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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.05.2023, RV/7101246/2023

Rückforderung von Familienbeihilfe, da kein Verlängerungstatbestand gegeben war.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde der Bf., Adresse, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Juli 2022 bis Oktober 2022, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Sohn der Beschwerdeführerin (Bf), geb. 2001, besuchte die 4-jährige Fachschule für Keramik und Ofenbau an der Landesfachschule für Keramik und Ofenbau in OrtXY. Die 3. Klasse wurde nicht bestanden und die Schule am abgebrochen.

Von bis leistete S. den Präsenzdienst ab.

Die Familienbeihilfe- und Kinderabsetzbeträge wurden bis Oktober 2022 bezogen.

Das FA forderte von der Bf. nach Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen die für ihren Sohn S. für den Zeitraum Juli 2022 bis Oktober 2022 bezogenen Familienbeihilfe- und Kinderabsetzbeträge mit Bescheid vom mit der Begründung zurück, dass die 4 Monate Verlängerung bis Oktober 2022 nicht gewährt werden hätten können, da kein Schulabschlusszeugnis vorliege.

Die Bf brachte in ihrer Beschwerde vom vor, dass ihr vom FA mitgeteilt worden sei, dass auf Grund von Covid 19 ein verlängerter Anspruch auf Familienbeihilfe für vier Monate bestehe.

Das FA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom unter Hinweis auf die maßgeblichen Bestimmungen (§ 2 Abs. 1 lit. b und d sowie 10 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) mit der Begründung ab, dass S. laut Semesterzeugnis vom im Schuljahr 2021/22 die 3. Klasse der Landesfachschule für Keramik und Ofenbau in OrtXY besuchte- und zum Aufsteigen in die 4. Klasse nicht berechtigt gewesen sei. Laut Auskunft der Schule (vom ) sei mit eine Abmeldung vom Schulbesuch erfolgt. Da der Schulbesuch von S. zu keinem Abschluss geführt habe, bestehe auch kein Anspruch auf Familienbeihilfe für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung. Die Voraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe für S. würden ab Juli 2022 nicht mehr vorliegen.

Die Bf stellte am einen Vorlageantrag und brachte im Wesentlichen vor, dass ihr Sohn nach Schulabschluss den Präsenzdienst angetreten habe und nach dessen Ableistung am als Hilfskraft bei A. begonnen habe. Beim FA sei ihr mitgeteilt worden, dass es für alle wegen Covid 19 eine Verlängerung gebe, was für sie und ihren Sohn ein dankbares Geschenk gewesen sei.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Feststellungen

Der Sohn der Bf besuchte im Schuljahr 2021/22 die 3. Klasse der Landesfachschule für Keramik und Ofenbau in OrtXY und war zum Aufsteigen in die 4. Klasse nicht berechtigt.

Die Abmeldung vom Schulbesuch erfolgte am .

Nach Absolvierung des Präsenzdienstes vom bis ist der Sohn der Bf seit nichtselbständig tätig.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus dem Familienbeihilfenakt, insbesondere aus der Auskunft der Schule vom und dem Semesterzeugnis vom .

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Gemäß § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe "für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung" (Inkrafttreten ).

Gemäß § 15 Abs 1 FLAG 1967 finden für Personen, die im Zeitraum von einschließlich März 2020 bis einschließlich Februar 2021 für zumindest einen Monat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind haben, die während dieses Zeitraumes vorliegenden Anspruchsvoraussetzungen im unmittelbaren Anschluss an den Anspruchszeitraum bis März 2021 in Bezug auf dieses Kind weiter Anwendung, solange während dieses Zeitraumes keine andere Person anspruchsberechtigt wird.

§ 26 Abs 1 FLAG 1967 lautet:

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

§ 33 Abs 3 EStG 1988 lautet:

Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Covid-19 Krise, Viermonatsfrist

Mit Inkrafttreten wurde die Bestimmung des § 15 FLAG 1967 neu in das FLAG aufgenommen. Laut Initiativantrag 1343/A erfolgte dies als eine der Maßnahmen zur Bekämpfung der durch die COVID-19 Pandemie bedingten Armutsfolgen. Diese Bestimmung bewirkt einen fiktiven Familienbeihilfenanspruch für die Zeit von März 2020 bis März 2021, sofern zumindest in einem Monat (in der Zeit von März 2020 bis einschließlich Februar 2021) ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestand (vgl. zB ).
In Streit steht jedoch die Rückforderung von Familienbeihilfe für den Zeitraum von Juli 2022 bis Oktober 2022, sodass § 15 FLAG 1967 auf ggstdl Fall nicht anwendbar ist.

Die Weitergewährung von vier Monaten nach Abschluss der Schulausbildung (§ 2 Abs 1 lit d FLAG 1967) kommt im ggstdl Fall nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht zum Tragen, weil der Sohn der Bf die Schulausbildung nicht abgeschlossen, sondern abgebrochen hat.

Für den vorliegenden Fall ergibt sich daher, dass die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Juli bis Oktober 2022 zu Recht erfolgt ist, da S. die Schule am abgebrochen hat und danach unstrittig keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 vorgelegen ist.

Damit stand der Bf wegen fehlender Berufsausbildung die Familienbeihilfe nicht mehr zu und waren auch die Voraussetzungen für die Anwendung des § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 (Verlängerung von 4 Monaten nach Abschluss der Schulausbildung) und des § 15 Abs 1 FLAG 1967 (Verlängerungstatbestand auf Grund von Covid 19) nicht gegeben.

Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen

Aus § 26 Abs 1 FLAG 1967 und § 33 Abs 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung).

Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe, ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.

Es kommt dabei nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an, also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug. Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des VwGH für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich (vgl. etwa ; , ).

Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ).

Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ob ein Kind eine Berufsausbildung absolviert, ist eine Tatfrage. Tatfragen sind einer Revision nicht zugänglich. Betreffend das Bestehen der Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge folgt das BFG der einheitlichen und dargestellten Rechtsprechung des VwGH. Die Voraussetzungen der Verlängerungstatbestände des § 4 Abs 1 lit FLAG und des § 15 FLAG ergeben sich aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at