Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.05.2023, RV/7101293/2020

Einbeziehung der Vertragserrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1*** und ***Bf2***, beide ***Bf-Adr*** beide vertreten durch Dr. ***RA***, ***RA-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr zuständig: Finanzamt Österreich) vom (Steuernummer ***Bf1StNr***) und vom (Steuernummer ***Bf2StNr***) betreffend Grunderwerbsteuer 2020, Erfassungsnummer ***BfErfNr***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom (Steuernummer ***Bf1StNr***) setzte die belangte Behörde gegenüber der Erstbeschwerdeführerin und mit weiterem Bescheid vom (Steuernummer ***Bf2StNr***) gegenüber dem Zweitbeschwerdeführer Grunderwerbsteuer aufgrund des Bauträgervertrages vom (im Bescheid ist als Vertragsdatum der angeführt; an diesem Tag wurde die einen Vertragsbestandteil bildende Bau- und Ausstattungsbeschreibung unterfertigt; die Unterfertigung des eigentlichen Bauträgervertrages erfolgte erst am ) i.H.v. je € 5.169,13 fest.

Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom samt Ergänzung vom , welche die Bescheide insoweit bekämpft, als die Kosten der Vertragserrichtung i.H.v. je € 2.500,00 in die Bemessungsgrundlage einbezogen wurden. Dies sei unzutreffend, da die Beschwerdeführer nicht Vertragserrichtungskosten des Bauträgers übernommen, sondern den Vertragserrichter direkt beauftragt haben. In der Beschwerde wurde beantragt, keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen. Am , sohin innerhalb der Dreimonatsfrist des § 262 Abs. 2 lit. b BAO legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Bauträgervertrag vom erwarben die Beschwerdeführer als Käufer von der ***BT*** GmbH als Bauträgerin das von der Bauträgerin auf dem Grundstück ***XXX***, KG ***YYY***, entsprechend einer als Vertragsbestandteil angeschlossenen Bau- und Ausstattungsbeschreibung zu errichtende Haus (Doppelhaushälfte) Top 1 sowie den Pkw-Abstellplatz 1 Top 3 um einen Gesamtpreis von € 290.378,63. In Pkt. 2.3. dieses Vertrages wird festgehalten, dass die verkaufende Partei, also die Bauträgerin, den Vertragserrichter RA Dr. ***RA*** zum Treuhänder gemäß § 12 Bauträgervertragsgesetz (BTVG) bestellt hat, und dass dieser seine im BTVG und diesem Vertrag definierten Pflichten im Rahmen der Abwicklung des Bauvorhabens erfüllen wird, aber weder für die Errichtung des Bauvorhabens noch für eine Mängelbehebung verantwortlich ist sowie dass es dem Treuhänder aus Standesgründen verboten ist, einen Vertragspartner gegen den anderen zu vertreten oder zu beraten. Der Kaufpreis sollte gemäß Pkt. 2.4., 3. und 4. des Vertrages auf ein Treuhandkonto eingezahlt und entsprechend dem Baufortschritt vom Treuhänder an den Bauträger weitergeleitet werden (Sicherung des Erwerbers durch Zahlung nach Ratenplan gemäß § 10 BTVG). In Pkt. 5.1. wird festgehalten, dass sich der Treuhänder zur Überprüfung des Baufortschrittes eines Zivilingenieurs für Hochbau gemäß § 13 Abs. 2 BTVG bedienen wird. In Pkt. 5.3. nehmen die Beschwerdeführer als Belehrung des Treuhänders gemäß § 12 BTVG zur Kenntnis, dass dieser Zivilingenieur seine Tätigkeit nur nach Maßgabe des BTVG ausübt und nach den gesetzlichen Bestimmungen die Baustelle nur zur Vornahme der optischen Prüfung des Baufortschrittes in Übereinstimmung mit den Kriterien des Ratenplanes gemäß § 10 BTVG betritt und nur durch Augenschein, ohne Vornahme von Materialprüfungen etc. beurteilt, ob die Bauleistungen des jeweiligen Bauabschnitts laut Ratenplandefinition bereits erbracht wurden und ob diese Bauleistungen mit gravierenden Mängeln, die schon allein durch optische Begutachtung erkennbar sind, behaftet sind. Gem. Pkt. 10.4. haben sich die Beschwerdeführer verpflichtet, die Kosten der Errichtung und Durchführung dieses Vertrages einschließlich der noch zusätzlich anfallenden Barauslagen des Treuhänders, die dieser im Interesse der Beschwerdeführer für diese auslegt, zu tragen. In Pkt. 11.1. Wird festgehalten, dass der Vertragserrichter/Treuhänder gegenüber Finanzierungsinstituten und sonstigen Berechtigten im Rahmen des Erwerbes des jeweiligen Bauträgerobjektes persönliche Verpflichtungen und Treuhandschaften im Interesse und im Auftrag des Bauträgers bzw. der kaufenden Partei oder auch anderer Erwerber von Bauträgerobjekten auf der Liegenschaft eingegangen ist und all diese Treuhandverpflichtungen und Aufträge jedenfalls auch die Begründung von Wohnungseigentum zum Inhalt haben und dass es für den Vertragserrichter/Treuhänder von entscheidender Bedeutung ist, rechtlich immer in der Lage zu sein, all diese Verpflichtungen erfüllen zu können. In Pkt. 11.2. Erteilen die Vertragsparteien dem Treuhänder schließlich unwiderruflich Auftrag und Vollmacht zur Verwahrung, Abwicklung und Durchführung dieses Vertrages und der erlegten Treuhandgelder. In Pkt. 9., Abschnitt "Nebenkosten" der dem Bauträgervertrag als Beilage 2 angeschlossenen Bau- und Ausstattungsbeschreibung vom ist festgehalten, dass die Beschwerdeführer bei Erwerb einer Doppelhaushälfte mit verschiedenen, näher bezeichneten Nebenkosten rechnen müssen, darunter auch die Kosten des Vertragserrichters i.H.v. € 5.000,00 inkl. USt.

Mit weiterem Vertrag vom selben Tag () erwarben die Beschwerdeführer insg. 452/896 Anteile an Grundstück ***XXX***, KG ***YYY***, von ***VK***. Auch im Zusammenhang mit diesem Vertrag wurde RA Dr. ***RA*** als Treuhänder und Vertragserrichter beauftragt, bei dem der Kaufpreis zu erlegen ist (Pkt. II) und der von den Vertragsparteien beauftragt wurde, den Vertrag grundbücherlich durchzuführen und alle hierfür notwendigen Vorkehrungen zu treffen, behördliche Genehmigungen einzuholen, Pfandrechte, Servituten und Reallasten einzuverleiben und zu löschen sowie Nachträge aller Art für die Vertragsparteien zu fertigen (Pkt. X.).

Die übrigen 444/896 Anteile am Grundstück ***XXX***, KG ***YYY***, erwarben mit Vertrag vom selben Tag () ***K1*** und ***K2***. Dieser Vertrag entspricht - abgesehen von den Vertragsparteien und dem Vertragsobjekt - inhaltlich jenem Vertrag, den die Beschwerdeführer mit ***VK*** abgeschlossen haben. Auch im Zusammenhang mit diesem Vertrag wurde daher RA Dr. ***RA*** als Treuhänder und Vertragserrichter beauftragt.

Mit einer weiteren Vereinbarung vom zwischen den Beschwerdeführern und ***K1*** und ***K2*** wurde schließlich Wohnungseigentum begründet und in weiterer Folge zu TZ 6891/2019 des BG Tulln ob der für das Grundstück ***XXX*** neu eröffneten Einlage EZ ***ZZZ***, KG ***YYY*** grundbücherlich einverleibt. Auch mit der grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages sowie der Vornahme der hierfür erforderlichen Handlungen wurde RA Dr. ***RA*** beauftragt (Pkt. VII.), der bei der Einbringung des diesbezüglichen Grundbuchsgesuches in Vertretung der Beschwerdeführer und der Vertragsparteien ***VK*** sowie ***K1*** und ***K2*** einschritt.

RA Dr. ***RA*** wurde von der ***BT*** GmbH als Bauträgerin beauftragt, die gegenständlichen Verträge, also die Bauträgerverträge, die Liegenschaftskaufverträge und den Wohnungseigentumsvertrag zu errichten. Für die Beschwerdeführer bestand keine Möglichkeit, einen anderen Rechtsanwalt oder Notar mit der Vertragserrichtung zu beauftragen.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zu den geschlossenen Verträgen gründen solch auf die Einsichtnahme in die diesbezüglichen Vertragsurkunden. Der Bauträgervertrag zwischen den Beschwerdeführern und der ***BT*** GmbH vom wurde hierbei von der belangten Behörde vorgelegt, die übrigen Verträge wurden vom Gericht in der Urkundensammlung des Grundbuches abgefragt. Auf die Abfrage des offenen Grundbuches gründen sich auf die Feststellungen zur Einverleibung des (Wohnungs-) Eigentums sowie zum Einschreiten des RA Dr. ***RA*** als Antragstellervertreter im Grundbuchsverfahren. All dies ist im Übrigen zwischen den Parteien unstrittig. Strittig ist, ob RA Dr. ***RA*** von den Beschwerdeführern mit der Vertragserrichtung beauftragt wurde, oder ob die ***BT*** GmbH Dr. ***RA*** beauftragt hat und die Beschwerdeführer sich zur Übernahme der damit verbundenen Kosten verpflichtet haben.

Hierzu ist festzuhalten, dass RA Dr. ***RA*** als Beschwerdeführervertreter in der Beschwerde vom selbst vorbringt, dass er zum Projektstart vom Bauträger, also von der ***BT*** GmbH beauftragt wurde, eine Vorlage für einen Kauf- und Bauträgervertrag zu errichten und dass er diesen Auftrag erfüllt hat. Das solcherart erstellte Vertragsmuster für einen Bauträgervertrag diente sodann als Vorlage für den gegenständlichen Vertrag vom zwischen den Beschwerdeführern und der ***BT*** GmbH. Dies entspricht der üblichen Vorgangsweise bei der Errichtung von Wohnhausanlagen und dem nachfolgenden Abverkauf der Wohnungen (auch wenn die Anlage - wie hier - nur zwei Wohnungen umfasst). Nach den Erfahrungen im Wirtschaftsleben stellt sich der Geschehensablauf bei derartigen Projekten (nahezu) ausschließlich so dar, dass der Projektentwickler bzw. Veräußerer einen Rechtsanwalt oder Notar mit der Erstellung eines Mustervertrages beauftragt, welcher sodann den einzelnen Kaufinteressenten zur Begutachtung und Unterfertigung vorgelegt wird. Das Vertragsmuster wird gegebenenfalls hinsichtlich des Kaufobjektes, des Kaufpreises und der Person des Käufers an den konkreten Verkaufsfall angepasst. Darüber hinaus wird der Projektentwickler/Veräußerer i.d.R. nur geringfügige bzw. unwesentliche Abänderungen des Mustervertrages akzeptieren. Um das Projekt reibungslos abwickeln zu können ist es nämlich erforderlich, dass die einzelnen Verträge im Wesentlichen den gleichen Inhalt aufweisen. Auch der gegenständliche Bauträgervertrag vom enthält Bestimmungen, die nur dann effektiv sein können, wenn sie auch in den Verträgen mit den anderen Wohnungserwerbern enthalten sind (z.B. Pkt. 10.2.: Überbindungpflicht auf Rechtsnachfolger; Pkt. 10.3.: Verzicht auf Teilungsklage; Pkt. 11.1.: Begründung von Wohnungseigentum durch Errichtung und Verbücherung eines entsprechenden Wohnungseigentumsvertrages). Es ist daher auszuschließen, dass jeder Käufer für sich individuell einen Vertragsverfasser auswählt und mit der Vertragserrichtung für sich beauftragt, da dann der Zeit- und Kostenaufwand für die Verhandlungen zur Erreichung annähernd inhaltsgleicher Verträge unverhältnismäßig wäre bzw. die Erzielung einer annähernd inhaltsgleichen Einigung mit allen Kaufinteressenten überhaupt fraglich erscheint (vgl. ; , RV/2100393/2020, bestätigt durch [miterledigt mit Ra 2020/16/0110]; , bestätigt durch ; ). Die Kaufinteressenten haben daher i.d.R. nur die Möglichkeit, die Person des Vertragserrichters und das von diesem erstellte Vertragsmuster - allenfalls mit geringfügigen/unwesentlichen Änderungen - zu akzeptieren oder aber vom Kauf Abstand zu nehmen. Da sich die Funktionen und Aufgaben des Vertragserrichters und jene des (gem. § 12 BTVG zwingend vom Bauträger zu bestellenden) Treuhänders überschneiden, ist es zweckmäßig und in der Praxis üblich, dass der Treuhänder vom Bauträger gleichzeitig auch mit der Errichtung und Durchführung der Verträge beauftragt wird (vgl. Gartner, Bauträgervertragsgesetz, Rz. 4f zu § 12).

Auch im vorliegenden Fall sprechen die Umstände dafür, dass das Projekt auf die soeben dargestellte, übliche und für eine rasche und möglichst kostengünstige Abwicklung wohl unumgängliche Weise abgelaufen ist. RA Dr. ***RA*** wurde von der ***BT*** GmbH zum Treuhänder gemäß § 12 BTVG bestellt und mit der Errichtung eines Mustervertrages beauftragt. Er hat nicht nur den gegenständlichen Bauträgervertrag errichtet, sondern auch den Kaufvertrag über das Baugrundstück (auch jenen mit den Käufern ***K***) und den Wohnungseigentumsvertrag und ist im Zuge der grundbücherlichen Durchführung der Grundstückskaufverträge und des Wohnungseigentumsvertrages als Vertreter der Vertragsparteien eingeschritten. Auch dass sich die Beschwerdeführer gegenüber der ***BT*** GmbH verpflichtet haben, die Kosten der Errichtung und Durchführung des Bauträgervertrages i.H.v. € 5.000,00 zu tragen (Pkt. 10.4. Des Bauträgervertrages i.V.m. Pkt. 9 der Bau- und Ausstattungsbeschreibung), ergibt rechtlich und wirtschaftlich nur dann Sinn, wenn diese Kosten sonst von der Bauträgerin zu übernehmen gewesen wären. Hätten (ausschließlich) die Beschwerdeführer den Vertragsverfasser beauftragt, wären auch nur sie zur Bezahlung des damit verbundenen Honorars verpflichtet gewesen. Einer Vereinbarung, womit sich die Beschwerdeführer gegenüber der Bauträgerin zur Übernahme dieser Kosten verpflichten, hätte es diesfalls nicht bedurft und hätte der Bauträgerin die Höhe dieser - ausschließlich der Vereinbarung zwischen den Beschwerdeführern und Dr. ***RA*** vorbehaltenen - Kosten auch gar nicht bekannt sein können. Hinzu kommt, dass es sich bei den Kosten des Vertragserrichters i.H.v. € 5.000,00 - wie Dr. ***RA*** in seiner Stellungnahme vom an die belangte Behörde mitteilt - um einen Pauschalbetrag für die für die Errichtung und Durchführung des Bauträgervertrages handelt. Da der Bauträgervertrag nicht zu verbüchern ist, besteht die Durchführung des Vertrages in der Abwicklung der Treuhandschaft, also der Entgegennahme des Kaufpreises auf dem Treuhandkonto, der Überprüfung des Baufortschrittes und der Weiterleitung des Kaufpreises an die Bauträgerin entsprechend dem Baufortschritt. Den Auftrag für diese Tätigkeiten hat jedenfalls die Bauträgerin erteilt, indem sie Dr. ***RA*** zum Treuhänder bestellt hat (vgl. Pkt. 2.3. Des Bauträgervertrages sowie § 12 Abs. 1 BTVG). Angesichts dessen, dass bei dem Pauschalbetrag von € 5.000,00 nicht zwischen den Kosten der Errichtung und den Kosten der Durchführung des Vertrages unterschieden wird, erscheint es schwer vorstellbar, dass der Auftrag für diese beiden Tätigkeiten von unterschiedlichen Personen stammen soll, nämlich der Auftrag zur Errichtung von den Beschwerdeführern und jener zur Durchführung von der Bauträgerin.

Es ist daher nach dem Gesamtbild davon auszugehen, dass RA Dr. ***RA*** von der ***BT*** GmbH gleichzeitig mit der Bestellung zum Treuhänder auch beauftragt wurde, sämtliche Verträge i.Z.m. dem gegenständlichen Wohnbauprojekt, daher auch den gegenständlichen Bauträgervertrag vom zu errichten und treuhändig abzuwickeln. Auch dass Dr. ***RA*** - wie in der Beschwerde ausgeführt wird - für die Errichtung des Mustervertrages kein Honorar von der ***BT*** GmbH erhalten hat, sondern dieses von den Käufern der Wohnungen bezahlt werden sollte und letztlich auch bezahlt wurde, steht dem nicht entgegen. Wäre - aus welchen Gründen auch immer - ein Verkauf der Wohnungen nicht erfolgt, hätte die ***BT*** GmbH diese Kosten letztlich doch übernehmen müssen, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass Dr. ***RA*** in diesem Fall auf sein Honorar verzichtet hätte.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Zwischen den Parteien ist zutreffenderweise unstrittig, dass (auch) der gegenständliche Bauträgervertrag der - für sich betrachtet - nicht ein Grundstück, sondern lediglich ein Gebäude zum Gegenstand hat, der Grunderwerbsteuer unterliegt. Für die abgabenrechtliche Beurteilung eines Erwerbsvorganges ist nämlich der Zustand eines Grundstückes maßgebend, in dem dieses erworben werden soll. Gegenstand eines der Grunderwerbsteuer unterliegenden Erwerbsvorganges ist daher ein Grundstück im bebauten Zustand auch dann, wenn über den Erwerb des unbebauten Grundstücks einerseits und des darauf zu errichtenden Gebäudes andererseits zwar getrennte Verträge errichtet werden, zwischen diesen aber ein so enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass der Erwerber bei objektiver Betrachtungsweise als Leistungsgegenstand das bebaute Grundstück erhält, und zwar auch dann wenn - wie hier - das Grundstück und das Gebäude von unterschiedlichen Personen erworben werden (; , 2001/16/0437; vgl. auch Fellner, GrEStG. Rz. 118 zu § 1, mwN). Im vorliegenden Fall haben die Beschwerdeführer den Kaufvertrag über die Anteile am Grundstück ***XXX***, KG ***YYY***, gleichzeitig mit dem Bauträgervertrag, mit dem sie das entsprechend der Bau- und Ausstattungsbeschreibung auf diesem Grundstück zu errichtende Gebäude zu einem Fixpreis kaufen, abgeschlossen. Es besteht daher kein Zweifel daran, dass die Absicht der Beschwerdeführer auf den Erwerb eines bebauten Grundstückes gerichtet war, sodass zwischen diesen beiden Verträgen der soeben beschriebene enge sachlicher Zusammenhang besteht und demnach auch der Kaufpreis für das Gebäude Grunderwerbsteuer unterliegt.

Gem. § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Grunderwerbsteuer (abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Sonderfällen) vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Handelt es sich beim Erwerbsvorgang - wie hier - um einen Kauf, besteht diese Gegenleistung im Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen (§ 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987). Die Kosten der Vertragserrichtung stellen dann und insoweit eine "sonstige Leistung" i.S.d. § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 dar, wenn die Vertragserrichtung vom Verkäufer beauftragt wurde und der Käufer sich verpflichtet, diese für den Veräußerer entstandenen Kosten zu übernehmen, unabhängig davon ob der Käufer die Leistung an den Veräußerer oder an einen Dritten (etwa direkt an den Vertragserrichter) erbringt (; , 2001/16/0353). Dann nämlich ist zunächst der Veräußerer aufgrund des mit dem Vertragserrichter geschlossenen Bevollmächtigungsvertrages i.S.d. § 1014 ABGB verpflichtet, das Honorar zu entrichten. Übernimmt nun der Käufer diese Kosten, um das Kaufobjekt zu erhalten, erbringt er eine "sonstige Leistung" i.S.d. § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987. Erteilt dagegen ausschließlich der Käufer den Auftrag zur Errichtung und Durchführung des Vertrages, sind die damit verbundenen Kosten seine eigenen Aufwendungen und können nicht Gegenleistung sein, da sie sich im Vermögen des Verkäufers nicht werterhöhend auswirken (Arnold/Bodis, GrEStG, Rz. 127 zu § 5, mwN).

Im vorliegenden Fall hat die ***BT*** GmbH als Bauträgerin RA Dr. ***RA*** zum Treuhänder bestellt und mit der Errichtung und Durchführung der zur Abwicklung des Wohnbauprojektes erforderlichen Verträge beauftragt. Demnach war die ***BT*** GmbH ungeachtet dessen, dass sie hierfür keine Zahlungen an Dr. ***RA*** geleistet hat, verpflichtet, für dessen Honorar aufzukommen. Indem sich die Beschwerdeführer verpflichtet haben, diese Kosten i.H.v. pauschal € 5.000,00 zu übernehmen, haben sie die Bauträgerin insoweit von dieser Verbindlichkeit befreit und damit eine "sonstige Leistung" i.S.d. § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 erbracht.

Der Begriff der Gegenleistung (einschließlich der "sonstigen Leistung") ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 21 BAO) nicht nach der äußeren Form der getroffenen Vereinbarung, sondern nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt des zugrundeliegenden Erwerbsvorgangs zu beurteilen (). Es könnte daher für den vorliegenden Fall nichts ändern, wenn eine Vereinbarung existieren würde, in welcher die Beschwerdeführer Dr. ***RA*** ausdrücklich mit der Errichtung des Bauträgervertrages beauftragen (derartiges wird in den allgemein gehaltenen Beschwerdeausführungen nicht explizit behauptet und wurde eine solche Vereinbarung auch nicht vorgelegt). Ungeachtet dessen, dass die Beschwerdeführer aufgrund einer solchen Vereinbarung (auch) gegenüber Dr. ***RA*** zivilrechtlich verpflichtet wären, dessen Honorar für die Vertragserrichtung zu bezahlen, stünde diese Zahlung dennoch insofern in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen bzw. inneren Zusammenhang mit dem Erwerb, als die Beschwerdeführer sie aufwenden müssen, um den Kaufgegenstand erwerben zu können. Aufgrund dessen, dass Dr. ***RA*** von der Bauträgerin bereits vorab als Treuhänder und Errichter sämtlicher Verträge ausgewählt wurde bestand für die Beschwerdeführer nur die Möglichkeit, die Person des Vertragserrichters zu akzeptieren und die von diesem verfassten Verträge (einschließlich einer allfälligen Vereinbarung, womit sie ihn mit der Vertragserrichtung beauftragen) zu unterfertigen oder auf den Kauf zu verzichten. Die von den Beschwerdeführern übernommenen Vertragserrichtungskosten wären daher in wirtschaftslicher Betrachtungsweise selbst dann Teil der Gegenleistung, wenn sie Dr. ***RA*** ausdrücklich mit der Errichtung des Bauträgervertrages beauftragt hätten.

Aus diesem Grunde sind auch die Kosten der Durchführung des Bauträgervertrages nicht anders zu beurteilen. Hier liegt zwar ein ausdrücklicher Auftrag der Beschwerdeführer vor (Pkt. 11.2. des Bauträgervertrages), doch stehen die von den Beschwerdeführern übernommenen Kosten i.H.v. € 5.000,00, auch soweit sie für die Vertragsdurchführung geleistet werden, in dem soeben beschriebenen engen Zusammenhang mit dem Erwerb, sodass sie als Teil der Gegenleistung zu betrachten sind. Zudem handelt es sich bei dieser Durchführung - wie bereits ausgeführt - um die Abwicklung der Treuhandschaft, womit - auch nach dem ausdrücklichen Inhalt des Bauträgervertrages (Pkt. 2.3.) - Dr. ***RA*** bereits vor Abschluss des Bauträgervertrages von der ***BT*** GmbH beauftragt wurde, sodass es sich bei der zusätzlichen Beauftragung auch durch die Beschwerdeführer i.V.m. der Verpflichtung, die dadurch entstehenden Kosten zu tragen (Pkt. 10.4.), im Ergebnis um nichts anderes handelt, als die Übernahme von Kosten, die zunächst ausschließlich und zur Gänze die Bauträgerin zu tragen gehabt hätte, durch die Beschwerdeführer.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Dass die Kosten der Vertragserrichtung zur Gegenleistung i.S.d. § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 zählen, wenn der Vertragserrichter vom Verkäufer beauftragt wurde und der Käufer sich verpflichtet, diese Kosten zu übernehmen, ist durch die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes klargestellt. Ob eine derartige Konstellation vorliegt, ist eine Sachverhaltsfrage. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung war daher im vorliegenden Fall nicht zu beantworten.

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101293.2020

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