury, Die Verfahrenshilfe in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, SWK 2017, S 91).
Die rechtliche Beurteilung der Beeinträchtigung der Lebensführung obliegt dem Verwaltungsgericht. Als notwendiger Unterhalt iSd § 292 Abs. 2 BAO ist jener anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt. Die Formulierung bildet die Bestimmungen des § 63 ZPO inhaltlich nach. Daher lässt sich zur Beurteilung des notwendigen Unterhaltes die Kommentierung zur ZPO heranziehen.
Zur Definition des notwendigen Unterhalts ist auf oben zitierte Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Abgabenänderungsgesetz 2016 zu verweisen.
Als notwendiger Unterhalt ist also ein zwischen dem "notdürftigen" und dem "standesgemäßen" Unterhalt liegender anzusehen (liegt zwischen Existenzminimum und Durchschnittseinkommen).

Der unpfändbare Freibetrag ("Existenzminimum"), der einem Verpflichteten gemäß § 291a Abs. 1 EO zur Gänze zu verbleiben hat ("allgemeiner Grundbetrag") richtet sich nach dem Ausgleichszulagenrichtsatz (§ 293 Abs. 1 lit. a ASVG) und beträgt aktuell für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung 1.110,26 €.
Die Antragstellerin verfügt demnach über ein Einkommen welches jedenfalls über diesem gesetzlich bestimmten Richtsatz liegt.

Nach Abzug der regelmäßigen Zahlungen verbleibt der Beschwerdeführerin noch immer ein Betrag in Höhe von 938,66 € zur freien Verwendung.

Wesentlich sind gegenständlich auch noch die zu erwartenden Kosten des Verfahrens. Das Rechtsmittel gegen die entsprechenden Bescheide ist bereits eingebracht. Es ist somit nur mehr ein allfälliger Antrag auf Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung ausständig, welcher nicht allzu aufwändig sein und somit überschaubare Kosten verursachen wird. Aus diesem Grund wurden die zu erwartenden Kosten auch nicht konkret abgefragt. Dieser Betrag müsste allerdings jedenfalls mit dem 13. und 14. Monatsbezug bestritten werden können.

Zum Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht (mündliche Verhandlung) wurde ebenfalls bereits mit Beschluss die klare Rechtslage dargestellt. Ein Absehen von der mündlichen Verhandlung wäre bei dieser Sachlage durchaus überlegenswert, um zusätzliche Kosten zu vermeiden (egal ob die Verhandlung in Linz oder Wien stattfinden würde). Die Beschwerdeführerin hat es also auch selbst in der Hand, die Kosten des Verfahrens zu beeinflussen.

Es liegt also keine wirtschaftliche Lage der Antragstellerin vor, welche eine Bewilligung des gegenständlichen Antrages erlauben würde.

b) Besondere Schwierigkeit rechtlicher Art:
Bei einem Antrag auf Verfahrenshilfe nach § 292 Abs. 1 BAO ist auch zu klären, ob es sich überhaupt um eine überdurchschnittlich schwierige Rechtsfrage handelt. Wird dies bereits verneint, ist die Erfüllung der Voraussetzungen des § 292 Abs. 1 Z 1 und 2 BAO nicht mehr ausschlaggebend (vgl. ).
Der Beschwerdeführerin wurde bereits im Beschluss des zuständigen Richters vom klar dargelegt, dass es bestimmte Handlungen gegeben hat, welche die dargestellten Verjährungsfristen jeweils verlängert haben. Auch wenn hier einer allfälligen Senatsentscheidung nicht vorgegriffen werden kann, so sind die erwähnten VwGH Erkenntnisse und Kommentare nicht zu verleugnen. Unter diesen Gegebenheiten können besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art nicht erkannt werden.

Wenn die Antragstellerin anführt, dass es noch nicht geklärt sei, ob ihr tatsächlich die Einkünfte als formelle Komplementärin der B KG zuzurechnen seien und somit eine schwierige Rechtsfrage vorliegt, so ist diesbezüglich klarzustellen, dass diese Frage im Feststellungsverfahren zu lösen sein wird und nicht im hier zu beurteilenden Verfahren. In gegenständlichem Verfahren geht es ausschließlich um die Verjährungsproblematik.
Bei Entscheidung im Feststellungsverfahren wird es eine klare Bindungswirkung zu dieser Entscheidung geben und allenfalls ist der Steuerbescheid der Antragstellerin gemäß § 295 BAO abzuändern.

Zur weiteren Eingabe hinsichtlich der Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung ist anzuführen, dass diese ausschließlich auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin abzielt. Diese Angaben können von der Beschwerdeführerin jedenfalls auch ohne Vertreter vorgenommen werden. Es liegt also auch hier keine besondere Schwierigkeit in rechtlicher Hinsicht vor.

c) Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung:
Diesem Erfordernis ist sicherlich die geringste Relevanz beizumessen. Es ist aber trotzdem auf die Darstellung im Beschlusses des Gerichtes vom zu verweisen (siehe dort die einschlägige Rechtsprechung).

Wie dort bereits dargestellt, geben die genannten Entscheidungen des VwGH als auch die genannten Literaturstellen die weiteren Verfahrensschritte hinsichtlich Verjährung klar vor - die endgültige Entscheidungsgewalt obliegt allerdings dem beatragten Senat und diesem kann auch hier nicht vorgegriffen werden und ist auch nicht so beabsichtigt.

Abschließend ist noch anzuführen, dass das Rechtsmittelverfahren betreffend B KG gegenständliches Verfahren nicht berührt, da es ein eigenes Steuersubjekt darstellt.
Das Ergebnis dieses Verfahrens wird unmittelbar gemäß § 295 Abs. 1 BAO in den Steuerbescheid der Antragstellerin einfließen.

Zu berücksichtigen ist auch die Lage/der Zeitpunkt des Verfahrens. Der steuerliche Vertreter hat bereits eine Beschwerde hinsichtlich der Verjährungsproblematik eingebracht. Auch bei Zuerkennung der Verfahrenshilfe würde diese erst ab dem jetzigen Zeitpunkt wirken. Die Bestellung des Verfahrenshelfers entfaltet erst Wirksamkeit mit der Zustellung des Bestellungsbescheides der zuständigen Rechtsanwaltskammer. Eine rückwirkende Bestellung zum Verfahrenshelfer ist nicht möglich. Somit ist eine allzu große monetäre Belastung für das weitere Verfahren nicht zu erwarten, zumal eine allenfalls gewährte Verfahrenshilfe auch nicht die Kosten eines Revisionsverfahrens vor dem VwGH abdecken würde (vgl. ; ).

Unter Beachtung sämtlicher Erfordernisse, welche für die Gewährung der beantragten Verfahrenshilfe notwendig sind, kann diese nicht gewährt werden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und stellt daher keine Rechtsfrage dar, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Aus diesem Grund ist eine ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 292 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 292 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 292 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 292 Abs. 7 Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 292 Abs. 8 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 292 Abs. 11 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 77 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 63 Abs. 1 ZPO, Zivilprozessordnung, RGBl. Nr. 113/1895
§ 61 Abs. 2 StPO, Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975
Art. 47 Abs. 3 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom S. 389
§ 291a Abs. 1 EO, Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:VH.7100010.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at