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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.06.2023, RV/7500382/2023

Verwendung eines gefälschten und auf einen Verstorbenen ausgestellten Behindertenausweises gem §29b StVO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Johannes Böck über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als Abgabenstrafbehörde vom , GZ. MA67/GZ/2023, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, idF. ABl. der Stadt Wien Nr. 20/2020, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006 idF LGBl. für Wien Nr. 71/2018, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR hat die beschwerdeführende Partei keine Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens zu tragen.

III. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Das mehrspurige Kraftfahrzeug Type mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) wurde am um 12:49 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1010 Wien, Liebenberggasse 6, vom Kontrollorgan der Parkraumüberwachung Nr der Landespolizeidirektion Wien zur Anzeige gebracht, da es sich nach dessen eigenen Wahrnehmungen bei dem im Fahrzeug hinterlegten Parkausweis gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nr. Nr1 um einen manipulierten Parknachweis handelte.

Das Kontrollorgan machte in der Anzeige folgende Anmerkung: "29b Ausweis Nr. Nr1, Farbkopie, nicht foliert, linke Ecke ersichtlich dass zwei Seiten zusammen geklebt sind, schwarze Rillen am grauen feld, Wasserflächen am Rollstuhl, Delikt-Text: Parknachweis wurde manipuliert."

Nach erfolgter Lenkererhebung vom teilte die Bezirkshauptmannschaft Ort mit Schreiben vom der belangten Behörde aufgrund einer Anfrage mit, dass der Parkausweis mit der Nummer Nr1 (Nr2) am von der BH Ort an Herrn Herr, geb. Herrgeb, AdrHerr, ausgegeben worden sei und dass Herr Herr laut ZMR mit Datum verstorben sei.

In der Folge wurde dem Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf. genannt) von der Magistratsabteilung 67 mit Strafverfügung vom , GZ. MA67/GZ/2023, angelastet, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) in der (vorher genannten) gebührenpflichtigen Kurzparkzone zum vorher genannten Zeitpunkt abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parknachweis (Parkschein, Tages- oder Wochenpauschalkarte) gesorgt zu haben. Im Fahrzeug habe sich lediglich der Ausweis gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nr. Nr1 (Nr2) befunden. Da der Inhaber des Originalausweises jedoch bereits verstorben gewesen sei, sei die Befreiung von der Entrichtung der Parkometerabgabe vorgetäuscht worden. Demnach habe der Bf. die Parkometerabgabe hinterzogen. Die Parknachweisnummer sei in der Anzeige festgehalten worden.

Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. deswegen eine Geldstrafe in der Höhe von 365,00 Euro und eine für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 3 Tagen 15 Stunden verhängt. Der zu zahlende Gesamtbetrag betrug daher 365,00 Euro.

In seinem fristgerechten Einspruch vom gegen die Strafverfügung brachte der Bf. das Folgende vor: "Bezüglich gegenständlicher Strafverfügung erhebe ich Einspruch. Die Befreiung von der Entrichtungder Parkometerabgabe wurde nicht vorgetäuscht.Regelmäßig aber auch an diesem Tag habe eine Person die einen gültigen Ausweis besitzt zu einemTermin gebracht. Leider habe ich den falschen Ausweis aus dem Handschuhfach genommen was mirunter Zeitdruck nicht aufgefallen ist. Mir war auch nicht bewusst, dass der Ausweis meinesverstorbenen Vaters überhaupt noch vorhanden ist. Um künftige Verwechslungen zu vermeiden habeich diesen auch nunmehr vernichtet."

Mit nunmehr angefochtenem Straferkenntnis vom , GZ. MA67/GZ/2023, wurde dem Bf. die bereits in der Strafverfügung vom näher bezeichnete Verwaltungsübertretung angelastet und wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von 365,00 Euro verhängt sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen 15 Stunden festgesetzt. Zudem wurde dem Bf. gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) ein Betrag von 36,50 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt, wodurch sich der zu zahlende Gesamtbetrag auf 401,50 Euro erhöhte.

In der Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und unter Bezugnahme auf das Einspruchsvorbringen aus, im Hinblick auf die Zulassung des in Rede stehende Fahrzeuges im Jahr 2022 könne dem Einwand, den § 29b StVO-Ausweis des bereits 2017 verstorbenen Vaters noch im Handschuhfach gehabt und 2023 versehentlich verwendet zu haben, nicht gefolgt werden. Die bloße und unüberprüfbare Behauptung des Bf., regelmäßig und auch am Beanstandungstag eine andere Person, welche ebenso Inhaber eines § 29b StVO-Ausweises sei, befördert zu haben, sei als Schutzbehauptung zu werten gewesen. Der angezeigte Sachverhalt könne daher als erwiesen angesehen werden. Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, müsse gemäß § 5 Abs. 2 der Wiener Parkometerabgabeverordnung bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten. Da keine Beförderung des Ausweisinhabers vorgelegen sei, sei das Vorliegen einer Befreiung von der Parkometerabgabe vorzugeben versucht worden, weshalb vorsätzliches Handeln erkennbar sei. Der Bf. habe daher den Tatbestand der angelasteten Übertretung verwirklicht und die Parkometerabgabe hinterzogen. Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt werde, seien gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen. Die verhängte Geldstrafe solle durch ihre Höhe dazu geeignet sein, den Bf. wirksam von einer Wiederholung abzuhalten. Grundlage für die Bemessung der Strafe seien gemäß § 19 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Die der Bestrafung zu Grunde liegende Handlung habe sowohl das als sehr bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der Entrichtung von Abgaben, als auch an der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs und an der Rationierung des in Wien vorhandenen Parkraumes geschädigt, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig zu bewerten gewesen sei. Im Hinblick auf die schwere Verschuldensform (Abgabenhinterziehung in Folge Verwendung eines § 29b StVO Ausweises und Vortäuschung eines Befreiungstatbestandes) sei die Strafe spruchgemäß festzusetzen gewesen, um den Bf. von einer Wiederholung wirksam abzuhalten. Bei der Strafbemessung seien die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Bf., soweit diese der Behörde bekannt gewesen seien, berücksichtigt worden. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit sei dem Bf. durch das Vorliegen von Vormerkungen nicht mehr zugutegekommen, wobei eine Übertretung des Wiener Parkometergesetzes als erschwerend zu werten gewesen sei.

Dagegen erhob der Bf. mit E-Mail vom fristgerecht Beschwerde und brachte das Folgende vor: "Das Verfahren wurde ohne die erforderliche Sorgfalt durchgeführt:Es wurde verabsäumt die Person mit § 29b StVO-Ausweis zu befragen sondern meine Aussage lediglich alsSchutzbehauptung deklariert. Die Verwechslung des Ausweises wurde wegen der Zulassung des Fahrzeuges ebenfalls nicht herangezogenobwohl genau der Fahrzeugwechsel zu dieser Verwechslung geführt hat. Erst durch den Fahrzeugwechseldürfte der alte Ausweis von der Unterseite der Unterlagen nach oben gerutscht sein.Das gerade diese fehlende Sorgfalt in Bezug auf Menschen mit besonderen Bedürfnissen an den Tag gelegt wirdhalte ich persönlich für äußerst bedenklich und ist wohl noch gesondert zu behandeln."

Die Magistratsabteilung 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt

Aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den eigenen Wahrnehmungen des Kontrollorgans der Parkraumüberwachung, den auf dem PDA (Überprüfungsgerät) erfassten Anzeigedaten, den zur Beanstandungszeit aufgenommenen Fotos und aus den Informationen der Bezirkshauptmannschaft Ort ergibt sich folgender Sachverhalt:

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) war am um 12:49 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1010 Wien, Liebenberggasse 6, abgestellt.

Zur Beanstandungszeit war im Fahrzeug der Parkausweis gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nummer Nr1 (Nr2) hinterlegt.

Der Parkausweis Nr. Nr1 (Nr2) wurde am von der Bezirkshauptmannschaft Ort an Herrn Herr, geb. Herrgeb, AdrHerr, ausgestellt. Herr Herr ist laut ZMR mit Datum verstorben.

Bei dem vom Meldungsleger beanstandeten Behindertenparkausweis gemäß § 29b StVO handelt es sich um eine Farbkopie, die nicht foliert und wo an dessen linker Ecke ersichtlich ist, dass zwei Seiten zusammengeklebt wurden. Darüber hinaus wurden schwarze Rillen am grauen Feld sowie Wasserflächen am Rollstuhl-Symbol festgestellt.

Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) war zum Beanstandungszeitpunkt der Bf.

Der Bf. hat weder die Abstellung des Fahrzeuges an der angeführten Örtlichkeit noch seine Lenkereigenschaft bestritten.

In seinem Einspruch gegen die Strafverfügung vom brachte der Bf. vor, am Beanstandungstag habe er eine Person (die einen gültigen Ausweis besitze) zu einem Termin gebracht. Leider habe er den "falschen Ausweis" aus dem Handschuhfach genommen, was ihm unter Zeitdruck nicht aufgefallen sei.

Der Bf. gesteht damit die Verwendung des beanstandeten Ausweises gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nr. Nr1 (Nr2) ein, der Inhaber des Ausweises mit der Nr. Nr1 (Nr2) ist jedoch laut ZMR mit Datum verstorben.

Zufolge der eigenen Wahrnehmungen des Meldungslegers hat es sich bei dem Ausweis gemäß § 29b StVO 1960 nicht um einen Originalausweis, sondern um einen manipulierten Parknachweis gehandelt.

Beweiswürdigung

Die Beanstandung durch den Meldungsleger, das Datum und die Uhrzeit sowie der Ort der Beanstandung sind aktenkundig.

Dass der Abstellort, der Beanstandungszeitpunkt und seine Lenkereigenschaft nicht bestritten werden, ergibt sich aus dem Vorbringen des Bf. in seinem Einspruch vom gegen die Strafverfügung vom und in seiner Lenkerauskunft vom .

Dass der (Original)Ausweis gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nr. Nr1 (Nr2) an Herrn Herr, geb. Herrgeb, ausgestellt wurde und dass Herr Herr laut ZMR mit Datum verstorben ist, ergibt sich aus dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Ort vom .

Dass der vom Meldungsleder beanstandete Ausweis gemäß § 29b StVO 1960 manipuliert war, ergibt sich insbesondere aus den Feststellungen des Meldungslegers, dass der beanstandete Ausweis nicht foliert, die linke Ecke zusammengeklebt und schwarze Rillen am grauen Feld und Wasserflächen am Bild des Rollstuhls aufweist.

Aus dem weiteren Vorbringen im Einspruch des Bf. vom gegen die Strafverfügung ergibt sich, dass der vom Meldungsleger beanstandete, manipulierte Ausweis gemäß § 29b StVO 1960 vernichtet wurde.

Für das Bundesfinanzgericht haben sich - in Wahrnehmung seiner amtswegigen Ermittlungspflicht - keine Anhaltspunkte ergeben, an der Richtigkeit des festgestellten Sachverhaltes zu zweifeln. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen in freier Beweiswürdigung gemäß § 45 Abs. 2 AVG als erwiesen annehmen.

Rechtsgrundlage und rechtliche Würdigung

Nach § 22 Abs. 1 VStG 1991 ist soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Nach § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung hat jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.

Gemäß § 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung ist die Abgabe nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von Inhabern eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, sofern die Fahrzeuge beim Abstellen mit diesem Ausweis gekennzeichnet sind.

Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.

Nach § 29b Abs. 1 StVO 1960 ist Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung, Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung verfügen, als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen.

Nach § 29b Abs. 3 lit. b StVO dürfen Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 das von ihnen selbst gelenkte Fahrzeug oder Lenker von Fahrzeugen in der Zeit, in der sie einen Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 befördern, in einer Kurzparkzone ohne zeitliche Beschränkung parken.

Nach § 29b Abs. 4 StVO 1960 hat beim Halten gemäß Abs. 2 sowie beim Befahren einer Fußgängerzone gemäß § 76a Abs. 2a der Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 diesen den Straßenaufsichtsorganen auf Verlangen vorzuweisen. Beim Parken gemäß Abs. 3 sowie beim Halten oder Parken auf den nach § 43 Abs. 1 lit. d freigehaltenen Straßenstellen hat der Ausweisinhaber den Ausweis bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen hinter der Windschutzscheibe und durch diese gut erkennbar, bei anderen Fahrzeugen an einer sonst geeigneten Stelle gut wahrnehmbar anzubringen.

Durch die Verwendung eines gefälschten Behindertenparkausweises gemäß § 29b StVO, der zudem auf den vor mehr als sechs Jahren verstorbenen Vater des Bf. ausgestellt war, wurde die Parkometerabgabe gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 die Parkometerabgabe hinterzogen. Durch das Einlegen eines gefälschten und auf einen bereits Verstorbenen ausgestellten Behindertenausweises, steht auch die mögliche Täuschung eines kontrollierenden Organs über die Berechtigung zur kostenlosen Nutzung des Parkraumes im Raum, wodurch es zu einer Vermögensschädigung der Gemeinde Wien kam.

Nach der Rechtsprechung des OGH (vgl. , Rn 9), ist die gegenständliche Tat sowohl unter "[...] § 146 StGB als auch § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 subsumierbar. Aufgrund des tateinheitlichen Zusammentreffens der gerichtlich strafbaren Handlung mit der Verwaltungsübertretung ist Letztere (ungeachtet der Herkunft konkurrierender Normen von unterschiedlichen Gesetzgebern [Bund/Land]) gemäß § 22 Abs 1 VStG nicht strafbar und darf die Tat nur wegen des gerichtlichen Tatbestands verfolgt werden".

Der Magistrat Wien war daher zur Erlassung des gegenständlich angefochtenen Straferkenntnisses nicht zuständig.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet. Keine Verwaltungsübertretung liegt vor, wenn eine an sich bestehende verwaltungsgerichtliche Strafbarkeit hinter eine gerichtliche zurücktritt, sodass im Ergebnis auch keine (verfolgbare) Verwaltungsübertretung anzunehmen ist (vgl. mwN auf die VwGH-Rsp Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 (2017) § 45 Rn 3).

Im vorliegenden Fall war letztlich nicht nur ausschlaggebend, dass der beanstandete Behindertenparkausweis gemäß § 29b StVO 1960 auf den vor mehr als sechs Jahren verstorbenen Vater des Bf. ausgestellt war, sondern auch, dass sich dieser Ausweis als Fälschung erwiesen hat, da

  1. am Ausweis keine Folierung vorhanden war,

  2. an der linken Ecke ersichtlich war, dass zwei Seiten zusammengeklebt waren,

  3. schwarze Rillen am grauen Feld aufwies, und

  4. Wasserflächen am Rollstuhl Symbol vorhanden waren.

So eingewendet wird, dass der Bf. aufgrund des hohen Zeitdruckes lediglich den falschen bzw. den gefälschten Ausweis aus dem Handschuhfach genommen habe, da er an diesem Tag eine Person mit einem gültigen Ausweis befördert habe, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, die Verwendung eines gefälschten Behindertenparkausweises gemäß § 29b StVO, der zudem noch auf den bereits seit mehr als sechs Jahren verstorbenen Vater des Bf. ausgestellt war, zu entkräften. Dies umso mehr, als es sich nach dem beiliegenden Foto um ein äußerst zerknittertes Exemplar eines "Ausweises" gehandelt hat, dessen Verwendung dem Bf. selbst unter Zeitdruck sofort hätte auffallen müssen. Darüber hinaus wurde nicht einmal die Person konkret benannt, die über einen gültigen Behindertenparkausweis gemäß § 29b StVO verfügt und im konkreten Fall vorgeblich befördert worden sei.

§ 78 Abs. 1 STPO normiert: "Wird einer Behörde oder öffentlichen Dienststelle der Verdacht einer Straftat bekannt, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, so ist sie zur Anzeige an Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft verpflichtet." Da dem Bundesfinanzgericht in amtlicher Eigenschaft der Verdacht der Straftat bekannt geworden ist, wird das gegenständliche Erkenntnis samt Sachverhaltsdarstellung und Kopie des Verwaltungsaktes an die Staatsanwaltschaft Wien übermittelt.

Bei den Organen der Parkraumüberwachung handelt es sich um besonders geschulte Organe, denen die Wahrnehmung und richtige Wiedergabe maßgeblicher Sachverhalte zugemutet werden kann.

Aus dem Akt ergibt sich kein Anhaltspunkt, dass der Meldungsleger eine ihm unbekannte Person wahrheitswidrig belasten wollte. Meldungsleger sind auf Grund des abgelegten Diensteides der Wahrheit verpflichtet. Im Fall der Verletzung dieser Pflicht treffen sie straf- und dienstrechtliche Sanktionen.

Der Bf. hat nach der Beanstandung den beanstandeten (manipulierten) Ausweis gemäß § 29b StVO 1960 vernichtet.

Das Bundesfinanzgericht zieht daher die Wahrnehmungen des Meldungslegers und seine Anzeigedaten, wonach es sich bei dem Parknachweis um einen manipulierten Parknachweis gehandelt hat, nicht in Zweifel.

Darüber hinaus wird der (Original)Parkausweis mit dem Tod des Besitzers ungültig und darf nicht mehr verwendet werden. Er ist an die Ausstellungsbehörde (Sozialministeriumservice) zurückzugeben.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

Kostenentscheidung:

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Da der Beschwerde stattgegeben wird, sind keine Kosten aufzuerlegen.

Zulässigkeit der Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision durch die belangte Behörde zulässig. Der gegenständlichen Rechtsfrage kommt deswegen grundsätzliche Bedeutung zu, weil die Rechtsprechung des VwGH zur Zuständigkeitsfrage im konkreten Fall fehlt.

Die Revision der beschwerdeführenden Partei ist hingegen unzulässig. Nach § 25a Abs. 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache

  1. eine Geldstrafe von bis zu 750 € und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und

  2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 € verhängt wurde.

Diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall vor, ist in § 4 Abs. 1 des (Wiener) Parkometergesetzes 2006 doch lediglich eine Geldstrafe bis zu 365 € vorgesehen und muss es sich bei der in § 25a Abs. 4 Z 1 VwGG in der Strafdrohung vorgesehenen "Freiheitsstrafe" um eine primäre Freiheitsstrafe handeln (vgl. , Rn 3f; , Ra 2021/16/0020, mwN).

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 22 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 29b Abs. 1 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 29b Abs. 3 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 29b Abs. 4 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 146 StGB, Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 45 Abs. 1 Z 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7500382.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at