Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.06.2023, RV/7500325/2022

Keine Befreiung von Parkometerabgabe aber auch kein Betrug durch Verwendung einer Farbkopie des eigenen Behindertenausweises gemäß § 29b StVO in zweitem Kfz

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ********** über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als Abgabenstrafbehörde vom , Zahl MA67/Zahl/2022, betreffend Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBI. für Wien Nr. 9/2006, in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 71/2018, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am , im Beisein des Schriftführers SF, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insoweit stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe von € 60,00 auf € 36,00 und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 14 auf 9 Stunden herabgesetzt wird.

II. Im Übrigen, d.h. auch hinsichtlich des mit dem Mindestbetrag von € 10,00 gemäß § 64 Abs. 2 VStG festgesetzten Beitrages zu den Kosten des behördlichen Verwaltungsstrafverfahrens, wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

Die Geldstrafe iHv € 36,00 und der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens von € 10,00 sind an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten. Der zu entrichtende Gesamtbetrag beträgt somit € 46,00.

III. Der Magistrat der Stadt Wien wird gem. § 25 Abs. 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) wurde vom Kontrollorgan Nr der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien am um 09:20 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1140 Wien, Matznergasse 3a, beanstandet, da es sich nach dessen eigenen Wahrnehmungen bei dem Parkausweis gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nr. Zahl1 um eine Farbkopie handelte.

Das Kontrollorgan machte in der Anzeige folgende Anmerkung: "Farbkopie 29b Zahl1 erkannt an ungleicher Einschweißung, links weißer Rand, Abstand Parkausweis zu Rand zu kurz. Delikt-Text: Parknachweis wurde manipuliert."

Nach erfolgter Lenkererhebung vom wurde dem Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf. genannt) mit Strafverfügung vom angelastet, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) zum vorher genannten Zeitpunkt am vorher genannten Tatort abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Im Fahrzeug habe sich lediglich eine Farbkopie des § 29b-StVO-Ausweises Nr. Zahl1 befunden. Demnach habe er die Parkometerabgabe verkürzt.

Auf Grund der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz wurde über den Bf. eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00, und im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden, verhängt.

Mit Einspruch per E-Mail vom brachte der Bf. vor, die in der Strafverfügung dargestellten Vermutungen seien nicht zutreffend.

Mit Schreiben vom (Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme) wurde der Bf. von der Magistratsabteilung 67 unter Anführung der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung zur Rechtfertigung binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens aufgefordert.

Das Schreiben vom wurde dem Bf. ohne Zustellnachweis (gem. § 26 Abs. 2 ZustG) zugestellt und blieb gänzlich unbeantwortet.

Mit nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom , Zahl MA67/Zahl/2022, wurde der Bf. vom Magistrat der Stadt Wien, MA 67, für schuldig befunden, das in Rede stehende Kraftfahrzeug am um 09:20 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1140 Wien, Matznergasse 3a, abgestellt zu haben, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Im Fahrzeug habe sich lediglich eine Farbkopie eines Behindertenausweises gemäß § 29b StVO mit der Nummer Zahl1 befunden. Demnach habe der Bf. die Parkometerabgabe verkürzt.

Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. deswegen eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 und eine für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 14 Stunden verhängt.

Gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) habe der Bf. zudem einen Beitrag von 10,00 Euro (Mindestbeitrag) zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten. Der zu zahlende Gesamtbetrag erhöhte sich daher auf € 70,00.

Begründend führte die belangte Behörde aus:

"Das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug wurde von einem Organ der LandespolizeidirektionWien beanstandet, da es an der im Spruch bezeichneten Örtlichkeit und zu den dort angeführtenZeiten im Bereich einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt warund im Fahrzeug lediglich eine Farbkopie des § 29b StVO-Ausweises Nr. Zahl1, hinterlegt war.

Lt. Auskunft des Sozialministeriumservice handelt es sich beim § 29b StVO-Ausweis Nr. Zahl1 umIhren § 29b StVO-Ausweis.

Die Übertretung wurde Ihnen mit Strafverfügung angelastet.

Im Einspruch wendeten Sie ein, dass die dargestellten Vermutungen nichtzutreffend seien.

Mit der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme wurden Ihnen die 3 angefertigtenAnzeigefotos zur Kenntnis gebracht und es wurde Ihnen Gelegenheit geboten, dazu Stellung zunehmen und allfällige, Ihrer Verteidigung dienende Beweismittel vorzulegen.

Von dieser Gelegenheit haben Sie keinen Gebrauch gemacht.

Beweis wurde durch Einsicht in den Verwaltungsstrafakt erhoben.

Dazu wird festgestellt:

Die Anzeige ist als taugliches Beweismittel anzusehen (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom, ZI. 90/18/0079).

Das meldungslegende Organ hat die zahlreichen Merkmale, anhand derer die Kopie des § 29bStVO-Ausweises (ungleiche Einschweißung, an dem weißen Rand an der linken Seite desAusweises, sowie am zu kurzen Abstand des Parkausweises zum Rand) erkannt wurde, vermerkt.

Der Meldungsleger unterliegt auf Grund seiner verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflichtund es träfen ihn im Falle einer Verletzung dieser Pflicht straf- und dienstrechtliche Sanktionen. Esbesteht kein Anlass, an dessen Angaben zu zweifeln, zumal diese klar, widerspruchsfrei undnachvollziehbar sind. Dazu kommt, dass sich die Wahrnehmungen des Meldungslegers auf denruhenden Verkehr beziehen und das Kontrollorgan Zeit genug hatte, richtig zu erkennen, ob sich zumBeanstandungszeitpunkt ein Parkschein bzw. die Kopie eines § 29b-StVO-Ausweises oder dessenOriginal im Fahrzeug befand oder nicht und sind dessen Angaben durch die drei Anzeigefotosbestätigt hervorgekommen.

Bei Abwägung der Angaben des anzeigelegenden Organs und Ihrer Rechtfertigung als Beschuldigter,der in der Wahl seiner Verteidigung völlig frei ist, kann der angezeigte Sachverhalt als erwiesenangesehen werden.

Die Abgabe ist nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von dauernd stark gehbehinderten Personenabgestellt oder in denen solche Personen gemäß § 29b Abs. 3 StVO befördert werden, wenn dieFahrzeuge mit dem Ausweis gemäß § 29b Abs. 1 oder 5 StVO 1960 gekennzeichnet sind (§ 6 Abs. 1lit. g Parkometerabgabeverordnung).

Aus der Regelung ergibt sich, dass die Kennzeichnung mit dem Ausweis im Original zu erfolgen hat.

Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt,muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 derParkometerabgabeverordnung).

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweiseerlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Sie haben daher den objektiven Tatbestand der angelasteten Übertretung verwirklicht.

Zur Strafbarkeit genügt fahrlässiges Verhalten. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt,zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissenbefähigt und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhaltverwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.

Mit der Einhaltung der gebotenen und zumutbaren Aufmerksamkeit und Sorgfalt wäre die Übertretungzu vermeiden gewesen, weshalb der Ihnen angelastete strafbare Tatbestand auch subjektiv alserwiesen anzusehen ist."

Weiters enthält das Straferkenntnis die relevanten Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die im konkreten Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an (hier: Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Bf. seien, soweit diese der Behörde bekannt gewesen seien, berücksichtigt worden. Zudem sei auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen worden).

Der Bf. erhob gegen das Straferkenntnis binnen der Rechtsmittelfrist Beschwerde und brachte (wörtlich) das Folgende vor:

"Ich hab nur einen Ausweis gem. §29b, welcher vom Sozialministerium ausgestellt worden ist.Eine Kopie habe ich nie angefertigt.Im Übrigen bin seit Jahrzehnten persönlich berechtigt die Parkerleichterungen in Anspruch zu nehmen, da ich seit 1957 durch Kinderlähmung beider Beine massiv gehbehindert bin.
Antrag:

1) Das genannte Straferkenntnis ist aufzuheben.

2) Ich beantrag die mündliche Verhandlung in einem behindertengerechten Gebäude."

Der Magistrat der Stadt Wien legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Am lud das Bundesfinanzgericht den Bf. und die belangte Behörde zur mündlichen Verhandlung.

Auch die Meldungslegerin wurde als Zeugin geladen.

In der mündlichen Verhandlung vom wurde wie folgt erhoben, vorgebracht und festgestellt:

"Der Beschuldigte bringt vor wie bisher und gibt an, sein Behindertenausweis liege im Auto, welches vor dem BFG abgestellt steht. Darüberhinaus regt der Beschuldigte dringend an, eine behindertengerechtere Zufahrtsmöglichkeit schon in der Ladung auszuweisen und einen Parkplatz für Verhandlungen zur Verfügung zu stellen und zu reservieren.

Die Richterin ordnet die Besichtigung des Ausweises vor Ort an. Der Beschuldigte, die Meldungslegerin, die Richterin und der Schriftführer begeben sich zum Auto des Beschuldigten, das nicht mit dem Auto des gegenständlichen Tatzeitpunkts übereinstimmt und besichtigen den Ausweis des Beschuldigten. Der Ausweis ist hinter der Windschutzscheibe des Kfz des Beschuldigten mit einem Tixostreifen angeklebt. Die Einschweißung dieses Ausweises stimmt nicht mit dem Foto, das die Meldungslegerin zum Tatzeitpunkt gemacht hat, überein. Am Originalausweis befindet sich ein gleichmäßiger Rand der Folie auf der linken Seite und auf der unteren Seite. Auf der oberen Seite des Ausweises ist der Folienrand mit abgerundeten Ecken ca 0,5 cm breit, während auf dem Foto der Meldungslegerin überhaupt kein Rand ersichtlich ist.

Die Richterin fordert den Beschuldigten auf sein Vorbringen zu erstatten:

Der Beschuldigte gibt an, nur ein Original des Behindertenausweises zu haben und niemals eine Kopie angefertigt zu haben.

Die Richterin konfrontiert den Beschuldigten damit, dass die von der Meldungslegerin festgestellten Merkmale auf dem beanstandeten Ausweis beim Original nicht vorliegen würden und zeigt dem Beschuldigten das auf einem A3 Blatt vergrößerte Foto der Meldungslegerin. Auf diesem sind andere ungleiche Ränder, wie oben beschrieben, kein Falz und statt des Kopierschutzes der kleinen Rollstuhlfahrer-Symbole gewellte Linien im Unterschied zum heute in Augenschein genommenen Originalausweis eindeutig erkennbar.

Der Beschuldigte äußert sich dazu so, dass er nur ein Original habe und das Foto der Meldungslegerin durch Spiegelungen, eine andere Jahreszeit und ein anderes Auto anders aussehe und stellt auch in den Raum, dass das Foto der Meldungslegerin manipuliert worden sein könnte. Auf die Frage der Richterin, von wem und aus welchem Grund diese Manipulation durchgeführt worden sein solle, gibt der Beschuldigte an, es nicht zu wissen.

Des weiteren gibt der Beschuldigte an, dass er den Originalausweis, als er ihn bekommen hat, selbst foliert habe und vor einigen Wochen erneut foliert hätte, weil die alte Folie kaputt gegangen sei.

Auf seine Frage wo im Gesetz stünde, dass das Original des Ausweises hinter der Windschutzscheibe zu hinterlegen sei, liest ihm die Richterin § 6 lit g der Parkometerabgabeverordnung vor, der zu Folge wörtlich "der Ausweis" zu hinterlegen ist und verweist auf die ständige einschlägige Judikatur, der zu Folge die Parkometerabgabenbefreiung nur durch Hinterlegung des Originalausweises gegeben ist.

Zu den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten befragt, gibt er an, dass er keine Sorgepflichten erfüllen muss und ein geregeltes Einkommen als Pensionist beziehe.

Die Partei stellt keine weiteren Fragen und Beweisanträge.

Beginn der Zeugeneinvernahme um 11.18 Uhr.

Zeugeneinvernahme nach § 25 Abs. 6 VwGvG:

Frau Frau, Nr, Meldungslegerin:

Belehrung nach § 48 AVG, § 49 AVG (Entschlagungsrecht) Wahrheitserinnerung § 50 AVG (falsche Aussage vor einem Gericht ist gemäß § 288 StGB strafbar):

Die Richterin legt der Zeugin (Meldungslegerin) den selben A3 Ausdruck des Fotos vor, das sie auch dem Beschuldigten vorgelegt hat und ersucht die Zeugin, ihr die Merkmale zu erklären, anhand dessen sie die Farbkopie erkannt hat. Die Zeugin verweist auf den linken Rand, der weißlich schimmert und beim Ausschneiden einer Kopie entsteht, auf den fehlenden rechten Rand, auf dem keine Folierung erkennbar ist, im Unterschied zum linken Rand, auf dem eine ca 1 cm breite Folierung deutlich erkennbar ist. Des weiteren verweist die Zeugin auf den unteren Rand der Folierung, der auf der linken Seite breit beginnt und auf der rechten Seite immer schmäler wird. Diese Merkmale liegen beim heute in Augenschein genommenen Originalausweis zur Gänze nicht vor. Außerdem fällt der Zeugin nach Ansicht des Originalausweises vom heutigen Tag auf, dass der Kopierschutz mit kleinen Rollstuhlfahrer-Symbolen auf dem von ihr bei der Beanstandung gemachten Foto nicht erkennbar ist, sondern gewellte Linien. Außerdem erkennt die Zeugin auf dem Foto, das sie im Zuge der Beanstandung gemacht hat, keinen Falz in der Mitte des Ausweises, der auf dem Originalausweis, den sie heute in Augenschein genommen hat, eindeutig erkennbar ist.

Auf die Frage der Richterin, was sie zu der Aussage des Beschuldigten sage, dass er die Folierung in den letzten Wochen erneuerte, gibt sie an, dass das seine Behauptung sei, aber nicht erkläre, warum der Falz nicht auf dem Foto im Akt erkennbar sei.

Von der Richterin auf die runden Ecken des Ausweises angesprochen, gibt die Zeugin an, dass die Originalausweise immer foliert seien, sie aber nicht sagen könne, ob man eine derartige Rundung auch mit einem Laminiergerät selbst anfertigen könne. Einen Originalausweis mit eckigen Kannten hätte sie noch nie gesehen.

Der Beschuldigte fragt die Zeugin, ob sie alte Behindertenausweise nach § 29b StVO, die erst im Jahr 2015 ihre Gültigkeit verlieren, kenne. Die Zeugin ergänzt dazu, dass sie diese zwar kenne und diese auch foliert wären, aber ganz anders aussehen würden und weiß wären. Ihre Aussage beziehe sich aber auf die Art von Ausweisen, wie sie der Beschuldigte innehat.

Die Richterin hält der Zeugin vor, dass der Beschuldigte eine Manipulation des vorgelegten Fotos der Meldungslegerin für möglich hält. Die Zeugin gibt dazu an, dass sie keinerlei Grund dazu hätte, sie kannte den Beschuldigten bis heute nicht und hätte auch gar nicht die Möglichkeit eine Manipulation vorzunehmen, weil sie die jeweiligen Beanstandungen lediglich in das von ihr verwendete PDA-Gerät eintippe, damit auch die Fotos mache und das Gerät dann nur mehr in das Ladegerät des Magistrats stecke. Eine nachträgliche Veränderung ihrerseits sei damit unmöglich, die Daten wären innerhalb einer Minute nach Eingabe der Beanstandung nicht mehr veränderbar.

Der Beschuldigte stellt an die Zeugin die Frage, ob sie ausschließen könne, dass der Falz in der Zeit zwischen dem Tatzeitpunkt und heute entstanden sei. Die Zeugin verneint diese Frage. Auf die Frage, seit wann die Meldungslegerin ihre Kontrolltätigkeit ausübt gibt sie an, seit 2009.

Ende der Zeugeneinvernahme um 11:55 Uhr.

Die Parteien stellen keine weiteren Fragen und Beweisanträge.

Schluss des Beweisverfahrens gemäß § 47 Abs. 2 VwGVG.

Der Beschuldigte beantragt die Erteilung einer Ermahnung anstelle der festgesetzten Geldstrafe.

Die Verhandlungsleiterin verkündet den Beschluss, dass die Entscheidung gemäß § 47 Abs. 4 VwGVG der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibt."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt

Aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den eigenen Wahrnehmungen des Kontrollorgans der Parkraumüberwachung, den auf dem PDA (Überprüfungsgerät) erfassten Anzeigedaten, den zur Beanstandungszeit aufgenommenen Fotos und aus der Ausweisdatenbank des Sozialministeriumservice ergibt sich folgender Sachverhalt:

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) war am um 09:20 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1140 Wien, Matznergasse 3a, abgestellt.

Zur Beanstandungszeit war im Fahrzeug auf dem Armaturenbrett ein foliertes Papier mit dem Aufdruck "Parkausweis für Behinderte" gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nr. Zahl1 hinterlegt.

Der Parkausweis Nr. Zahl1 wurde auf den Bf. ausgestellt und ist unbefristet gültig.

Die Meldungslegerin machte die Beanstandung, weil sie dieses Papier nicht für den Originalausweis hielt und das in einer Anmerkung anhand von drei Merkmalen begründete:

"Farbkopie 29b Zahl1 erkannt an ungleicher Einschweißung, links weißer Rand, Abstand Parkausweis zu Rand zu kurz. Delikt-Text: Parknachweis wurde manipuliert."

Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) war zum Beanstandungszeitpunkt der Bf.

Der Bf. hat weder die Abstellung des Fahrzeuges an der angeführten Örtlichkeit noch die Lenkereigenschaft bestritten.

In seiner Beschwerde brachte der Bf. vor, er habe nur "einen" Ausweis gem. § 29b, welcher vom Sozialministerium ausgestellt worden sei. Eine Kopie davon habe er nie angefertigt.

Der Originalausweis, der in einem anderen Kfz an der Windschutzscheibe mit Tixoband angeklebt war, wurde im Zuge der mündlichen Verhandlung von der Richterin und der Meldungslegerin begutachtet und als Originalausweis befunden und wies Merkmale auf, die der das zum Beanstandungszeitpunkt hinterlegte Papier nicht aufwies: andere Folierung im Sinne von gleichmäßiger Einschweißung, deutlich sichtbare farblich abgehobene Rollstuhlfahrersymbole, Falz, kein weißlich schimmernder Rand, schärfere Auflösung, Austria Symbol mit Sternen farblich anders.

Der Bf. fuhr zum Beanstandungszeitpunkt mit einem anderen Kfz, als das mit dem er zur mündlichen Verhandlung kam und in dem der Originalausweis an der Windschutzscheibe festgeklebt war.

Gesetzliche Grundlagen und Würdigung

Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Nach § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung hat jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.

Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.

§ 29b Abs. 1 StVO 1960 normiert:

"Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung ,Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung' verfügen, ist als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen."

Gemäß § 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung ist die Abgabe nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von Inhabern eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, sofern die Fahrzeuge beim Abstellen mit diesem Ausweis gekennzeichnet sind.

Den Bestimmungen des § 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung zufolge tritt die Befreiung von der Entrichtung von Parkgebühren nur dann ein, wenn im Fahrzeug, das von einem Inhaber eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, sichtbar und im Original der Parkausweis hinterlegt ist (vgl. zB , , , , ).

Bei den Organen der Parkraumüberwachung handelt es sich um besonders geschulte Organe, denen die Wahrnehmung und richtige Wiedergabe maßgeblicher Sachverhalte zugemutet werden kann.

Meldungsleger sind auf Grund des abgelegten Diensteides der Wahrheit verpflichtet. Im Fall der Verletzung dieser Pflicht treffen sie straf- und dienstrechtliche Sanktionen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dient die Anzeige dem Beweis der Rechtsrichtigkeit der Meldungslegung und ist als taugliches Beweismittel anzusehen (vgl. , ).

Die Meldungslegerin hat in der Anzeige detailliert festgehalten, woran sie die Farbkopie erkannt hat, nämlich der Ausweis hatte eine ungleiche Einschweißung, auf linker Seite war ein weißer Rand, der Abstand zwischen Parkausweis zum Rand war zu kurz.

In der mündlichen Verhandlung wurde zudem vorgebracht, dass der "Kopierschutz" mit kleinen Rollstuhlfahrer-Symbolen auf dem Beanstandungsfoto Foto nicht erkennbar sei, sondern nur gewellte Linien und dass der Originalausweis einen Falz habe, der bei der Beanstandung eindeutig nicht sichtbar war.

Bei dem im Zuge der mündlichen Verhandlung vom Gericht mit einer Lupe in Augenschein genommenen Ausweis des Bf., der hinter der Windschutzscheibe seines Kfz, mit dem er zur mündlichen Verhandlung kam, angeklebt war, handelte es sich zweifellos um das Original, was auch die Meldungslegerin im Zuge ihrer Zeugenaussage bestätigte.

Der Originalausweis war deutlich schärfer in der Auflösung, die Rollstuhlfahrersymbole waren durchgängig deutlich sichtbar und die Farbgebung war kräftiger als auf dem Foto der Meldungslegerin im Zuge der gegenständlichen Beanstandung. Da der Originalausweis die von der Meldungslegerin festgestellten Auffälligkeiten nicht aufwies, ist auszuschließen, dass das Original zum beanstandeten Abstellzeitpunkt im Fahrzeug hinterlegt gewesen ist, weshalb mit dessen Vorlage die Feststellungen der Meldungslegerin nicht erschüttert werden konnten.

Das Bundesfinanzgericht zieht daher die Wahrnehmungen der Meldungslegerin und ihre Anzeigedaten, wonach es sich bei dem Parkausweis um eine Farbkopie gehandelt hat, nicht in Zweifel. Im Übrigen machte die Meldungslegerin auf das Gericht weder den Eindruck, eine persönliche Befindlichkeit gegen den Bf. zu haben, noch wirkte sie unerfahren in der Beurteilung von derlei Ausweisen.

Auf den Vorwurf der Manipulation, der vom Bf. allgemein in den Raum gestellt wurde, ohne näher begründet oder spezifiziert werden zu können, ist daher mangels Substrats nicht näher einzugehen. Im Gegenteil, trotz der generellen Verdächtigung der Manipulation des Fotos (das die Meldungslegerin im Zuge der Beanstandung gemacht hatte), den der Bf., ohne zu sagen von wem oder warum, in den Raum stellte, blieb die Meldungslegerin ruhig und sachlich und gab glaubhaft an, dazu weder Gelegenheit noch Grund gehabt zu haben, was sie sie anhand der genauen Schilderung des Ablaufes einer solchen Beanstandung erklärte. Sie macht ihre Tätigkeit nach eigenen Angaben seit dem Jahr 2009 und wirkte auf das Bundesfinanzgericht äußerst kompetent und glaubwürdig.

Der Bf. ist körperlich in seiner Fortbewegung äußerst eingeschränkt und kann sich auf Grund der Kinderlähmung nur mit Krücken mühsam fortbewegen. In diesem Zusammenhang ist darauf Bedacht zu nehmen, dass er offensichtlich über mehrere Kfz verfügt, da er zum Beanstandungszeitpunkt einen roten VW fuhr und zur Verhandlung mit einem anderen Kfz kam, in dem der Behindertenausweis an der Windschutzscheibe innen mit Tixoband angeklebt war.

Der Bf. bezog sich mehrfach darauf, dass er Berechtigter sei und einen unbefristeten originalen Behindertenausweis habe und bezweifelte, dass das Gesetz die Hinterlegung des Originalausweises verlange und bezog sich dabei auf die StVO und wurde von der Richterin dahingehend aufgeklärt, dass diese Bestimmung nicht in der StVO, sondern in der Parkometerabgabeverordnung § 6 lit. g zu finden sei. Die Richterin las ihm diese auch in der mündlichen Verhandlung vor und verwies auf die ständige einschlägige Judikatur sowie die Formulierung in der Parkometerabgabeverordnung, derzufolge nur das Original des Ausweises eine Befreiung von der Parkometerabgabe nach sich ziehe.

Entscheidend ist eben nicht, dass der ausgestellte Behindertenausweis im Original vorhanden ist, sondern dass der Behindertenausweis gemäß § 29b StVO im Original hinter der Windschutzscheibe gut sichtbar angebracht ist (vgl. ).

Erst dadurch schien der Bf. sich des Unrechtsgehalts der Verwendung einer Kopie bewusst zu werden.

Bei Abwägung der Angaben des anzeigelegenden Organes und dem Vorbringen des Bf. als Beschuldigter, der in der Wahl seiner Verteidigung völlig frei ist, wird die Übertretung in freier Beweiswürdigung als erwiesen angesehen.

Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Bf. durch die Verwendung einer Farbkopie des Parkausweises die objektive Tatseite der ihm von der belangten Behörde angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht hat.

Was die subjektive Tatseite betrifft, so genügt nach § 4 Abs. 1 des Parkometergesetzes zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens bereits Fahrlässigkeit. Es ist aber unwahrscheinlich und daher auszuschließen, dass sich der Bf. im Zeitpunkt der Abstellung des Fahrzeugs nicht dessen bewusst gewesen ist, nur eine Kopie des auf ihn ausgestellten Behindertenausweises in Händen zu haben. Dass mit der Verwendung eines kopierten Behindertenausweises eine Verkürzung der Parkometerabgabe verbunden ist, muss der Bf. zumindest in Kauf genommen haben, weshalb der Feststellung der belangten Behörde, der Bf. habe die Parkometerabgabe verkürzt, nicht entgegenzutreten ist.

Hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes ist auch im Lichte der aktuellen Judikatur des Obersten Gerichtshofes vom , 15 Os 111/22w in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass dabei in einem ähnlich gelagerten Fall bei der Verwendung eines fremden Behindertenausweises von schwerem Betrug gemäß §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 fünfter Fall StGB ausgegangen wurde.

Im Unterschied dazu handelt es sich allerdings im gegenständlichen Fall um Verwendung des eigenen Behindertenausweises und damit um Vorliegen einer Berechtigung, diesen zu verwenden.

Das Bundesfinanzgericht hat aber erst kürzlich auch bei berechtigter Verwendung im Fall eines abgelaufenen Behindertenausweises den Fall der Staatsanwaltschaft zur Überprüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des Betruges vorgelegt (BFG vom 225.04.2023, RV/7500204/2023).

Im gegenständlichen Fall ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts jedoch nicht von Betrug auszugehen.

Dies begründet sich damit, dass der Beschuldigte nicht nur seinen eigenen Ausweis berechtigt verwendet hat, nachweislich auch mit unterschiedlichen Kfz unterwegs ist und selbst bei Verwendung einer Farbkopie im anderen Fahrzeug, diese nie in betrügerischer Absicht verwendet hat, da er die Befreiung von der Parkgebühr, die ihm von Rechts wegen zusteht, ausschließlich für sich selbst in Anspruch genommen hat und niemand anderem einen geldwerten Vorteil durch eine Täuschung verschaffen wollte.

Aus diesen Gründen wird der Akt nicht der Staatsanwaltschaft vorgelegt.

Zur Strafbemessung

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu € 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Gemäß § 10 Abs. 1 VStG richten sich Strafart und Strafsatz nach den Verwaltungsvorschriften, soweit im VStG nicht anderes bestimmt ist.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat Grundlage für die Bemessung der Strafe.

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Bei der Strafbemessung ist gemäß § 19 VStG darauf Bedacht zu nehmen, dass ein öffentliches Interesse an der Abgabenentrichtung besteht. Werden die hiefür vorgesehenen Kontrolleinrichtungen nicht oder unrichtig entwertet, entgehen der Gemeinde Wien unter Umständen die entsprechenden Abgaben. Angesichts der hohen Hinterziehungs- und Verkürzungsanfälligkeit der Parkometerabgabe ist eine Bestrafung in einer Höhe geboten, die sowohl eine individualpräventive als auch eine generalpräventive Wirkung entfaltet.

Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, allerdings muss die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen (vgl. ; ).

Das Verschulden bei Verwendung einer Farbkopie ist grundsätzlich nicht unerheblich, da im verfahrensgegenständlichen Fahrzeug in freier Beweiswürdigung erwiesen wurde, dass eine Farbkopie eines Ausweises gemäß § 29 b StVO eingelegt war und dadurch die vorgeschriebene Parkometerabgabe verkürzt wurde.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Bf. gering sind.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde einem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Diesem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des Bf., sollte ein (von ihm bestrittenes) Verschulden vorliegen, ihm eine Ermahnung zu erteilen, ist entgegenzuhalten, dass dem Bf. als Steuerberater (emeritiert) die Kenntnis der bezughabenden Rechtsvorschriften sehr wohl zugemutet werden kann und nach den obigen Ausführungen zum Vorliegen einer Verkürzung der Parkometerabgabe auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass kein Schaden entstanden ist. Von einem geringen Verschulden an der Verkürzung der Parkometerabgabe kann daher nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes im gegenständlichen Fall nicht gesprochen werden.

Für die in der mündlichen Verhandlung begehrte Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 und Abs. 1 letzter Satz VStG, von der Verhängung einer Strafe abzusehen und dem Bf. unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung zu erteilen, ist daher im Streitfall kein Raum.

Bei der Strafbemessung sind auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Bf. zu berücksichtigen. Der Bf. hat keine Sorgepflichten und er bezieht eine Pension.

Der Aktenlage nach kommt dem Bf. aber der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu.

Darüberhinaus erscheint allerdings unter Bedachtnahme auf die Strafzumessungsgründe und den bis zu € 365,00 reichenden Strafrahmen, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden dem Bundesfinanzgericht im konkreten Beschwerdefall eine Herabsetzung der Geldstrafe angemessen, insbesondere vor dem Hintergrund der in diesem Fall konkret vorliegenden Sachverhaltsumstände:

Zum einen ist der Bf. Inhaber von dem unbefristet gültigen Parkausweis gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nr. Zahl1.

Zum anderen ist er auf Grund seiner körperlichen Einschränkung in der Fortbewegung stark eingeschränkt und der Wechsel des Originalausweises von einem Kfz in ein anderes stellt für ihn eine nicht unerhebliche Mühe dar.

Zum dritten scheint er auch erst im Zuge der mündlichen Verhandlung den Unrechtsgehalt und das Bewusstsein für die Verwendung des Originalausweises richtig erfasst zu haben.

Und zum vierten zeigte er eine gewisse Einsicht durch die Stellung seines Antrages in der mündlichen Verhandlung auf Ermahnung anstelle von Bestrafung.

Aus den genannten Gründen erscheint in der Gesamtbetrachtung und unter Berücksichtigung von general- und spezialpräventiven Gründen eine Geldstrafe in Höhe von € 36,00 als schuld- und tatangemessen.

Gemäß § 16 Abs. 2 letzter Satz VStG ist die Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 9 Stunden nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Kostenentscheidung

Da die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 VStG in Höhe von 10% der Strafen festzusetzen sind (mindestens jedoch mit zehn Euro), wurden sie somit in Höhe von € 10,00 korrekt festgesetzt.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).

Zur Unzulässigkeit der Revision

Eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof ist auf der Grundlage des § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes unzulässig, da bei Verwaltungsstrafsachen, bei denen eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro verhängt werden darf und im Erkenntnis eine Geldstrafe von nicht mehr als 400 Euro verhängt wird, eine Verletzung in subjektiven Rechten ausgeschlossen ist. Eine ordentliche Revision der belangten Behörde ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da dieses Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7500325.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at