Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.04.2023, RV/7100336/2023

Haftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO - Eintritt der Verjährung und Nichtvorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung behauptet.

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1737/2023 anhängig.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Andreas Schuster, Rechtsanwalt, Liechtensteinstraße 22A/1/12, 1080 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Haftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO, Steuernummer ***8***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seines steuerlichen Vertreters Dr. ***1*** sowie der Schriftführerin ***17*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtenen Haftungsbescheid bleibt unverändert aufrecht.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid des ***FA*** vom wurde der nunmehrige Beschwerdeführer ***Bf1*** (in der Folge kurz Bf. genannt) gemäß § 9 BAO i.V.m. §§ 80 ff. BAO als ehemaliger Geschäftsführer der Fa. A-GmbH, Firmenbuchnummer: ***9***, zur Haftung für deren aushaftenden Abgabenschuldigkeiten im Ausmaß von € 80.589,80 herangezogen. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag in Euro
Umsatzsteuer
2009
619,10
Körperschaftsteuer
2009
74.760,70
Körperschaftsteuer
2012
1.047,00
Körperschaftsteuer
2013
4.163,00
Summe:
80.589,80

Zur Begründung wurde wie folgt ausgeführt:

"Die Abgaben bei der Firma A-GmbH sind nicht einbringlich.
Die Abgaben können bei der juristischen Person deshalb nicht mehr eingebracht werden, da die
Firma im Firmenbuch bereits gemäß § 40 gelöscht wurde.
Aufgrund der COVID 19 Pandemie und der langen Verfahrensdauer im Beschwerde- und Vorlageverfahren beim Bundesfinanzgericht im Haftungsverfahren 2016 wird
erst jetzt ein neuerlicher Haftungsbescheid ausgestellt.

Sie waren im Zeitraum von bis unbestritten Geschäftsführer der A-GmbH, also einer juristischen Person, und daher zu deren Vertretung berufen.Sie waren somit auch verpflichtet, die Abgaben aus deren Mittel zu entrichten.

Aus den Bestimmungen der §§ 9 u. 80 BAO ergibt sich, dass der Geschäftsführer einer GmbH fürdie Abgaben insoweit haftet, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihm alsGeschäftsführer auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Für die Geltendmachung der Haftung war ein Kausalzusammenhang zwischen den Obliegenheitendes Abgabepflichtigen (wie Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, Anzeigepflicht, Erklärungspflicht)sowie dem Abgabenausfall herzustellen.

Dazu wird folgendes ausgeführt:
"Grundsätzlich ist es die Pflicht des gesetzlichen Vertreters (bei der GmbH der Geschäftsführer) für
die rechtzeitige Entrichtung der anfallenden Abgabe Sorge zu tragen. Wenn er dieserVerpflichtung nicht nachkommt, haftet der Vertreter, wobei laut ständiger Rechtsprechung als Schuldform leichte Fahrlässigkeit ausreicht.

Die Geltendmachung der Haftung liegt auch im Ermessen der Abgabenbehörde, das sichinnerhalb der vom Gesetz auferlegten Grenzen (§ 20 BAO) zu halten hat. Innerhalb dieserGrenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unterBerücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem GesetzesbegriffBilligkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigten Interessen der Partei", dem Begriff"Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben mit allengesetzlichen vorgesehenen Mitteln und Möglichkeiten" beizumessen.

Die Haftung kann auch für Abgabennachforderungen bestehen, die nach Beendigung derVertretertätigkeit zu entrichten sind.

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtungerforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Betrachtung derAbgabenvorschriften zu entrichten gewesen wären (zB ;; ).

Demnach sind die den Haftungsbeträgen zugrundeliegenden Abgabenbescheide - obwohl dieseerst aufgrund einer abgabenbehördlichen Betriebsprüfung ergangen sind, die zu einem Zeitpunktstattfand, als Sie keine Funktion als Geschäftsführer der A-GmbH mehr innehatten,Ihnen dann zuzurechnen, wenn die Fälligkeit der Erstbescheide bzw. die Verpflichtung zurAbgabe richtiger UVA's in die Zeit Ihrer Vertretungstätigkeit fällt (siehe dazu oben und VwGH, 98/16/0018).

Bei Selbstbemessungsabgaben (z.B. Umsatzsteuer) ist maßgebend, wann die Abgaben beiordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären ( 95/15/0137; ; ). Maßgebend istsomit der Zeitpunkt der Fälligkeit der betreffenden Abgabe, unabhängig davon, wann siebescheidmäßig festgesetzt wird (vgl. ; 2001/16/0291).

Die schuldhafte Pflichtverletzung liegt bereits durch die nicht zeitgerechte Bekanntgabe derSelbstbemessungsabgaben vor.
Mit der Bestellung zum Geschäftsführer übernimmt der Geschäftsführer die Pflicht zur Erfüllung
der abgabenrechtlichen Pflichten. (§ 80 Abs. 1 BAO)
Hat der Geschäftsführer schuldhaft seine Pflicht verletzt, so wird davon ausgegangen, dass die
Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit war.

Nach der Rechtsprechung entbindet die Betrauung eines Steuerberaters mit der Wahrnehmungabgabenrechtlicher Pflichten den Vertreter nicht von seinen Pflichten. Sie kann ihn nur dannentschuldigen, wenn er im Haftungsverfahren Sachverhalte dartut, aus denen sich ableiten lässt,dass der Vertreter dem Steuerberater alle abgabenrechtlich relevanten Sachverhalte vorgetragenhat. Im Übrigen hat der Vertreter diese Dritten in solchen Abständen zu überwachen, die esausschließen, dass ihm die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten, insbesondere die Verletzungabgabenrechtlicher Zahlungspflichten, verborgen bleiben.

Schon aufgrund der Tatsache, dass seit eine Betriebsprüfung im Laufen war, istIhnen als damaliger Vertreter der Gesellschaft die Verpflichtung zur Beweisvorsorge zumutbar.Bereits im Hinblick auf eine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger hätten Sie durchdas Erstellen und Ausdrucken der Unterlagen diese als Beweise sichern können bzw. müssen.Im Zeitpunkt Ihres Ausscheidens als Geschäftsführer waren zwar keine offenenAbgabenrückstände am Finanzamtskonto vorhanden, jedoch bestand sehr wohl ein offenesVerfahren.

Aus diesem Umstand ergibt sich, dass die Unterlagen betreffend der in Rede stehenden Abgabenbereits bei Entstehung der Abgabenpflicht zu sichern gewesen wären.

Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichenVerpflichtung ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

Die Abgabenbehörde geht davon aus, dass diese Pflichtverletzungen die Ursache für dieUneinbringlichkeit waren."

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Gegen diesen Haftungsbescheid vom richtet sich die frist- und formgerechte Beschwerde des Bf. vom , mit welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und beantragt wird, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben oder abzuändern.

Der Bf. führt in seiner Beschwerde wie folgt aus:

"A.) Beschwerdebehauptung

Der beschwerdegegenständliche Bescheid verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Unterbleiben der Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß § 9 iVm § 80 BAO für Abgabenschuldigkeiten der A-GmbH für die im beschwerdegegenständlichen Bescheid angeführten Zeiträume.

B.) Einwand der Verjährung nach § 207 BAO

B.1.) Sachverhalt zur Verjährung

Am erging an den Beschwerdeführer als ehemaligen Vertreter der Firma A-GmbH ein Haftungsvorhalt der belangten Behörde.

In seiner vorläufigen Stellungnahme vom und nachfolgender Stellungnahme vom zum Vorhalt der beabsichtigten Erlassung dieses Haftungsbescheides erklärte der Beschwerdeführer, dass er Herrn Dr. ***1*** mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung bevollmächtigt habe und um die Zustellung aller das Verfahren betreffenden Schriftstücke zu seinen Handen ersucht. Eine Zustellung sei daher nur noch zu Handen desausgewiesenen Vertreters möglich.

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer als ehemaliger Geschäftsführer derFirma A-GmbH, gemäß § 9 iVm. §§ 80 ff BAO für aushaftendeAbgabenschuldigkeiten der Gesellschaft im Ausmaß von € 91.410,50 in Anspruch genommen.Der Bescheid wurde ihm direkt zugestellt.

Mit Schriftsatz vom erhob der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenenVertreter gegen den Haftungsbescheid Bescheidbeschwerde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerdehinsichtlich der Umsatzsteuer 11-12/2014 und Anspruchszinsen 2009 und 2013 statt, und wiesdie Beschwerde im Übrigen als unbegründet ab.

Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung über dieBeschwerde durch das Bundesfinanzgericht, die Durchführung einer mündlichen Verhandlungund teilte mit, dass das Mandats- und Auftragsverhältnis zwischen Herrn Dr. ***1*** und ihm aufgelöst sei, weshalb ersucht werde, alle weiteren Schriftstücke an ihn direktzuzustellen.

Das Finanzamt legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht vor.

Mit Vorhalt vom ersuchte das Bundesfinanzgericht den Beschwerdeführer umMitteilung, ob er das Original des Haftungsbescheides seinem damaligen rechtsfreundlichenVertreter, Herrn RA Dr. ***1***, übergeben habe und wenn nein, wie Dr. ***1*** Kenntnis über den Bescheidinhalt erlangt habe.

Im diesbezüglichen Antwortschreiben vom führte der Beschwerdeführer aus, dassRechtsanwalt Dr. ***1*** das Original des Haftungsbescheides nicht erhalten habe,sondern lediglich eine von ihn eingescannte und per E-Mail vom , 12:44 Uhr an ihngesendete Kopie.

Mit Beschluss vom wies das Bundesfinanzgericht zur GZ RV/7104953/2020 dieBeschwerde gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO als nicht zulässig zurück und begründete dieZurückweisung wie folgt (Hervorhebungen nicht im Original):

"Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn
sie a) nicht zulässig ist oder b) nichtfristgerecht eingebracht wurde.

Nach § 98 BAO sind, soweit in der Bundesabgabenordnung nicht anderes bestimmt ist,Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 (in der Folge: ZustellG),vorzunehmen.

Die Anwendbarkeit des ZustellG im Abgabenverfahren ergibt sich auch aus dessen § 1 Abs. 1.

Nach § 9 Abs. 3 ZustellG hat die Behörde, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderesbestimmt ist, dann, wenn eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zumEmpfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen.

Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Eine gemäß § 8 Abs. 1 RAO zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung erteilteVollmacht erfasst auch eine Zustellvollmacht iSd § 9 ZustG (VwGH B , 94/14/0104).

Der Parteienvertreter hat der Behörde seine Bevollmächtigung mit der Einreichung derStellungnahme vom zum Haftungsvorhalt vom angezeigtund sich gemäß § 8 Abs. 1 RAO aufdie ihm erteilte Vollmacht berufen. Ab diesem Zeitpunktwären sämtliche Schriftstücke an den Parteienvertreter zuzustellen gewesen (vgl. Ritz, BAO6, § 9 Zustellgesetz, Tz 23ff und die dort zitierte Judikatur).

Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden gemäß § 224 Abs. 1 BAO durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. Die im 6. Abschnitt derBundesabgabenordnung betreffend die Einhebung der Abgaben geregelte Erlassung einesHaftungsbescheides ist somit eine Einhebungsmaßnahme (Ritz, BAO6, § 224 Tz 4). DieBestimmung des § 103 Abs. 1 zweiter Satz BAO gilt daher auch für Haftungsbescheide (Ritz,BAO6, § 103 Tz 3 mit Judikaturnachweisen).

Gemäß § 103 Abs. 1 zweiter Satz BAO können im Einhebungsverfahren ergehendeErledigungen aus Gründen der Zweckmäßigkeit, insbesondere zur Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens, trotz Vorliegens einer Zustellungsbevollmächtigung wirksamdem Vollmachtgeber unmittelbar zugestellt werden.

Bei Vorliegen einer Zustellbevollmächtigung ist die unmittelbare Zustellung einesHaftungsbescheides gemäß § 9 BAO an den Vollmachtgeber nur dann zulässig, wenn dieszweckmäßig im Sinne des § 103 Abs. 1 zweiter Satz BAO ist, somit insbesondere derVereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens dient. Dabei obliegt es dem Finanzamt,derartige Zweckmäßigkeitsgründe aufzuzeigen (vgl. GZ. RV/1261-L/09).

ln diesem Zusammenhang führte das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung vom aus, dass einerseits verhindert werden sollte, dass weitere Verzögerungeneintreten und andererseits sollte dem Adressaten die nunmehr bestehende - durch dieHaftungsinanspruchnahme zu seiner Abgabenschuld gewordene - Forderung des Finanzamtesan ihn, unmittelbar vor Augen geführt werden.

Das Bundesfinanzgericht kann dieser Argumentation nicht folgen, da nicht erkannt werdenkann, weshalb durch die Direktzustellung eine Verzögerung verhindert werden bzw. eineVerfahrensbeschleunigung eintreten soll. Die Begründung der belangten Behörde stellt denVersuch dar, eine irrtümlich erfolgte Direktzustellung nachträglich zu rechtfertigen.Jedenfalls ging der Zweck des Vollmachtsverhältnisses, der im fachlichen Beistand zu sehenist, mit der Direktzustellung verloren. Dass die Verhinderung von Verzögerungen nur einezweckgerichtete Argumentation der belangten Behörde ist, ergibt sich schon daraus, dass dieBeschwerdevorentscheidung zur Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheidvom erst am erging unddie Vorlage der Beschwerde aufgrunddes Vorlageantrages vom erst am erfolgte.

Der weiteren Begründung der Ermessensentscheidung, dem Adressaten sollte die nunmehrbestehende - durch die Haftungsinanspruchnahme zu seiner Abgabenschuld gewordene -Forderung des Finanzamtes an ihn, unmittelbar vor Augen geführt werden, istentgegenzuhalten, dass diese allgemein gehaltene Formulierung zur Folge hätte, dass jederHaftungsbescheid ungeachtet einer erteilten Vollmacht an den Vollmachtgeber zuzustellenwäre.

Das Finanzamt hat somit keine tauglichen Zweckmäßigkeitsgründefür die Direktzustellungdes Haftungsbescheides an den Vollmachtgeber aufgezeigt.

AufGrund der Aktenlage sind somit keine Gründe ersichtlich, die eine direkte Zustellung desHaftungsbescheides als zweckmäßig erscheinen lassen.

Demzufolge wäre der Haftungsbescheid vom an den Vertreter zuzustellengewesen.

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß den §§ 7 und 9 ZustG dieZustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger(Zustellungsbevollmächtigten) tatsächlich zukommt. Ein tatsächliches Zukommen setzt nachder Rechtsprechung des Verwaltungsgerichlshofes voraus, dass der vom Gesetz vorgeseheneEmpfänger tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftstücks kommt. Nicht ausreichendist die bloße Kenntnisnahme des Inhalts des Schriftstücks beispielsweise durch Übermittlungeiner Ablichtung oder durch Akteneinsicht. Wenn die Kenntnisnahme des Schriftstücks (ohnetatsächliches Zukommen) nicht genügt, dann saniert auch der Umstand, dass ein Rechtsmittelgegen das Schriftstück eingebracht wird, die fehlende Zustellung nicht (vgl. etwa VwGH, Fr 2018/15/0011; sowie im Ergebnis bereits ). Die BAO enthält in Verbindung mit dem ZustG Regelungen über die Heilungvon Zustellmängeln; eine "Heilung durch Einlassung" kennen diese Bestimmungen nicht (vgl. VwGH9.4.2020, Ro 2020/16/0004; nochmals ).

In der Übermittlung mittels E-Mail ist aber kein tatsächliches Zukommen des Schriftstückesgelegen.

Der Haftungsbescheid ist demgemäß noch nicht zugestellt und sohin nicht erlassen.

Gemäß der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist eine Bescheidbeschwerde gegen einenmangels Zustellung rechtlich nicht existent gewordenen Bescheid zurückzuweisen (;, 93/17/0318; vgl auch Ritz, BAO6, Tz 8 zu § 260). "

Gegen diesen Beschluss wurde keine (Amts)Revision eingebracht.

Die letzte nach außen erkennbare Amtshandlung der belangten Behörde in dieserAbgabensache vor der Erlassung des hier beschwerdegegenständlichen Bescheides vom bestand somit in der Zustellung des Vorhaltes vom .

Im Haftungsbescheid sind als Fälligkeitstag für die Umsatzsteuer 2009 der , für die Körperschaftsteuer 2009 der , der Körperschaftsteuer 2012 der und fürdie Körperschaftsteuer 2013 der angegeben.

Der Zeitraum zwischen der letzten Amtshandlung in dieser Abgabensache und der Zustellungdes nunmehr erlassenen Bescheides am beträgt mehr als 6 Jahre. In dieser Zeit sindkeine neuen Tatsachen (iSd § 303 BAO) hervorgekommen, sodass auch die Berufung derbelangten Behörde auf Pandemie bedingte Verzögerungen keine Rechtsfolgen zeitigt, andernfalls diese bereits in der zitierten Entscheidung des BundesfinanzgerichtesBerücksichtigung gefunden hätten.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen ***7*** vom GZ ***6*** (Beilage ./l) wurden der Beschwerdeführer unter anderem vom Vorwurf "I./ im Zeitraum bis die Zahlungsunfähigkeit der A-GmbH herbeigeführt; II./im Zeitraum bis in Kenntnis (fahrlässiger Unkenntnis)der Zahlungsunfähigkeit der A-GmbH die Befriedigung wenigstens eines derGläubiger vereitelt " zu haben, freigesprochen.

Infolge des in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Rechtsmittelverzichts wurde dasUrteil sofort rechtskräftig.

Es wurde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Sicherheit festgestellt, dass derBeschwerdeführer weder die Zahlungsunfähigkeit der A-GmbH herbeigeführtnoch in Kenntnis (fahrlässiger Unkenntnis) der Zahlungsunfähigkeit der A-GmbH die Befriedigung wenigstens eines der Gläubiger vereitelt hat, den Beschwerdeführersomit keinerlei Verschulden an der Nichtzahlung von Gläubigerforderungen trifft.

Gegenstand dieses Strafverfahrens war auch der gesamte Akt des hier gegenständlichenAbgabenverfahrens. Ein gesondertes Finanzstrafverfahren wurde nicht eingeleitet.

B.2.) Begründung des Eintritts der Verjährung

Das Recht eine Abgabe festzusetzen unterliegt gemäß § 207 Abs 1 BAO der Verjährung undbeträgt grundsätzlich fünfJahre (Abs 2). Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs 1 lit a) BAOmit Ablauf des Jahres zu laufen, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Gemäß § 209 Abs. 1 BAO verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn innerhalb derVerjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung desAbgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von derAbgabenbehörde unternommen werden. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um einweiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessenAblaufdie Verjährungsfrist verlängert ist.

Die letzte nach außen erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruchsder belangten Behörde bestand in der Zustellung des Haftungsvorhaltes am . DerSachverhalt war zu diesem Zeitpunkt vollständig ermittelt.

Die Bescheidzustellung vom sowie alle auf diese gemäß Beschluss desBundesfinanzgerichtes vom nichtigen Zustelluneng folgenden Rechtshandlungen derBeschwerdeerhebung vom , der Beschwerdevorentscheidung , desVorlageantrages vom und der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgerichtvom , sind sohin ebenfalls nichtig, das heißt rechtlich nicht existent. Die nächstenach außen hin erkennbare Amtshandlung ist damit die Zustellung des hier angefochtenenBescheides am , der keinerlei Änderungen im Sachverhalt gegenüber demHaftungsvorhalt aus 2015 aufweist.

Die Verjährungsfrist gemäß § 208 Abs 1 BAO iVm § 207 Abs 2 BAO begann spätestens mitAblauf des ; sie endete somit spätestens am .

Eine die Verjährung hemmende Amtshandlung der belangten Behörde wurde nicht gesetzt. DieBehauptung einer pandemiebedingten Verzögerung stellt auch hier nur eine zweckgerichteteArgumentation der belangten Behörde dar und wurde seitens des Bundesfinanzgerichtes bereitsim Hinblick auf die verspätete Vorlage der Beschwerde bereits zurückgewiesen.

Ein Finanzstrafverfahren wurde nicht eingeleitet, die geforderten Abgaben nicht hinterzogen.

Eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 BAO ist nicht zulässig und auch nicht erfolgt.

Der angefochtene Bescheid wurde am , somit nach Ablauf der Verjährungsfristerlassen. Damit hat die belangte Behörde und somit der Bund das Recht, den Abgabenanspruchgelten zu machen, verloren.

Der angefochtene Bescheid ist daher schon auf Grund des Umstandes, dass er nachEintritt der Verjährung erlassen wurde, ersatzlos aufzuheben und wird sohin der

ANTRAG

auf Stattgabe der Beschwerde und Aufhebung bzw Abänderung des angefochtenenBescheides auf die ersatzlose Behebung gestellt.

C.) Weiteres Beschwerdevorbringen

Sollte der angefochtene Bescheid nicht schon auf Grund des Eintritts derBemessungsverjährung aufgehoben werden, so wird folgendes weiteres Beschwerdevorbringenerstattet:

C.l.) Sachverhalt

Mit Beschluss der Generalversammlung der A-GmbH vom wurdeder Beschwerdeführer als Geschäftsführer abberufen. Am selben Tag wurden dieGeschäftsanteile an der A-GmbH an den Käufer des Unternehmens Mag. ***3*** abgetreten.

Dieser hielt im unmittelbaren Anschluss an den Erwerb der Geschäftsanteile und somitebenfalls am eine außerordentliche Generalversammlung ab, in welcher Mag. ***3*** zum neuen selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer der A-GmbH bestellt und zugleich die Sitzverlegung nach ***7*** beschlossenwurde (siehe im Firmenbuch des Handelsgerichtes ***7*** zur GZ ***4*** einliegendes Protokoll der außerordentlichen Generalversammlung der A-GmbH vom GZ 8092(2015) des öffentlichen Notars Dr. ***5***, Amtssitz Adresse1, erliegt im Akt).

Dem neuen Geschäftsführer wurden unmittelbar nach dessen Bestellung am sämtliche Unterlagen der Gesellschaft, darunter auch die Buchhaltungsunterlagen in Papierund elektronischer Form, sowie alle Fahrnisse, bare und unbare Mittel der Gesellschaftübergeben und die Zeichnungsberechtigung auf den Konten der A-GmbH zu seiner ausschließlichen Verwendung eingeräumt sowie die Bankkarten und Tans übergeben. Erbestätigte die Übernahme mit Schreiben vom (erliegt im Akt).

Der Geschäftsführer verfügte daher seit dem über keinerlei Geschäftsunterlagenund Mittel der Gesellschaft. Abgabenbescheide wurden weder in seiner Vertretungsperiodenoch danach an ihn zugestellt.

Zum Zeitpunkt der Übertragung der Geschäftsanteile und der Beendigung seiner Funktion alsGeschäftsführer der A-GmbH am und somit während seinerVertretungsperiode haftete keinerlei Rückstand auf den Abgabenkonten der A-GmbH aus (Schreiben des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom sowieZahlungsbestätigung der Bank vom an das Finanzamt über den imFinanzamtsschreiben ausgewiesenen Abgabenrückstand von EUR 109,80).

Im Zeitraum seiner Vertretungsperiode existierten daher keine offenen und fälligenAbgabenforderungen. Vielmehr wurden diese stets zur Gänze bezahlt und hat derBeschwerdeführer seine ihm als Geschäftsführer obliegenden Pflichten zur Entrichtungangefallener Abgaben stets ordnungsgemäß erfüllt.

C.2.) Beschwerdebegründung

Mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen ***7*** vom GZ ***6*** (Beilage ./1) wurden der Beschwerdeführer unter anderem vomVorwurf im Zeitraum bis die Zahlungsunfähigkeit der A-GmbH herbeigeführt/ II/ im Zeitraum bis in Kenntnis(fahrlässiger Unkenntnis) der Zahlungsunfähigkeit der A-GmbH dieBefriedigung wenigstens eines der Gläubiger vereitelt " zu haben, freigesprochen.

Es wurde zweifelsfrei festgestellt, dass der Beschwerdeführer weder die Zahlungsunfähigkeitder A-GmbH herbeigeführt noch in Kenntnis (fahrlässiger Unkenntnis) derZahlungsunfähigkeit der A-GmbH die Befriedigung wenigstens eines derGläubiger und hier insbesondere der Abgabengläubigerin vereitelt hat.

Der Beschwerdeführer hatte somit keine Kenntnis einer eventuellen Zahlungsunfähigkeit der A-GmbH. Vielmehr ergab das Ermittlungsverfahren, dass die Auftragslage gutwar und laufende Rechnungen (wie auch die zuletzt genannte Abgabenforderung von EUR109,80) stets bezahlt wurden.

Den Beschwerdeführer trifft somit keinerlei Verschulden an der Nichtzahlung vonAbgabenverpflichtungen. Schon aus diesem Grund kann daher auch keine (schuldhafte)Benachteiligung des Abgabengläubigers durch den Beschwerdeführer eingetreten sein und istder angefochtene Bescheid aufzuheben.

Es gibt im gesamten Abgabenverfahren weder Feststellungen der Betriebsprüfung noch im hierangefochtenen Haftungsbescheid noch in den diesem angehängten Bescheiden gegen die A-GmbH auch nur Anhaltspunkte dafür, dass Buchführungspflichtenschwerwiegend verletzt worden wären.

Vielmehr wurde die Buchhaltung ordnungsgemäß geführt und konnten keine Aufzeichnungs- und Buchführungsmängel festgestellt werden. Diese Haftungsvoraussetzung gilt sowohl fürdie Körperschaftssteuer als auch die Umsatzsteuer als Selbstberechnungsabgabe.

Feststellungen darüber, ob im Zeitpunkt der ursprünglichen Fälligkeit der Abgaben die Mittelvorhanden waren, diese nachträglich festgestellten Abgabenrückstände abzudecken, fehlengänzlich. Sie hätten jedenfalls abgedeckt werden können, wenn auch nur ansatzweise derabzudeckende Fehlbetrag bekannt gegeben worden wäre. Dies fand aber bis zum Ausscheidendes Beschwerdeführers als Geschäftsführer nicht statt.

Ungeachtet dessen wurden der Abgabenbehörde alle angeforderten Unterlagen aus derBuchhaltung auf erste Aufforderung übergeben. Die Unterlagen wurden zu keinem Zeitpunktbeanstandet und auch keine Ergänzung verlangt, sodass der Beschwerdeführer auch nicht diegeringste Veranlassung hatte, andere Unterlagen zu sichern, wobei aufGrund der vollständigenÜbergabe der angeforderten Unterlagen auch nicht erkennbar war, welche Unterlagen das seinsollen. Ein fahrlässiges Verhalten seiner Person ist daher nicht gegeben.

Jeglicher darauf abzielender Vorwurf der schuldhaften Nichterfüllung der an ihn alsGeschäftsführer treffenden Verpflichtungen zur Entrichtung von fälligen Abgabenbeträgen ausMitteln der Gesellschaft wird daher als unrichtig zurückgewiesen und somit bestritten.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes ***7*** vom wurde das Konkursverfahren überdas Vermögen der A-GmbH zur AZ ***2*** eröffnet und der Konkursschließlich mangels kostendeckenden Vermögens aufgehoben.

Das gegen den Geschäftsführer der A-GmbH Mag ***3*** zugleich mitdem gegen den Beschwerdeführer geführte Strafverfahren führte zu einer Verurteilung desGeschäftsführers Mag. ***3***.

D.) Zulässigkeit der Beschwerde

Gemäß § 243 BAO ist die Einbringung einer Beschwerde gegen Bescheide, dieAbgabenbehörden erlassen zulässig. Die belangte Behörde hat als Finanzamt und somit alsAbgabenbehörde den beschwerdegegenständlichen Bescheid erlassen. Beschwerdeverzichtwurde keiner abgegeben. Die Beschwerde ist daher zulässig. Sie ist auch rechtzeitig, da dieeinmonatige Beschwerdefrist mit Ablauf des (Zustelldatum) begonnen und bis zum (einem Sonntag) läuft, damit an dem diesem nachfolgenden Werktag, dem endet, an dem die Beschwerde zur Post gegeben wurde.

E.) Anträge

Der Beschwerdeführer stellt daher nachfolgende

ANTRÄGE

• auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Ermittlung allenfalls noch nichterhobenen Sachverhalte, ohne die eine abschließende Feststellung und rechtlicheEinordnung des Sachverhaltes nicht möglich ist, Stattgabe der Bescheidbeschwerde und

• Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung, mit welcher die ersatzlose Behebung desbeschwerdegegenständlichen Haftungsbescheides des ***FA***, Postfach 260. ***18*** ***7***, vom zur Steuernummer ***8***, allenfalls die Erlassungeines Bescheides mit anderem Inhalt als dem beschwerdegegenständlichen Bescheidausgesprochen wird."

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde des Bf. vom als unbegründet ab.Zur Begründung führt die belangte Behörde wie folgt aus:

"Einwand der Verjährung

In Ihrer Beschwerde bringen Sie den Einwand der Verjährung nach § 207 BAO vor. Mit diesemVorbringen übersehen Sie, dass es sich bei der Haftung um eine Maßnahme der Abgabeneinhebung(und nicht um eine Maßnahme der Abgabenfestsetzung) handelt, weshalb die Vorschriften über dieEinhebungsverjährung (§ 238 BAO) zur Anwendung kommen.

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweiseeinzubringen binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fälliggeworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.

Gemäß § 238 Abs. 2 BAO wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung desAnspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durchVollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassungeines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechungeingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

§ 238 Abs. 3 BAO sieht drei Hemmungstatbestände vor. Die Einhebungsverjährung wird gehemmt,solange die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe innerhalb der letzten sechsMonate der Verjährungsfrist wegen höherer Gewalt nicht möglich ist (§ 238 Abs 3 lit a BAO). DieUnmöglichkeit kann sich aus Hindernissen ergeben, die beim Abgabenschuldner (er ist etwaeingeschneit) oder bei der Behörde liegen.

Gem. § 238 Abs. 3 lit b BAO ist die Einhebungsverjährung weiters gehemmt, solangedie Einhebung der Abgabe ausgesetzt ist. Die Wirkungen der Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) enden ua mit dem Ablauf, der dem § 212a Abs. 5 BAO zufolge anlässlich einer dasBeschwerdeverfahren abschließenden Erledigung zu verfügen ist. Diese Hemmungsregelungverhindert den Verlust des Rechtes zur Einhebung und zwangsweisen Einbringung etwa für denFall, dass ein gem. § 212a BAO bewilligter Zahlungsaufschub sieben Jahre dauert (weil dasRechtsmittelverfahren erst nach dieser Zeit beendet wird).
Die Wirkung der Hemmung besteht für die Zeitspanne zwischen der Wirksamkeit der Bewilligung
und der Verfügung des Ablaufes der Aussetzung oder des Widerrufes der Aussetzung ().

Die letzte nach außen erkennbare Amtshandlung erging am mittels Haftungsvorhalt.

Gemäß § 238 Abs. 2 BAO beginnt daher mit Ablauf des Jahres 2015 die Verjährungsfrist von fünfJahren neu zu laufen, und würde somit am enden.

Mit der Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid vom wurde auch einAntrag auf Aussetzung der Einhebung beantragt, welche am bewilligt wurde. Der Ablaufder Aussetzung der Einhebung wurde am verfügt. Für den Zeitraum der Aussetzungder Einhebung ( bis ) wurde die Verjährung gemäß § 238 Abs. 3 lit b) BAOgehemmt.

Daher ist noch keine Verjährung eingetreten. Der neue Haftungsbescheid vom erginginnerhalb der Verjährungsfrist.

Haftungsinanspruchnahme

Sie führen in der Beschwerde aus, dass Sie mit Beschluss vom als Geschäftsführerabberufen worden seien und es bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei offenen oder fälligenAbgabenforderungen gegeben hätte.

Dazu wird ausgeführt:
Gemäß
§ 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben dem durch sievertretenen Abgabenpflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolgeschuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen allePflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zusorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Sie waren im Firmenbuch zu FN ***9*** von bis als alleinigerGeschäftsführer der Firma "A-GmbH" eingetragen und als solcher nach Außen (Drittengegenüber) zur Vertretung berufen. Es oblag Ihnen als Geschäftsführer daher die Obsorge für dieErfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen betreffend gegenständlicher Firma im Zeitraumder Geschäftsführung.

Die Haftung kann auch für Abgabennachforderungen bestehen, die nach Beendigung derVertretertätigkeit zu entrichten sind.

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtungerforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung derAbgabenvorschriften zu entrichten gewesen wären (zB ; ; ).

Demnach sind die den Haftungsbeiträgen zugrundeliegenden Abgabenbescheide - obwohl diesererst auf Grund einer abgabenbehördlichen Betriebsprüfung ergangen sind, die zu einem Zeitpunkt stattfand, als Sie keine Funktion als Geschäftsführer der A-GmbH mehr innehatten, Ihnendann zuzurechnen, wenn die Fälligkeit der Erstbescheide bzw. die Verpflichtung zur Abgaberichtiger UVAs in die Zeit Ihrer Vertretungstätigkeit fällt (siehe dazu oben und 98/16/0018):

Bei Selbstbemessungsabgaben (zB Umsatzsteuervorauszahlungen, Lohnsteuer,Dienstgeberbeitrag) ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnungabzuführen gewesen wären (zB ; ;). Maßgebend ist somit der Zeitpunkt der Fälligkeit derbetreffenden Abgabe, unabhängig davon, wann sie bescheidmäßig festgesetzt wird (vgl. zB VwGH25.1999, 94/17/0229; ).

Bei Abgaben bei denen sich die Fälligkeit aus § 210 Abs. 1 BAO (1 Monat ab Zustellung desAbgabenbescheides) ergibt, wie zB bei der veranlagten Körperschaftssteuer oderJahresumsatzsteuer ist grundsätzlich der Zeitpunkt der sich aus dem erstmaligen Abgabenbescheidergebenden Fälligkeit maßgebend (vgl. ).

Dementsprechend ist für die Jahresbescheide folgende Fälligkeit relevant:
Umsatzsteuer 2009
->
Körperschaftssteuer 2009 ->
Körperschaftssteuer 2012 ->
Körperschaftssteuer 2013 ->

Die Fälligkeiten der Erstbescheide dieser Abgaben lagen allesamt in jenem Zeitraum in dem Sie imFirmenbuch als Geschäftsführer aufschienen bzw. sogar vor dem Zeitpunkt als Sie alsGeschäftsführer abberufen wurden, weshalb diese Voraussetzung für eineHaftungsinanspruchnahme betreffend USt 2009 und KöSt 2009, 2012 und 2013 auf alle Fällegegeben ist.

Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen für die Haftungsinanspruchnahme für Umsatzsteuer 2009, Körperschaftssteuer 2009, 2012 und 2013 wird ausgeführt:

Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallhaftung ().Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt derInanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wennVollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären (99/14/0218). Hinsichtlich der A-GmbH wurde das Konkursverfahren am eröffnet, die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin ist daher gegeben. Mit Beschluss vom ***11*** wurde der Konkurs mit der Begründung aufgehoben, dass keine Kostendeckunghinsichtlich Masseforderungen vorhanden war. Die Voraussetzung der faktischenZahlungsunfähigkeit der Primärschuldnerin ist damit erfüllt.

Es ist betreffend der weiteren Voraussetzungen zu prüfen, ob der Geschäftsführer hinsichtlich deraushaftenden Abgabenschuldigkeiten (USt 2009 und KöSt 2009, 2012 und 2013) eine schuldhaftePflichtverletzung begangen hat:
Zur Frage des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung im Sinne des
§ 9 Abs. 1 BAO istzunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach esAufgabe des Geschäftsführers ist, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass dieGesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls ein Geschäftsführer schuldhaftdie Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darfdie Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für dieUneinbringlichkeit war. Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zurAbgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer dasFehlen ausreichender Mittel.

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben auch dann, wenn die zur Verfügungstehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es seidenn, er weist nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendetwurden. Widrigenfalls haftet der Geschäftsführer für die in Haftung gezogene Abgabe zur Gänze ().

In der Beschwerde werden hinsichtlich der Pflichtverletzung im Zusammenhang mit derGleichbehandlung aller Gläubiger keine relevanten Anhaltspunkte gegeben. Nach der ständigenRechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründenihm die Erfüllung der Gleichbehandlung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehördeeine schuldhafte Verletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf (2003/13/0131).

Aus dem Hinweis, dass in einem Verfahren vor dem Straflandesgericht in ***7*** ein Freispruch erfolgtsei, lässt sich nichts gewinnen, da es keine Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme nach § 9 BAO bildet, ob in einem förmlichen Strafverfahren ein Schuldspruch erfolgte oder nicht. EinFreispruch entbindet den Geschäftsführer somit nicht von der Verpflichtung, im Haftungsverfahren die Gründe aufzuzeigen, die ihn ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Abgabenentrichtunggehindert haben ().

Die Geltendmachung der Haftung steht im Ermessen der Abgabenbehörde.Ermessensentscheidungen müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht.Innerhalb der Grenzen sind sie nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller inBetracht kommenden Umstände zu treffen (§ 20 BAO).

Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung die "Angemessenheit in Bezug auf berechtigteInteressen der Partei", unter Zweckmäßigkeit "das öffentliche insbesondere an der Einbringung derAbgaben". Aufgabe der Finanzbehörde ist das Sichern des Steueraufkommens der RepublikÖsterreich. Die Haftungsbestimmungen sind Ausdruck dieses gesetzlichen Auftrages, sodass dieGeltendmachung der Haftung dann ermessenskonform ist, wenn die betreffenden Abgaben beimPrimärschuldner uneinbringlich sind (; 97/14/0176).

Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen derAbgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb dervom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller inBetracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei dieBedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" dieBedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einerermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann.
Ist eine Einbringlichmachung beim Primärschuldner unzweifelhaft nicht gegeben - wie im konkreten
Fall, kann die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von derAbgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden (VwGH, 97/16/0006).

Sie haben in Ihrer Beschwerde vom sowohl Beschwerde gegen den Haftungsbescheid,als auch Beschwerde gegen die Abgabenbescheide vom betreffend Umsatzsteuer 2009,Körperschaftssteuer 2009, Körperschaftssteuer 2012 und Körperschaftssteuer 2013 erhoben.
In diesem Fall ist zunächst über die Beschwerde gegen die Geltendmachung der Haftung zu
entscheiden, da sich erst aus dieser Entscheidung ergibt, ob eine Legitimation zur Beschwerdegegen den Abgabenanspruch überhaupt besteht (vgl. ;, 2010/16/0259). Die Voraussetzungen für eine Verbindung der beiden Beschwerden zu einem gemeinsamen Verfahren (§ 267 BAO) liegen in einem solchen Fall nicht vor (vgl. ; )."

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Mit Schriftsatz vom brachte der Bf. einen Vorlageantrag ein und beantragte die Entscheidung über seine Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Ermittlung allenfalls noch nicht erhobenen Sachverhalte, ohne die eine abschließende Feststellung und rechtliche Einordnung des Sachverhaltes nicht möglich sei, die Stattgabe der Bescheidbeschwerde und ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides, allenfalls Abänderung des Bescheides auf einen geringeren Haftungsbetrag.

Der Bf. behalte sich eine detaillierte Äußerung zur Begründung des Finanzamtes in seiner Beschwerdevorentscheidung für die mündliche Verhandlung vor und bestreite die in der Begründung der BVE enthaltenen Darstellung der Rechts- und Sachlage als unrichtig.

Vielmehr verletze ihn der beschwerdegegenständliche Bescheid in seinem Recht auf Unterbleiben der Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß § 9 iVm § 80 BAO für Abgabenschuldigkeiten der A-GmbH für die im beschwerdegegenständlichen Bescheid angeführten Zeiträume.

Darüber hinaus sei der angefochtene Bescheid schon auf Grund des Umstandes, dass er nach Eintritt der Verjährung erlassen wurde, ersatzlos aufzuheben.

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In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht am brachte der Bf. ergänzend vor, dass auch im Rahmen der Ausübung des Ermessens der Haftungsausspruch auf € 0,00 reduziert werden könne.

Der Verteidiger verwies nochmals darauf, dass eine schuldhafte Verletzung insolvenzrechtlicher Vorschriften vom Strafgericht verneint worden sei und zum Zeitpunkt des Ausscheidens als Geschäftsführer die Liquidität der Gesellschaft zur Abdeckung der hier in Frage stehenden Abgaben vorhanden gewesen wäre. Dazu werde auf Punkt A) des Freispruches in der Begründung verwiesen.

Ein weiteres ergänzendes Vorbringen wurde seitens der Verfahrensparteien nicht erstattet und es wurden auch keine Beweisanträge gestellt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a gilt sinngemäß.
Gemäß § 238 Abs. 2 BAO wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Gemäß § 238 Abs. 3 BAO ist die Verjährung ist gehemmt, solange
a)
die Einhebung oder zwangsweise Einbringung einer Abgabe innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist wegen höherer Gewalt nicht möglich ist, oder
b) die Einbringung auf Grund eines Aussetzungsantrages oder einer Beschwerde gegen die Abweisung eines Aussetzungsantrages gemäß § 230 Abs. 2 oder 6 gehemmt ist, oder
c) einer Revision gemäß
§ 30 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, oder einer Beschwerde gemäß § 85 des Verfassungsgerichtshofgesetzes - VfGG, BGBl. Nr. 85/1953, aufschiebende Wirkung zuerkannt ist.

Zum Einwand der Verjährung

Die Erlassung von Haftungsbescheiden stellt eine Einhebungsmaßnahme dar, welche (nur) innerhalb der Einhebungsverjährungsfrist des § 238 BAO zulässig ist (; ; vgl. Ritz, BAO5, § 224 Tz 4, mwN).

Das Beschwerdevorbringen des Bf. zum behaupteten Eintritt der Festsetzungsverjährung (§§ 207 ff. BAO) geht daher - wie in der Beschwerdevorentscheidung zutreffend angemerkt - ins Leere.

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.

Betreffend Umsatzsteuer 2009 begann gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO begann die Festsetzungsverjährungsfrist mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, also mit Ablauf des Jahres 2009 und hätte ohne Verlängerungshandlung mit Ablauf des Jahres 2014 geendet (§ 207 Abs. 2 BAO).

Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207 BAO) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich gemäß § 209 Abs. 1 BAO die Verjährungsfrist um ein Jahr. Am erging der Umsatzsteuerbescheid 2009 an die Primärschuldnerin, mit welchem der Abgabenanspruch betreffend Umsatzsteuer 2009 geltend gemacht und der dazu führte, dass die Festsetzungs-Verjährungsfrist um ein Jahr bis Ende 2015 verlängerte wurde. Vor Ende des Jahres 2015 konnte somit gemäß § 238 Abs. 1 BAO mangels Eintritt der Festsetzungsverjährung auch keine Verjährung der Einbringung betreffend Umsatzsteuer 2009 eintreten.

Durch den an den Bf. gerichteten Haftungsvorhalt vom , welche vom Bf. mit Schriftsatz vom beantwortet wurde, wurde vor Ablauf des Jahres 2015 eine Unterbrechungshandlung im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO gesetzt, welches die Einhebungsverjährungsfrist betreffend Umsatzsteuer 2009 jedenfalls bis zum Ablauf des Jahres 2020 verlängerte.

Der Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Nachforderungen an Körperschaftsteuer 2009, 2012 und 2013, welche nach Durchführung einer Außenprüfung (Bericht vom ) im wiederaufgenommenen Verfahren mit Bescheiden vom festgesetzt wurden, war nach der Aktenlage der . Insoweit begann gemäß § 238 Abs. 1 BAO die Einhebungsverjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2015 und konnte ebenfalls nicht vor Ablauf des Jahres 2020 enden.

Eine weitere Unterbrechung sieht § 9 Abs. 1 IO vor; dies ist eine speziellere Bestimmung gegenüber § 238 BAO (; , 2009/16/0084; , 2011/16/0072). Nach § 9 Abs. 1 IO wird durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegenüber dem Schuldner beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist, zu laufen.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes ***7*** vom ***10***, GZ. ***2***, wurde der Konkurs über das Vermögen der Primärschuldnerin Fa. A-GmbH eröffnet, welcher mit Beschluss desselben Gerichtes vom ***11*** mangels Kostendeckung wieder aufgehoben wurde. Aufgrund der Anmeldung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten in diesem Konkurs war somit die Verjährung der Einbringung zumindest bis zum ***11*** unterbrochen. Unter Berücksichtigung der Einbringungsverjährungsfrist von 5 Jahren konnte deswegen das Recht zur Einbringung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten nicht vor Ablauf des verjähren.

Gemäß § 238 Abs. 3 lit. b BAO ist die Verjährung der Einbringung solange gehemmt, als § 230 Abs. 2 oder 6 BAO eine Hemmung der Einbringung auf Grund eines Aussetzungsantrages aufrecht ist.

Mit der Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid vom wurden auch die der Haftung zugrundeliegenden Abgabenbescheide bekämpft und zudem ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt, welcher am bewilligt wurde. Der Ablauf der Aussetzung der Einhebung wurde mit verfügt. Zumindest für den Zeitraum der Aussetzung der Einhebung vom bis (der genaue Zeitpunkt des Einlangens des Antrages auf Aussetzung gemäß § 212a BAO ist aus der Aktenlage nicht ersichtlich) - also jedenfalls für einen Zeitraum von nahezu 4 Jahren und 9 Monaten - war somit die Verjährung der Einbringung gemäß § 238 Abs. 3 lit b) BAO gehemmt.

Im Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Haftungsbescheides vom war somit in Bezug auf die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten keinesfalls die Verjährung der Einbringung gemäß § 238 BAO eingetreten.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis beruht auf der zitierten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und hatte die Beurteilung der Haftungsvoraussetzungen im Einzelfall und somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand.

Wien, am

Vorliegen der Haftungsvoraussetzungen

Laut Firmenbuch war der Bf. im Zeitraum bis zum Eintritt des Nachfolgegeschäftsführers Mag. ***3*** am handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. A-GmbH und gehört damit zum Kreis der im § 80 Abs. 1 BAO genannten gesetzlichen Vertreter von juristischen Personen, welche gemäß § 9 Abs. 1 BAO zur Haftung herangezogen werden können.

Die unbestrittene Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten steht nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Primärschuldnerin Fa. A-GmbH mit Beschluss des Handelsgerichtes ***7*** vom ***10***, GZ. A-GmbH, welches mit Beschluss desselben Gerichtes vom ***11*** mangels Kostendeckung wieder aufgehoben wurde, zweifelsfrei fest.

Haftungsrelevant ist nur die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten (vgl. zB , 91/13/0038), somit die Verletzung von durch Abgabenvorschriften begründeten Pflichten (, 109). Zu den abgabenrechtlichen Pflichten gehören insbesondere die Abgabenentrichtung aus den Mitteln, die der Vertreter verwaltet (vgl. § 80 Abs. 1 zweiter Satz BAO), die Führung gesetzmäßiger Aufzeichnungen (zB ), die Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§ 119 BAO) - die zeitgerechte und richtige Einreichung von Abgabenerklärungen (zB ; ). Ob und inwieweit der Bf. insolvenzrechtliche Bestimmungen verletzt hat, ist für die Haftungsinanspruchnahme gemäß § 9 Abs. 1 BAO irrelevant, weswegen auch der in der Beschwerde ins Treffen geführte Freispruch in einem Strafverfahren wegen des Verdachtes der Begehung von Insolvenzdelikten der gegenständlichen Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen kann.

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der Abgabenvorschriften zu entrichten gewesen wären (zB ; ; ). Bei Selbstbemessungsabgaben (zB Umsatzsteuervorauszahlungen, Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag) ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (zB ; ; ; ). Maßgebend ist somit der Zeitpunkt der Fälligkeit der betreffenden Abgabe, unabhängig davon, wann sie bescheidmäßig festgesetzt wird (vgl. zB § 210 Abs. 1 BAO (1 Monat ab Zustellung des Abgabenbescheides) ergibt, wie zB bei der veranlagten Körperschaftsteuer, ist grundsätzlich der Zeitpunkt der sich aus dem erstmaligen Abgabenbescheid ergebenden Fälligkeit maßgebend (vgl. ).

Nach der Aktenlage waren die Fälligkeitstage aufgrund der erstmaligen Abgabenfestsetzung betreffend Körperschaftssteuer 2009 der
betreffend Körperschaftssteuer 2012 der sowie
betreffend Körperschaftssteuer 2013 der .
Diese Tage stellen somit den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt für das Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung des Bf. dar. Somit wären bei sorgfältiger Vorgangsweise des Bf. und Abgabe richtiger Körperschaftsteuererklärungen die hier gegenständlichen, uneinbringlich aushaftenden Körperschaftssteuer 2009, 2012 und 2013 innerhalb des Geschäftsführungszeitraum des Bf. fällig und von diesen zu entrichten gewesen.

Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen nur dann zur Haftungsinanspruchnahme, wenn die Verletzung schuldhaft erfolgte. Eine bestimmte Schuldform ist hiefür nicht erforderlich (zB ; ; ). Daher reicht leichte Fahrlässigkeit (zB , 91/13/0038; ).

Der Vertreter hat darzutun, weshalb er nicht dafür habe Sorge getragen, dass der Vertretene die Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (zB , ; ; ). In der Regel wird nämlich nur der Vertreter jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung des Vertretenen haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht (zB , ; ).

Der Vertreter hat für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen (zB ). Ihm obliegt kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die etwa der rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden (). Somit kann auch das Beschwerdevorbringen, er habe bei Beendigung seiner Geschäftsführung sämtliche Unterlagen seinem Nachfolger übergeben, dem Bf. nicht vom Vorwurf einer schuldhaften Pflichtverletzung entschuldigen.

Bereits mit Haftungsvorhalt vom und später auch mit dem gegenständlichen Haftungsbescheid und mit der Beschwerdevorentscheidung wurde der Bf. darauf aufmerksam gemacht, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an ihm gelegen ist, das Nichtvorliegen einer schuldhaften Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten glaubhaft zu machen und er bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitstage der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten einen Gleichbehandlungsnachweis zu erbringen hat. Sein Vorbringen zum Nichtvorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung hat sich die doch ausschließlich auf den Freispruch in Bezug auf die ihm vorgeworfenen Insolvenzdelikte, somit auf die Einhaltung insolvenzrechtlicher Bestimmungen und nicht auf die Einhaltung der abgabenrechtlichen Vorschriften bezogen und war somit nicht geeignet, der gegenständlichen Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Der Bf. hat weder vorgebracht noch glaubhaft gemacht, über keine ausreichenden liquiden Mittel zu den hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkten verfügt und die Abgabenbehörde im Vergleich zu den übrigen Gläubigern gleichbehandelt zu haben.

Dem gegenständlichen Haftungsbescheid liegen die Nachforderungen aufgrund einer Außenprüfung gemäß § 150 BAO der Fa. A-GmbH für die Jahre 2008-2012 zugrunde, welche mit Bericht vom abgeschlossen wurde. Im Rahmen dieser Betriebsprüfung, die längst vor Beendigung der Geschäftsführertätigkeit des Bf. begonnen wurde, wurden Provisionszahlungen an ausländische Firmen (***12***, ***13***, ***14***, ***15***, ***16***) nicht als Betriebsausgabe anerkannt, weil der Leistungsinhalt aus den vorgelegten Rechnungen nicht konkret ableitbar war, keine zugrundeliegenden Verträge vorgelegt werden konnten, den Zahlungen offenkundig keine nachvollziehbaren Leistungen zugrunde lagen und somit eine betriebliche Veranlassung nicht erkennbar war. Diese Rechnungen wurden im Zeitraum der Geschäftsführung des Bf. als Betriebsausgabe geltend gemacht. Aus den umfangreichen Feststellungen dieses Berichtes über die Außenprüfung der Fa. A-GmbH - die dem Bf. im Jahre 2014 von der Prüferin schon vorgehalten wurden und auf die verwiesen wird - ergeben sich jedenfalls Anhaltspunkte für eine schuldhafte Pflichtverletzung, die mit der gegenständlichen Beschwerde nicht ausgeräumt werden konnten.

Somit ist die belangte Behörde zu Recht von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Bf. ausgegangen.

Der Bf. hat am sowohl Beschwerde gegen den gegenständlichen Haftungsbescheid, als auch Beschwerde gegen die dem Haftungsbescheid zugrundeliegenden Abgabenbescheide vom betreffend Umsatzsteuer 2009, Körperschaftssteuer 2009, Körperschaftssteuer 2012 und Körperschaftssteuer 2013 erhoben. Zu Recht wird diesbezüglich in der Beschwerdevorentscheidung vom ausgeführt, dass zunächst über die Beschwerde gegen die Geltendmachung der Haftung zu entscheiden ist, da sich erst aus dieser Entscheidung ergibt, ob eine Legitimation zur Beschwerde gegen den Abgabenanspruch überhaupt besteht (vgl. ; , 2010/16/0259). Die Voraussetzungen für eine Verbindung der beiden Beschwerden zu einem gemeinsamen Verfahren (§ 267 BAO) liegen in einem solchen Fall nicht vor (vgl. ; ).

Die Inanspruchnahme der gemäß § 9 BAO bestehenden Haftung setzt voraus, dass die schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten kausal für die Uneinbringlichkeit ist. Bei schuldhafter Pflichtverletzung darf die Abgabenbehörde mangels dagegen sprechender Umstände annehmen, dass die Pflichtverletzung Ursache der Uneinbringlichkeit ist (zB ; ; , 0178).

Kein inhaltliches Vorbringen hat der Bf. in der zugrundeliegenden Beschwerde gegen die Ermessensübung der belangten Behörde erstattet. Gemäß § 20 BAO ist die Ermessensentscheidung innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichtete Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().

Seitens des Bundesfinanzgerichtes wurde keine Anhaltspunkte dahingehend festgestellt, dass die Ermessensübung der belangten Behörde missbräuchlich oder unsachgemäß wäre.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis beruht auf der zitierten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und hatte die Beurteilung der Haftungsvoraussetzungen im Einzelfall und somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100336.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at