Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.06.2023, RV/7500245/2023

Zustellung der Aufforderung zur Auskunft (Lenkererhebung) gemäß § 2 Parkometergesetz 2006 direkt per Post in der Schweiz

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7500245/2023-RS1
Die Zustellung der Aufforderung des Magistrates der Stadt Wien gemäß § 2 Parkometergesetz 2006 zur Bekanntgabe der Person, welcher das Kraftfahrzeug überlassen wurde, ist wegen der Strafdrohung durch § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006 ein mit Zwangsgewalt verbundener Hoheitsakt. Die Zustellung einer solchen Aufforderung in der Schweiz erfordert die Zustimmung der Schweiz, was eine allgemein anerkannte Regel des Völkerrechts und gemäß Art. 9 Abs. 1 B-VG Bestandteil des österreichischen Bundesrechtes ist (unter Hinweis auf , betreffend die Bundesrepublik Deutschland).
RV/7500245/2023-RS2
Die Zulässigkeit der direkten Postzustellung einer durch § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006 strafbewehrten Lenkererhebung in der Schweiz lässt sich aus den sechs vorgefundenen, nachfolgend aufgelisteten Abkommen nicht ableiten: a) Europäisches Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom (StF: BGBl. 41/1969); b) Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Ergänzung des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom und die Erleichterung seiner Anwendung (StF: BGBl. 716/1974); c) Europäisches Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland (StF: BGBl 67/1983); d) Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (StF: BGBl. III 193/2014); e) Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und der Schweiz betreffend Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (StF: BGBl. 64/1975); f) Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und der Schweiz betreffend Nachlass- und Erbschaftssteuern (StF: BGBl. 63/1975)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christian Seywald in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, (Beschwerdeführer, abgekürzt: Bf.) wegen der Verwaltungsübertretung nach § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006, über die Beschwerde des Bf. vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/MA67geschäftszahl/2023, zu Recht erkannt:

I.) Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit (iVm) § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über die Organisation der Abgabenverwaltung und besondere abgabenrechtliche Bestimmungen in Wien (WAOR) wird der Beschwerde Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben. Das zugrundeliegende Strafverfahren wird gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) eingestellt.

II.) Der Bf. hat gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III.) Gegen dieses Erkenntnis ist die (ordentliche) Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) für die belangte Behörde (Magistrat der Stadt Wien) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A)
Mit per Post in die Schweiz versendetem Schreiben vom , Zahl: MA67/ersteMAzahl/2022, forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer (abgekürzt: Bf.) auf, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung darüber Auskunft zu erteilen, wem er als Zulassungsbesitzer das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** überlassen gehabt habe, sodass es am um 15:29 Uhr in 1140 Wien, Adresse, gestanden sei (Lenkererhebung). Hingewiesen wurde darauf, dass das Nichterteilen bzw. die unrichtige, unvollständige oder nicht fristgerechte Erteilung dieser Lenkerauskunft als Verwaltungsübertretung strafbar sei.

B)
Der Bf. richtete am folgendes Schreiben per E-Mail an die belangte Behörde (Magistrat der Stadt Wien): "Sie fordern mich auf, Auskunft über den Lenker zu erteilen, der an der [Adresse] mein Fahrzeug abgestellt hat.
Erneut berufe ich mich auf mein Zeugnisverweigerungsrecht, ich bin im Register des Kantons
***2*** eingetragener Anwalt und an das Berufsgeheimnis gebunden. Dessen Verletzung ist strafbar und zwar auch im Ausland. …"

C)
Mit Straferkenntnis vom , Zahl: MA67/MA67geschäftszahl/2023, lastete der Magistrat der Stadt Wien (belangte Behörde) Herrn ***Bf1*** (Beschwerdeführer, abgekürzt: Bf.) an, er habe als Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** dem ordnungsgemäß zugestellten schriftlichen Verlangen vom , innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Auskunft zu geben, wem er dieses Fahrzeug überlassen gehabt habe, sodass dieses am um 15:29 Uhr in 1140 Wien, Adresse, gestanden sei, nicht entsprochen.
Dadurch habe der Beschwerdeführer die Rechtsvorschrift des § 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006, verletzt.
Der Tatbestand der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung sei am am Sitz der anfragenden Behörde in 1200 Wien, Dresdner Straße 81-85, verwirklicht worden.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über den Beschwerdeführer gemäß § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
Ferner habe der Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) einen Betrag von € 10,00 als Mindestbeitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher € 70,00.

Das Straferkenntnis wurde folgendermaßen begründet:

"Aufgrund der Aktenlage ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Schreiben vom wurden Sie gemäß § 2 des (Wiener) Parkometergesetzes 2006 als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen
***1*** aufgefordert, der Behörde binnen zwei Wochen ab Zustellung der Anfrage Auskunft darüber zu erteilen, wem Sie das mehrspurige Kraftfahrzeug am um 15:29 Uhr überlassen gehabt haben, sodass es zu diesem Zeitpunkt in Wien 14, Adresse, gestanden ist. Dieser Verpflichtung sind Sie nicht nachgekommen.
Innerhalb der zweiwöchigen Frist wurde der Behörde keine Auskunft erteilt, und lediglich auf Ihr Zeugnisverweigerungsrecht als eingetragener Anwalt berufen, weshalb Ihnen mittels Strafverfügung die gegenständliche Verwaltungsübertretung angelastet wurde.
In dem dagegen erhobenen Einspruch gaben Sie an, dass Sie als Anwalt und Familienangehöriger über ein Zeugnisverweigerungsrecht verfügen und sich bei Bekanntgabe des Lenkers strafbar machen würden. Dies sei gegen strafrechtliches und verfassungsmäßiges Prinzip und sei sowohl in Österreich als auch in der Schweiz unzulässig. Im Übrigen hätten Sie angeboten die Geldstrafe zu bezahlen, wobei Sie annehmen, dass gar nicht falsch parkiert wurde, da der Grund nicht der Stadt Wien gehöre. Abschließend machten Sie darauf aufmerksam, dass der Staatsvertrag zwischen Österreich und der Eidgenossenschaft das Zeugnisverweigerungsrecht vorbehält.
Beweis wurde durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt erhoben.
Rechtlich ist dieser Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:
Gemäß § 2 Abs. 1 Gesetz über die Regelung der Benützung von Straßen durch abgestellte mehrspurige Kraftfahrzeuge (Parkometergesetz 2006), LGBI. Nr. 09/2006 in der geltenden Fassung, hat der Zulassungsbesitzer und jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges überlässt, für dessen Abstellen gemäß Verordnung des Wiener Gemeinderates eine Parkometerabgabe zu entrichten war, falls das Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone gemäß § 25 StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 99/2005, abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt hat.
§ 2 Abs. 2 leg. cit. zufolge ist die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muss, unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung, zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.
Wie der Aktenlage entnommen werden kann, haben Sie auf die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers am per E-Mail mit der Angabe des Zeugnisverweigerungsrechtes geantwortet.
Die Lenkererhebung ist Ihnen somit spätestens am zugekommen. Die Frist zur Erteilung der Lenkerauskunft begann daher am und endete am .
Zweck einer Lenkerauskunft besteht darin, den Lenker zur Tatzeit ohne Umstände raschest festzustellen, somit ohne weitere Ermittlungen als identifiziert zu betrachten und zur Verantwortung ziehen zu können.
Artikel II der Novelle zum FAG 1985, BGBl. 384/1986 vom (Verfassungsbestimmung) bestimmt, dass Rechte auf Auskunftsverweigerung gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, zurücktreten, wenn die Länder bei der Regelung der Erhebung von Abgaben für das Abstellen von Kraftfahrzeugen den (die) Zulassungsbesitzer und Weiters jeden, der einer dritten Person die Verwendung eines Fahrzeuges oder das Lenken eines Kraftfahrzeuges überlässt, verpflichten, über Verlangen der Behörde darüber Auskunft zu geben, wem er (sie) das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen hat (haben).
Zumal anlässlich der zugestellten Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers lediglich auf das "Zeugnisverweigerungsrecht" verwiesen wurde, haben Sie, im Hinblick auf das oben Ausgeführte und das beispielhaft angeführte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. 10505 - demnach die praktische Funktion der Lenkerauskunft die Ermittlung des Tatverdächtigen ist - dem Auskunftsbegehren des Magistrats der Stadt Wien zweifelsohne nicht entsprochen.
Bereits mit der Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers wurde darauf hingewiesen, dass die Pflicht zur Erteilung der verlangten Auskunft auch dann besteht, wenn der Auskunftspflichtige der Meinung sein sollte, das betreffende Delikt nicht begangen oder den Strafbetrag bereits beglichen zu haben.
Das für die Lenkerauskunft verwendete Formular enthält auch einen klaren Hinweis, dass die Nichterteilung, bzw. die unrichtige, unvollständige oder nicht fristgerechte Erteilung dieser Lenkerauskunft nach § 2 des Parkometergesetztes 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006 strafbar ist.
Innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen wurde kein Lenker bekannt gegeben, somit haben Sie der Verpflichtung gemäß § 2 Parkometergesetz 2006 nicht entsprochen.
Da zum Tatbestand der Ihnen vorgeworfenen Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG 1991. Nach dieser Gesetzesstelle ist Fahrlässigkeit - die im gegenständlichen Fall zur Strafbarkeit genügt - bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es besteht daher in solchen Fällen von vornherein die Vermutung eines Verschuldens zumindest in Form fahrlässigen Verhaltens, welche jedoch vom Täter widerlegt werden kann. Es ist Sache des Beschuldigten, initiativ alles darzulegen, was seiner Entlastung dienen kann.
Sie brachten keine Gründe vor, um ihr mangelndes Verschulden darzutun, und es waren auch aus der Aktenlage keine Umstände ersichtlich, dass Sie an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden träfe, weshalb von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.
Somit sind sowohl die objektiven als auch subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit als erwiesen anzusehen.
Zur Strafbemessung hat die Behörde Folgendes erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 2 des Parkometergesetzes 2006 sind Übertretungen des § 2 als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365,00 Euro zu bestrafen.
§ 19 Abs. 1 VStG zufolge sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat Grundlage für die Bemessung der Strafe.
Die der Bestrafung zugrundeliegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das Interesse an der raschen Ermittlung der im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehenden Person, dem die Strafdrohung dient, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Tat, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht gering war.
Die verhängte Geldstrafe soll durch ihre Höhe dazu geeignet sein, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten.
Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen und es kann daher Ihr Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden.
Bei der Strafbemessung wurden Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, soweit diese der Behörde bekannt waren, berücksichtigt. Zudem wurde auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe, selbst bei Annahme von ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen, durchaus angemessen und keineswegs zu hoch.
Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 des VStG 1991."

D)
In der dagegen erhobenen Beschwerde vom wurde ausgeführt:
"Antrag:
Das eingangs erwähnte Verwaltungsstrafverfahren MA67/
MA67geschäftszahl/2023 sei einzustellen
Begründung:
[…]
Nun leiten Sie ein Verfahren wegen nicht Bekanntgabe des Lenkers ein und missachten mein auch in Österreich geltendes Recht auf Zeugnisverweigerung. Ich wiederhole nochmals, dass ich mich strafbar mache, wenn ich Ihnen den Lenker bekanntgebe, das gilt umso mehr, weil sich der Lenker selbst nach Ihrer Ansicht nicht strafbar gemacht hat.
Im weiteren stützen Sie sich auf einen mir nicht genannten Staatsvertrag mit der Eidgenossenschaft Schweiz. Wie auch immer dieser Staatsvertrag abgefasst sein soll, ist das Übergehen von Zeugnisverweigerungsrechten ein Fall des übergreifenden "ordre publique" beider Länder die einen Vollzug verunmöglichen."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

E)
Worauf es bei der Entscheidung im vorliegenden Fall ankommt, kann aus dem nachfolgend zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes () entnommen werden, indem man es auf die Rechtslage nach dem Parkometergesetz 2006 und auf die abkommensrechtliche Lage im Verhältnis zwischen Österreich und der Schweiz überträgt.

Aus der Begründung von : "… Der Tatort der hier umschriebenen Verweigerung der Lenkerauskunft ist gemäß § 2 Abs. 2 VStG der Sitz der anfragenden Behörde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 97/17/0019 bis 0021, mwN).
… Wird aber das Delikt im Inland, nämlich am Sitz der anfragenden Behörde, verwirklicht, kann die Befugnis zur Bestrafung durch die nach den österreichischen Gesetzen dafür in Betracht kommende Behörde nicht zweifelhaft sein. Davon zu trennen ist die Frage der Vollstreckbarkeit einer im Inland verhängten Strafe und die davon wieder zu unterscheidende Frage, ob die inländische Strafbehörde in Verfolgung einer Straftat gegenüber einer bestimmten Person rechtmäßig vorgegangen ist.
Von der Beschwerde wird nicht bezweifelt, daß der Beschwerdeführer - auch als Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland - dann rechtmäßig bestraft worden wäre, wenn ihm die Aufforderung zur Auskunft im Inland zugestellt worden wäre, und daß er sich in diesem Falle auch nicht auf ein "absolutes Auskunftsverweigerungsrecht" hätte berufen können. Schon diese Überlegungen zeigen, daß von entscheidender Bedeutung die Frage ist, ob dem Beschwerdeführer das Auskunftsbegehren im Sinne des § 1a des Wiener Parkometergesetzes in der Bundesrepublik Deutschland wirksam zugestellt werden konnte.
Der hier in Betracht kommende Abs. 1 des § 11 Zustellgesetz lautet wie folgt:
"(1) Zustellungen im Ausland sind nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen."
Der strafbewehrte Auftrag zur Erteilung einer Lenkerauskunft ist ein mit Zwangsgewalt verbundener Hoheitsakt. Das völkerrechtliche Territorialitätsprinzip erlaubt staatliche Hoheitsakte, jedenfalls, wenn sie mit Zwangsgewalt verbunden sind, auf fremdem Staatsgebiet grundsätzlich nur mit ausdrücklicher Zustimmung oder Duldung des betroffenen Staates. Die Zustellung einer derartigen Verfügung ist eine Ausübung von Hoheitsrechten und darf daher in fremden Staaten nur mit deren Zustimmung erfolgen; dabei handelt es sich um eine allgemein anerkannte Regel des Völkerrechts, welche gemäß Art. 9 Abs. 1 B-VG Bestandteil des österreichischen Bundesrechts ist. Die Zustellung des Auftrages zur Erteilung einer Lenkerauskunft in einem fremden Staat bedarf daher der Zustimmung dieses Staates. Für Deutschland liegt für Verwaltungssachen die Zustimmung im bereits erwähnten Vertrag BGBl. Nr. 526/1990
über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen vor, freilich innerhalb des Anwendungsbereiches und nach Maßgabe seines Inhaltes.
Der Beschwerdeführer sieht nun das vorliegende Auskunftsbegehren nicht durch den oben erwähnten Vertrag gedeckt, da es sich bei der nach dem Wiener Parkometergesetz zu entrichtenden Gebühr um eine Abgabe handle, Abgaben aber vom Geltungsbereich des Vertrages ausgenommen seien.
Art. 1 Abs. 2 Z. 1 des mehrfach erwähnten Abkommens BGBl. Nr. 526/1990
schließt Amts- und Rechtshilfe im Sinne des Abkommens für "Abgabensachen" dann aus, wenn besondere vertragliche Regelungen diesbezüglich vorliegen.
Bei der nach dem Wiener Parkometergesetz zu entrichtenden Abgabe handelt es sich um eine der in Art. 1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen, BGBl. Nr. 249/1955, erwähnten öffentlichen Abgaben, die von einer Gemeinde erhoben wird. Es ist daher die Frage der Rechtmäßigkeit der Zustellung nach diesem Vertrag und nicht nach dem Amts- und Rechtshilfevertrag BGBl. Nr. 526/1990
zu beurteilen. Die völkerrechtliche Berechtigung zur Zustellung im unmittelbaren Postweg ergibt sich aus dem Ergebnis eines Verständigungsverfahrens gemäß Art. 15 des soeben zitierten Vertrages BGBl. Nr. 249/1955 (veröffentlicht in AÖF Nr. 241/1981); ein Widerruf des Einverständnisses hinsichtlich Lenkerauskunftsanfragen im Sinne des § 1a des Wiener Parkometergesetzes wurde von der Bundesrepublik Deutschland bisher nicht erklärt (vgl. ähnlich zu § 103 Abs. 2 KFG das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/02/0220). Völkerrechtliche Bedenken gegen die Zustellung in der Bundesrepublik Deutschland im unmittelbaren Postweg bestehen daher nicht.
… Auf der Beschwerde allenfalls entnehmbare Bedenken gegen eine strafbewehrte Pflicht zu allfälliger Selbstbezichtigung unter dem Gesichtspunkt des "Fair trial"-Gebotes im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK ist nicht einzugehen, da nur dessen innerstaatliche Maßstabsfunktion für die Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes von Bedeutung ist (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 72 u.a./88, VfSlg. 11.829). Insoweit steht ihr aber die spätere - dem letzten Satz des § 103 Abs. 2 KFG idF BGBl. Nr. 106/1986 vergleichbare - Verfassungsbestimmung des Art. II im Bundesgesetz BGBl. 384/1986 zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes 1985 hinsichtlich der dort getroffenen Regelung der Auskunft über die Überlassung von (Kraft)Fahrzeugen in Parkgebührensachen entgegen.
… Aus den oben näher dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist."

F) Übertragung der in Abschnitt E zitierten Ausführungen des VwGH auf den vorliegenden Fall:

Die Verfassungsbestimmung des Art. II im Bundesgesetz BGBl. 384/1986 lautet: "Wenn die Länder bei der Regelung der Erhebung von Abgaben für das Abstellen von Fahrzeugen und Kraftfahrzeugen den (die) Zulassungsbesitzer und weiters jeden, der einer dritten Person die Verwendung eines Fahrzeuges oder das Lenken eines Kraftfahrzeuges überläßt, verpflichten, über Verlangen der Behörde darüber Auskunft zu geben, wem er (sie) das Fahrzeug oder Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen hat (haben), so treten Rechte auf Auskunftsverweigerung gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, zurück."
Diese Verfassungsbestimmung ist die später erlassene Regelung (lex posterior) und die speziellere Regelung (lex specialis) jeweils gegenüber Art. 6 Abs. 1 MRK, welche durch Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 59/1964 mit Verfassungsrang ausgestattet ist.

Das auf den Bf. zugelassene, auf dem Territorium des Bundeslandes Wien am um 15:29 Uhr abgestellte mehrspurige Kraftfahrzeug ist ein Anknüpfungspunkt zur diesbezüglichen Erhebung der Wiener Parkometerabgabe und allenfalls zur Führung eines Verfahrens zur Lenkererhebung, sofern bei der gegebenen Konstellation (Bf. lebt in der Schweiz und es ist keine Möglichkeit zur Zustellung an den Bf. auf österreichischem Territorium ersichtlich) eine Lenkererhebung durchführbar ist.

Ob der Magistrat der Stadt Wien (belangte Behörde) in Verfolgung der gegenständlichen Straftat gegenüber dem Beschuldigten und nunmehrigen Bf. rechtmäßig vorgegangen ist, erfordert die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zustellung der Aufforderung zur Bekanntgabe der Person, welcher der Bf. das Kraftfahrzeug überlassen hatte, per Post an den Bf. in der Schweiz. Diese Aufforderung ist aufgrund der Strafdrohung bei Nichterfüllung der Aufforderung ein mit Zwangsgewalt verbundener Hoheitsakt ().

§ 11 (österreichisches) Zustellgesetz bestimmt:
"(1) Zustellungen im Ausland sind nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.
(2) Zur Vornahme von Zustellungen an Ausländer oder internationale Organisationen, denen völkerrechtliche Privilegien und Immunitäten zustehen, ist unabhängig von ihrem Aufenthaltsort oder Sitz die Vermittlung des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres in Anspruch zu nehmen.
(3) Zustellungen an Personen, die nach den Vorschriften des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland (KSE-BVG), BGBl. I Nr. 38/1997, in das Ausland entsendet wurden, sind im Wege des zuständigen Bundesministers, sofern aber diese Personen anlässlich ihrer Entsendung zu einer Einheit oder zu mehreren Einheiten zusammengefasst wurden, im Wege des Vorgesetzten der Einheit vorzunehmen."

Somit sind Zustellungen primär nach internationalen Vereinbarungen vorzunehmen. Diesbezüglich wurden hinsichtlich der Schweiz aufgefunden:

a)Europäisches Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachenvom (StF: BGBl. 41/1969):

Dieses Übereinkommen enthält zwar in Artikel 7 Bestimmungen über die Zustellung von Verfahrensurkunden und Gerichtsentscheidungen. Jedoch regelt dieses Abkommen nur die Rechtshilfe aufgrund eines Rechtshilfeersuchens (Artikel 14) und nicht die Zustellung im unmittelbaren Postweg.

Dieses Übereinkommen ist nicht allgemein in Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden (Bumberger/Schmid, ZustG, K27 zu § 11), sondern durch ein Übereinkommen nur zwischen EU-Mitgliedstaaten auf Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden (aaO K28). Zur Erweiterung auf Verwaltungsstrafverfahren siehe b.

Allein aus dem Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom ist daher noch nichts für die Zulässigkeit der Postzustellung der strafbewehrten Aufforderung der belangten Behörde vom zu gewinnen.

b) Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Ergänzung des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom und die Erleichterung seiner Anwendung (StF: BGBl. 716/1974):

Artikel I Abs. 1 dieses Vertrages erweitert die Anwendung des Europäischen Übereinkommens auch auf strafbare Handlungen, zu deren Verfolgung im ersuchten Staat die Justiz- oder Verwaltungsbehörden zuständig wären. Der letzte Satz dieses Absatzes lautet: "Rechtshilfe durch Zustellung ist ohne diese Beschränkung zulässig." Dies betrifft aber nicht die direkte postalische Zustellung, wie aus Artikel VIII Abs. 1 dieses Vertrages (zu Artikel 14 des Europäischen Übereinkommens) hervorgeht: "In Zustellungsersuchen wird bei den Angaben über den Gegenstand und den Grund des Ersuchens auch die Art des zuzustellenden Schriftstückes sowie die Stellung des Empfängers im Verfahren bezeichnet."

Artikel I Abs. 2 dieses Vertrages erweitert den Anwendungsbereich des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom zwischen Österreich und der Schweiz auch für österreichische Verwaltungsstrafverfahren, indem er lautet: "Den Justizbehörden des ersuchenden Staates stehen seine Verwaltungsbehörden gleich, wenn in ihrem Verfahren ein für Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann."

Aus diesem Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft ist jedoch mangels Rechtshilfeersuchens nichts für die Zulässigkeit der Postzustellung der strafbewehrten Aufforderung der belangten Behörde vom zu gewinnen.

c)Europäisches Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland (StF: BGBl 67/1983):
Der Geltungsbereich dieses Übereinkommens ist laut Mitteilung des Generalsekretärs des Europarates über die Hinterlegung der Ratifikationsurkunde durch die Schweiz am gemäß Art. 17 Abs. 2 des Übereinkommens am für die Schweiz in Kraft getreten, was die Bundeskanzlerin am im (österreichischen) BGBl III Nr. 96 aus 2019 kundmachte.

Zum Anwendungsbereich dieses Übereinkommens bestimmt sein Artikel 1 in den Absätzen 1 bis 3: "(1)Die Vertragsstaaten verpflichten sich, einander bei der Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen Amtshilfe zu leisten.
(2)
Dieses Übereinkommen findet keine Anwendung in Finanz- oder Strafsachen. Jedoch kann jeder Staat bei der Unterzeichnung, bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde oder jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung mitteilen, daß bezüglich der an ihn gerichteten Ersuchen das Übereinkommen in Finanzsachen sowie auf Verfahren über Straftaten Anwendung findet, deren Verfolgung und Bestrafung im Zeitpunkt des Ersuchens nicht in die Zuständigkeit seiner Gerichte fällt. Dieser Staat kann in seiner Erklärung mitteilen, daß er sich auf das Fehlen der Gegenseitigkeit berufen wird.
(3)
Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung, bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde oder jederzeit binnen fünf Jahren nach dem Zeitpunkt, zu dem dieses Übereinkommen für ihn in Kraft getreten ist, durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung die Verwaltungssachen bezeichnen, auf die er das Übereinkommen nicht anwenden wird. Jeder andere Vertragsstaat kann sich auf das Fehlen der Gegenseitigkeit berufen."

Anlässlich der Ratifikation des Übereinkommens erklärte die Republik Österreich "im Sinne des Art. 1 Abs. 2, daß das Übereinkommen auf der Basis der Gegenseitigkeit auch in Finanz- und Strafsachen angewendet werden wird".

Die Schweiz gab bei der Hinterlegung ihrer Ratifikationsurkunde folgende Erklärung zu Art. 1 Abs. 2 ab: "Das Übereinkommen findet Anwendung auf Verfahren über Straftaten, deren Verfolgung und Bestrafung im Zeitpunkt des Ersuchens nicht in die Zuständigkeit eines Gerichtes fallen. Es findet keine Anwendung auf den Gebieten des Steuerrechts und der Finanzmarktaufsicht."

Die Postzustellung der strafbewehrten Aufforderung (Lenkererhebung) der belangten Behörde vom ist in einem Abgabenstrafverfahren erfolgt, denn die belangte Behörde bezweckte damit, den Lenker des Fahrzeuges ausfindig zu machen und ihn wegen der Nichtentrichtung der Parkometerabgabe zu bestrafen. Die Schweiz hat mit dem Ausschluss der "Anwendung auf den Gebieten des Steuerrechts" und zwar insbesondere mit der Formulierung "Gebieten" zum Ausdruck gebracht, dass sie das Steuerrecht (=Abgabenrecht) in einem weiten Sinne und somit inklusive des verwaltungsbehördlichen Abgabenstrafrechts von der Anwendung des Europäischen Übereinkommens über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland ausgeschlossen hat.

Schon aus diesem Grund ist aus dem Europäischen Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland nichts für die Zulässigkeit der Postzustellung der strafbewehrten Aufforderung der belangten Behörde vom zu gewinnen.

Artikel 11 (Zustellung durch die Post) Abs. 1 und 2 dieses Übereinkommens lauten:
"(1)Jeder Vertragsstaat kann Personen, die sich im Hoheitsgebiet anderer Vertragsstaaten befinden, Schriftstücke unmittelbar durch die Post zustellen lassen.
(2)
Jeder Vertragsstaat kann bei der Unterzeichnung, bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde oder jederzeit binnen fünf Jahren nach dem Zeitpunkt, zu dem dieses Übereinkommen für ihn in Kraft getreten ist, durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung der Zustellung durch die Post in seinem Hoheitsgebiet wegen der Staatsangehörigkeit des Empfängers oder für bestimmte Arten von Schriftstücken ganz oder teilweise widersprechen. Jeder andere Vertragsstaat kann sich auf das Fehlen der Gegenseitigkeit berufen."

Anlässlich der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde hat die Schweiz folgende bezughabende Erklärung zu Art. 11 Abs. 2 abgegeben: "Die Schweiz lässt die Zustellung unmittelbar durch die Post zu. Ist der Empfänger SchweizerStaatsangehöriger oder Staatsangehöriger eines dritten Staates oder ist er staatenlos, so muss dasSchriftstück zusammen mit einem Schreiben übermittelt werden, aus dem hervorgeht, dass derEmpfänger von der im Schreiben bezeichneten Behörde Informationen über seine Rechte und Pflichtenim Zusammenhang mit der Zustellung der Schriftstücke erhalten kann. Das Schreiben muss in einerSprache, die der Empfänger versteht, oder in einer Amtssprache des Zustellorts verfasst sein. Die Schweizübermittelt dem Depositar ein Muster eines solchen Schreibens."
Dieses Muster, heruntergeladen von der Website des Europarates, schaut folgendermaßen aus:

Die Aktenlage enthält keinen Hinweis darauf, dass die belangte Behörde gemeinsam mit ihrer Aufforderung vom ein Schreiben der zuvor dargestellten Art an den Bf. versendet hat. Aus diesem Grund und wegen der bereits dargestellten Nichtanwendbarkeit des Übereinkommens in Abgabenstrafverfahren (wobei jeder der beiden Gründe für sich allein hinreichend ist) ist nichts aus dem Europäischen Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland für die Zulässigkeit der Postzustellung der strafbewehrten Aufforderung der belangten Behörde vom zu gewinnen.

d)Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (StF: BGBl. III 193/2014): Dieses Übereinkommen enthält in Artikel 17 Abs. 3 die Möglichkeit der Zustellung von Schriftstücken an eine Person im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei unmittelbar durch die Post.
Jedoch gilt dieses Übereinkommen nach der Erklärung der Republik Österreich zu Anlage A nur für Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer.
Weiters gilt dieses Übereinkommen nach der Erklärung der Schweiz zu Anlage A nur für
- vom Bund erhobene Steuern vom Einkommen (Gesamteinkommen, Erwerbseinkommen, Vermögensertrag, Geschäftsertrag, Kapitalgewinn und andere Einkünfte);
- von Kantonen und Gemeinden erhobene Steuern vom Einkommen (Gesamteinkommen, Erwerbseinkommen, Vermögensertrag, Geschäftsertrag, Kapitalgewinn und andere Einkünfte);
- von Kantonen und Gemeinden erhobene Steuern vom Vermögen (Gesamtvermögen, bewegliches und unbewegliches Vermögen, Geschäftsvermögen, Kapital und Reserven und andere Vermögensteile).
Somit ist aus dem Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen nichts für die Zulässigkeit der Postzustellung der strafbewehrten Aufforderung der belangten Behörde vom zu gewinnen.

e) Die beiden Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und der Schweiz betreffen nur Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (StF: BGBl. 64/1975) sowie Nachlaß- und Erbschaftssteuern (StF: BGBl. 63/1975), sodass daraus für den vorliegenden Fall nichts zu gewinnen ist.

G)
Zusammenfassend ist daher zunächst festzuhalten, dass es keine abkommensrechtliche Grundlage dafür gibt, die mit Zwangsgewalt verbundene (strafbewehrte) Aufforderung vom (Lenkererhebung) direkt per Post in der Schweiz zuzustellen.

Art. 9 Abs. 1 B-VG normiert: "Die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechtes gelten als Bestandteile des Bundesrechtes." Auch wenn § 2 und § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006 Normen des Wiener Landesrechtes sind, so sind die auf das vorliegende Verfahren anzuwendenden Gesetze (VStG, AVG, VwGVG) Bundesgesetze. Es kann daher nicht zweifelhaft sein, dass im vorliegenden Verfahren die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechtes anzuwenden sind. Laut ist die Zustellung einer strafbewehrten Aufforderung (Lenkererhebung) - wie derjenigen vom an den Bf. - eine Ausübung von Hoheitsrechten und darf daher in fremden Staaten nur mit deren Zustimmung erfolgen; dabei handelt es sich um eine allgemein anerkannte Regel des Völkerrechts, welche gemäß Art. 9 Abs. 1 B-VG Bestandteil des österreichischen Bundesrechts ist.

Ob die Zustellung der gegenständlichen Aufforderung vom per Post an den Bf. unwirksam (nichtig) oder rechtswidrig war, kann hier dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist geboten, dass aus der gegenständlichen Aufforderung zur Auskunft vom eine Bestrafung des Bf. nicht abgeleitet werden darf.

Dem Bf. kann somit die Nichterteilung der Lenkerauskunft (Auskunft, wem er als Zulassungsbesitzer das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** überlassen gehabt hat, sodass es am um 15:29 Uhr in 1140 Wien, Adresse, gestanden ist) nicht vorgeworfen werden. Im Sinne des bereits zitierten Erkenntnisses des Zahl 96/17/0348 ist gemäß Art. 9 Abs. 1 B-VG unter Heranziehung der bereits dargestellten allgemein anerkannten Regel des Völkerrechts davon auszugehen, dass der Bf. die vorgeworfene Tat nicht begangen hat. Das angefochtene, diesbezügliche Straferkenntnis (Bescheid) der belangten Behörde vom , GZ. MA67/MA67geschäftszahl/2023 durfte daher nicht ergehen und ist folglich stattgebend aufzuheben. Weiters ist das zugrundeliegende Verwaltungsstrafverfahren wegen Nichterteilung der Lenkerauskunft gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG iVm § 38 VwGVG einzustellen, womit dem Beschwerdebegehren stattgegeben wird.

H) Zum Entfall der öffentlichen mündlichen Verhandlung

Der Bf. hat keine Verhandlung beantragt. Die öffentliche mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid (Straferkenntnis) aufzuheben ist.

I) Kostenentscheidung

Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides (Straferkenntnis) entfällt auch der mit diesem festgesetzte Kostenbeitrag für das verwaltungsbehördliche (erstinstanzliche) Verfahren.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Bf. keine Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

J) Zur Zustellung dieser Entscheidung (Erkenntnis) an den Bf.

Die Zustellung dieses Erkenntnisses per Post ist zwar ein österreichischer Hoheitsakt, welcher allerdings keine Zwangsgewalt ausübt und vielmehr zum ausschließlichen Vorteil des in der Schweiz lebenden Bf. ist. Gegen die Zustellung einer derartigen Entscheidung auf Schweizer Territorium sind keine vernünftigen Einwendungen vorstellbar.

K) Zur Unzulässigkeit der Revision

Art. 133 Abs. 4 und 6 B-VG normieren:
"(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist."
"(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben:
1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;
2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; […]"

§ 25a Abs. 4 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) normiert:
"(4) Wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache
1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und
2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde,
ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig."

Weil nach § 4 Abs. 2 des Wiener Parkometergesetzes 2006 lediglich eine Geldstrafe von bis zu 365,00 Euro und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden darf, ist eine Revision durch den Bf. jedenfalls nicht zulässig (vgl. , mwN).

Die (ordentliche) Revision ist für die belangte Behörde nicht zulässig, weil das Bundesfinanzgericht (Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen gemäß Art. 129 B-VG) im vorliegenden Erkenntnis der vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 96/17/0348 vorgegebenen Judikaturlinie folgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 11 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Art. 9 Abs. 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 2 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7500245.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at