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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.05.2023, RV/7100966/2023

Festsetzung von Pfändungsgebühren ohne zugrunde liegender Amtshandlung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Das Finanzamt erstellte am einen Bescheid an die Pensionsversicherungsanstalt (in weiterer Folge PVA) betreffend Pfändung und Überweisung einer Geldforderung des Beschwerdeführers (in weiterer Folge Bf.) iHv € 207,57.

Ebenfalls am erließ das Finanzamt den angefochtenen Bescheid betreffend Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens iHv € 15,57 an den Bf.

Gegen diesen erhob der Bf. am fristgerecht Beschwerde ein und brachte im Wesentlichen vor, dass ihm keine Amtshandlung bzw. Zahlungsverpflichtung vom und kein Grund für eine solche durch die Finanzbehörde bekannt geworden sei, sondern von der Finanzbehörde frei erfunden worden sei. Er verweise auf die diesbezügliche Buchungsmitteilung Nr. 1/2022 vom des Finanzamtes Österreich, wo ihm ein Kontorückstand von angeblich 609 Euro mitgeteilt und eine Einkommensteuer für 2020 von 417 Euro bis vorgeschrieben worden sei. Eine andere Zahlungsverpflichtung bzw. Pfändung per sei ihm bis heute nicht mitgeteilt worden. Es liege auch keine Mitteilung und kein Bescheid für eine solche vor.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, da aufgrund der nicht einbezahlten Einkommensteuer 2017 iHv € 192,00 am eine Lohnpfändung und daher ebenfalls eine Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen verfügt worden sei. Es habe keine aufrechte Zahlungsvereinbarung vorgelegen.

Mit Schreiben vom brachte der Bf. rechtzeitig Vorlageantrag ein.

Mit Beschluss vom forderte das Bundesfinanzgericht das Finanzamt auf, einen Nachweis der Zustellung des Pfändungsbescheides vom an die PVA vorzulegen.

Mit Schreiben vom teilte das Finanzamt mit, dass ein Zustellnachweis nicht auffindbar sei und die PVA laut telefonischer Auskunft einen Bescheid über die Pfändung einer Geldforderung vom nicht erhalten habe.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gemäß § 26 AbgEO Pfändungsgebühren iHv € 10,00 und Auslagenersätze iHv € 5,57 (insgesamt € 15,57) für die Amtshandlung vom fest.

Ein Bescheid vom über die Pfändung einer Geldforderung iHv € 207,57 an die PVA wurde dieser nicht zugestellt.

2. Beweiswürdigung

Die Festsetzung von insgesamt € 15,57 an Pfändungsgebühren ergibt sich aus dem Bescheid über die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens vom .

Dass der Bescheid über die Pfändung einer Geldforderung vom an die PVA nicht zugestellt wurde ergibt sich aus dem Schreiben des Finanzamtes vom .

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

§ 26 AbgEO lautet auszugsweise:
(1) Der Abgabenschuldner hat für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens nachstehende Gebühren zu entrichten:
a) Die Pfändungsgebühr anlässlich einer Pfändung im Ausmaß von 1% vom einzubringenden Abgabenbetrag; wird jedoch an Stelle einer Pfändung lediglich Bargeld abgenommen, dann nur 1% vom abgenommenen Geldbetrag.
b) Die Versteigerungsgebühr anlässlich einer Versteigerung (eines Verkaufes) im Ausmaß von 1 1 ½% vom einzubringenden Abgabenbetrag.
Das Mindestmaß dieser Gebühren beträgt 10 Euro.
(2) Die im Abs. 1 genannten Gebühren sind auch dann zu entrichten, wenn die Amtshandlung erfolglos verlief oder nur deshalb unterblieb, weil der Abgabenschuldner die Schuld erst unmittelbar vor Beginn der Amtshandlung an den Vollstrecker bezahlt hat.
(3) Außer den gemäß Abs. 1 zu entrichtenden Gebühren hat der Abgabenschuldner auch die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen zu ersetzen. Zu diesen zählen auch die Entlohnung der bei der Durchführung des Vollstreckungsverfahrens verwendeten Hilfspersonen, wie Schätzleute und Verwahrer, ferner bei Durchführung der Versteigerung durch einen Versteigerer dessen Kosten sowie die Kosten der Überstellung.
(5) Gebühren und Auslagenersätze werden mit Beginn der jeweiligen Amtshandlung fällig und können gleichzeitig mit dem einzubringenden Abgabenbetrag vollstreckt werden; sie sind mit Bescheid festzusetzen, wenn die nicht unmittelbar aus einem Verkaufserlös beglichen werden (§ 51).

Gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner ist hierbei gemäß Abs. 2 mitzuteilen, dass die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Die Pfändung ist gemäß Abs. 3 mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen. Gemäß Abs. 4 kann der Drittschuldner das Zahlungsverbot anfechten oder beim Finanzamt die Unzulässigkeit der Vollstreckung nach den darüber bestehenden Vorschriften geltend machen.

Die Pfändung wird mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner bewirkt. Somit ist die Zustellung des Zahlungsverbotes der konstitutive Akt, mit dem das Pfandrecht zugunsten der Republik Österreich begründet wird. Die Zustellung des Verfügungsverbotes an den Abgabenschuldner ist hingegen nur deklarativ (vgl. Liebeg, AbgEO2, § 65 Tz 17 mit Judikaturnachweisen).

Die Pfändungsgebühr gemäß § 26 AbgEO ist eine reine Amtshandlungsgebühr. Sie wird insbesondere wegen der der Behörde bei Durchführung der Pfändung auflaufenden Kosten erhoben und sie ist sohin auch dann zu entrichten, wenn die durchgeführte Amsthandlung zu keiner Pfändung führte, sei es, dass keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden oder der Schuldner nicht angetroffen wurde ().

Im gegenständlichen Fall wurden Pfändungsgebühr und Auslagenersätze iHv insgesamt € 15,57 für eine Amtshandlung vom festgesetzt. Diese Amtshandlung (Pfändung einer Geldforderung) ist jedoch mangels Zustellung des Pfändungsbescheides an die PVA nicht ergangen.

Mangels einer Amtshandlung erging der angefochtene Bescheid über die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens zu Unrecht und war dieser spruchgemäß ersatzlos aufzuheben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis folgt der zitierten Rechtsprechung und dem Gesetzeswortlaut. Im Übrigen handelt es sich um Tatfragen, so dass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 26 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100966.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at