Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.04.2023, RV/7101016/2023

Aussetzung der Einhebung, Ablaufbescheid, Abgabentilgung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R.*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Borns Rechtsanwalts GmbH & Co KG, ***Vertr-Adr***,

1.) über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Ablauf der Aussetzung der Einhebung und

2.) über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung eines Aussetzungsantrages, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde gegen den Bescheid über den Ablauf der Aussetzung der Einhebung wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

II. Die Beschwerde gegen den Bescheid über die Abweisung eines Aussetzungsantrages wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheiden vom und setzte das Finanzamt gegenüber der nunmehrigen Beschwerdeführerin (in der Folge kurz Bf. genannt) Zwangsstrafen in Höhe von € 1.000,00 und € 4.000,00 fest.

Mit Eingabe vom brachte die Bf. einen Antrag auf Wiedereinsetzung samt Beschwerde betreffend Zwangsstrafen wie folgt ein:

"Die Abgabenpflichtige gibt bekannt, dass sie der ***Vertr.*** ***Vertr-Adr***, Vollmacht zur Vertretung in allen Angelegenheiten erteilt hat, die mit deren aus dem Bundesgesetz über die Einrichtung eines Registers der wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften, anderen juristischen Personen und Trusts (Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz WiEReG) resultierenden Pflichten im Zusammenhang stehen; insbesondere zu allfälligen Verfahren im Zusammenhang mit Zwangs-, Ordnungs- und Mutwillensstrafen. Diese Vollmacht umfasst auch die Zustellvollmacht; die Abgabenpflichtige ersucht so, künftige Zustellungen an deren Vertreterin vorzunehmen.

II. ANTRAG AUF ÜBERMITTLUNG EINER AKTENABSCHRIFT

Die Abgabenpflichtige beantragt, ihr eine Aktenabschrift zu übermitteln um nachvollziehen zu können, welche Schritte konkret in dieser Sache gesetzt worden sind; wasalso konkret in diesem Verfahren offen ist und/oder zu erledigen ist.

III. ANTRAG AUF BESCHEIDZUSTELLUNG

Der Abgabenpflichtigen ist die Mahnung von , ***BF1StNr1***, am zugestellt worden. Diese Mahnung nimmt Bezug auf einen angeblich bereits vollstreckbaren Rückstand von EUR 1.000,00, der aus Zwangs-, Ordnungs-und Mutwillensstrafen resultieren soll.

Der Abgabenpflichtigen sind keinerlei Aufforderungen zur Entsprechung der Meldepflicht im Sinne von § 1 5 (1) Z. 2 WieReG zugestellt worden.

Der Abgabenpflichtigen ist auch zu derartigen Strafen kein Bescheid zugestellt worden.

Sie stellt so den Antrag, ihr sämtliche Aufforderungen sowie sämtliche Zwangs-, Ordnungs- und Mutwillensstrafen zuzustellen bzw. zu diesen offensichtlich betriebenen Forderungen einen Bescheid auszustellen.

IV. ANTRAG AUF WIEDEREINSETZUNG

Die Abgabenpflichtige hatte von allfälligen Bescheiden keine Kenntnis, kann sich auch nicht erklären, wie ihr Bescheide zugestellt werden sein sollten, zumal an der Adresse der Abgabenpflichtigen eine Rechtsanwaltskanzlei betrieben wird, in der jedwede behördliche Nachricht - seit über 20 Jahren fehlerfrei - erfasst und fristgerecht bearbeitet wird.

An der Adresse der Abgabenpflichtigen sind keinerlei behördliche Schriftstücke an die Abgabenpflichtige zugestellt worden.

Die Abgabepflichtige hätte bei Kenntnis von auch nur einer Mahnung umgehend eine Meldung vorgenommen, weil es sich dabei nur um einen - bei richtiger rechtlicher Betrachtung freilich nicht gebotenen - Formalakt handelt, um den zu streiten es sich nicht lohnt. Sie hat die Meldung auch bereits nachgeholt.

Sollte hier eine Zustellung erfolgt sein, so ist die Abgabenpflichtige durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis verhindert, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Die Abgabenpflichtige trifft auch kein - jedenfalls kein einen minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden an der Versäumung zur Last.

Glaubhaftmachung: ***1***, ***Adr***

***2***, ***Adr***

Gleichzeitig holt die Abgabepflichtige deren Rechtsmittel nach:

V. BESCHWERDE

Die Voraussetzungen für Zwangs-, Ordnungs- und Mutwillensstrafen gegen die Abgabenpflichtige liegen nicht vor.

Die Abgabenpflichtige ist eine Offene Gesellschaft, deren Gesellschafter ausschließlich zwei natürliche Personen iSd § 6 (1) WiEReG sind und eine GmbH, deren einzige Gesellschafterin eine GmbH iSd § 6 (2) WiEReG ist.

Die beiden natürlichen Personen ***1*** und ***2*** sind auch als alleinige Gesellschafter der ***B-GmbH** im Firmenbuch ausgewiesen; der Alleingesellschafterin der ***S*** GmbH. Bei rechtsrichtigem Verständnis der Bestimmungen des § 6 WiEReG besteht für die Abgabenpflichtige eine Befreiung von der Meldepflicht.

(Die durch bloß wörtliche Interpretation mögliche Auffassung, dass eine Kombination der Ausnahmetatbestände des § 6 (1) WiEReG und § 6 (2) WiEReG nicht zulässig wäre, wäre evident rechtsirrig.)

Die Gesellschafter der Abgabenpflichtigen haben keine Aufforderung zugestellt erhalten. Ohne (zweimalige) Aufforderung ist eine Strafe unzulässig."

Über FinanzOnline wurden am zwei Anträge auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO gestellt.

1. Abgabenart: 85, Zeitraum: 06/2022, Fälligkeitstag: , Betrag € 1.000,00

2. Abgabenart: 85, Zeitraum: 09/2022, Fälligkeitstag: , Betrag € 4.000,00

Die Anträge enthalten folgende gleichlautende Begründung:

"Namens und im Auftrag unserer Klientin ersuchen wir, die Einhebung der Zwangs- und Ordnungsstrafe für die Nichteinbringung der WiReg Meldung bis zur Erledigung der am eingebrachten Beschwerde gegen die Verhängung dieser Strafe auszusetzen."

Verfahrensgang zur Wiedereinsetzung (hier nicht verfahrensgegenständlich)

Am erging durch die belangte Behörde ein Mängelbehebungsauftrag, da der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand folgende Formgebrechen aufweise:

  1. Fehlen der Unterschrift

  2. Die Bezeichnung der versäumten Frist (Datum des Bescheides)

Das diesbezügliche Antwortschreiben vom lautet:

"Die Bf. hat die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen

den Bescheid der Behörde vom zur Steuernummer xxx, mit dem der Bf. die Vornahme der Erstmeldung bis aufgetragen wurde,

den Bescheid der Behörde vom zur Steuernummer xxx, mit dem der Bf. eine Zwangsstrafe von EUR 1.000,00 festgesetzt wurde,

den Bescheid der Behörde vom zur Steuernummer xxx, mit dem der Bf. eine Zwangsstrafe von EUR 4.000,00 festgesetzt wurde,

durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis versäumt. Der Wiedereinsetzungsantrag und die Beschwerde beziehen sich so auf diese Beschwerdefristen."

Mit Bescheid vom wurde der Wiedereinsetzungsantrag vom als unbegründet abgewiesen.

Dagegen wurde am Beschwerde erhoben, die mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen wurde. Dagegen wurde ein Vorlageantrag eingebracht, das Verfahren ist beim BFG zur Geschäftszahl GZ.RV/7100989/2023 anhängig.

Verfahrensgang zu Antrag 1: Aussetzung der Einhebung derZwangs- und Ordnungsstrafe 06/2022, Bescheid vom , € 1.000,00:

Laut Kontoabfrage wurde die Zwangsstrafe iHv € 1.000,- am überwiesen und am am Konto gutgeschrieben. Der Zahlungsbeleg enthielt eine Verrechnungsweisung zugunsten der genannten Abgabenschuld.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Aussetzungsantrag mit der Begründung ab, dass eine dem Antrag zugrunde liegende Beschwerde nicht eingebracht worden sei.

Die dagegen eingebrachte Beschwerde vom wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass im Hinblick auf die bereits erfolgte Entrichtung des Abgabenbetrages eine Aussetzung der Einhebung rechtlich nicht möglich sei.

Dagegen wurde mit Schriftsatz vom ein Vorlageantrag eingebracht.

Verfahrensgang zu Antrag 2: Aussetzung der Einhebung der Zwangs- und Ordnungsstrafe 09/2022, € 4.000,00:

Mit Bescheid vom bewilligte das Finanzamt die Aussetzung der Einhebung der Zwangsstrafe 09/2022 in Höhe von € 4.000,00.

Mit Bescheid vom wurde der Ablauf der Aussetzung der Einhebung mit der Begründung verfügt, dass die Aussetzung der Einhebung infolge Beschwerdeerledigung abgelaufen sei.

In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom wird im Wesentlichen vorgebracht, dass die Bf. mit Schriftsatz vom einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und eine Beschwerde gegen den Bescheid über die Zwangs- und Ordnungsstrafe eingebracht habe.

Über die Beschwerde vom sei nach wie vor ein Verfahren anhängig, der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei zwar mit Bescheid vom abgewiesen worden, jedoch sei dagegen am eine Beschwerde eingebracht worden, die ebenfalls noch anhängig sei.

Es wurde beantragt, das Bundesfinanzgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen und den angefochtenen Bescheid aufheben.

Laut Kontoabfrage wurde die Zwangsstrafe iHv € 4.000,00 am überwiesen und am 8. März am Konto gutgeschrieben. Der Zahlungsbeleg enthielt eine Verrechnungsweisung zugunsten der genannten Abgabenschuld.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde wie folgt als unbegründet ab:

Mit Schreiben vom beantragte der Rechtsträger eine Übermittlung einer Aktenabschrift, eine Bescheidzustellung und stellte einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dabei wurde auch eine Beschwerde erhoben.

Über FinanzOnline wurde am ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO gestellt. Zeitraum: 09/2022, Fälligkeitstag: , Betrag € 4.000,00

"Namens und im Auftrag unserer Klientin ersuchen wir die Einhebung der Zwangs- und Ordnungsstrafe für die Nichteinbringung der WiReg Meldung bis zur Erledigung der am eingebrachten Beschwerde gegen die Verhängung dieser Strafe auszusetzen."

Mit Bescheid vom wurde dem Antrag um Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO stattgegeben und die Einhebung der Abgabe Zwangs-, Ordnungs- und Mutwillenstrafe für den Zeitraum 09/2022, Fälligkeit am , iHv € 4.000 ausgesetzt.

Dieser Bescheid wurde ohne Rückschein zugestellt.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag vom betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 308 Abs 1 BAO hinsichtlich der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid vom (Androhung der Zwangsstrafe), den Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe iHv € 1.000,- vom und den Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe iHv € 4.000,- vom als unbegründet abgewiesen.

Dieser Bescheid wurde laut Rückschein (Rsb) am zugestellt.

Mit Bescheid vom wurde der Ablauf einer Aussetzung der Einhebung infolge Beschwerdeerledigung verfügt. Betroffen war die Abgabe Zwangs-, Ordnungs- und Mutwillenstrafe für den Zeitraum 09/2022 iHv € 4.000.

Dieser Bescheid wurde ohne Rückschein zugestellt.

Gegen den Abweisungsbescheid betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde von der Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz Bf. genannt) am das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde eingebracht, welches mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen wurde.

Mit Schreiben vom , eingelangt am , wurde von der Bf. das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Bescheid über den Ablauf einer Aussetzung der Einhebung erhoben.

Laut Kontoabfrage der Bf. wurde die Zwangsstrafe iHv € 4.000,- am überwiesen und am am Konto gutgeschrieben:

Rechtliche Beurteilung:

§ 212a BAO lautet: ('auszugsweise')

(1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

(5) Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden

a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder

b) Erkenntnisses (§ 279) oder

c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung

zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer

Beschwerdevorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines

Vorlageantrages nicht aus.[...]

(6) Wurde eine Abgabenschuldigkeit durch die Verwendung von sonstigen Gutschriften (§ 213 Abs. 1) oder Guthaben (§ 215 Abs. 4) gänzlich oderteilweise getilgt, so sind, falls dies beantragt wurde, die getilgten Beträge in die Bewilligung der Aussetzung der Einhebung einzubeziehen, wenn die Tilgung

a) vor Fälligkeit der Abgabenschuldigkeit oder

b) vor Ablauf einer sonst für ihre Entrichtung gemäß § 210 Abs 2 zustehenden Frist oder

c) bei später als einen Monat vor ihrer Fälligkeit festgesetzten Abgaben vor Ablauf eines Monats

ab Bekanntgabe des maßgeblichen Bescheides oder

d) nach Einbringen des Antrages auf Aussetzung oder

e) innerhalb eines Monats vor Ablauf der Frist des Abs 7

erfolgte.

Im gegenständlichen Fall wurde im Rahmen eines am gestellten Wiedereinsetzungsantrages aufgrund von versäumten Beschwerdefristen auch die versäumte Handlung (Beschwerde gegen die Zwangsstrafenbescheide und gegen die Androhung einer Zwangsstrafe) eingebracht. Am wurde auch ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO für einen Betrag iHv € 4.000,- eingebracht.

Das Erkenntnis des (Amtsrevision anhängig zu Ra 2015/15/0110) lässt auch eine Aussetzung der Einhebung iZm Beschwerdeverfahren betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu.

Da von der Bf. in der Zwischenzeit eine Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand am eingebracht und mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen wurde, war der Ablauf der Aussetzung der Einhebung (spätestens zu diesem Zeitpunkt) zu verfügen. Dass über die Beschwerde gegen die Zwangssstrafenbescheide und gegen die Androhung einer Zwangsstrafe (noch) nicht entschieden wurde, spielt für das gegenständliche Verfahren keine Rolle, tritt doch das Verfahren gem. § 310 Abs. 3 BAO erst mit der Bewilligung der Wiedereinsetzung in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

Ein Ablaufbescheid ist selbst dann zu erlassen, wenn die ausgesetzt gewesene Abgabe bereits entrichtet oder getilgt worden ist; dies deshalb, um unter Bedachtnahme auf § 212a Abs. 9 letzter Satz BAO die etwaige Festsetzung von Aussetzungszinsen zu ermöglichen (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 212a Anm 53; Ritz/Koran, BAO7 § 212a Rz 28).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

Dagegen wurde mit Schriftsatz vom ein Vorlageantrag eingebracht.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtsgrundlagen:

§ 212a BAO

(1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

(2b) Der Antrag auf Aussetzung der Einhebung ist zurückzuweisen, wenn

1. keine Beschwerde eingebracht wurde,

2. der Bescheid keine Nachforderung im Sinne des Abs. 1 ausweist,

3. der nach Ergehen einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Beschwerdeverfahren eingebracht wird oder

4. zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Insolvenzverfahren anhängig ist.

(3) Anträge auf Aussetzung der Einhebung können bis zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde (Abs. 1) gestellt werden. Sie haben die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs. 1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages zu enthalten. Weicht der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag von dem sich aus Abs. 1 ergebenden nicht wesentlich ab, so steht dies der Bewilligung der Aussetzung im beantragten Ausmaß nicht entgegen.

(4) Die für Anträge auf Aussetzung der Einhebung geltenden Vorschriften sind auf Bescheidbeschwerden gegen die Abweisung derartiger Anträge und auf solche Beschwerden betreffende Vorlageanträge (§ 264) sinngemäß anzuwenden.

(5) Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden

a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder

b) Erkenntnisses (§ 279) oder

c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung

zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages nicht aus.

Wurden dem Abgabepflichtigen für einen Abgabenbetrag sowohl Zahlungserleichterungen (§ 212) als auch eine Aussetzung der Einhebung bewilligt, so tritt bis zum Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf der Zahlungsaufschub auf Grund der Aussetzung ein.

(5a) Der Ablauf der nach Abs. 2a bewilligten Aussetzung der Einhebung ist anlässlich des Bescheides gemäß § 48 Abs. 2 oder 3 zu verfügen.

(6) Wurde eine Abgabenschuldigkeit durch die Verwendung von sonstigen Gutschriften (§ 213 Abs. 1) oder Guthaben (§ 215 Abs. 4) gänzlich oder teilweise getilgt, so sind, falls dies beantragt wurde, die getilgten Beträge in die Bewilligung der Aussetzung der Einhebung einzubeziehen, wenn die Tilgung

a) vor Fälligkeit der Abgabenschuldigkeit oder

b) vor Ablauf einer sonst für ihre Entrichtung gemäß § 210 Abs. 2 zustehenden Frist oder

c) bei später als einen Monat vor ihrer Fälligkeit festgesetzten Abgaben vor Ablauf eines Monats ab Bekanntgabe des maßgeblichen Bescheides oder

d) nach Einbringen des Antrages auf Aussetzung oder

e) innerhalb eines Monats vor Ablauf der Frist des Abs. 7

erfolgte.

§ 245 BAO:

(1) Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat. (...)

1.) Bescheid über den Ablauf der Aussetzung der Einhebung vom

  • Das BFG geht von folgendem Sachverhalt aus:

Mit Bescheid vom wurde die dem Aussetzungsantrag vom zugrunde liegende Zwangsstrafe festgesetzt.

Der Wiedereinsetzungsantrag samt Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe vom wurde am und der Antrag auf Aussetzung der Einhebung am eingebracht.

Mit Bescheid vom bewilligte das Finanzamt die Aussetzung der Einhebung der Zwangsstrafe 09/2022 in Höhe von € 4.000,00.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Wiedereinsetzungsantrag vom ab und verfügte mit Bescheid vom den Ablauf der Aussetzung der Einhebung.

Am wurde der Betrag in Höhe von € 4.000,00 durch Überweisung mit Verrechnungsweisung entrichtet.

Rechtliche Beurteilung:

Die belangte Behörde führt in der Beschwerdevorentscheidung vom aus, dass gegen den Bescheid über die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages am eine Beschwerde eingebracht worden sei, die mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen worden sei, weshalb der Ablauf der Aussetzung der Einhebung spätestens zu diesem Zeitpunkt zu verfügen gewesen wäre, scheint jedoch dabei zu übersehen, dass gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag Beschwerde gegen den dem hier gegenständlichen Aussetzungsantrag zugrundeliegenden Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe innerhalb der Rechtsmittelfrist eingebracht wurde. Dies ergibt sich aus folgenden Daten:

Der Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe in Höhe von € 4.000,00 wurde am ausgestellt. Die Frist zur Einbringung einer Beschwerde beträgt gemäß § 245 BAO einen Monat und beginnt mit dem Tag, an dem der Bescheid bekannt gegeben worden ist.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand samt Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe (vom ) wurde am , somit innerhalb der Rechtsmittelfrist von einem Monat eingebracht unabhängig davon, dass diese Beschwerde gleichzeitig mit einem Wiedereinsetzungsantrag verbunden war.

Unabhängig davon, dass der Wiedereinsetzungsantrag betreffend den Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe vom mit Bescheid vom und auch die dagegen eingebrachte Beschwerde vom mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen wurde, war die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe vom zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides über den Ablauf der Aussetzung der Einhebung (dies war der ) noch unerledigt und ist bis dato keine diesbezügliche Beschwerdevorentscheidung ergangen.

Der Bescheid über den Ablauf der Aussetzung der Einhebung wurde daher zu Unrecht verfügt und war daher aufzuheben.

2.) Bescheid über die Abweisung des Aussetzungsantrages vom

  • Das BFG geht von folgendem Sachverhalt aus:

  • Mit Bescheid vom wurde eine Zwangsstrafe in Höhe von € 1.000,00 festgesetzt.

Am wurde ein Wiedereinsetzungsantrag samt Beschwerde gegen den Bescheid vom und am ein Aussetzungsantrag eingebracht.

Laut Kontoabfrage wurde die Zwangsstrafe iHv € 1.000,- am 28. September2022 überwiesen und am am Konto gutgeschrieben. Der Zahlungsbeleg enthielt eine Verrechnungsweisung zugunsten der genannten Abgabenschuld.

Der Aussetzungsantrag wurde mit Bescheid vom abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung:

Nach § 212a Abs. 5 BAO besteht die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung in einem Zahlungsaufschub. Hieraus folgt, dass sich die Verfügung der Aussetzung - vorbehaltlich der Tatbestände des § 212a Abs. 6 BAO - nur auf jenen Teil des strittigen, sich aus einer Abweichung gegenüber einer Abgabenerklärung ergebenden Abgabenbetrages beziehen kann, der noch nicht entrichtet ist (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2276 ff). Grundsätzliche Voraussetzung für eine Aussetzung ist somit, dass die Abgabe, deren Einhebung ausgesetzt werden soll, noch nicht getilgt ist.

Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erweist es sich nicht nur sachlich gerechtfertigt, sondern auch unmittelbar evident, dass die Einhebung einer Abgabe nur dann ausgesetzt werden kann, wenn Einhebungsschritte in Betracht kommen. Dies ist aber bei einer bereits entrichteten Abgabe nicht der Fall ().

Die Anwendung der lit. a, b, c und e des § 212a Abs. 6 BAO auf den Beschwerdefall scheidet von vornherein aus, weil ein diesen Ausnahmetatbeständen entsprechender Sachverhalt nicht gegeben ist. Ein Ausnahmefall nach lit. d leg. cit. liegt aber ebenfalls nicht vor, weil die Tilgungswirkung nicht durch die Verwendung von sonstigen Gutschriften (§ 213 Abs. 1 BAO) oder Guthaben (§ 215 Abs. 4 BAO), sondern durch von der Bf. geleistete Zahlung eingetreten ist.

Ein Fall des § 212a Abs. 6 BAO liegt somit nicht vor, weshalb bereits aus diesem Grunde kein positiver Aussetzungsbescheid erlassen werden kann.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist zu bemerken, dass die Bf. durch das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () zwar in seinem Verfahrensrecht verletzt wird. Auf Grund des zu beachtenden Gebotes der Verwaltungsökonomie (vgl. Ritz ÖStZ 1996, 70) wurde jedoch in Hinblick darauf, dass nach den vorstehenden Ausführungen ausgeschlossen werden kann, dass das Bundesfinanzgericht bei Vermeidung dieses Mangels (Durchführung einer mündlichen Verhandlung) zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

1.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der oben zitierten, ständigen und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101016.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at