Lohnnebenkosten im Zusammenhang mit Sozialplanzahlungen
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7101445/2018-RS1 | Zahlungen für "Freiwillige Abfertigung der fiktiven Kündigungsfrist" aufgrund von Sozialplänen lösen keine DB-/DZ-Pflicht aus. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela Fischer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch LeitnerLeitner GmbH Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Ottensheimer Straße 32, 4040 Linz, über die
Beschwerde vom gegen den Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 - nunmehr Finanzamt Österreich - vom betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für die Jahre 2013, 2014 und 2015 Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Bei der Beschwerdeführerin (in der Folge Bf.) fand hinsichtlich der Jahre 2013 bis 2015 eine Lohnsteuer-, Sozialversicherungs- und Kommunalsteuerprüfung, u.a. betreffend die Abgaben Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, statt. Die Prüfung wurde mit Niederschrift über die Schlussbesprechung gem. § 149 Abs. 1 BAO vom abgeschlossen.
Die Außenprüfung (in der Folge AP) hatte die folgenden, in zwei Punkten angeführten, Feststellungen getroffen:
Punkt 1 - Zuschuss Krankenversicherung
Der laut Betriebsvereinbarung in den Jahren 2013 bis 2015 an bestimmte Personen einer Altersgruppe steuerfrei gewährte Zuschuss war als nicht begünstigt zu beurteilen und erfolgte eine dementsprechende Nachversteuerung.
Punkt 2 - Sozialplanzahlungen / Auszahlung fiktiver Kündigungsfrist / Jubiläumsgeld
Seitens des Unternehmens wurden Sozialplanzahlungen gem. § 67 Abs. 8 lit. f EStG 1988 abgerechnet und ausbezahlt.
Durch die AP wurde festgestellt, dass in diesen Zahlungen auch Bezüge enthalten gewesen seien, die nicht lohnnebenkostenfrei abzurechnen gewesen seien.
Es handelte sich einerseits um die "Auszahlung fiktiver Kündigungsfrist", d.h. um die Abgeltung der individuellen fiktiven Kündigungsfrist zum Stichtag des im Rahmen des Sozialplans angebotenen Austrittsdatums, auf Basis des für die gesetzliche Abfertigung geltenden Monatsgehalts.
Andererseits erfolgten Auszahlungen als "Jubiläumsgeld" an MitarbeiterInnen, die bis 1 Jahr nach dem im Rahmen des Sozialplans angebotenen Austrittsdatum einen Anspruch auf Jubiläumsgeld erworben hätten. Es handelte sich um einen aliquoten Betrag des Jubiläumsgeldes auf Basis des Monatsgehalts zum Beendigungsstichtag.
Die AP stellte fest, dass die in Punkt 2) angeführten Zahlungen nicht gemäß den Bestimmungen des § 67 Abs. 8 lit. f EStG 1988 abzurechnen seien. Die "Auszahlung fiktiver Kündigungsfrist" sei als Zahlung für den Verzicht auf Arbeitsleistung für künftige Lohnzahlungszeiträume bis gem. § 67 Abs. 8 lit b und ab gem. § 67 Abs. 10 EStG 1988 abzurechnen. Das vorgezogene "Jubiläumsgeld" sei gem. § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 zu versteuern.
Für diese Zahlungen sei weder in § 41 (4) FLAG 1967, noch in § 5 (2) KommStG 1993 eine Befreiung von Lohnnebenkosten vorgesehen. Es seien daher die darauf entfallenden Lohnnebenkosten vorzuschreiben.
Bei der Lohnsteuer und der Sozialversicherung ergab sich aus diesen Feststellungen keine Beanstandung.
Mit Datum wurden durch die Abgabenbehörde den Feststellungen der AP entsprechende Bescheide erlassen und die Dienstgeberbeiträge sowie die Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag samt Säumniszuschlägen für die Jahre 2013 bis 2015 neu festgesetzt.
Gegen die Bescheide vom , zugestellt am , betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für 2013, 2014 und 2015 wurde rechtzeitig mit Schriftsatz vom Beschwerde erhoben.
Es wurde beantragt von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung abzusehen.
Die Beschwerde richtete sich nur gegen eine der unter Punkt 2) der Niederschrift zur AP getroffenen Feststellungen; konkret gegen die Feststellungen und die Vorschreibung von Lohnnebenkosten aus dem Titel "Sozialplanzahlung Auszahlung fiktiver Kündigungsfrist" gem. Sozialplan vom .
Die unter Punkt 1) sowie zur Auszahlung von "Jubiläumsgeld" getroffenen Feststellungen wurden außer Streit gestellt.
In der Begründung zur Beschwerde wurde u.a. ausgeführt:
Der Sozialplan der Bf. vom enthält die Klausel: Auszahlung fiktiver Kündigungsfrist - Die freiwillige Abfertigung der individuellen fiktiven Kündigungsfrist (Stichtag ) errechnet sich von jenem Monatsentgelt, das Basis für die gesetzliche Abfertigung ist.
Die AP habe die Steuerfreiheit in Bezug auf die Lohnnebenkosten versagt und diese nachverrechnet. Die Begründung lt. AP mit der die Lohnnebenkostenfreiheit verwehrt worden sei, könne die Bf. nicht nachvollziehen.
Es sei unstrittig, dass ein gültiger Sozialplan vorliege. Ein Sozialplan werde aufgrund von wesentlichen Betriebsänderungen geschlossen und um für die damit verbundenen erheblichen Nachteile für einen großen Teil der Arbeitnehmer einen finanziellen Ausgleich zu schaffen, Nachteile abzufedern bzw. eine Milderung der wirtschaftlichen Nachteile zu erreichen. Für die Gestaltung eines Sozialplans stehe die Ausnützung von steuerlichen Begünstigungen nicht im Vordergrund, sondern die Abfederung der Härten die Dienstnehmer durch Beendigung ihres Dienstverhältnisses erleiden. Als ein wesentlicher Nachteil ist jedenfalls der Verlust des Arbeitsplatzes zu werten, dieser Nachteil soll durch entsprechende Zahlungen abgemildert werden. Durch die "Annahme" des Sozialplans endet das Dienstverhältnis jedenfalls.
Die steuerlichen Reglungen betreffend Sozialplan sind in § 67 Abs. 8 lit. f EStG als lex specialis zur Generalnorm § 67 Abs. 6 EStG geregelt. § 67 Abs. 8 lit. f EStG verweist direkt auf § 67 Abs. 6 EStG 1988 idF vom "Sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung anfallen (wie zum Beispiel freiwillige Abfertigungen und Abfindungen)". Die Bestimmung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 in der Fassung vom beziehe sich auf Bezüge, deren Bezahlung ursächlich durch die Beendigung des Dienstverhältnisses ausgelöst werde. Es handle sich bei der Aufzählung des § 67 Abs. 6 um eine demonstrative beispielhafte Aufzählung "wie zum Beispiel freiwillige Abfertigungen und Abfindungen " und nicht um eine taxative abschließende Aufzählung. Die Lohnnebenkostenbefreiungen sind in § 41 Abs. 4 lit b FLAG und § 5 Abs. 2 lit b KommStG geregelt: "... Zur Bemessungsgrundlage gehören nicht: b) die im § 67 Abs 3 und 6 des Einkommensteuergesetzes 1988 genannten Bezüge;"
Es war festgehalten, dass die im Sozialplan vereinbarte und gezahlte "Auszahlung fiktiver Kündigungsfrist" durch die Beendigung des Dienstverhältnisses ausgelöst worden und mit der Auflösung in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei. Die Argumentation der Bf. werde durch die ständige Rechtsprechung des VwGH (VwGH 2001/14/0034 vom , VwGH 2013/13/0102 vom und VwGH 2012/15/0122 vom ) bestätigt, wonach die Lohnnebenkostenfreiheit aufrecht bleibe, wenn selbst die im § 67 Abs. 6 EStG letzter Satz angeführte begünstigte Besteuerung nicht zur Anwendung kommen könne, denn an der Eigenschaft des Bezuges ändere sich dadurch nichts. Es seien Bezüge bei Beendigung eines Dienstverhältnisses. Der VwGH (2002/13/0017 vom und 2000/13/0053 vom ) habe entschieden, dass "Pensionsabfindungen", die bei Beendigung des Dienstverhältnisses nach § 67 Abs. 8 lit. e EStG zu versteuern wären, dem Grunde nach Bezüge sind, die unter § 67 Abs. 6 EStG gereiht werden können. Die Bestimmung des § 67 Abs. 6 EStG beziehe sich auf Bezüge, deren Bezahlung ursächlich durch die Beendigung des Dienstverhältnisses ausgelöst wird. Zwar erfolge keine Besteuerung nach § 67 Abs. 6 EStG, jedoch trage die in der Entscheidung strittige Pensionsabfindung die Merkmale eines Bezuges, der durch die Beendigung ausgelöst wurde. In den Befreiungsbestimmungen des § 41 Abs. 4 lit. b FLAG und § 5 Abs. 2 lit. b KommStG werde nicht erwähnt, dass die nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 versteuerten Bezüge von diesen Abgaben auch tatsächlich befreit sein müssen, sondern dass die in § 67 Abs. 6 EStG genannten Bezüge gemäß VwGH offenkundig so zu verstehen seien, dass die Merkmale eines derartigen Bezuges vorliegen müssen und das trotz Anwendung der Tarifbesteuerung der "Charakter des Beendigungsbezuges" erhalten bleibe. Wenn "Pensionsabfindungen", die unter § 67 Abs. 8 lit. e EStG subsumiert werden, dem Charakter nach "Ansprüche aus oder nach Beendigung eines Dienstverhältnisses" seien und daher unter die Lohnnebenkostenbefreiungen fallen, so sei es nur schlüssig, dass auch die Sozialplanzahlung "Auszahlung fiktiver Kündigungsfrist" gem. § 67 Abs. 8 lit. f EStG, die ebenfalls dem Grunde nach Ansprüche bei Beendigung eines Dienstverhältnisses darstellten unter die Lohnnebenkostenbefreiung fallen. Der VwGH habe ausgeführt, dass es für die begünstigte Besteuerung gem. § 67 Abs. 6 EStG 1988 kein Tatbestandelement sei, dass der Dienstnehmer nach der Beendigung des Dienstverhältnisses auch seine persönliche Berufslaufbahn abschließe und kein neues Dienstverhältnis mehr eingehen dürfe.
Eine andere Behandlung der Sozialplanzahlung der Bf. "Auszahlung fiktiver Kündigungsfrist" gem. § 67 Abs. 8 lit. f EStG als die angeführten "Pensionsabfindungen" gem. § 67 Abs. 8 lit. e EStG sei nicht nachvollziehbar und widerspreche der ständigen Rechtsprechung des VwGH. Sinngemäß habe der VwGH auch in seinem Erkenntnis 2012/15/0122 vom , entschieden, dass bei einer freiwilligen Abfertigung nach neuem Recht, die nicht unter die steuerlichen Begünstigungen des § 67 Abs. 6 EStG 1988 fallen könne, ebenfalls die Lohnnebenkostenbegünstigung zur Anwendung komme, da es sich um einen Beendigungsanspruch im Sinne des § 67 Abs. 6 EStG handle. Der VwGH führte dazu aus: "Eine Einschränkung auf die in § 67 Abs. 6 EStG 1988 genannten Bezüge - nur soweit sie steuerbegünstigt sind - enthält § 41 Abs. 2 lit b FLAG 1967 nicht." Ebenso habe der VwGH im Erkenntnis 2013/13/0102 vom , entschieden, dass im Rahmen eines Sozialplanes bei den Zahlungen an ausscheidende Dienstnehmer die Lohnnebenkostenbefreiung zur Anwendung komme, da es sich um Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 6 EStG 1988 handle.
Es sei nicht nachvollziehbar warum die im Sozialplan der Bf. vereinbarte Zahlung "Auszahlung fiktiver Kündigungsfrist" steuerlich gem. § 67 Abs. 10 EStG zu behandeln wären, seien die festgestellten Dienstverhältnisse doch tatsächlich beendet worden. Doch selbst wenn die Besteuerung nach § 67 Abs. 10 EStG 1988 zu erfolgen hätte, bleibe dennoch zu beachten, dass die Ursache für die Bezahlung in der Beendigung des Dienstverhältnisses liege und dass dies gemäß der oben zitierten Judikatur des VwGH zur Befreiung derartiger Bezüge von den Lohnnebenkosten DB, DZ (und auch von der Kommunalsteuer) ausreiche, unabhängig davon, nach welcher Bestimmung die Besteuerung beim Dienstnehmer erfolge.
Es bleibe bei Betrachtung des wirtschaftlichen Hintergrunds eine Zahlung bei Beendigung eines Dienstverhältnisses. Die Dienstverhältnisse enden tatsächlich und die Zahlungen werden nur aufgrund der Beendigung gewährt, jedoch niemals bei einem fortdauernden Dienstverhältnis. Es handle sich um einen Beendigungsanspruch vergleichbar einer freiwilligen Abfertigung oder Abfindung.
Die Bf. beantragte die Anerkennung der Steuerfreiheit in Bezug auf die Lohnnebenkosten DB und DZ für die "Auszahlung fiktiver Kündigungsfrist" im Rahmen des Sozialplanes.
Mit Schriftsatz vom wurde eine "Ergänzende Stellungnahme" eingebracht.
Damit wurde zur Vervollständigung des Akts der Sozialplan aus 2012, auf Basis dessen auch im Jahr 2013 noch betrieblich bedingter Personalabbau vorgenommen wurde, vorgelegt. Es wurde u.a. ausgeführt, dass die Sozialpläne keine Angebote zu Änderungskündigungen vorgesehen hatten. Dienstnehmer, die das Angebot des Sozialplans annahmen, schieden aus dem Dienstverhältnis aus.
Es wurde nochmals festgehalten, dass sich die gegenständliche Beschwerde nur gegen die Vorschreibung von Lohnnebenkosten auf den als "freiwillige Abgeltung individueller fiktiver Kündigungsfrist" bezeichneten Teil der Sozialplanzahlung bezieht. Die Lohnnebenkostenpflicht auf vorgezogene Jubiläumsgelder wurde anerkannt. Ausdrücklich wurde das durch die AP festgestellte Aufteilungsverhältnis, nämlich, dass 7% der Nachverrechnungsbeträge auf die strittigen Zahlungen entfallen, außer Streit gestellt.
Somit waren die nachstehenden Beträge (lt. Feststellung der AP) strittig:
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Text / Jahr | DB | DZ |
2013 | 49.580,93 | 4.404,43 |
2014 | 72.875,02 | 6.473,71 |
2015 | 14.247,75 | 1.265,67 |
Gesamt (geprüfte Jahre) | 136.703,70 | 12.143,81 |
In der Stellungnahme wurde auch auf die neuere Rechtsentwicklung Bezug genommen; insbesondere auf die Entscheidung des .
In dieser Entscheidung erkannte der VwGH zu Recht und im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung, dass Abgangsentschädigungen an Vorstände keine sonstigen Bezüge darstellen, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (Bezüge, die in § 67 Abs. 6 EStG genannt sind). Darunter seien nämlich nur solche Bezüge zu verstehen, die durch die Beendigung des Dienstverhältnisses ausgelöst werden bzw. mit der Auflösung in ursächlichem Zusammenhang stünden und für die Auflösung eines Dienstverhältnisses typisch seien. Für die Abgrenzung zwischen § 67 Abs. 6 und Abs. 8 lit. b EStG ist wesentlich, ob die Zahlung - nach ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt - mit der Absicht ausverhandelt worden ist, eine friktionsfreie vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses herbeizuführen; von ausschlaggebender Bedeutung sind die Hintergründe der Vertragsauflösung und die Motive, die zur Zahlung führen. Derartige Abgangsentschädigungen sind bei Vorständen von Aktiengesellschaften durchaus nicht ungewöhnlich, da Vorstandsverträge nicht ordentlich gekündigt werden können, der Vorstand also ohne entsprechenden wirtschaftlichen Anreiz kein Interesse an einer vorzeitigen Auflösung des Vertrages hat. Die Abgangsentschädigung ist folglich das Ergebnis der Verhandlung zwischen Gesellschaft und Vorstand.
Damit unterscheide sich dieser Fall aber ganz wesentlich vom einschlägigen Fall der Sozialplanzahlung. Sozialplanzahlungen werden gezahlt, wenn eine Betriebsänderung wesentliche Nachteile für alle oder einen großen Teil der Arbeitnehmer bringt. Art und Höhe dieser Zahlung sei nicht Ergebnis einer Verhandlung mit dem Dienstnehmer, sondern eine mit dem Betriebsrat beschlossene, erzwingbare Betriebsvereinbarung, in der Maßnahmen festgelegt werden, um diese Nachteile zu mildern oder zu beseitigen (Vermeidung von sozialen Härten für die betroffenen Arbeitnehmer).
Wenn ein Arbeitnehmer das Ausscheiden unter den Bestimmungen des Sozialplans nicht angenommen habe, sei sein Dienstverhältnis seitens des Arbeitgebers einseitig gekündigt worden. In diesem Fall wären die Bestimmungen des Sozialplans nicht zur Anwendung gekommen. Eine solche Kündigung sei zweifelsfrei möglich gewesen. Kernelement so gut wie jedes Sozialplanes sei neben sozialen Maßnahmen (zB Kinderzuschüsse) und flankierender Maßnahmen (Vorziehen von Jubiläumsgeldern, Outplacmentberatung) die Sozialplanzahlung im eigentlichen Sinn, eine durch die Annahme des Sozialplanes ausgelöste Einmalzahlung. Die Höhe der Sozialplanzahlung sei dabei nicht gleich hoch für jeden Betroffenen, sondern abhängig vom Bezug, vom Alter und der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers. Durchaus üblich sei es in solchen Fällen, als Berechnungsbasis das monatliche Entgelt analog der für die gesetzliche Abfertigung maßgebliche Bemessung mit einem Faktor zu multiplizieren, der gestaffelt sei nach der Betriebszugehörigkeit.
Bei der Bf. habe man sich dazu entschieden, eine Betriebszugehörigkeitsstaffelung vorzusehen, die der Staffelung der Kündigungsfristen im AngG nachgebildet sei. Dieser Betrag entspreche aber nicht genau jenem Betrag, der im Falle einer Dienstgeberkündigung für die Zeit der Kündigungsfrist bezahlt worden wäre. Zum einen sei die Berechnung der Abfertigungsbasis eine andere (zB im Hinblick auf die Einbeziehung von Prämien; während der Kündigungsfrist wäre zusätzlicher Urlaubsanspruch entstanden; usw.), zum anderen berücksichtige die Berechnung des dienstzeitabhängigen Teils der Sozialplanzahlung auch keine Kündigungsfristen und -termine. Weiters endete das Dienstverhältnis auch nicht sofort bei Annahme des Sozialplans, sondern standardmäßig erst mit Monatsletzten des Folgemonats und oft auch erst später, wenn dies erforderlich gewesen sei (zB zur Einschulung von Nachfolgern).
Es könne also keine Rede davon sein, dass es sich bei diesem Betrag um einen Bezug gehandelt habe, der "an sich unabhängig von der Beendigung des Dienstverhältnisses ausbezahlt worden wäre" (wie von der AP argumentiert). Die Intention des Arbeitgebers, bei der Sozialplanzahlung die Dauer der Betriebszugehörigkeit als sozialen Härtefaktor zu berücksichtigten, spiegle sich auch im vorgelegten Berechnungstool wider, wo diese Zahlung zutreffend als "Frw. Leistung gem. Dienstalter" bezeichnet wird.
Im Übrigen dürfe darauf hingewiesen werden, dass im Rahmen der AP die lohnsteuerliche Behandlung der Sozialplanzahlung (Behandlung als sonstiger Bezug nach § 67 Abs. 6 mit dem Steuersatz von 6% und darüber hinaus Anwendung der Hälfte des Steuersatzes bis zu einem Betrag von 22.000 Euro) nicht beanstandet worden sei. Wäre der betriebszugehörigkeitsabhängige Teil einer Sozialplanzahlung tatsächlich nicht als Bezug anzusehen, der bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfalle, hätte dies auch zu Konsequenzen hinsichtlich der Höhe der Lohnsteuer führen müssen.
Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem Bundesfinanzgericht (BFG) vorgelegt.
Die Behörde verwies auf den Bericht und die Unterlagen der AP und beantragte die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
Die streitgegenständlichen Zahlungen seien nicht als Bezüge iSd § 67 Abs. 6 EStG 1988 zu qualifizieren und fielen daher nicht unter die Befreiungsbestimmung des § 41 Abs. 4 lit. b FLAG.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Strittig war die infolge einer AP durchgeführte Nachversteuerung und Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) und Zuschlags zum DB (DZ) der Jahre 2013, 2014 und 2015 für im Rahmen von Sozialplänen an ausscheidende Dienstnehmer ausbezahlte Bezüge aus dem Titel "Auszahlung fiktive Kündigungsfrist".
Die Behörde begründete die Nachversteuerung damit, dass die Zahlungen nicht gemäß den Bestimmungen des § 67 Abs. 8 lit. f EStG 1988 abzurechnen seien.
Die "Auszahlung fiktiver Kündigungsfrist" sei als Zahlung für den Verzicht auf Arbeitsleistung für künftige Lohnzahlungszeiträume bis gem. § 67 Abs. 8 lit b und ab gem. § 67 Abs. 10 EStG 1988 abzurechnen.
Weder § 41 (4) FLAG 1967, noch § 5 (2) KommStG 1993 sehe dafür eine Befreiung von Lohnnebenkosten vor.
Nach § 41 Abs. 1 FLAG 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen; …
Nach § 41 Abs. 4 lit. b FLAG 1967 gehören die in § 67 Abs. 3 und 6 EStG 1988 genannten Bezüge nicht zur Beitragsgrundlage für den DB.
Nach § 41 Abs. 5 FLAG 1967 beträgt der Beitrag 4,5 % der Beitragsgrundlage.
Nach § 5 Abs. 2 lit. b KommStG gehören die in § 67 Abs. 3 und 6 EStG 1988 genannten Bezüge nicht zur Bemessungsgrundlage.
§ 67 Abs. 6 EStG 1988 lautet auszugsweise: "Sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie zum Beispiel freiwillige Abfertigungen und Abfindungen, ausgenommen von BV-Kassen ausbezahlte Abfertigungen und Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistung für künftige Lohnzahlungszeiträume), sind nach Maßgabe folgender Bestimmungen mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern..."
§ 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 enthält Bestimmungen betreffend die Besteuerung von Kündigungsentschädigungen.
§ 67 Abs. 8 lit. f EStG 1988 enthält die Bestimmungen hinsichtlich der begünstigten Besteuerung der "Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses im Rahmen von Sozialplänen als Folge von Betriebsänderungen iSd § 109 Abs. 1 Z 1 bis 6 des ArbeitsverfassungsG oder vergleichbarer gesetzlicher Bestimmungen anfallen, soweit sie nicht nach Abs. 6 mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern sind, …. "
Aus den dem Bundesfinanzgericht (BFG) vorliegenden Unterlagen, den Akten der Behörde, der Beschwerde und den Schriftsätzen der Parteien, war der folgende Sachverhalt festzustellen.
Hinsichtlich der geprüften Jahre 2013 bis 2015 lagen seitens der Bf. Sozialpläne (unstrittig), d.h. Betriebsvereinbarungen vor, die die Auswirkungen der bei der Bf. zu treffenden Einsparungen und des Personalabbaus für betroffene Dienstnehmer mildern bzw. negative Auswirkungen verhindern oder beseitigen sollten.
Unter anderem war in den Sozialplänen festgelegt, dass die Dienstverhältnisse jener Personen, die den Sozialplan annahmen einvernehmlich aufgelöst wurden und die Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen aus der Bf. zum vereinbarten Termin ausschieden.
U.a. waren als Leistungen die Auszahlung der gesetzlichen Abfertigung, der Verzicht auf Konkurrenzklausel, Zahlungen von Jubiläumsgeld, Kinderzuschuss und die freiwillige Abfertigung der fiktiven individuellen Kündigungsfrist vereinbart. Änderungskündigungen waren nicht vorgesehen und lagen gegenständlich auch nicht vor. Festgelegt war auch, wenn der Sozialplan nicht angenommen werden sollte, dass die Kündigung zum nächstmöglichen Termin, ohne dass die Vereinbarungen des Sozialplans zur Anwendung gelangen, erfolgen sollte.
Wie für das BFG aus den Unterlagen festzustellen war, basierten die geleisteten Zahlungen auf den in den Sozialplänen enthaltenen Vereinbarungen und standen mit der nach Annahme des Sozialplans folgenden Beendigung der jeweiligen Dienstverhältnisse in Zusammenhang.
Auch die in Rede stehenden Zahlungen aus dem Titel "freiwillige Abfertigung der fiktiven individuellen Kündigungsfrist" waren Leistungen, die in den Sozialplänen vereinbart waren und damit einen Teil davon darstellten.
Die Besteuerung der bei Beendigung der Dienstverhältnisse erfolgten Zahlungen war durch die Bf. hinsichtlich der Lohnsteuer sämtlich gem. § 67 Abs. 6 iVm § 67 Abs. 8 lit. f EStG 1988 erfolgt. Dies wurde durch die AP für die geprüften Zeiträume nicht beanstandet.
Die AP beanstandete jedoch die Steuerfreiheit dieser Zahlungen hinsichtlich der Lohnnebenkosten (DB, DZ und Kommunalsteuer). Sie vermeinte, dass es sich bei den Zahlungen (Abfertigung der fiktiven Kündigungsfrist) um Zahlungen für den Verzicht künftiger Arbeitsleistungen handle und daher die Bestimmung des § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 (Besteuerung von Kündigungsentschädigungen) zur Anwendung gelangen müsse. Demzufolge wäre auch Lohnnebenkostenpflicht gegeben.
Dieser Beurteilung der AP war durch das BFG entgegenzuhalten, dass es sich bei den strittigen Zahlungen nicht um Abgangsentschädigungen bzw. Kündigungsentschädigungen iSd § 67 Abs. 8 lit. b handelte.
Zwar stünden auch solche Zahlungen mit einer Auflösung des Dienstverhältnisses in Zusammenhang, jedoch sind andere, wirtschaftliche Hintergründe und Motive dafür ausschlaggebend, als diese im Fall von Sozialplänen gegeben sind. Abgangsentschädigungen haben ihre Ursache meist darin eine vorzeitige Auflösung eines Dienstverhältnisses durch Verhandlungen und Angebote zu erreichen, wenn z.B. vertragliche Bestimmungen dies schwierig gestalten. Der Auflösung liegen Verhandlungen zwischen dem Betroffenen und dem Arbeitgeber, der Gesellschaft, zugrunde. In einem solchen Fall wären keine "sonstigen Bezüge" iSd § 67 Abs. 6 EStG 1988 gegeben (vgl. ).
Anders hingegen ist es bei Zahlungen und Vereinbarungen, die auf Sozialplänen beruhen. Sozialpläne werden nicht mit einzelnen Dienstnehmern, sondern zwischen dem Betriebsrat und dem Unternehmen geschlossen um die wesentlichen Nachteile einer Betriebsänderung für die Belegschaft bzw. einen großen Teil davon abzufedern. Bei Sozialplänen handelt es sich um mit dem Betriebsrat beschlossene, erzwingbare Betriebsvereinbarungen.
Ein solcher Sozialplan war im Fall der Bf. gegeben. Sämtliche Zahlungen im Prüfungszeitraum beruhten auf den beschlossenen Sozialplänen. Die Zahlungen wurden durch die Beendigung der Dienstverhältnisse ausgelöst und standen mit deren Auflösung in ursächlichem Zusammenhang.
Somit lagen auch bei den Zahlungen betreffend "freiwillige Abfertigungen der fiktiven individuellen Kündigungsfrist" Bezüge vor, die unter die Bestimmung des § 67 Abs. 8 lit. f EStG 1988 zu subsumieren waren.
Durch den in Abs. 8 lit. f enthaltenen Verweis auf Abs. 6 dieser Bestimmung, war weiters auch klargestellt, dass freiwillige Zahlungen, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen, wenn sie im Rahmen von Sozialplänen ausgezahlt werden, grundsätzlich zu den sonstigen Bezügen iSd § 67 Abs. 6 EStG zählen.
Für die Lohnnebenkosten bedeutete dies gem. § 41 Abs. 4 lit. b FLAG 1967, dass diese Zahlungen, die als Bezüge iSd § 67 Abs. 6 EStG 1988 zu beurteilen waren, nicht zur Beitragsgrundlage gehörten und somit keine Lohnnebenkostenpflicht auslösten. Dies unabhängig davon, ob die Lohnsteuerbegünstigung des § 67 Abs. 6 EStG wirksam wird oder nicht. An der Eigenschaft der Bezüge, d.h. dass sonstige Bezüge vorlagen, die bei Beendigung des Dienstverhältnisses infolge eines Sozialplanes anfielen, ändert nämlich eine begünstigte Besteuerung nichts.
§ 41 Abs. 4 lit. b FLAG 1967 enthält keine solche Einschränkung. Es werden lediglich die Bezüge, die im § 67 Abs. 3 und 6 EStG genannt sind, als Tatbestand angeführt.
Die rechtliche Beurteilung des BFG findet sich auch durch die ständige Rechtsprechung des VwGH zur Thematik bestätigt.
So hat der VwGH bereits in seinem Erkenntnis, , hinsichtlich Kommunalsteuer entschieden, dass freiwillige Abfertigungen dieser nicht zu unterziehen sind. Seither hat der VwGH mehrfach (s. ; ) ausgesprochen, dass freiwillige Abfertigungen von der Bemessungsgrundlage zum Dienstgeberbeitrag (samt Zuschlag) ausgenommen sind und zwar unabhängig davon, ob eine einkommensteuerlich begünstigte Besteuerung stattfinden kann oder nicht. An der Eigenschaft des Bezugs ändert es nichts, wenn die Lohnsteuerbegünstigung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 nicht wirksam wird. Auch betreffend freiwilliger Abfertigungen, die im Rahmen von Sozialplänen ausgezahlt werden, hat der VwGH entschieden, dass diese grundsätzlich solche gemäß Abs. 6 leg cit darstellen (s. ).
Der seitens der Behörde vertretenen Rechtsansicht war daher auch unter Bezug auf die Judikatur des VwGH nicht zu folgen.
Für die gegenständlich, gemäß den Vereinbarungen der Sozialpläne, in den Jahren 2013 bis 2015 ausbezahlten freiwilligen Abfertigungen der fiktiven individuellen Kündigungsfrist an ausgeschiedene Mitarbeiter waren daher kein DB und DZ festzusetzen.
Die Entscheidung über die Beschwerde war wie im Spruchpunkt I. angeführt zu treffen.
Die Bemessungsgrundlagen und Berechnungen sind der Beilage zu entnehmen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des VwGH, noch weicht die Entscheidung von der Rechtsprechung des VwGH ab (siehe oben).
Es ist daher die Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 67 Abs. 8 lit. f EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 41 Abs. 4 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 67 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101445.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at