Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.06.2023, RV/1100051/2022

Festsetzung von Normverbrauchsabgabe bei einer widerrechtlichen Verwendung eines Kraftfahrzeuges

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Peter Bilger in der Beschwerdesache Bf., Bf-Adr1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Normverbrauchsabgabe zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Normverbrauchsabgabe wird mit 4.761,74 Euro festgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Mit Verständigung gemäß § 82 Abs. 9 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG) teilte die Landespolizei Vorarlberg der Finanzpolizei mit, der Beschwerdeführer sei seit März 2020 mit Hauptwohnsitz in der Bf-Adr1, gemeldet und verwende seitdem das auf ihn zugelassene Kraftfahrzeug Kfz1 mit dem deutschen Kennzeichen Kfz1-Kz (in der Folge: Kfz).

2. Mit Schreiben vom informierte das Amt für Betrugsbekämpfung, Finanzpolizei, das Finanzamt Österreich, Dienststelle Vorarlberg über diese Verständigung und gab dazu zusammengefasst folgenden Sachverhalt an:

Der Beschwerdeführer sei deutscher Staatsbürger und beim Finanzamt Österreich am Standort Feldkirch steuerlich veranlagt. Laut dem Zentralen Melderegister und einer Sicherheitsbehördenabfrage wohne er seit mit seiner Frau und seinen zwei Kindern mit Hauptwohnsitz in der Bf-Adr1.

Bei dem am um 17:15 Uhr am Wohnsitz des Beschwerdeführers angehaltenen Fahrzeug handle es sich um einen Kfz1 4 x 4 Benziner mit der Fahrgestellnummer xxx mit einer Leistung von 295 KW und einem Hubraum von 5654 ccm. Das Fahrzeug mit Erstzulassung am sei am mit dem deutschen Kennzeichen Kfz1-Kz auf den Beschwerdeführer mit der Adresse Bf.-Adr2, zugelassen worden. Laut Polizeiverständigung werde das Kraftfahrzeug seit dem Zuzug am in Österreich verwendet.

Das Kfz sei in Deutschland als LKW zugelassen worden. Laut Auskunft des Generalimporteurs gebe es für dieses Model zwei unterschiedliche Längen der Ladeflächen, eine mit 5,7 Inches und eine zweite mit 6,4 Inches. Das Fahrzeug mit der kürzeren Ladefläche löse eine Normverbrauchsabgabepflicht in Österreich aus, das mit der längeren Ladefläche sei als nicht normverbrauchsabgabepflichtiger LKW zu beurteilen. Laut ID-Blatt weise das Kfz die kürzere Ladefläche auf, was bedeute, dass es als Kraftfahrzeug einzustufen und daher normverbrauchsabgabepflichtig sei.

3. Am forderte das Finanzamt den Beschwerdeführer dazu auf, das Kraftfahrzeug bis zur Normverbrauchsabgabe und Kraftfahrzeugsteuer anzumelden.

4. Mit E-Mail vom teilte der Beschwerdeführer dem Finanzamt auf Anfrage mit, der Kaufpreis für das Kfz habe 47.000,00 Euro betragen, der Kilometerstand sei aktuell bei 115.500 km, bei der Einbringung Ende November habe er 114.000 km angezeigt. Am legte der Beschwerdeführer dem Finanzamt den Kaufvertrag über den Verkauf des Kfz vor und teilte mit, das Kfz sei nicht seit März 2020, sondern erst seit Ende 2020 in Österreich verwendet worden. Am hielt das Finanzamt mit Aktenvermerk fest, das Kfz sei im März 2021 verkauft und am in die VVO-Datenbank eingetragen worden.

5. Da der Beschwerdeführer der Aufforderung zur Steueranmeldung nicht nachgekommen war, setzte das Finanzamt mit dem angefochtenen Bescheid Normverbrauchsabgabe (NoVA) bei einer zum Stichtag aus dem Mittelwert aus Händler-Einkaufs- und Händler-Verkaufspreis ermittelten Bemessungsgrundlage in Höhe von 19.519,74 Euro und einem Steuersatz von 32% nach Berücksichtigung von Zu- und Abschlägen mit 6.255,16 Euro fest.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers befinde sich in Österreich, weshalb aufgrund der Standortvermutung des § 82 Abs. 8 KFG davon auszugehen sei, dass das Kfz seinen dauernden Standort in Österreich habe und daher nach dem Kraftfahrgesetz im Inland zuzulassen gewesen wäre. Die Abgabenschuld sei daher infolge widerrechtlicher Verwendung des Kfz auf inländischen Straßen entstanden.

6. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wandte der Beschwerdeführer neuerlich ein, das Fahrzeug sei nicht im März 2020 nach Österreich eingeführt worden. Das Kfz sei von seiner in Deutschland lebenden Tochter verwendet worden und habe sich nur zeitweilig in Österreich befunden, nämlich dann, wenn seine Tochter zu Besuch gewesen sei. Im Übrigen habe das Finanzamt nicht nachgewiesen, dass das Kfz dauerhaft in Österreich gewesen sei und komme die Standortvermutung daher nicht zur Anwendung. Zudem habe ihm die Sachbearbeiterin beim Finanzamt zugesagt, dass die "Angelegenheit" für ihn erledigt sei, nachdem er ihr mitgeteilt habe, dass er das Kfz verkauft habe.

7. Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. Nach Darstellung des Sachverhaltes und der rechtlichen Grundlagen führte es zur Begründung aus, die zolltarifarische Einreihung des Kfz sei im Beschwerdefall nicht strittig. Die Finanzpolizei habe die Ladeflächenlänge des Kfz beim Generalimporteur für ***Kfz*** Fahrzeuge in Österreich von Amts wegen nachgeprüft und festgestellt, dass es sich dabei um das Modell mit der kurzen Ladefläche handelt (Verhältnis Ladeflächenlänge : Radstand < 0,5). Es liege sohin ein NoVA-pflichtiger Personenkraftwagen nach der Zolltarifnummer (8703) vor.

Das Kfz sei vom Beschwerdeführer mit Kaufvertrag vom an Herrn ***1*** verkauft worden. Der Beschwerdeführer habe die NoVA-Sachbearbeiterin über einen geplanten Verkauf des Kfz informiert. Die E-Mail der Sachbearbeiterin vom mit dem Inhalt "... Sehr geehrter Herr Bf., vielen Dank für die Zusendung der Unterlagen. Der Sachverhalt ist somit für Sie erledigt. Mit freundlichen Grüßen, ..." beruhe auf einem Missverständnis. Sie habe die Information nämlich als Verkauf an einen ausländischen Abnehmer verstanden. Die E-Mail sei auch nicht mit Bindungswirkung ausgestattet und habe den Beschwerdeführer auch zu keinen besonderen Handlungen veranlasst, da der Verkauf vom ja bereits vorher vollzogen gewesen sei. Daher sei auch kein Anwendungsfall des Grundsatzes von Treu und Glauben gegeben.

Dem Einwand, das Kfz sei erst zu einem späteren Zeitpunkt erstmalig ins Inland eingebracht worden, sei zu entgegnen, dass es jedenfalls bei der Kontrolle der Polizei am an der Wohnadresse des Beschwerdeführers im Inland vorgefunden worden sei. Zulassungsbesitzer sei damals der Beschwerdeführer gewesen, sodass die Verwendung des Kfz dem Beschwerdeführer als Halter zuzurechnen sei, da er selbst über Art und Umfang der Verwendung verfüge. Es sei nicht erforderlich, dass das Kfz vom Zulassungsbesitzer persönlich ins Inland eingebracht werde. Somit greife die gesetzliche Standortvermutung des § 82 Abs. 8 KFG, wonach als dauernder Standort eines ausländischen Kfz der inländische Hauptwohnsitz des Verwenders gelte. Der Beschwerdeführer habe lediglich Behauptungen aufgestellt, das Gesetz fordere jedoch einen Gegenbeweis. Es liege daher ein Anwendungsfall der widerrechtlichen Verwendung eines Kraftfahrzeuges im Sinne des § 1 Z 3 lit. b NoVAG vor. Schuldner der NoVA seien im Falle widerrechtlicher Verwendung der Zulassungsbesitzer und der Verwender gemeinsam. Der spätere Käufer der Kfz schulde die NoVA nicht.

8. Im Vorlageantrag vom wiederholte der Beschwerdeführer sein bisheriges Beschwerdevorbringen und wandte zusätzlich ein, die NoVA sei im Falle des Kfz sehr wohl gezahlt worden, und zwar von dem im vorgelegten Kaufvertrag genannten Käufer.

9. Am legte das Finanzamt die Beschwerde samt zugehörigen Akten dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte im Vorlagebericht die Abweisung der Beschwerde. Der Vorlagebericht wurde dem Beschwerdeführer zugestellt.

10. In einer Stellungnahme zum Vorlagebericht vom erneuerte der Beschwerdeführer sein bisheriges Vorbringen, die Behauptung des Finanzamtes, das Kfz sei seit März 2022 im Inland verwendet worden, sei nicht nachgewiesen worden, weshalb die Standortvermutung nicht zulässig sei.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer ist mit seiner Frau ***2*** und seinen Kindern ***3*** und ***4*** im Februar 2020 von Deutschland nach Österreich gezogen. Vom bis zum waren sie in Bf.-Adr.3, seit sind sie in der Bf-Adr1, wohnhaft.

2. Der Beschwerdeführer war bis bei der Bf.-AG in ***5***, seit ist er bei der Bf.-AG2 in ***6*** beschäftigt.

3. Am wurde auf den Beschwerdeführer mit der Adresse Bf.-Adr2, ein Kfz1 mit dem deutschen Kennzeichen Kfz1-Kz (Kfz) zum Verkehr zugelassen. Das Fahrzeug aus der ***Kfz*** Gruppe weist eine 5,7 Inches (1 inch = 2,4 cm) lange Ladefläche auf und wurde am zum ersten Mal zugelassen.

4. Das Kfz wurde am in das Inland eingebracht und seitdem vom Beschwerdeführer auf inländischen Straßen verwendet.

5. Am verkaufte der Beschwerdeführer das Kfz an einen inländischen Abnehmer um einen Kaufpreis von 22.000,00 Euro.

2. Beweiswürdigung

Für die unter Punkt 1. und Punkt 2. getroffenen Sachverhaltsfeststellungen stützt sich das Bundesfinanzgericht auf die Angaben zur Steuernummer des Beschwerdeführers im Abgabeninformationssystem sowie auf die Eintragungen im Zentralen Melderegister, für die Feststellungen unter Punkt 3. auf die Feststellungen des Amtes für Betrugsbekämpfung in der Kontrollmitteilung vom und die von der Zulassungsstelle ***7*** ausgestellte Zulassung.

Für die Feststellungen unter Punkt 4. wird den Angaben des Beschwerdeführers in einer E-Mail an die Finanzpolizei vom gefolgt, wonach das Kfz Ende November 2020 ins Inland eingebracht worden sei. Konkrete Feststellungen des Finanzamtes über den Zeitpunkt der Einbringung des Kfz in das Inland liegen nämlich nicht vor, es wurde lediglich unterstellt, das Kfz sei gleichzeitig mit der Begründung des Wohnsitzes des Beschwerdeführers im Inland eingebracht worden. Eine gesetzliche Vermutung über die Einbringung und Verwendung eines Fahrzeuges vergleichbar jener über den dauernden Standort gibt es aber nicht. Vielmehr ist es die Pflicht der Abgabenbehörde, die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland nachzuweisen. In der Beschwerde hat der Beschwerdeführer dazu ausgeführt, das Kfz sei der Tochter des Beschwerdeführers zur Verwendung überlassen und von ihr nur gelegentlich anlässlich von Besuchen der Eltern im Inland verwendet worden. Exakte Feststellungen über den Zeitpunkt dieser Besuche lassen sich aber wohl nicht mehr treffen. Daher geht das Bundesfinanzgericht von dem vom Beschwerdeführer selbst genannten Einbringungszeitpunkt am aus.

Die Feststellungen unter Punkt 5. ergeben sich zweifelsfrei aus dem Kaufvertrag vom .

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

1. Der Normverbrauchsabgabe unterliegt gemäß § 1 Z 3 lit. a Normverbrauchsabgabegesetz BGBl 1991/685 (NoVAG 1991) die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland, sofern die Steuerpflicht nicht bereits nach Z 1 oder Z 2 eingetreten ist oder nach Eintreten der Steuerpflicht eine Vergütung nach § 12 oder § 12a erfolgt ist.

Als erstmalige Zulassung gilt gemäß § 1 Z 3 lit. b NoVAG 1991 auch die Zulassung eines Fahrzeuges, das bereits im Inland zugelassen war, aber nicht der Normverbrauchsabgabe unterlag oder befreit war, sowie die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird ein Nachweis über die Entrichtung der Normverbrauchsabgabe in jener Höhe erbracht, die im Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung im Inland zu entrichten gewesen wäre (widerrechtliche Verwendung).

§ 1 Z 3 lit. b NoVAG 1991 ist ein Auffangtatbestand, mit dem verhindert werden soll, dass die Normverbrauchsabgabepflicht dadurch umgangen wird, dass ein Kraftfahrzeug im Ausland kraftfahrrechtlich zugelassen, dann aber überwiegend im Inland verwendet wird (vgl. Haller, Normverbrauchsabgabegesetz2 (2021), § 1 Rz 74).

Im Falle der widerrechtlichen Verwendung ist Abgabenschuldner der Zulassungsbesitzer und derjenige, der das Fahrzeug verwendet, als Gesamtschuldner (§ 6 Abs. 1 BAO), die Steuerschuld entsteht im Zeitpunkt der Einbringung in das Inland (§ 4 Z 3 NoVAG 1991 und § 7 Abs. 1 Z 2 NoVAG 1991). Der Abgabenschuldner hat spätestens einen Monat nach Entstehung der Steuerschuld eine Anmeldung einzureichen, in der er den zu entrichtenden Betrag selbst zu berechnen hat (vgl. Haller, Normverbrauchsabgabegesetz2 (2021), § 11 Rz 10).

Kommt der Abgabenschuldner dieser Verpflichtung nicht nach, kann das Finanzamt gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO die Abgabe mit Bescheid festsetzen.

2. Die Frage, wann ein Kraftfahrzeug widerrechtlich verwendet wird, richtet sich nach den Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes, BGBl. 1967/267 idF BGBl. 2015/27 (KFG).

Gemäß § 36 lit. a KFG 1967 dürfen Kraftfahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland u.a. nur verwendet werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind.

Das Verwenden von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, ist gemäß § 79 KFG 1967 auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, unbeschadet zollrechtlicher und gewerberechtlicher Vorschriften nur zulässig, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht und wenn die Vorschriften der §§ 62, 82 und 86 eingehalten wurden.

Gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet unterbricht diese Frist nicht. Nach Ablauf eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichen Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung.

3. Die Entstehung der Normverbrauchsabgabepflicht gemäß § 1 Z 3 lit. b NoVAG 1991 hat daher jedenfalls folgende Voraussetzungen:

• Es muss ein Kraftfahrzeug mit ausländischem Kennzeichen in Österreich auf Straßen mit öffentlichem Recht verwendet werden.

• Diese Verwendung muss einer natürlichen oder juristischen Person als Verwender zuzurechnen sein.

• Der Verwender muss seinen Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland haben.

Liegen diese Voraussetzungen vor, wird der dauernde Standort des Fahrzeugs im Inland vermutet. Diese Standortvermutung kann durch einen Gegenbeweis widerlegt werden.

4. Die Anwendung dieser Kriterien auf den Beschwerdefall bedeutet:

Verwendung des Kfz im Inland

Im Beschwerdefall steht außer Streit, dass das in Rede stehende Kfz vom Beschwerdeführer im Inland auf Straßen mit öffentlichem Recht gefahren wurde. Als Tag, an dem das Kfz in das Inland eingebracht und seitdem es hier verwendet wurde, wird, wie sich aus den Sachverhaltsfeststellungen unter Punkt II. 1. und 2. ergibt, der angenommen.

Verwender des Kfz

Wem die Verwendung des Fahrzeugs zuzurechnen ist, ist in § 82 Abs 8 KFG nicht geregelt. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, aber auch des Unabhängigen Finanzsenates und des Bundesfinanzgerichtes orientiert sich dafür am Halterbegriff des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes (EKHG). Halter ist danach jene Person, die das Fahrzeug auf eigene Rechnung in Gebrauch und die Verfügungsgewalt darüber hat.

Ein Betrieb auf eigene Rechnung des Halters liegt vor, wenn dieser den Nutzen aus der Verwendung des Fahrzeugs zieht und die Kosten dafür trägt. Der Nutzen kann in der Erlangung wirtschaftlicher oder ideeller Vorteile liegen. Bei der Kostentragung ist vor allem auf die Unterbringung, Instandhaltung, Bedienung, Versicherung, Steuer udgl. abzustellen. Freie Verfügung über ein Fahrzeug ist gegeben, wenn über Art, Zeit und Raum der Verwendung entschieden werden kann (vgl. Haller, Normverbrauchsabgabegesetz2 (2021), § 1 Tz 95).

Nach dem vorliegenden Sachverhalt ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, jedenfalls ab , im Sinne der obigen Ausführungen Verwender des Kfz war.

Hauptwohnsitz

Der Begriff "Hauptwohnsitz" im Sinne des § 82 Abs. 8 KFG ist nach den Bestimmungen des Meldegesetzes (MeldeG) in der Fassung des Hauptwohnsitzgesetzes auszulegen.

Danach befindet sich der Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers seit in der Bf-Adr1.

5. Aufgrund dieses Hauptwohnsitzes wird aufgrund der gesetzlichen Vermutung des
§ 82 Abs. 8 KFG vermutet, dass sich der dauernde Standort des Kfz im Inland befand (Standortvermutung).

Diese Standortvermutung kann widerlegt werden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung dieser Frage Feststellungen über den regelmäßigen Ort sowie die Art und Weise der Verwendung des Fahrzeuges voraus, aus der sich hinreichende Anhaltspunkte ergeben, ob das Fahrzeug bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung einem bestimmten Ort außerhalb des Bundesgebietes zugeordnet werden muss (; ).

Die Beweislast für die Erbringung des Gegenbeweises trifft den Verwender des Fahrzeuges. Nicht die Behörde muss nachweisen, dass keine überwiegende Verwendung im Inland vorlag, sondern der Verwender muss nachweisen, dass das Fahrzeug überwiegend nicht im Inland verwendet wurde. Den Verwender, der einen Gegenbeweis erbringt, trifft dementsprechend eine Beweisvorsorgepflicht. Die Beweismittel für den Gegenbeweis sind unbegrenzt. Reine Behauptungen sind zur Erbringung des Gegenbeweises ebenso wenig ausreichend wie eine bloße Glaubhaftmachung. Der Gegenbeweis erfordert, dass das Fahrzeug bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung einem bestimmten Ort außerhalb Österreichs zugeordnet werden kann. Der Verwender hat von sich aus initiativ und umfassend darzulegen, aus welchen Gründen das Fahrzeug seinen dauernden Standort nicht im Inland hat und dafür auch Beweise anzubieten (vgl. Haller, Normverbrauchsabgabegesetz2 (2021), § 1 Tz 127ff, mit der dort zitierten Rechtsprechung).

Einen derartigen Gegenbeweis hat der Beschwerdeführer nicht erbracht. Seine diesbezüglichen Ausführungen erschöpfen sich im Einwand, das Kfz nicht schon seit , sondern erst später in Österreich verwendet zu haben. Dass er das Kfz ohne Zulassung und damit widerrechtlich im Inland verwendet hat, bestreitet er aber nicht. Die Berücksichtigung dieses Einwandes kann aber allenfalls Einfluss auf den Zeitpunkt des Entstehens und damit auch auf die Höhe der Steuerschuld haben, nicht aber auf das Entstehen der Steuerschuld selbst.

6. Diese Überlegungen führen zu folgendem Ergebnis: Das Kfz wurde vom Beschwerdeführer mit Hauptwohnsitz im Inland am in das Inland eingebracht. Sein dauernder Standort befand sich seitdem im Inland. Bei dieser Sachlage hätte der Beschwerdeführer das Kfz ohne Zulassung nur während eines Monates ab Einbringung im Inland verwenden dürfen, danach hätte er den Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde abgeben müssen. Das hat er nicht getan, stattdessen hat er das Kfz weiter im Inland verwendet. Damit wurde der Tatbestand der widerrechtlichen Verwendung im Sinne des § 1 Z 3 lit. b NoVAG 1991 erfüllt.

Da er auch keine Abgabenerklärung mit der Berechnung der NoVA eingereicht hat, war das Finanzamt berechtigt, die NoVA mit Bescheid festzusetzen. Die Abgabenfestsetzung war im Rahmen des Ermessens auch geboten, um dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zum Durchbruch zu verhelfen.

7. Der Einwand, dem Beschwerdeführer sei von Seiten des Finanzamtes mitgeteilt worden, mit dem Verkauf des Kfz sei die Abgabenangelegenheit für ihn erledigt, steht der Abgabenfestsetzung nicht entgegen. Wie schon in der Beschwerdevorentscheidung dargelegt, beruhte diese Mitteilung offenbar auf einem Missverständnis, weil das Finanzamt davon ausgegangen war, dass das Kfz an einen ausländischen Abnehmer verkauft wurde, während der Käufer tatsächlich aber im Inland ansässig war. Nur im ersteren Fall wäre die Normverbrauchsabgabe gemäß § 12a NoVAG dem Zulassungsbesitzer auf Antrag zu erstatten gewesen. Zudem setzt eine solche Abgabenvergütung die Entrichtung von Normverbrauchsabgabe voraus. Auch eine Bindung an diese Auskunft des Finanzamtes in Beachtung des Grundsatzes von Treu und Glauben besteht nicht, weil dieser Grundsatz nicht von einer bestehenden Steuerpflicht dispensieren kann, sondern allenfalls einen Ersatzanspruch auf den Vertrauensschaden, das ist der Schaden, der durch getätigte Dispositionen im Vertrauen auf die Richtigkeit einer Auskunft entstanden ist, schafft. Ein solcher Vertrauensschaden ist aber, wie das Finanzamt schon in der Beschwerdevorentscheidung richtig ausgeführt hat, im Beschwerdefall nicht entstanden.

Dass vom Käufer des Kfz bereits Normverbrauchsabgabe bezahlt worden sein soll, ist dem beigelegten Kaufvertrag nicht zu entnehmen.

8. Die Normverbrauchsabgabenschuld entstand somit mit der Einbringung des Kfz am . Damit ist auch die Normverbrauchsabgabe zum Berechnungsstichtag zu berechnen, was zu einer gegenüber dem angefochtenen Bescheid geringeren Bemessungsgrundlage in Höhe von netto 15.230,00 Euro und in weiterer Folge auch zu einer geringeren Normverbrauchsabgabe in Höhe von 4.761,74 Euro führt.

9. Für diese Berechnung folgt das Bundesfinanzgericht der vom Finanzamt vorgelegten Neuberechnung der NoVA zum Berechnungsstichtag , die sich im Einzelnen wie folgt darstellt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Eurotax-Einkaufspreis
23.150,00 Euro
Eurotax-Verkaufspreis
23.150,00 Euro
Eurotax-Mittelwert netto
15.230,26 Euro
Bemessungsgrundlage netto
15.230,26 Euro
CO2 Malus gem. § 6 Abs. 2 NoVAG
188,06 Euro
Abzugsposten gemäß § 6 Abs. 3 NoVAG
300,00 Euro
Normverbrauchsabgabe:
4.761,74 Euro

Der angefochtene Bescheid war daher abzuändern und die Normverbrauchsabgabe mit 4.761,74 Euro festzusetzen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist mit diesem Erkenntnis nicht angesprochen. Die (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 7 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 36 lit. a KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 82 Abs. 9 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 4 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 79 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 1 Z 3 lit. a NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 1 Z 3 lit. b NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 7 Abs. 1 Z 2 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 7 Abs. 1 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
Verweise


Haller, Normverbrauchsabgabegesetz2 (2021), § 1 Rz 74
Haller, Normverbrauchsabgabegesetz2 (2021), § 1 Tz 127ff
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100051.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at