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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.05.2023, RV/7102941/2022

Beschwerde hinsichtlich der Abweisung eines Antrages um Nachsicht gemäß § 236 BAO hinsichtlich der Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 5 GebG mangels sachlicher oder persönlicher Unbilligkeit.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***1***, vertreten durch ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung eines Antrages um Nachsicht gemäß § 236 BAO hinsichtlich der Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 5 GebG, St.Nr. ***3*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt und Verfahrensgang

Am wurde für den Mietvertrag vom zwischen der Beschwerdeführerin (Bf) und der Vertragspartnerin, Firma ***4***, die Gebühr gemäß § 33 TP 5 Absatz 1 Ziffer 1 Gebührengesetz 1957 wegen unrichtiger Selbstberechnung mit Bescheid gemäß § 201 BAO in Höhe von 86.641,10 Euro festgesetzt. Das Finanzamt hat festgestellt, dass nicht ein Vertrag auf unbestimmte Dauer, sondern ein Vertrag auf bestimmte Dauer und darüber hinaus auf unbestimmte Dauer vorliegt und dass die Kosten betreffend die Rückgabe des Mietgegenstandes laut Vertrag bei der Selbstberechnung nicht berücksichtigt wurden.
Selbstberechnet wurde ein Betrag von 40.768,56 Euro. Somit ergab sich eine Nachforderung in Höhe von 45.872,54 Euro. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Eingabe vom , eingelangt am via FINANZOnline, wurde seitens der steuerlichen Vertretung Namens und Auftrags der ***Bf1*** ein Antrag auf Nachsicht in Höhe von EUR 43.898,72 gestellt.

Die Bf. bringt vor, aufgrund der Vereinbarung der Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG und iSd GebR 2007, Rz 705, sei ein (gebührenrechtlicher) Vertrag von unbestimmter Dauer angenommen und die Gebühr auf Basis des 3-fachen Jahreswerts berechnet worden. Das Finanzamt habe abweichend einen Vertrag von bestimmter Dauer (6 Jahre hinsichtlich der Büro- und Schulungsflächen und 1,5 Jahre hinsichtlich der restlichen Flächen) und zusätzlich von unbestimmter Dauer angenommen. Weiters, dass bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage zusätzlich zum entsprechend vervielfachten Jahreswert der wiederkehrenden Leistungen die Kosten für die Rückgabe des Mietgegenstandes zu berücksichtigen seien. Im Ergebnis sei die mit Euro 40.768,56 selbst berechnete Mietvertragsgebühr auf Euro 86.641,10 erhöht worden.

In einem zweiten Punkt wendet die Bf. sachliche Unbilligkeit der Gebührennachforderung ein. Gemäß § 3 Z 2 lit. b) der Nachsichts-VO liege eine sachliche Unbilligkeit bei der Einhebung von Abgaben insbesondere vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen stehe, die vom Bundesministerium für Finanzen im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung oder im Internet als Amtliche Veröffentlichung in der Findok veröffentlicht worden seien (wie zB die GebR 2007), wenn im Vertrauen auf die betreffende Äußerung bzw. Veröffentlichung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt worden seien. Diese Voraussetzungen seien in gegenständlichem Fall erfüllt, da die Geltendmachung des Abgabenanspruches in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen stünde, die vom Bundesministerium für Finanzen im Internet als Amtliche Veröffentlichung in der Findok veröffentlicht worden sei.

Die GebR 2007, die am im Internet veröffentlicht worden seien, enthielten in Rz 705 folgende Aussage:

"Im Falle einer uneingeschränkten Kündigungsmöglichkeit liegt grundsätzlich ein Vertrag auf unbestimmte Dauer vor. Ebenso liegt bei Vereinbarung aller denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG ein Vertrag von unbestimmter Dauer vor ()."Das Finanzamt vertrete in der Begründung des oben angeführten Gebührenbescheides allerdings die Ansicht, dass trotz Vereinbarung der Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG ein Vertrag auf bestimmte Dauer vorliege. Im Ergebnis stehe die Geltendmachung der Gebührennachforderung im Widerspruch zu der nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegung betreffend die gebührenrechtliche Vertragsdauer bei Vereinbarung der Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG, die in den GebR 2007 in der Rz 705 festgehalten worden sei.

Im Vertrauen auf die Veröffentlichung seien bedeutsame Maßnahmen für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhalts gesetzt worden. Die ***5*** als Immobilienmakler habe gemäß § 33 TP 5 Abs. 4 Z 4 GebG die Rechtsgeschäftsgebühr für den gegenständlichen Mietvertrag selbst berechnet und im Vertrauen auf die Aussagen in den veröffentlichten GebR 2007 Rz 705 eine unbestimmte Vertragsdauer angenommen. Hätten die Steuerpflichtigen von der abweichenden Auslegung gewusst, wären uU andere für die Gebührenbemessung relevante Vereinbarungen getroffen worden.

Festzuhalten sei auch, dass der gegenständliche Mietvertrag im April 2016 abgeschlossen worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei die oben angeführte Aussage zur unbestimmten Vertragsdauer nach wie vor in den GebR 2007 Rz 705 enthalten gewesen.

Im Ergebnis seien daher die Voraussetzungen für das Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit iSd § 236 BAO iVm § 3 Z 2 lit b) Nachsichts-VO erfüllt. Die Festsetzung der (höheren) Gebühr durch das Finanzamt führe zu einer vom Steuerpflichtigen nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartenden Abgabenschuld, die unproportional zum Sachverhalt sei und hinsichtlich der Rechtsanwendung den Aussagen in den GebR 2007 Rz 705 widerspreche.

In Punkt Drittens stellt die Bf. den Antrag, unter Berücksichtigung der bei der Selbstberechnung der Gebühr für den gegenständlichen Mietvertrag nicht in die Bemessungsgrundlage aufgenommenen Kosten für die Rückgabe des Mietgegenstandes die festgesetzte Mietvertragsgebühr iHv EUR 43.898,72 (vgl. auch nachstehende Tabelle) gem. § 236 BAO nachzusehen.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag abgewiesen, wobei das Finanzamt sich einerseits darauf stützte, dass § 236 BAO nicht auf die Festsetzung, sondern auf die Einhebung einer Abgabe abstelle und ein Nachsichtsansuchen daher nicht mit Erfolg auf die Behauptung der Unbilligkeit im Sinn von inhaltlicher Unrichtigkeit eines Abgabenbescheides gestützt werden könne und andererseits für die Bewilligung einer Nachsicht das Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen bei allen Mitschuldnern gefordert werde. Die Unbilligkeit müsse somit von allen Gesamtschuldnern zumindest behauptet werden, sei aber in gegenständlicher Angelegenheit nicht einmal behauptet worden, wodurch die Abgabenbehörde das Vorliegen der gesetzlichen Merkmale nicht habe prüfen können.

Am wurde gegen den Bescheid vom fristgerecht Beschwerde erhoben, da die Beschwerdefrist wiederholt, zuletzt bis verlängert worden war. Mit Beschwerdevorentscheidung vom erfolgte die Abweisung der Beschwerde.

Im Vorlageantrag wird grundsätzlich auf die Bescheidbeschwerde verwiesen.

Ergänzend geht die Bf. auf Treu und Glauben ein, wonach man unter diesem Grundsatz verstehe, dass jeder, der am Rechtsleben teilnehme, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen habe und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen dürfe, was er früher vertreten habe und worauf andere vertraut hätten (vgl. mwN Ritz, BAO6 § 114 Rz 6). Es handle sich beim Grundsatz von Treu und Glauben um ein allgemein anerkanntes Prinzip der Rechtsordnung, das nach der Rechtsprechung des VwGH auch im Abgabenrecht zu beachten sei (; , 95/15/0208; Blazina, SWK-Spezial2 2011, 245; Ritz, BAO6 § 114 Rz 6). Der VwGH habe in der Vergangenheit idR kein Vertrauen in die Richtigkeit von Erlässen des BMF geschützt, sondern nur von Auskünften im Einzelfall (vgl Ritz, BAO6 § 114 Rz 10 mit Verweis auf ; , 95/14/0035; , 94/13/0045; , 99/15/0119; , 2007/15/0253). In der soeben zitierten Literaturstelle werde aber klargestellt, dass diese VwGH-Judikatur die Rechtslage vor dem Ergehen der VO BGBl II 2005/435 (Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO; "Nachsicht-VO") betreffe. Dem Grundsatz von Treu und Glauben komme daher im vorliegenden Fall bei der Beurteilung über das Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit iSd § 3 Z 2 lit b der Nachsicht-VO zweifellos Bedeutung zu (vgl. auch Ritz, BAO6 § 114 Rz 12).

Mit Vorhalt vom hat die Berichterstatterin der Beschwerdeführerin zH der steuerlichen Vertretung im Hinblick auf die beantragte mündliche Verhandlung vor dem Senat mitgeteilt, welche Beweismittel dem Bundesfinanzgericht bisher vorliegen und wie sich auf Grund dieser Beweismittel die Sach- und Rechtslage für die Berichterstatterin darstellt.

Mit Schriftsatz vom teilte die steuerliche Vertretung mit, Namens und Auftrags ihrer Mandantschaft den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückzuziehen. Zum Vorhalt werde keine schriftliche Stellungnahme abgegeben.

II. Beweiserhebung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die auf elektronischem Wege vorgelegten Aktenteile des Finanzamtes sowie das Vorhalteverfahren.

III. Rechtslage und Erwägungen

Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Nach § 236 Abs. 2 können auch bereits entrichtete Abgaben nachgesehen werden.

Nach dieser Gesetzesbestimmung hat die Abgabenbehörde im Fall eines Ansuchens um Nachsicht zuerst zu prüfen, ob ein Sachverhalt vorliegt, der dem unbestimmten Gesetzesbegriff der "Unbilligkeit der Einhebung nach Lage des Falles" entspricht. Verneint sie diese Frage, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum mehr und der Antrag ist schon aus rechtlichen Gründen abzuweisen (vgl. VwGH30.3.2000, 99/16/0099).

Der Verwaltungsgerichtshof fordert in ständiger Rechtsprechung für den Tatbestand der "Unbilligkeit der Einhebung nach der Lage des Falles" das Vorliegen eines in den subjektiven Verhältnissen des/der Steuerpflichtigen (so genannte persönliche Unbilligkeit) oder im Steuergegenstande gelegenen Sachverhaltselementes (so genannte sachliche Unbilligkeit), aus dem sich ein wirtschaftliches Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und den im subjektiven Bereich entstehenden Nachteilen ergibt.

Daher kann eine steuerliche Auswirkung, die ausschließlich die Folge eines als generelle Norm mit umfassendem personellem Geltungsbereich erlassenen Gesetzes ist, nicht durch Nachsicht behoben werden (vgl. ua. ). Auswirkungen der allgemeinen Rechtslage, die alle vom allgemeinen Anwendungsbereich erfassten Abgabepflichtigen und damit alle konkret Betroffenen in gleicher Weise berühren, können nicht Unbilligkeiten der Einhebung des Einzelfalles sein und damit nicht im Einzelfall zu Nachsichten führen (vgl. VwGH3.10.1990, 90/13/0066).

Die Bf. stützt sich hinsichtlich der sachlichen Unbilligkeit auf die Verletzung von Treu und Glauben auf Grund unrichtiger Auslegung der Gebührenrichtlinien durch die Behörde. Die Antragstellerin habe auf die Gebührenrichtlinien vertraut und deshalb die Rechtsgeschäftsgebühr auf Basis des dreifachen Jahreswertes berechnet, sehen doch die Gebührenrichtlinien in Rz 705 dazu vor:

"Im Falle einer uneingeschränkten Kündigungsmöglichkeit liegt grundsätzlich ein Vertrag auf unbestimmte Dauer vor. Ebenso liegt bei Vereinbarung aller denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG ein Vertrag von unbestimmter Dauer vor ( 90/15/0034)."

Die ***5*** habe als Immobilienmakler gemäß § 33 TP 5 Abs. 4 Z 4 GebG die Rechtsgeschäftsgebühr für den gegenständlichen Mietvertrag selbst berechnet und im Vertrauen auf die Aussagen in den veröffentlichten GebR 2007 Rz 705 eine unbestimmte Vertragsdauer angenommen. Hätten die Steuerpflichtigen von der abweichenden Auslegung gewusst, wären uU andere für die Gebührenbemessung relevante Vereinbarungen getroffen worden.

Dazu ist folgendes zu sagen:

Abgesehen davon, dass keine Änderung in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung eingetreten ist (die Gebührenrichtlinien beziehen sich insbesondere auf und ), gilt im Fall einer geänderten, verschärfenden, strengeren, anspruchserhöhend wirkenden Rechtsprechung sodann die Einhebung der Abgabe nicht jedenfalls als unbillig, wie auch im Fall einer neuen anspruchsmindernden Judikatur nicht allein wegen der Änderung der Rechtsprechung als unbillig zu gelten vermag. Dies, weil solche Änderungen Auswirkungen der allgemeinen Rechtslage sind und nicht Unbilligkeit des Einzelfalles. Dasselbe gilt bei einer Änderung der Verwaltungspraxis, sei es auf Grund einer geänderten Anschauung einzelner Behörden oder der Abgabenverwaltung insgesamt, sei es auf Grund entsprechender Weisungen oder Erlässe. Die - gleichgültig aus welcher Veranlassung - geänderte Verwaltungspraxis betrifft ab dem Zeitpunkt der Änderung alle in Betracht kommenden Abgabepflichtigen, bei denen das neue Gesetzesverständnis zum Tragen kommt, in gleicher Weise und stellt sich solcherart lediglich als Auswirkung der allgemeinen (wenn auch in einem geänderten Licht gesehenen) Rechtslage dar ().

Nach § 3 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005 liegt eine sachliche Unbilligkeit bei der Einhebung von Abgaben insbesondere vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches

1. von Rechtsauslegungen des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn im Vertrauen auf die betreffende Rechtsprechung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden;

2. in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen steht, die
a) dem Abgabepflichtigen gegenüber von der für ihn zuständigen Abgabenbehörde geäußert oder
b) vom Bundesministerium für Finanzen im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung oder im Internet als Amtliche Veröffentlichung in der Findok veröffentlicht wurden, wenn im Vertrauen auf die betreffende Äußerung bzw. Veröffentlichung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden.

Das bedeutet, dass eine Änderung der Rechtsprechung zu Lasten der Abgabepflichtigen bzw. ein Abweichen von einer Richtlinie des BMF nur dann eine sachliche Unbilligkeit begründen kann, wenn die Abgabenpflichtige auf die Rechtsprechung bzw. die Richtlinie vertraut hat und im Vertrauen darauf Maßnahmen gesetzt hat.

Die Gebührenrichtlinie hat zur Frage der Dauer neben der von der Bf. zitierten Rz 705 noch weitere Aussagen, die sich aus der Judikatur des VwGH ergeben, enthalten. Auch die neuere Rechtsprechung des BFG und des VwGH beziehen sich insbesondere auf die bereits genannten Entscheidungen und . Der VwGH hat in den jüngst ergangenen Zurückweisungsbeschlüssen stets betont, dass das BFG, indem es nicht allein die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG heranzog, sondern sein Erkenntnis auf eine Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der vereinbarten Kündigungsgründe stützte, nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abwich (vgl. ; bis 0112, und ).

Eine Abgabennachsicht gemäß § 236 BAO setzt die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung voraus. Diese kann grundsätzlich nicht damit begründet werden, dass die Abgabenfestsetzung zu Unrecht erfolgt ist. Vielmehr muss die behauptete Unbilligkeit in Umständen liegen, die die Entrichtung der Abgabe selbst betreffen. Im Nachsichtsverfahren können daher nicht Einwände nachgeholt werden, die im Festsetzungsverfahren geltend zu machen gewesen wären (vgl. ). Eine Nachsicht dient nämlich nicht dazu, Unrichtigkeiten der Abgabenfestsetzung zu beseitigen und unterlassene Rechtsbehelfe nachzuholen oder "Versäumnisse" im Abgabenfestsetzungsverfahren zu sanieren (vgl. ; ). Die Nachsicht ist nicht geeignet, im Festsetzungsverfahren unterlassene Einwendungen (vor allem Bescheidbeschwerden) nachzuholen (; , 97/14/0013; , 2004/16/0151; , 2002/14/0138), (Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 236, II. Fälligkeit bzw. Entrichtung der Abgabe, Rz 14).

Dennoch wird ergänzend ausgeführt, dass sich das Bundesfinanzgericht bereits umfassend mit Bestandverträgen beschäftigt hat, in denen Vertragsparteien zwar die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart haben, sich aus den übrigen Vertragsbestimmungen bzw. aus dem Gegenstand des konkreten Bestandvertrages ergibt, dass von den in § 30 Abs. 2 MRG genannten Kündigungsgründen nur einzelne Kündigungsgründe überhaupt in Betracht kommen können. Verträge, bei denen nur einzelne der in § 30 Abs. 2 MRG aufgezählten Kündigungsgründe verbleiben, wurden als Bestandverträge auf bestimmte Zeit beurteilt. Siehe dazu ua die folgenden Erkenntnisse:

; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; , .

Die gegen die Entscheidungen , , , , sowie eingebrachten außerordentlichen Revisionen wurden vom Verwaltungsgerichtshof ebenso zurückgewiesen (siehe , , , , und ) wie die gegen eingebracht ordentliche Revision (siehe ).

Auch der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen die Entscheidung eingebrachten Beschwerde abgelehnt (vgl. und E 1740/2017).

Wie das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung ausführt, war der Vertragswillen der Parteien bei Abschluss des Vertrages offensichtlich darauf ausgerichtet, sich auf eine bestimmte Dauer vertraglich zu binden. Es erschließe sich aus der Vertragsgestaltung ganz eindeutig, dass beide Vertragspartner an einer langfristigen Vermietung interessiert waren und dementsprechend diesbezügliche klare Regelungen von Rechten und Pflichten getroffen haben.

Eine sachliche Unbilligkeit liegt daher nicht vor.

Das Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit wurde weder behauptet noch bewiesen.

Nur dann, wenn man das Vorliegen der Unbilligkeit der Einhebung bejaht, hat in einer zweiten Stufe eine Ermessensentscheidung zu erfolgen.

Da nach dem oben Gesagten die behauptete sachliche Unbilligkeit nicht vorliegt, sind die Tatbestandvoraussetzungen des § 236 Abs. 1 BAO nicht gegeben, weshalb keine Ermessensentscheidung zu treffen ist.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

IV. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Rechtslage auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen eindeutig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 236 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102941.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at