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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.05.2023, RV/7100908/2020

Abweisung des 7. Fristverlängerungsansuchens nach beinahe zwei Jahren Hemmung der Beschwerdefrist

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Verlängerung der Beschwerdefrist hinsichtlich der Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2013 bis 2015, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Strittig ist im vorliegenden Fall die Frage, ob die Ablehnung der weiteren Verlängerung der Beschwerdefrist zu Recht erfolgte.

Dieser Frage ging folgendes Verwaltungsgeschehen voran:

Der Beschwerdeführer (Bf) stellte innerhalb offener Frist einen Antrag, die Beschwerdefrist betreffend die Bescheide hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2013 bis 2015 um zwei Monate bis zum zu verlängern. Kurz vor Ablauf der stillschweigend verlängerten Frist beantragte er neuerlich die Verlängerung der Beschwerdefrist, und zwar um weitere 4 Monate. Am letzten Tag der wiederum stillschweigend verlängerten Frist beantragte der Bf zum dritten Mal eine Verlängerung der Beschwerdefrist um weitere 4 Monate. Mit einem rechtzeitigen vierten Fristverlängerungsansuchen beantragte er eine weitere Verlängerung um 4 Monate. Diesem Fristverlängerungsansuchen folgte noch ein fünftes und ein sechstes rechtzeitiges Fristverlängerungsansuchen, jeweils um 4 Monate, womit die Frist weiter stillschweigend bis zum verlängert wurde.

Mit Antrag vom wurde eine neuerliche Fristverlängerung beantragt, welche erstmals mit Bescheid abgewiesen wurde. Begründend führte das Finanzamt aus, dass das Fristverlängerungsansuchen abgewiesen worden sei, da auf Grund der vorangegangenen Fristverlängerungen ausreichend Zeit für die Einbringung einer Beschwerde zur Verfügung gestanden habe. Dieser Bescheid wurde rechtswirksam am zugestellt.

Der Bf erhob innerhalb offener Frist Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid. Er brachte darin vor, dass er lückenlos Fristverlängerungsanträge gestellt habe und beantragte neuerlich eine Verlängerung der Frist bis zum . Er hoffe, dass er bis dahin gesundheitlich in der Lage sein werde, eine Beschwerde einzubringen. Der Beschwerde beigeheftet waren die vorangegangenen Fristverlängerungsansuchen in Kopie.

Das Finanzamt entschied über die Beschwerde mit abweisender Beschwerdevorentscheidung. In der Begründung führte das Finanzamt aus:

Gegen nur verfahrensleitende Verfügungen - zu denen auch die Abweisung eines Fristverlängerungsansuchens gehöre - sei gemäß § 244 BAO (Bundesabgabenordnung) ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig. Diese könnten erst in einer Beschwerde gegen den die Angelegenheit abschließenden Bescheid angefochten werden. Darunter sei ein den Verfügungen nachfolgender Bescheid zu verstehen. Sei wie hier ein solcher Bescheid nicht mehr zu erwarten, so bedeute dies die abgesonderte Anfechtbarkeit der das Verfahren betreffenden Verfügungen (mit Verweis und , Rn 43).

Im vorliegenden Fall seien zunächst sechs Fristverlängerungsanträge eingebracht worden. Auch wenn nicht bescheidmäßig über diese Fristverlängerungsansuche abgesprochen worden sei, sei die Beschwerdefrist durch Hemmung gemäß § 245 Abs 3 und 4 BAO gehemmt und somit im Ergebnis bis verlängert gewesen. Über den am eingebrachten weiteren Antrag habe das Finanzamt mit Bescheid abgesprochen und die beantragte Fristverlängerung verweigert. Gemäß § 245 Abs 3 BAO sei die Frist auf Antrag aus berücksichtigungswürdigen Gründen auch mehrmals verlängerbar. Ob ein berücksichtigungswürdiger Grund vorläge, sei im Einzelfall zu klären. Die Entscheidung liege nicht im Ermessen der Abgabenbehörde. Bei Abweisung eines Antrages müsse keine Nachfrist gesetzt werden.

Der Bf habe im Fristverlängerungsansuchen berücksichtigungswürdige Gründe nicht dargelegt, sodass das Ansuchen schon aus diesem Grund abzuweisen gewesen sei. Abgesehen davon sei dem Bf ab Zustellung der Einkommensteuerbescheide bis zur Zustellung des nunmehr bekämpften Ablehnungsbescheides eine Beschwerdefrist von nahezu zwei Jahren zur Verfügung gestanden. Eine weitere Verlängerung würde damit bloß einer Verfahrensverschleppung dienen. Auch deshalb sei eine weitere Verlängerung nicht in Betracht gekommen.

Abschließend wies das Finanzamt noch darauf hin, dass die Einbringung aussichtsloser Anträge ein mutwilliges in Anspruch nehmen der Behörde bedeute, was die Behörde dazu berechtige, eine Mutwillensstrafe bis zu 700 Euro zu verhängen.

Innerhalb offener Frist beantragte der Bf die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht. Der Vorlageantrag wurde nicht gesondert begründet.

Mit einem neuerlichen Ansuchen um Fristverlängerung vom beantragte der Bf neuerlich die Verlängerung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2013 bis 2015 bis zum . Da er noch immer von keinem Rechtsanwalt oder Steuerberater vertreten sei, benötige er diese Fristverlängerung. Das Finanzamt legte dieses Ansuchen vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bescheide betreffend Einkommensteuer 2013 bis 2015 ergingen am .

Der Bf hat am das erste Fristverlängerungsansuchen eingebracht. In der Folge wurden noch sechs weitere Fristverlängerungsansuchen stets innerhalb offener Frist eingebracht. Die letzte Fristverlängerung wurde bis zum stillschweigend gewährt.

Das am eingebrachte Fristverlängerungsansuchen wurde mit Bescheid abgewiesen.

Dieser Bescheid wurde durch Hinterlegung am zugestellt.

Am wurden gegen den Ablehnungsbescheid eine Beschwerde eingebracht.

2. Beweiswürdigung

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist insoweit nicht strittig. Dagegensprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind aus dem Akteninhalt auch nicht ersichtlich. Aus diesem Grunde durfte das Bundesfinanzgericht diesen Sachverhalt als erwiesen annehmen und seiner Entscheidung zugrunde legen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 245 Abs 3 BAO ist die Beschwerdefrist auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.

Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt mit dem Tag der Einbringung des Antrages und endet mit dem Tag, an dem ……… die Entscheidung über den Antrag dem Antragsteller zugestellt wird (§ 245 Abs 4 BAO).

Wird der Antrag auf Fristverlängerung erst am letzten Tag der (allenfalls verlängerten) Beschwerdefrist eingebracht, so steht dem Beschwerdeführer bei Abweisung vor dem von ihm beantragten Fristende nur mehr ein Tag zur Ausarbeitung der Beschwerde zur Verfügung, nämlich jener, der dem Tag der Zustellung des die Hemmungswirkung beseitigenden Bescheides folgt (Ritz, BAO, 6. Auflage, § 245, Rz 39).

Der Antrag auf Fristverlängerung kann rechtswirksam nur innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt werden. Ein verspäteter Antrag hat keine fristhemmende Wirkung, er ist zurückzuweisen.

Der Ablauf der Rechtsmittelfrist führt zur Rechtskraft des Bescheides.

Für den Beschwerdefall bedeutet das:

Der Bf hat am letzten Tag der letztmalig verlängerten Beschwerdefrist am den Antrag auf neuerliche Fristverlängerung eingebracht. Dieser Antrag wurde abgewiesen und die Fristverlängerung verweigert. Damit endete die Hemmung der Rechtsmittelfrist mit dem Tag der Zustellung des Ablehnungsbescheides. Die Zustellung des Ablehnungsbescheides erfolgte durch Hinterlegung am . Damit endete die Hemmung an dem folgenden Tag, nämlich am .

Bis zum wurde vom Bf keine Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer 2013 bis 2015 eingebracht.

Mit Ablauf des erwuchsen die Bescheide betreffend Einkommensteuer 2013 bis 2015 damit in Rechtskraft.

Die Beschwerde gegen den Ablehnungsbescheid wurde fristgerecht eingebracht. Einem Antrag auf Fristverlängerung ist aus berücksichtigungswürdigen Gründen stattzugeben. Berücksichtigungswürdige Gründe hat der Bf in keinem der Anträge bekannt gegeben. Als Gründe für die Verlängerung der Frist hat der Bf gesundheitliche Gründe genannt. Diese können unter bestimmten Umständen einen Grund für eine Fristverlängerung darstellen. Sie vermögen allerdings keine Fristverlängerung von mehr als zwei Jahren zu begründen.

Es ist für den Abgabepflichtigen nicht unbillig, wenn er innerhalb von mehr als zwei Monaten eine den Bestimmungen des § 250 Abs 1 BAO entsprechende Berufung zu verfassen hat.

Sollte die Krankheit länger andauern als zwei Jahre, so ist es dem Bf möglich und zumutbar, innerhalb der Frist von zwei Jahren eine Vertretung mit der Führung des Beschwerdeverfahrens zu betrauen. Nach zwei Jahren Hemmung der Beschwerdefrist stellen gesundheitliche Gründe keine berücksichtigungswürdigen Gründe für die Verlängerung der Beschwerdefrist mehr dar. Der Bescheid des Finanzamtes, mit dem die neuerliche Verlängerung der Frist abgelehnt wurde, steht somit in Übereinstimmung mit der Rechtslage.

Der Bf hat am ein neuerliches Fristverlängerungsansuchen eingebracht. Sollte dieser Antrag als ergänzende Begründung zum Vorlageantrag gewertet werden, so ist daraus für den Bf nichts zu gewinnen. Da das Bundesfinanzgericht die Ablehnung der Fristverlängerung wie im Bescheid bestätigt hat, ist die Rechtsmittelfrist am abgelaufen und nicht mehr verlängerbar.

Durch die gegenständliche Abweisung der Beschwerde erwächst der Ablehnungsbescheid des Finanzamtes in Rechtskraft. Dieser Antrag wäre daher von der Abgabenbehörde zurückzuweisen.

Abschließend ergeht noch die Klarstellung, dass das Bundesfinanzgericht die Rechtsansicht des Finanzamtes teilt, dass gegen die verfahrensleitende Verfügung der Ablehnung der Verlängerung der Rechtsmittelfrist eine Beschwerde und eine meritorische Erledigung derselben zulässig ist, da ein die Angelegenheit abschließender Bescheid nicht mehr zu erwarten ist (Ritz, BAO, 6. Auflage, § 244, Rz 3).

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfragen ergaben sich bereits aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung lagen somit nicht vor.

Aus diesem Grunde wurde die Revision für unzulässig erklärt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 245 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100908.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at