Beschwerde verspätet, rechtswirksame Zustellung in Databox
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Susanne Zankl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Wirtschaftstreuhänder Weinzinger und Partner Steuerberater GmbH, Passauer Straße 40, 4780 Schärding, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019, Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:
Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 260 Abs 1 lit b iVm §§ 264 Abs 4 lit e und 278 Abs 1 lit a BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
I. Verfahrensgang und entscheidungsrelevanter Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin ( Bf) brachte am den Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2019 ein und begehrte unter anderem die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten.
Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid 2019 und anerkannte die geltend gemachten Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung und die Familienheimfahrten nicht.
Am brachte die Bf gegen diesen Einkommenstreuerbescheid 2019 das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde ein, die am mittels abweisender Beschwerdevorentscheidung (BVE) erledigt wurde. Die Zustellung erfolgte am elektronisch in die Databox.
Am brachte die Steuerpflichtige durch ihren steuerlichen Vertreter per Fax den Antrag ein, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag). Ergänzend zu den inhaltlichen Darlegungen zu den beantragten Aufwendungen für die Familienheimfahrten und für die doppelte Haushaltsführung führte die Bf aus, dass weder sie noch der steuerliche Vertreter eine Benachrichtigung in der Databox, per Mail oder per Post über den Eingang der BVE erhalten hätte. Durch Zufall hätten sie die BVE im Steuerakt auf FinanzOnline entdeckt. Aufgrund dessen wäre der Vorlageantrag fristgerecht eingebracht worden.
II. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf die Angaben der Bf, auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen des Finanzamtes bzw. der Bf sowie auf die Ergebnisse der vom Gericht durchgeführten Ermittlungen.
III. Rechtslage
Gemäß § 243 Bundesabgabenordnung (BAO) sind gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, Beschwerden (Bescheidbeschwerden)an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.
Nach § 245 erster Satz BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.
Die Bescheidbeschwerde ist gemäß § 260 Abs 1 BAO mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
§ 97 Abs 1 BAO bestimmt, dass Erledigungen dadurch wirksam werden, dass sie derjenigen bekanntgegeben werden, für die sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.
Gemäß § 5b Abs 1 der FinanzOnline-Verordnung 2006 (FOnV 2006) in der für den vorliegenden Beschwerdefall maßgeblichen Fassung des BGBl II Nr 373/2012, haben die Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.
§ 5b Abs 2 der FOnV 2006 bestimmt, dass jede Teilnehmerin in FinanzOnline eine elektronische Adresse angeben kann, an welche sie über eine elektronische Zustellung zu informieren ist. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht der Teilnehmerin zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen elektronischen Adresse nicht gehindert.
Nach § 5b Abs 3 FOnV 2006 in der oben genannten Fassung kann eine Teilnehmerin in FinanzOnline auf die elektronische Form der Zustellung verzichten. Zu diesem Zweck ist ihr bei ihrem ersten nach dem erfolgenden Einstieg in das System unmittelbar nach erfolgreichem Login die Verzichtsmöglichkeit aktiv anzubieten. Die Möglichkeit zum Verzicht ist auch nach diesem Zeitpunkt jederzeit zu gewährleisten.
§ 98 Abs 2 BAO normiert, dass elektronische Dokumente als zugstellt gelten, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich der Empfängerin gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass die Empfängerin wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.
IV. Erwägungen
Aus der Aktenlage ergibt sich unstrittig, dass die verfahrensgegenständliche Beschwerdevorentscheidung (BVE, Bescheid) zur Einkommensteuer 2019 am elektronisch über die FinanzOnline in die Databox der Bf zugestellt wurde. Der Zustellungszeitpunkt ergibt sich zweifelsfrei durch die vom Finanzamt auf entsprechender Anfrage des BFG übermittelten Files.
Die Bf hat entsprechend der Bestimmung des § 5b der FOnV 2006 igF der elektronischen Zustellung von behördlichen Erledigungen über FinanzOnline zugestimmt und diese Zustimmung bis zum Zustellzeitpunkt der BVE () nicht widerrufen.
Das Finanzamt ist daher am 04.03.20121 berechtigt gewesen, die BVE zur Einkommensteuer 2019 in der FinanzOnline - Databox bereit zu stellen.
Auf das tatsächliche Einsehen der in der Databox befindlichen elektronischen Dokumente durch Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Schriftstückes kommt es nicht an (vgl Ritz, BAO6, § 98 BAO, Tz 4 und die dortigen Judikaturhinweise).
Dass die Beschwerdeführerin über die Tatsache der Zustellung der BVE in die Databox nicht per E-Mail informiert worden ist, mag daran liegen, dass sie es verabsäumt hat, eine E-Mail-Adresse für Zwecke der Verständigung über eine Zustellung einer Erledigung anzugeben. Eine Information per E-Mail stellt jedoch ohnehin keine Voraussetzung für das Wirksamwerden einer elektronischen Zustellung dar (vgl Ritz, BAO6, § 98 BAO, Tz 4). Die Information per E-Mail hat lediglich Service-Charakter.
Gem. § 98 Abs 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich der Empfängerin gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amtswegen festzustellen. Der Nachweis der tatsächlichen Zustellung der BVE zum in die FinanzOnline - Databox wurde seitens des Finanzamtes vorgelegt und ist aktenkundig. Die Zustellung wäre nur dann nicht als bewirkt zu beurteilen, wenn sich ergäbe, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch würde die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam. Ein entsprechendes Vorbringen der Bf darüber, dass sie nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, weil sie zum Zeitpunkt der elektronischen Zustellung der BVE in die Databox abwesend von der Abgabenstelle war, ist nicht aktenkundig.
Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom , 2009/13/0105, sinngemäß zusammengefasst, über in die FinanzOnline - Databox zugestellte Dokumente entschieden: Wird der elektronischen Zustellung in die FinanzOnline - Databox zugestimmt, gilt ein Dokument als zugestellt, wenn dieses Dokument in der FinanzOnline - Databox eingelangt ist, und der FinanzOnline - Teilnehmer die Zugangscodes hatte, die erforderlich sind, um auf die in der FinanzOnline - Databox eingelangten Dokumente zugreifen zu können.
Der verfahrensgegenständliche Bescheid gilt daher mit als wirksam zugestellt, da dieser an diesem Tag in den elektronischen Verfügungsbereich der Beschwerdeführerin gelangt ist, und auch keinerlei relevante Gründe vorgebracht wurden, die gegen die Wirksamkeit der Zustellung sprechen würden. Ob und wann die Dokumente abgerufen wurden, ist für die Wirksamkeit der Zustellung - wie oben bereits ausgeführt - unerheblich.
Da die Monatsfrist zur Erhebung eines Antrages an das BFG (Vorlageantrag) somit mit Ablauf des geendet hat, die Beschwerde (Vorlageantrag) jedoch erst am per Fax beim Finanzamt eingebracht wurde, war der Vorlageantrag gemäß § 264 Abs 4 lit e iVm § 278 BAO mit Beschluss als verspätet eingebracht zurückzuweisen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
V. Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Rechtsfolge der Zurückweisung einer verspätet eingebrachten Beschwerde ergibt sich aus den klaren oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war im vorliegenden Fall nicht zu lösen, da der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsfrage, wann Dokumente in die FinanzOnline - Databox rechtsgültig zugestellt sind, im Erkenntnis vom , 2009/13/0105, bereits beantwortet hat.
Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 245 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 5b Abs. 1 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006 § 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 5b Abs. 2 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006 § 5b Abs. 3 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006 |
Schlagworte | Beschluss Zugangscode Verfügungsmacht Vorlageantrag |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100077.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at