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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.06.2023, RV/5101778/2019

Bindungswirkung an rechtskräftiges Strafurteil

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Günter Narat über die Beschwerde vom des Beschwerdeführers ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** Steuernummer: ***BF1StNr1***, vertreten durch den Steuerberater Herrn Martin Friedl, Marktplatz 2, 4650 Lambach, gegen die Bescheide des Finanzamtes Grieskirchen Wels (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 und Festsetzung der Umsatzsteuer 12/2017 nach der am über Antrag der Partei (§ 274 Abs 1 Z 1 BAO) im Beisein der Schriftführerin Andrea Tober in Linz abgehaltenen öffentlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I)
Der Beschwerde gegen die Bescheide des Finanzamtes Grieskirchen Wels (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 wird gem. § 279 BAO teilweise stattgegeben. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Umsatz- und Einkommensteuer sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches.

Der Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels (nunmehr Finanzamt Österreich) vom über die Festsetzung der Umsatzsteuer 12/2017 wird gem. § 279 BAO stattgegeben. Der Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

II)
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gem. Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Nach einer beim Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz BF) durchgeführten Außenprüfung wurden die Verfahren betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 von der belangten Behörde wiederaufgenommen und neue Sachbescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 erlassen. Weiters wurde ein Bescheid betreffend Festsetzung der Umsatzsteuer für 12/2017 erlassen. Im Wesentlichen erfolgte aufgrund von der belangten Behörde angenommener Mängel der Losungsaufzeichnungen eine Zuschätzung der Barerlöse sowie die Zurechnung von ungeklärten Privateinlagen und der Ansatz eines Sicherheitszuschlages.

Mit Schreiben vom wurde vom BF eine Beschwerde gegen die angeführten Bescheide eingebracht. In der Begründung wurde vorgebracht, dass es völlig falsch sei, wenn es schon aus anderen Gründen zu einer erheblichen Erhöhung von Umsatzerlösen im Schätzungsweg (praktisch zu einer Globalschätzung) komme, die Umsatzerlöse durch Sicherheitszuschläge und Hinzurechnung (angeblich) ungeklärter Privateinlagen von vorneherein zu erhöhen. Die Sicherheitszuschläge und Privateinlagen müssten in den nachfolgenden Zuschlägen ihre Deckung finden. Darüber hinaus werde im gesamten Prüfungszeitraum eine gleichbleibende Betriebsgröße unterstellt, obwohl das "C" erst seit 2017 in der jetzigen Form betrieben werde.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom und wurde der Beschwerde betreffend die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 2012 - 2016 bzw. betreffend den Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer 12/2017 teilweise stattgegeben. Aufgrund nachgereichter korrigierter Rechnungen wurden Vorsteuern und Betriebsausgaben teilweise anerkannt. Hinsichtlich der Zuschätzung Barerlöse wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben vom wurde vom BF ein Vorlageantrag bei der belangten Behörde eingebracht. Im Zuge dessen wurde vom BF vorgebracht, dass die Außenprüfung durch ein Organ des damals noch "Finanzamtes Braunau Ried Schärding" durchgeführt worden sei und sich aus diesem Grund erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit der angefochtenen Bescheide stellen würden.

Am wurde die Beschwerde von der belangten Behörde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schreiben des BF vom wurden vom BF Nachkalkulationen für die Jahre 2012 bis 2016 sowie daran anknüpfend berichtigte Einnahmen - Ausgaben - Rechnungen und Steuererklärungen für die Jahre 2012 bis 2016 vorgelegt. Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der belangten Behörde Gelegenheit gegeben, zum angeführten Vorbringen des BF eine Stellungnahme abzugeben.

Mit Eingabe vom wurde von der belangten Behörde eine replizierende Stellungnahme zum Schreiben des BF vom abgegeben. Zu den nachgereichten Kalkulationen wurde ausgeführt, dass es sich hierbei im Wesentlichen (nur minimale Abweichungen beim Wein betreffend das Jahr 2016) um dieselben Kalkulationen handelt, welche bereits im Zuge der Beschwerde vorgelegt worden seien. Zu den berichtigten Erklärungen bzw. Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen werde angemerkt, dass die dort vorgenommenen Änderungen seitens der belangten Behörde teilweise nicht nachvollzogen werden könnten. Betreffend die Jahre 2012 und 2013 seien die seitens der steuerlichen Vertretung vorgenommenen Kalkulationen zwar in den berichtigten Einkommensteuererklärungen, jedoch nicht in den berichtigten Umsatzsteuererklärungen berücksichtigt worden.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom wurden dem Bundesfinanzgericht im Zuge einer Nachschau gem. § 144 BAO getroffene Feststellungen im Zusammenhang mit vom BF im Beschwerdezeitraum erzielten Einkünften aus ausländischem Kapitalvermögen übermittelt.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurden dem BF der Nachschaubericht hinsichtlich der im Beschwerdezeitraum erzielten Einkünfte aus ausländischem Kapitalvermögen sowie die Stellungnahme der belangten Behörde vom zur Kenntnisnahme übermittelt und Gelegenheit gegeben, diesbezüglich eine Stellungnahme abzugeben.

Das Ergänzungsersuchen des Bundesfinanzgerichtes vom wurde vom BF nicht beantwortet.

Mit Schreiben des steuerlichen Vertreters vom zog der BF den Antrag auf Senatszuständigkeit zurück.

Am fand die mündliche Verhandlung in Linz statt. Seitens des steuerlichen Vertreters des BF wurde ergänzend vorgebracht, dass der Betrieb des BF in den Wintermonaten geschlossen sei. Die Festsetzung der Umsatzsteuer sei aber für den Voranmeldungszeitraum 12/2017 erfolgt. Es sei nicht zulässig, im Monat 12/2017, wo keine Umsätze erzielt worden sind, eine Hinzuschätzung für andere Zeiträume des Jahres 2017 vorzunehmen. Weiters beantragte der steuerliche Vertreter des BF, den zustehenden Gewinnfreibetrag für den Beschwerdezeitraum von Amts wegen steuerlich zu berücksichtigen bzw. anzupassen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 und die Sachbescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 wurden vom befugten Organwalter der belangten Behörde (des damals zuständigen Finanzamtes Grieskirchen Wels) genehmigt und durch das für den BF im Beschwerdezeitraum zuständige Finanzamt erlassen. Die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 und die Sachbescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 sind dem BF (mittels Zustellung an den mit Zustellvollmacht ausgewiesenen steuerlichen Vertreter) zugekommen.

Der BF führt am Stadtplatz in G das C. Er vermietet weiters das in seinem Besitz befindliche "T-Gebäude". Die im obersten Stockwerk dieses Gebäudes befindliche "S-Bar" wurde vom BF bis Ende 2014 an die A GmbH (deren Gesellschafter und Geschäftsführer der BF ist) vermietet. Seit 2015 wird die "S-Bar" fremdvermietet.

Das C war im Dezember 2017 nicht in Betrieb.

Das Landesgericht X hat den BF mit rechtskräftigen Strafurteil vom zu YYHV wegen der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 (1), 38 FinStrG idF v. BGBL I 2019/62 und nach §§ 33 (2) lit. a, 38 (1) FinStrG idF BGBl I 2019/62 schuldig gesprochen,

"zu nachgenannten Zeiten gewerbsmäßig vorsätzlich unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflichten eine Abgabenverkürzung bewirkt zu haben, und zwar:

1. durch die Abgabe unrichtiger Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2012 bis 2017 unter Verschweigen von nicht im buchhalterischen Rechenwerk erfassten Umsätzen seines Gastronomiebetriebes (2012 bis 2016) und von Einkünften aus ausländischem Kapitalvermögen (2012, 2013, 2015, 2016) eine Verkürzung von Einkommensteuer in Höhe von insgesamt € 147.474,85, nämlich

a. am für das Jahr 2012 in Höhe von EUR 17.405,35 (14.749,00)

b. am für das Jahr 2013 in Höhe von EUR 26.102,79 (21.009,00)

c. am für das Jahr 2014 in Höhe von EUR 37.909,00

d. am für das Jahr 2015 in Höhe von EUR 27.882,24 (24.265,00)

e. am für das Jahr 2016 in Höhe von EUR 31.525,87 (23.515,00)

2. durch das Nichterfassung von Umsätzen seines Gastronomiebetriebes im buchhalterischen Rechenwerk und die Abgabe unrichtiger Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2012 bis 2016 eine Verkürzung von Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt EUR 41.211,89, nämlich

a. am für das Jahr 2012 in Höhe von EUR 7.154,68

b. am für das Jahr 2013 in Höhe von EUR 7.688,89

c. am für das Jahr 2014 in Höhe von EUR 10.646,68

d. am für das Jahr 2015 in Höhe von EUR 7.055,74

e. am für das Jahr 2016 in Höhe von EUR 8.665,90

und weiters in der Zeit März 2017 bis Februar 2018 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen durch die Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate März 2017 bis September 2017 unter Verschweigen von Umsätzen seines Gastronomiebetriebes eine Verkürzung von Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt EUR 8.493,12, bewirkt, und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.

Der BF hat hiedurch die Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 FinStrG idF vor BGBL I 2019/62 bzw die Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 2 lit. a, 38 Abs 1 FinStrG idF vor BGBL I 2019/62 begangen."

Nach der Maßgabe der Ergebnisse der abgabenbehördlichen Prüfung über den Zeitraum 2012 - 2016 sind folgende Mängel der Bücher und Aufzeichnungen des BF festzustellen:

Im Beschwerdezeitraum wurden in der Buchhaltung des BF Rechnungen als Aufwand eingebucht und der Vorsteuerabzug geltend gemacht, wo der BF nicht Rechnungsempfänger war (Tz 2 BP-Bericht). In den Jahren 2013, 2015, 2016 und 2017 wurden Privataufwendungen als Betriebsausgaben geltend gemacht und der Vorsteuerabzug geltend gemacht (Tz 4 BP-Bericht). In den Jahren 2015 - 2017 wurden PKW-Aufwendungen als Aufwand geltend gemacht, die teilweise privat veranlasst waren (Tz 5 BP-Bericht). In den Jahren 2013, 2015, 2016 und 2017 wurden Privateinlagen getätigt, die der Höhe und dem Zeitraum nach nicht nachgewiesen werden konnten (Tz 6 BP-Bericht).

Die Einzelumsätze wurden im Beschwerdezeitraum vom BF nicht zeitgerecht in der Registrierkasse erfasst. Von der belangten Behörde wurden einige "Bierzettel" vorgefunden, auf denen ein Gesamtumsatz als Tageslosung erfasst war und keine Trennung nach 10 %igen und 20 %igen Umsätzen erfolgt ist. Die Einzelumsätze aus dem Eisverkauf wurden nur teilweise in der Registrierkasse erfasst. Teilweise wurden Tageslosungen aufgrund von Mehreinlagen in die Bank bzw Nichterfassung in der Registrierkasse (Bonierungsmängel) in pauschaler Höhe nacherfasst. Bei chronologischer Betrachtung der Kassenbuchungen am Konto*** wurden teilweise Kassenfehlbeträge bzw negative Kassenstände festgestellt. Die Pizzaumsätze wurden vom BF als "Durchläufer" betrachtet und nicht verbucht. Es erfolgten diesbezüglich weder Aufwands- noch Erlösbuchungen. Der BF hat diesbezüglich gegenüber der belangten Behörde angegeben, dass ca € 1,50 je Pizza aufgeschlagen würden. Bei der Kalkulation der Speise- und Getränkeerlöse wurden hohe Differenzen festgestellt (Tz 6 BP-Bericht).

Aufgrund dieser Mängel ist davon auszugehen, dass nicht alle Geschäftsfälle ordnungsgemäß erfasst wurden.

Der BF hat im Beschwerdezeitraum 2012 bis 2016 Einkünfte aus ausländischem Kapitalvermögen in nachfolgender Höhe erzielt:

2012: € 10.625,39

2013: € 20.375,15

2015: € 14.468,94

2016: € 29.130,44

Seitens des steuerlichen Vertreters des BF wurde mit Eingabe vom eine Rechnung der Brauerei Z für die Ablöse von Inventargegenständen vom (Rabattvorschuss für Ablöse B) in Höhe von € 26.862,34 zuzüglich € 5.372,47 Umsatzsteuer vorgelegt. Die Zahlung der angeführten Rechnung durch den BF erfolgt mittels Einbehaltung der vereinbarten und laufenden Rabattgutschriften für den Getränkebezug.

Laut der vorgelegten Rechnung waren mit Ausnahme des Flaschenkühlpultes (AK netto € 3.523,54) alle erworbenen Wirtschaftsgüter gebraucht.

In den Jahren 2015 und 2016 hat der BF bisher keine Afa der Inventargegenstände in Abzug gebracht. Für die Jahre 2015 und 2016 ergibt sich somit folgende, im Rahmen des Erkenntnisses, zu berücksichtigende AfA:

Halbjahres-AfA 2015: € 1.343,12

Ganzjahres-AfA 2016: € 2.686,23

Die Vorsteuer in Höhe von € 5.372,47 wurde beim BF bisher nicht in Abzug gebracht.

Darstellung der (von der Brauerei Z einbehaltenen) Rabattgutschriften:

Rabattgutschriften 07-12/2015: € 782,40 +20% USt € 156,48

Rabattgutschriften 01-12/2016: € 2.670,63 +20% USt € 534,13

Insgesamt wurden von der Brauerei Z für das Jahr 2015 (Zeitraum 03-10/2015) Rabattgutschriften in Höhe von € 1.560,37 +20% USt € 312,07 = € 1.872,44 ausgestellt. Diese Rabattgutschriften wurden vom BF im Jahr 2015 bisher weder ertrag- noch umsatzsteuerlich berücksichtigt.

2. Beweiswürdigung

Gem. § 167 Abs 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Gem. § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde im Übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Die Abgabenbehörde muss dieser Rechtsprechung zufolge den Bestand einer Tatsache nicht im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn nachweisen (vgl zB ; Ritz/Koran, BAO7 § 167 Rz 8 mwN).

Die Feststellung, dass die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 sowie die Sachbescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 vom befugten Organwalter der belangten Behörde (des damals zuständigen Finanzamtes Grieskirchen Wels) genehmigt und durch das für den BF im Beschwerdezeitraum zuständige Finanzamt erlassen wurden, gründet sich auf die von der belangten Behörde übermittelten Abfragen aus der Datenbank der Finanzverwaltung (betreffend die EDV-mäßigen Freigaben in der IT-Anwendung "Direktbearbeitung") sowie die Auskunft des Bundesministeriums für Finanzen vom , welche den Verfahrensparteien zur Kenntnisnahme übermittelt worden war. Diesbezüglich wird auch auf die Ausführungen in der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom zu RV/5101785/2019 verwiesen.

Die Feststellung, dass das C in G im Dezember 2017 geschlossen war, ergibt sich schlüssig aus dem Vorbringen des BF.

Entsprechend der unter Punkt 4 angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht, wozu jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt. Die Bindungswirkung erstreckt sich auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen.

Das Bundesfinanzgericht ist daher an die Feststellung des Landesgerichtes X, wonach der BF die unter Punkt 2 festgestellten Abgabenverkürzungen hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer in den genannten Zeiträumen bewirkt hat, gebunden.

Die Feststellungen betreffend die Mängel der Bücher und Aufzeichnungen des BF beruhen auf den von der belangten Behörde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, denen der BF nicht substantiiert entgegengetreten ist. Insgesamt ist daher festzuhalten, dass das Vorbringen der BF nicht geeignet ist, die sachliche Richtigkeit der geführten Aufzeichnungen glaubhaft zu machen.

Die Feststellungen betreffend die Rechnung der Brauerei Z vom ergeben sich zweifelsfrei aus dem von der belangten Behörde mit Eingabe vom an das Bundesfinanzgericht übermittelten Erhebungsbericht (samt Anhängen).

Diesbezüglich ist festzuhalten, dass die - bislang vom BF weder ertrag- noch umsatzsteuerlich berücksichtigten - Rabattgutschriften der Brauerei Z des Jahres 2015 in Höhe von € 1.560,37 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer € 312,07 den Zeitraum 03-10/2015 (entsprechend der Betriebszeiten) betreffen.

Die anteilige Zahlung der Rechnung der Brauerei Z vom mittels Einbehalt der Rabattgutschriften erfolgte erst ab dem Zeitraum 07/2015, sodass sich für das Jahr 2015 ein Betrag von € 156,48 an Vorsteuer und für das Jahr 2016 ein Betrag von € 534,13 an Vorsteuer ergibt.

Die Feststellung, dass mit Ausnahme des Flaschenkühlpultes alle von der Brauerei Z (Eingangsrechnung vom ) erworbenen Wirtschaftsgüter gebraucht waren, ergibt sich schlüssig aus der vorgelegten Rechnung.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gem. § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs 1 BAO).

Zunächst ist festzuhalten, dass das Finanzamt Österreich gem. § 323b Abs 1 BAO an die Stelle des die angefochtenen Bescheide erlassenden Finanzamtes Grieskirchen Wels getreten ist.

Zur Wirksamkeit der Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016:

Diesbezüglich wird auf die Ausführungen in der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom zu RV/5101785/2019 verwiesen.

Zu den Sachbescheiden betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016:

Strittig ist im gegenständlichen Fall ausschließlich die Frage der von der belangten Behörde durchgeführten Hinzuschätzungen zu den Bemessungsgrundlagen für die Umsatz- und Einkommensteuer im Beschwerdezeitraum.

§ 116 BAO lautet:

"(1) Sofern die Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmen, sind die Abgabenbehörden berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen (§§ 21 und 22) und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen.

(2) Entscheidungen der Gerichte, durch die privatrechtliche Vorfragen als Hauptfragen entschieden wurden, sind von der Abgabenbehörde im Sinn des Abs 1 zu beurteilen. Eine Bindung besteht nur insoweit, als in dem gerichtlichen Verfahren, in dem die Entscheidung ergangen ist, bei der Ermittlung des Sachverhaltes von Amts wegen vorzugehen war."

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht, wozu auch jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt; die Bindungswirkung erstreckt sich auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen (vgl ; Ritz/Koran, BAO7 § 116 Rz 14 mwN). Nichts anderes gilt für die Bindung des Bundesfinanzgerichts an rechtskräftige Strafurteile (vgl ). Diese Bindungswirkung ist Ausfluss der materiellen Rechtskraft der jeweiligen strafrechtlichen Erledigung (vgl dazu ) und geht sowohl von Erledigungen im Rahmen eines gerichtlichen als auch von Erledigungen im Rahmen eines verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahrens aus (vgl Kotschnigg, Beweisrecht BAO § 116 Rz 73; , mwN).

In diesem Lichte bedarf es im gegenständlichen Fall aufgrund der bindenden Feststellungen des oa finanzstrafrechtlichen Erkenntnisses vom keiner weitergehenden eigenständigen Feststellungen und beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesfinanzgerichtes mehr (). Zudem war der BF zu den vom Strafurteil festgestellten Abgabenverkürzungen großteils geständig (siehe gekürzte Urteilsausfertigung).

Entsprechend der eingebrachten Anklageschrift wurde der BF nur hinsichtlich der von der belangten Behörde hinzugerechneten Kalkulationsdifferenzen sowie hinsichtlich der nichterklärten Einkünfte aus ausländischem Kapitalvermögen schuldig gesprochen, die unter Punkt 1 angeführten Beträge an Umsatz- und Einkommensteuer verkürzt zu haben.

Diesbezüglich ist festzuhalten, dass es unzulässig ist, neben einer - nach einer durchgeführten Kalkulation - erfolgten Hinzuschätzung auf sämtliche Erlöse (10 %ige und 20%ige) noch zusätzlich einen Sicherheitszuschlag festzusetzen und eine Hinzurechnung wegen ungeklärter Vermögenseinlagen vorzunehmen.

Dem Sicherheitszuschlag darf - ebenso wie anderen Schätzungskomponenten (hier etwa die ungeklärten Vermögenseinlagen) - kein Strafcharakter zukommen (kein "Straf-Zuschlag"; vgl Ritz/Koran, BAO7, § 184 Rz 18 mwN). Nach der Rechtsprechung des VwGH darf etwa kein zusätzlicher Sicherheitszuschlag verhängt werden, wenn die Einnahmen global - etwa kalkulatorisch - geschätzt werden ().

Zusätzlich waren die festgestellten Einkünfte aus ausländischem Kapitalvermögen in den Jahren 2012, 2013, 2015 und 2016 entsprechend dem von der belangten Behörde übermittelten Nachschaubericht zu erfassen.

Weiters waren - entsprechend dem festgestellten Sachverhalt - die AfA betreffend die Inventargegenstände aus der Rechnung der Brauerei Z vom in den Jahren 2015 und 2016 (Erhöhung der AfA), die anteiligen die Jahre 2015 und 2016 betreffenden Vorsteuern aus dieser Rechnung laut den gewährten Rabattgutschriften (Erhöhung der Vorsteuern) sowie die bislang weder ertrag- noch umsatzsteuerlich vom BF erfasste Rabattschrift 03-10/2015 in den Jahren 2015 und 2016 (Erhöhung des Gewinnes und Kürzung der Vorsteuern) zu berücksichtigen.

Im Hinblick auf die in der Rechnung vom ausgewiesene Vorsteuer ist darauf hinzuweisen, dass gem. § 12 Abs 1 Z 1 UStG 1994 bei Unternehmen mit Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (Istbesteuerung) zusätzliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug, dass die Zahlung geleistet worden ist, sodass die Vorsteuer nicht zur Gänze laut ausgewiesener Rechnung im Jahr 2015, sondern anteilig entsprechend den erfolgten Zahlungen (in Form der Verrechnung mit den Rabattgutschriften) in den jeweiligen Jahren zu berücksichtigen ist.

Zur vom steuerlichen Vertreter des BF mit Schreiben vom (Vorlage von berichtigten Einnahmen - Ausgaben - Rechnungen und Steuererklärungen für die Jahre 2012 bis 2016) bzw in der mündlichen Verhandlung vom beantragten Berücksichtigung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages ist auszuführen, dass gem. § 10 Abs 4 EStG 1988 für geringwertige Wirtschaftsgüter, die gem. § 13 abgesetzt werden, und für gebrauchte Wirtschaftsgüter ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag nicht gewinnmindernd geltend gemacht werden kann. Betreffend die Rechnung vom konnte dementsprechend nur das Flaschenkühlpult für die Berechnung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages berücksichtigt werden.

Die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 2012 - 2016 waren daher laut den beiliegenden Berechnungsblättern abzuändern.

Zum Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer für 12/2017:

Gem. § 21 Abs 3 UStG 1994 hat das Finanzamt die Steuer festzusetzen, wenn der Unternehmer die Einreichung der Voranmeldung pflichtwidrig unterlässt oder wenn sich die Voranmeldung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Die im Umsatzsteuergesetz aufgezählten Gründe entsprechen denen in § 201 BAO. Im Unterschied zu § 201 BAO hat die Festsetzung von Umsatzsteuer-Vorauszahlungen nach § 21 Abs 3 UStG 1994 stets zu erfolgen (zB bei Unrichtigkeit der Selbstberechnung), somit etwa auch bei einer lediglich geringfügigen Nachforderung.

Das Landesgericht X hat den BF mit rechtskräftigem Strafurteil vom zu YYHV schuldig gesprochen, dass er "unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen durch die Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate März 2017 bis September 2017 unter Verschweigen von Umsätzen seines Gastronomiebetriebes eine Verkürzung von Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt EUR 8.493,12 bewirkt, und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten hat".

Seitens der belangten Behörde ist eine Festsetzung der Umsatzsteuer für den Zeitraum 12/2017 erfolgt. In diesem Zeitraum war der Betrieb des BF (C) geschlossen.

Die vom BF am abgegebene Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Zeitraum 12/2017 war weder unvollständig noch hat sich die Selbstberechnung als nicht richtig erwiesen. Die festgestellten Verkürzungen von Umsatzsteuer im Jahr 2017 betreffen die Monate März 2017 bis September 2017.

Eine Festsetzung der Umsatzsteuer für den Zeitraum 12/2017 war daher gem. § 21 Abs 3 UStG 1994 nicht zulässig.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gem. Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs 1 VwGG).

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs 4 B-VG).

Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).

Mit dem vorliegenden Erkenntnis folgt das Bundesfinanzgericht der hg einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl etwa ; ), weshalb gem. § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden war.

Beilagen:

Berechnungsblätter betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2012 bis 2016

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 10 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 21 Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 323b Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 116 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 21 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise





ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5101778.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at