Kosten auswärtiger Berufsausbildung eines Kindes
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (=Bf.) beantragte in den Jahren 2020 - 2022 jeweils außergewöhnliche Belastungen für ein Kind ohne Behinderung in der Höhe von € 31.160,00.
2019 beantragte die Bf. erstmals im Zuge der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 die Geltendmachung von Ausbildungskosten Ihres Kindes AB für die Ausbildung zur Maskenbildnerin in Berlin/Brandenburg, Deutschland, in der Höhe von € 31.160,00.
Bei den Veranlagungen 2020 und 2022 wurden diese Aufwendungen in der Höhe des gesetzlich abziehbaren Pauschbetrages berücksichtigt. Diese Entscheidungen wurden von der Bf. nicht bekämpft.
Im Erstbescheid des hier strittigen Jahres 2021 wurden von der Bf. Gesamtkosten in Höhe von € 37.966,58 (Krankheitskosten € 6.806,58 sowie Kosten der auswärtigen Berufsausbildung eines Kindes € 31.160,00) als außergewöhnliche Belastung beantragt und wurde mit diesem Bescheid der gesamte Betrag in tatsächlicher Höhe berücksichtigt.
Daraufhin hat die Bf. kurz nach Erhalt des Bescheides telefonisch urgiert, ob die Gutschrift in der in dem Erstbescheid 2021 gewährten Höhe tatsächlich so stimme. Es wurde ihr bei der Hotline Bf. telefonisch mitgeteilt, dass die Steuergutschrift überprüft werde. Da die Bf. im Anschluss keine weitere Information erhalten hat, ist sie davon ausgegangen, dass der Betrag stimmt, und hat die Steuergutschrift verbraucht.
Am erging ein Bescheid gem. § 299 BAO über die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2021 vom an die Bf., mit gleichem Datum wurde der neue Einkommensteuerbescheid 2021 erlassen, aus dem sich nun eine Abgabennachforderung von € 4.697,00 ergab.
Im Zuge einer Bescheidaufhebung gem. § 299 BAO korrigierte die Abgabenbehörde die Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der auswärtigen Berufsausbildung und berücksichtigte stattdessen den Pauschalbetrag für auswärtige Berufsausbildung eines Kindes iHv € 110/Monat.
Am brachte die Bf. über Finanzonline Beschwerde gegen diesen Bescheid ein, wandte Treu und Glauben ein sowie, dass sie nicht in der Lage ist, den durch Fehler der Abgabenbehörde verursachten Betrag sowie die zusätzlich vorgeschriebenen Zinsen rückzuerstatten.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Mit Eingabe vom beantragte die Bf. die Vorlage an das Bundesfinanzgericht.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zu Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 EStG 1988) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein, sie muss zwangsläufig erwachsen und sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von € 110,00 pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.
Gem. § 299 BAO kann die Abgabenbehörde einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.
Nach § 302 Abs 1 BAO sind Aufhebungen gem. § 299 grundsätzlich bis zum Ablauf eines Jahres ab Bekanntgabe des aufzuhebenden Bescheides zulässig.
Bei den Aufhebungstatbeständen des § 299 hat das Prinzip der Rechtsrichtigkeit den Vorrang vor dem Prinzip der aus der Rechtskraft fließenden Rechtsbeständigkeit und Rechtssicherheit. , ÖStZB 1984, 270; , 84/13/0024, ÖStZB 1986, 411; , 84/15/0047, ÖStZB 1987, 204; , 92/16/0068, ÖStZB 1994, 660; , 95/15/0113, ÖStZB 2001, 510.
Der Inhalt eines Bescheides ist nicht richtig, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht (vgl Ritz, BAO5 § 299 Tz 10). ; , 2013/17/0009.
Mit dem nun bekämpften Bescheid erfolgte die Korrektur der fälschlicherweise erfolgten Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der auswärtigen Berufsausbildung eines Kindes iHV 31.160 UND des Pauschalbetrages gem. § 34 (8) EStG. Da für die auswärtige Berufsausbildung eines Kindes lediglich der Pauschalbetrag von € 110/Monat - unabhängig von den tatsächlichen Kosten - zusteht, war der Spruch des ursprünglichen Bescheides unrichtig und daher zu korrigieren.
Die Korrektur erfolgte somit zu Recht.
Wenn die Bf. den Grundsatz von Treu und Glauben vorbringt, ist dem entgegenzuhalten, dass dieser Grundsatz in seiner Anwendung durch das sich aus Art 18 B-VG ergebende Legalitätsprinzip beschränkt ist; die Anwendung ist nur dann möglich, wenn gesetzliche Vorschriften hiefür einen freien Raum lassen. 527/69, ÖStZB 1971, 14 = Slg 4113/F; , 84/15/0047, ÖStZB 1987, 204; , 89/16/0218, ÖStZB 1992, 308; , 93/15/0119, ÖStZB 1996, 347; , 98/15/0158, ÖStZB 2002/274 (331);
Nach der Judikatur des VwGH (zB , 2003/16/0113; , 2002/13/0104; , 2008/15/0049; , 2011/15/0126) schützt der Grundsatz von Treu und Glauben nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit; die Behörde ist verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen.
Im vorliegenden Fall war der Spruch des korrigierten Bescheides eindeutig unrichtig. Bei der nachfolgenden - und nun bekämpften - Korrektur war jedoch kein Spielraum für die Anerkennung von tatsächlichen Kosten der auswärtigen Berufsausbildung eines Kindes, da die Berücksichtigung derartiger Kosten eindeutig mittels Pauschalbetrages geregelt ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass sich die Beschwerde lt. Überschrift auch gegen die Zinsen wandte, dem BFG aber keine Vorlage in Bezug auf die verhängten Anspruchszinsen vorgelegt wurde. Die Bf. hat jedoch die Möglichkeit, sich an die Abgabenbehörde zwecks Nachsicht der Anspruchszinsen zu wenden.
2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 2 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 18 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 302 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 18 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100357.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at