Der Rückforderungsbescheid nach § 26 FLAG 1967 ist ein Sammelbescheid
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7100390/2019-RS1 | Der Rückforderungsbescheid nach § 26 FLAG 1967 ist ein Sammelbescheid, bei dem sich die Bemessungsgrundlage auf das jeweilige Kind bezieht und sich die Höhe des konkreten Rückforderungsbetrages unmittelbar aus § 8 FLAG 1967 ergibt. |
RV/7100390/2019-RS2 | Gibt die Beihilfebehörde einer gegen den Rückforderungsbescheid gemäß § 26 FLAG 1967, der als Sammelbescheid anzusehen ist, gerichteten Bescheidbeschwerde hinsichtlich einiger Zeiträume statt, weil nach der Sachlage für diesen Zeitraum ein Rückforderungsbescheid nicht hätte ergehen dürfen, so hat der Spruch der Beschwerdevorentscheidung gemäß § 263 Abs 1 BAO auf Aufhebung der isoliert rechtskraftfähigen Monatsbescheide zu lauten. |
RV/7100390/2019-RS3 | Die pauschale und ohne auf den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt eingehende Beurteilung des Falles an Hand des zur Berufsreifeprüfung ergangenen Erlasses des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie vom , FB 100, GZ510104/4-VI/1/98, starr vorgegebenen Vier-Monats-Zeitraum entspricht weder den Vorgaben des Gesetzes noch der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (vgl RV/0236-I/09). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Silvia Gebhart in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Rückforderung der Familienbeihilfe (EUR 324,00) und des Kinderabsetzbetrages (EUR 116,80) für die Monate Jänner und Februar 2017 für die Tochter ***1***, in Summe EUR 440,80, Steuernummer ***2***6, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt in seinem nach stattgebender Beschwerdevorentscheidung für den Zeitraum März bis Juni 2017 verbliebenen Restumfang unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Sammelbescheid vom forderte die belangte Behörde, die neu zuständig geworden war, nach Ergehen des Überprüfungsschreibens vom Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge (in der Folge kurz "FB" und "KAB") für die Monate Jänner bis Juni 2017 über insgesamt EUR 1.322,40 zurück, weil "bei einer ernsthaft und zielstrebig betriebenen Ausbildung von einem erforderlichen Vorbereitungsaufwand von maximal vier Monaten pro Teilprüfung auszugehen sei" und die Bf "bereits 16 Monate Familienbeihilfe bezogen habe". Die Tochter absolvierte die Berufsreifeprüfung (im Folgenden kurz "BRP"). Aus Vereinfachungsgründen sei die Rückforderung nach Ablauf des erlassmäßig geregelten Zeitraumes von 16 Monaten erfolgt, und nicht zu vier Monaten je Teilprüfung (Erlass des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie vom , FB 100, GZ510104/4-VI/1/98).
Die Bf trug mit ihrer frist- und formgerecht erhobenen Beschwerde vom vor, sie und die Tochter hätten nicht gewusst, dass pro Teilprüfung nur maximal vier Monate Zeit sei, um die Prüfung abzulegen. Anlässlich mehrerer Vorsprachen beim Finanzamt sei sie nicht auf die vier Monatszeiträume hingewiesen worden, obwohl sie sich extra erkundigt habe, ob für die Tochter noch Anspruch bestehe, da diese selber ein Kind erwartete.
Mit Vorhalt vom wurde die Bf um Vorlage des Berufsreifeprüfungszeugnisses der Tochter für den Gegenstand Deutsch ersucht und ihr folgende Information erteilt: "Nach derzeitigem Verfahrensstand ist Ihre Beschwerde nicht erfolgversprechend, da bei dieser Art der Ausbildung von ***1*** (Berufsreifeprüfung in vier Gegenständen) maximal für 16 Monate Anspruch auf Familienbeihilfe besteht. Eine Verschiebung der Rückforderungszeiträume ist jedoch wahrscheinlich. Es besteht auch die Möglichkeit, die Beschwerde zurückzuziehen." Die Bf legte das Prüfungszeugnis Deutsch vom und das Berufsreifeprüfungszeugnis vom , jeweils in Kopie, vor.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise, und zwar für die Monate März bis Juni 2017, stattgegeben und der angefochtene Bescheid abgeändert. Der Spruch weist zur Änderung des angefochtenen Bescheides auf die als "Neuberechnung" ebenfalls vom betitelte Beilage hin, mit der die für die Monate Jänner bis Februar 2017 verbliebenen Beträge berechnet wurden. Die Familienbeihilfe (FB) wurde mit EUR 324,00 und der Kinderabsetzbetrag (KG) mit EUR 116,80, in Summe EUR 440,80, neu berechnet.
Sachverhaltsbezogen ging die belangte Behörde mit der Beschwerdevorentscheidung davon aus, dass die Tochter im Juni 2015 die Fachschule für wirtschaftliche Berufe erfolgreich abgeschlossen hatte und ab September 2015 an der Volkshochschule Vorbereitungskurse für die Berufsreifeprüfung besuchte. Die Tochter trat für die Berufsreifeprüfung in vier Gegenständen an und hat Teilprüfungen zu folgenden Terminen abgelegt, woraus sich nach Ansicht der Beihilfenbehörde folgende Anspruchszeiträume ergeben würden:
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Gegenstand | Prüfungstermin | FB-Anspruch vier Monate | KEIN Anspruch |
Mathematik | März bis Juni 2016 | bis Jänner 2016 | |
BWL | Juli bis September 2016 und Februar 2016 | ab Oktober 2016 | |
Englisch | April bis Juli 2017 | bis Februar 2017 | |
Deutsch | Aug bis Okt 2017 und März 2017 |
Festgestellt wurde weiters, dass die Tochter in den Monaten Jänner und Februar 2017 Kurse an der Maturaschule zur Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung absolvierte habe.
Mit Schriftsatz vom erhob die Bf fristgerecht Vorlageantrag, dessen Inhalt nur soweit wiedergegeben wird, als er sich auf die verbliebenen Monate Jänner und Februar 2017 bezieht oder Auswirkungen auf diesen Zeitraum hat. Aus finanziellen Gründen habe die alleinerziehende Bf nur zwei Fächer pro Jahr finanzieren können. Insgesamt habe sie die BRP ca EUR 3.500,00 gekostet. Im Sommer 2016 sei die Tochter schwanger geworden und habe am einen Sohn geboren. Zur zwei Monate später anberaumten Englischprüfung sei die Tochter dennoch angetreten und habe diese positiv bestanden. Im Kundencenter sei auf Ersuchen die Auskunft erteilt worden, dass die Geburt für den Bezug der Familienbeihilfe kein Problem sei. Sie sei nicht darüber aufgeklärt worden, dass der Tochter für die Schwangerschaft eine Ausbildungspause zugestanden wäre, während der die Bf Anspruch auf Familienbeihilfe gehabt hätte.
Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vorgelegt und darin die teilweise Stattgabe hinsichtlich der Monate März bis Juni 2017 im Umfang der Beschwerdevorentscheidung beantragt sowie auf die dem Vorlageantrag fehlende Unterschrift hingewiesen.
Nach Erteilung von telefonischen Auskünften übermittelte die VHS die Bestätigung der Anwesenheit für die Tochter vom . Aus dieser ergaben sich Fehlzeiten an der Unterrichtsteilnahme.
Mit hg Beschluss vom wurde der Bf die Anwesenheitsbestätigung übermittelt unf Folgendes aufgetragen:
"… hat Ihre Tochter die Lehrgänge nicht vollständig besucht, wodurch die volle Auslastung Ihrer Tochter zum Zweck der Berufsausbildung nach derzeitigem Ermittlungsstand nicht als erwiesen anzusehen ist. Anlässlich unseres Telefonats vom sagten Sie, dass ihre Tochter nur dann nicht zu Hause gelernt habe, wenn sie sich wegen der Schwangerschaft im Krankenhaus befunden hatte.
Sie werden ersucht, …
die Fehlstunden aufzuklären sowie geeignete Nachweise vorzulegen (zB Krankenhausberichte).
nachzuweisen, dass Ihre Tochter in den Monaten Jänner und Februar 2017 trotz Abwesenheiten sämtliche Hausaufgaben und Referate erfüllt hat (Bestätigung der VHS).
Zu erläutern und nachzuweisen, wie Ihre Tochter den Lernrückstand, der durch die Abwesenheit entstand, bewältigt hat (zB Zahlungsnachweise für Nachhilfestunden).
1 UE entspricht 45 Minuten, sodass Ihre Tochter im Jänner 7,7 Stunden/Woche und im Februar 6 Stunden/Woche an der VHS anwesend war. Dabei wurde wegen Weihnachtsferien und Semesterferien nur drei Wochen herangezogen. Damit ,hat die Berufsausbildung in quantitativer Hinsicht nicht die volle Zeit ***1*** in Anspruch genommen' (zB , mwN). Die Inanspruchnahme der vollen Zeit wird nach Lehre und ständiger Rechtsprechung des BFG bei etwa 30 Stunden Zeiteinsatz je Woche angenommen.
Im Fall der Nichtbeibringung der angeforderten Unterlagen wäre Ihre Beschwerde aus obigen Gründen abzuweisen."
Die Bf gab mit E-Mail vom zum Beschluss Folgendes bekannt:
"Bitte um Auflistung, welche Fehltage im Jänner und Februar 2017 gemeint sind, da meine Tochter an allen Terminen anwesend war, als auch der Unterricht stattgefunden hat.
Frau ***3*** von der VHS ***5*** hat Ihnen bereits alle ihrerseits möglichen Bestätigungen ausgestellt laut Telefonat mit ihr. Eine Bestätigung über geleistete Hausübungen und Referate kann nicht ausgestellt werden, da darüber keine Listen geführt werden.
Nachhilfestunden hat meine Tochter nicht benötigt, da sie die Unterrichtsunterlagen immer erhalten hat und bei Fragen die Kursleiter oder Kursteilnehmer zur Verfügung gestanden sind.
Einen Spitalsaufenthalt hatte meine Tochter nur zur Geburt ihres Sohnes am ***tt***. April. Arzt bzw. Spitalstermine wurden so gewählt, dass sie nicht auf Unterrichtstage fielen. Selbst hierzu kann ich Ihnen nach so langer Zeit keine Bestätigung erbringen, da die Klinik anscheinend nicht alle Termine im System eingetragen hat und meine Tochter ursprünglich für die ***4*** angemeldet war und es diese mittlerweile nicht mehr gibt. Selbst bei der ÖGK ist für diese Zeit nichts mehr vorhanden."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1.1. Formalrecht
Die Verbesserung des Mangels der fehlenden Unterschrift des Vorlageantrages wurde der Bf mit hg Beschluss vom aufgetragen und der Mangel von ihr fristgerecht beseitigt.
Beschwerde, mit der der Rückforderungsbescheid vom zur Gänze angefochten wird, und Vorlageantrag sind somit frist- und formgerecht. Die Beschwerde begehrt erkennbar die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Entgegen dem Wortlaut des § 198 Abs 2 BAO enthält der Spruch des angefochtenen Bescheides den Zeitpunkt der Fälligkeit nicht, auch auf eine Buchungsmitteilung wird nicht hingewiesen. Die Fälligkeit richtet sich im Beschwerdefall nach § 210 Abs 1 BAO (). Der angefochtene Bescheid wurde laut Rückschein nachweislich durch Hinterlegung am , die Beschwerdevorentscheidung mitsamt Neuberechnung durch Übernahme durch einen Mitbewohner am zugestellt.
1.2. Abgrenzung Sammelbescheid - zusammengefasst Festsetzung
1.2.1. Sammelbescheid
Unter Sammelbescheiden oder kombinierten Bescheide versteht man die formularmäßige Zusammenfassung mehrerer (isoliert rechtskraftfähiger) Bescheide. Das gilt auch für Abgabenbescheide (; ). Die essentiellen Spruchbestandteile sind für sich gesondert anzuführen (, 0059; , 2001/16/0243).
In der Lehre wird vertreten, dass der Rückforderungsbescheid ein Sammelbescheid und zwar sowohl hinsichtlich der FB und des KAB sowie eines allfälligen Erhöhungsbetrags zur FB als auch hinsichtlich der Zeiträume, für die zurückgefordert wird, [ist] (Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 26, IV. Rückforderung zu Unrecht bezogener FB Rz 11).
1.2.2. Zusammengefasste Festsetzung
Dass im angefochtenen Bescheid die Rückforderungsbeträge an FB und KAB für den gesamten Rückforderungszeitraum in einem Betrag ausgewiesen sind, könnte auf die zusammengefasste Festsetzung von zwei Abgabenarten hindeuten.
Der größte Vorteil von zusammengefassten Festsetzungen ist, dass der Bescheid die Bemessungsgrundlagen und die Abgabenhöhen nur in einer Summe enthalten müssen. Verwaltungsökonomische Überlegungen werden vielfach für die zusammengefasste Festsetzung sprechen. Die zusammengefasste Festsetzung mehrerer Abgaben nach § 201 Abs. 4 BAO ist von einem sogenannten Sammelbescheid zu unterscheiden. Unter Sammelbescheiden versteht man die formularmäßige Zusammenfassung mehrerer (isoliert rechtskraftfähiger) Bescheide. Die essentiellen Spruchbestandteile sind in einem Sammelbescheid für sich gesondert anzuführen und dementsprechend gesondert anfechtbar. Demgegenüber ist bei einer zusammengefassten Festsetzung nur eine einheitliche Beurteilung möglich (vgl , zu § 201 BAO bei DB, DZ mwN). In jenem Beschwerdefall wurden DB, DZ für ein bestimmtes Jahr zurückgefordert, jedoch bestand ein Festsetzungsbedarf nur für einen konkreten Kalendermonat. Die Rechtsfolge der zusammengefassten Festsetzung war, dass der Jahresbescheid zur Gänze zu beheben war. Von der Rechtswidrigkeit des Rückforderungsbescheides zur Gänze geht auch die belangte Behörde nicht aus.
1.2.3. Ergebnis Sammelbescheid
Dass im angefochtenen Bescheid die Rückforderungsbeträge an FB und KAB für den gesamten Rückforderungszeitraum in einem Betrag ausgewiesen sind, spricht nicht für eine zusammengefasste Festsetzung von Abgaben, weil sich der auf den Erhebungszeitraum Kalendermonate entfallende Betrag an FB und KAB je Kind unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (§ 8 FLAG 1967). § 201 BAO, insbesondere dessen Absatz 4, ist auf Rückforderungsbescheide gemäß § 26 FLAG nicht anwendbar, auch nicht im Wege der Analogie. Der Rückforderungsbescheid nach § 26 FLAG 1967 ist ein Sammelbescheid, bei dem Bemessungsgrundlage das jeweilige Kind ist und sich die Höhe des konkreten Rückforderungsbetrages unmittelbar aus § 8 FLAG 1967 ergibt.
1.3. Abänderung oder Aufhebung
§ 263 Abs 1 BAO sieht im Fall einer meritorischen (inhaltlichen) Erledigung einer Beschwerde durch die Abgabenbehörde 1.) die Änderung oder 2.) die Aufhebung des angefochtenen Bescheides oder 3.) die Abweisung der Bescheidbeschwerde als unbegründet vor. Die Aufzählung ist taxativ.
In gegenständlichem Fall lautet der Spruch der Beschwerdevorentscheidung vom :
"Über die Beschwerde wird auf Grund des § 263 Bundesabgabenordnung (BAO) entschieden:
Ihrer Beschwerde vom wird teilweise stattgegeben, und zwar für den Zeitraum 03-06/2017. Der angefochtene Bescheid wird laut Beilage abgeändert. Die Beschwerde wird für den Zeitraum 01-02/2017 als unbegründet abgewiesen."
Die im Spruch der Beschwerdevorentscheidung bezeichnete Beilage bildete die an die Bf gerichtete behördliche Erledigung "Neuberechnung der Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge" vom selben Tag (im Folgenden kurz "Neuberechnung"). Durch den Verweis auf die Neuberechnung im Spruch des Rückforderungsbescheides wird die Neuberechnung integrierender Spruchbestandteil, sodass beide Schriftstücke gemeinsam den Bescheidspruch bilden. Beschwerdevorentscheidung und Neuberechnung wurden gemeinsam mit RSb-Brief versendet und ordnungsgemäß am zugestellt (Übernahme durch Mitbewohner) und sind sind der Bf gemeinsam bekannt. Gemäß der Neuberechnung wurde die Rückforderung zeitlich auf die Kalendermonate Jänner und Februar 2017 und betraglich auf Familienbeihilfe (FB) iHv EUR 324,00 und Kinderabsetzbetrag (KG) iHv EUR 116,80 eingeschränkt, sodass sich der Rückforderungsbetrag von zunächst EUR 1.322,40 auf EUR 440,80 verminderte. Durch die mit der Beschwerdevorentscheidung ausgesprochenen Abänderung des Bescheides hat die belangte Behörde von der Rückforderung an FB und KAB für die Monate März bis Juni Abstand genommen, weil sich die Rückforderung ihrer Ansicht nach insoweit als rechtswidrig erwiesen hat.
Im Beschwerdefall fehlt dem Spruch der Beschwerdevorentscheidung der als behördliche Willenserklärung (Ritz, BAO, 6. Auflage, § 93, Tz 5) anzusehende ausdrückliche Ausspruch der Aufhebung gemäß § 263 Abs 1 BAO der betreffenden Monatsbescheide, doch ist ein Spruch der Auslegung zugänglich. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Spruch eines Bescheides im Zweifel iSd angewendeten Gesetzes auszulegen (vgl. Ritz, BAO6, § 92 Tz 7, und die dort angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Bestehen Zweifel über den Inhalt des Spruchs, so ist zu dessen Deutung auch die Begründung heranzuziehen (vgl. für viele , und Ra 2017/15/00109.
Wie oben ausgeführt wurde, ist auch die Neuberechnung Spruchbestandteil, der den angefochtenen Bescheid im Rückforderungszeitraum abändert, indem er den Rückforderungszeitraum auf die Monate Jänner und Februar 2017 eingeschränkt hat. Zum verbliebenen Zeitraum, hinsichtlich dem der Beschwerde zur Gänze stattgegeben wurde, wird keine Abänderung des angefochtenen Bescheides ausgesprochen. Es ist aber klar und zweifelsfrei zu erkennen, dass die belangte Behörde ihre ursprüngliche Vorschreibung an FB und KAB für die Kalendermonate März bis Juni 2017 nicht mehr aufrechterhalten wollte. Die mit der Beschwerdevorentscheidung ausgesprochene Abänderung für den weiterhin strittigen Zeitraum des angefochtenen Bescheides kommt in ihrer Wirkung daher einer Aufhebung bezüglich des unstrittigen Zeitraumes gleich.
Die Beschwerdevorentscheidung ist hinsichtlich der Kalendermonate März bis Juni 2017, mit der für diese Monate der Beschwerde zur Gänze stattgegeben wurde, in formale Rechtskraft erwachsen. Die Rechtskraft der Beschwerdevorentscheidung bezüglich des unstrittigen Zeitraumes steht der Zuständigkeit des BFG entgegen.
Diese rechtlichen Überlegungen wirken auf die Beschwerde der Bf zurück. In einem Rückforderungsverfahren nach § 26 FLAG kann die formale Rechtskraft einer Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich der stattgebenden Zeiträume durch den Vorlageantrag nicht außer Kraft gesetzt werden. Demnach gehört auch die Beschwerde nur mehr im Umfang des verbliebenen Zeitraumes dem Rechtsbestand an.
Durch die als Aufhebung zu deutende Abänderung sind nur mehr die Monatsbescheide für Jänner und Februar 2017 im Rechtsbestand verblieben und nur in diesem Umfang besteht aufgrund des Vorlageantrages sachliche Zuständigkeit des BFG. Die weitere Konsequenz ist, dass der zu Unrecht rückgeforderte Betrag an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen zum damaligen Zeitpunkt im Umfang der Aufhebung (Kalendermonate 03-06/2017) rückwirkend dem Abgabenkonto gutzuschreiben war und dass ein § 212a BAO-Antrag nur auf den verminderten Betrag abzielen muss.
Der Spruch der bezüglich einiger Zeiträume stattgebenden Beschwerdevorentscheidung, der auf die Beilage der Neuberechnung für den verbleibenden Zeitraum verweist, ist iSd angewandten § 263 Abs 1 BAO dahin auszulegen, dass die belangte Behörde die Rückforderung für einen bestimmten Zeitraum als rechtswidrig erkannt hat und die Rückforderung an FB und KAB auf den verbleibenden Zeitraum einschränken wollte. Da der Rückforderungsbescheid gemäß § 26 FLAG 1967 auch hinsichtlich der Zeiträume einen Sammelbescheid darstellt, ist die Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich der stattgebenden Zeiträume in formale Rechtskraft erwachsen und der angefochtene Rückforderungsbescheid gehört nur mehr im Umfang des verbliebenen Zeitraumes dem Rechtsbestand an.
Gibt die Beihilfebehörde einer gegen den Rückforderungsbescheid gemäß § 26 FLAG 1967, der als Sammelbescheid anzusehen ist, gerichteten Bescheidbeschwerde hinsichtlich bestimmter Zeiträume statt, weil nach der Sachlage für diese Zeiträume ein Rückforderungsbescheid nicht hätte ergehen dürfen, so hat der Spruch der Beschwerdevorentscheidung gemäß § 263 Abs 1 BAO auf Aufhebung der isoliert rechtskraftfähigen Monatsbescheide zu lauten.
Dem im Vorlagebericht gestellten Antrag der belangten Behörde, der Beschwerde iSd der Beschwerdevorentscheidung teilweise stattzugeben, kann aufgrund der zuvor getätigten rechtlichen Ausführungen nicht entsprochen werden.
2. Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG 1967
§ 2 Abs 1 lit b und lit i FLAG 1967 lauten:
"Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,"
Lit b: "für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß," (Hervorhebung durch BFG)
lit i: "für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,"
3. Sachverhalt
Aufgrund des vorgelegten Verwaltungsaktes und des ergänzend vom BFG durchgeführten Ermittlungsverfahrens ist der Sachverhalt wie folgt festzustellen:
Die Tochter, geboren ***1996***, war im Kursjahr 2016/2017 (5. Sept 2016 -) für folgende Lehrgänge zur Berufsreifeprüfung (Anerkannte Lehrgänge gern. § 8 des Berufsreifeprüfungsgesetzes, BGBl. I Nr. 68/1997 idgF, mit Bescheid des bm:ukk vom , ZI 14.160/0003-III/3/2012) angemeldet (jeweils 2 Semester pro Fach):
Im 1. Semester:
Englisch (Fr, Di 9:00-12:15): 6 Unterrichtsstunden + 5-6 Stunden verpflichtende (Haus)übungen
Deutsch (Do 9:00-12:15), 1. und 2. Sem: 5 Unterrichtsstunden + 5-6 Stunden verpflichtende Hausübungen; Vorbereitung von Referaten
Im 2. Semester:
• Englisch (Fr, jede zweite Woche + Di 9:00-12:15): 6 Unterrichtsstunden + 5-6 Stunden verpflichtende (Haus)übungen
• Deutsch (Do, unterschiedliche Uhrzeiten, meist 9:00-12:15): 5 Unterrichtsstunden + 5-6 Stunden verpflichtende Hausübungen; Vorbereitung von Referaten
Lauf Auskunft der VHS:
hat der Unterricht für die BRP für Englisch 180 UE und für Deutsch 160 UE umfasst, wobei eine Unterrichtseinheit (UE) 45 Minuten betragen hat. Bei den als Unterrichtsstunden bezeichneten Einheiten handelt es sich um Echtzeit. Der Unterricht erfolgte durch Blockung von zwei UE, die durch eine 15-minütige Pause voneinander getrennt waren. Die UE für Deutsch im 1. Semester sind teilweise extra von der Lehrperson angeordnet worden, um die vorgegebene Sollzeit und die UE laut obigem Plan zu erreichen. Betreffend Semester und Ferienzeit ist die VHS wie ein üblicher Schulbetrieb geregelt.
Daraus ergeben sich für Jänner und Februar unterschiedliche Sollzeiten.
Mit Schreiben vom hat die VHS folgende Anwesenheitszeiten der Tochter mit den UE und unter Angabe der Unterrichtszeiten bekanntgegeben, woraus sich folgende Stunden in Echtzeit errechnen:
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Deutsch | UE | U-Std | Englisch | UE | U-Std | Summe |
Jänner | ||||||
Kein Eintrag laut VHS für DI | ||||||
- DO | 6 | 4,5 | - FR | 4 | 3 | 7,5 |
- DI | 4 | 3 | ||||
- DO | 4 | 3 | - FR | 4 | 3 | 9 |
Kein Eintrag laut VHS für DI | ||||||
- DO | 5 | 3,75 | - FR | 4 | 3 | 6,75 |
in 3 Schulwochen | 11,25 | 12 | 23,25 | |||
Wochendurchschnitt | 7,75 | |||||
Februar | ||||||
Kein Eintrag laut VHS für DI | ||||||
- DO | 6 | 4,5 | Kein Eintrag laut VHS für FR | |||
Semesterferien | ||||||
- DO | 4 | 3 | Kein Eintrag laut VHS für FR | |||
Kein Eintrag laut VHS für DI | ||||||
- DO | 6 | 4,5 | - FR | 4 | 3 | |
in 3 Schulwochen | 12 | 3 | 15 | |||
Wochendurchschnitt | 5 |
Es ergibt sich laut Anwesenheitsbestätigung im Jänner eine durchschnittliche Wochenanwesenheitszeit von 7,75 Stunden und im Februar von 5 Stunden bei jeweils drei Schulwochen pro Monat.
Die Bf hat zur Lernzeit der Tochter am telefonisch folgende Auskunft erteilt: Die Tochter habe an Kurstagen zwei Stunden zuhause gelernt, an kursfreien Tagen vier Stunden und am Wochenende. Aufzeichnungen sind nicht geführt worden. Die Tochter habe nur dann nicht gelernt, wenn sie im Krankenhaus war, was in den Monaten Jänner und Februar jedoch nicht der Fall war.
Die Anwesenheitsbestätigung der VHS vom wurde der Bf zur Kenntnis gebracht. Die Bf hat die Fehlstunden in der Anwesenheit ihrer Tochter nicht aufgeklärt und auch nicht nachgewiesen, dass die BRP in quantitativer Hinsicht die volle Zeit der Tochter in Anspruch genommen hat.
4. Beweismittel und Beweiswürdigung
a) Anmeldebestätigung der näher bezeichneten VHS vom bzgl WS 2016/17 (Vorlage zu Überprüfungsschreiben 1), Beschwerdevorbringen, Beschwerdevorentscheidung, Aktenvermerk über telefonische Auskunft und schriftliche Antwort (E-Mail) der betreffenden VHS vom , Anmeldebestätigung vom bzgl SS 2017, Aktenvermerk über telefonische Auskunft der Bf vom , hg Vorhalt vom , E-Mail der Bf vom .
b) Die VHS hat in ihrem Schreiben vom 10.50.2023 darauf hingewiesen, dass für die Tage 26.01. und die Anwesenheitsliste fehlt. Im Zweifel wurden diese Tage als anwesend gezählt. Die Anmeldebestätigung für das 1. Semester lag dem vorgelegten Verwaltungsakt ein, sodass davon auszugehen ist, dass diese der Bf bekannt ist. In Verbindung mit der mit hg Beschluss übermittelten Anwesenheitsbestätigung der VHS waren der Bf die Divergenzen zwischen Unterrichtszeit laut Plan und der besuchten Unterrichtszeit erkennbar, sodass sie eine Gegenäußerung hätte abgeben können.
Die von der Bf angegebenen Lernzeiten der Tochter sind nach den Erfahrungen des täglichen Lebens nicht realistisch. Es ist als nicht glaubhaft anzusehen, dass auch am Wochenende täglich gelernt wurde, zumal keine Aufzeichnungen über Lernzeiten und kein selbst erstellter Plan zum Erlernen des Stoffes vorgelegt wurden. Lernen und Stoffverarbeitung erfolgt auch durch Absolvieren der Hausübungen und Vorbereitung auf Referate.
Realistisch erscheint folgender Zeiteinsatz:
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Jänner | Deutsch | Englisch | Summe |
nachgewiesene Anwesenheit | 11,25 | 12 | |
Zeiteinsatz für Hausübung, Referate, Lernzeit in Schul- und Ferienzeit für 4 Wochen | 22,5 | 24 | |
Summe für 4 Wochen | 33,75 | 36 | |
Echtstunden je Woche | 8,4375 | 9 | 17,438 |
Echtstunden je Woche aufgerundet | 18 Std | ||
Februar | Deutsch | Englisch | Summe |
nachgewiesene Anwesenheit | 12 | 3 | |
Zeiteinsatz für Hausübung, Referate, Lernzeit in Schul- und Ferienzeit für vier Wochen | 24 | 18 | |
Summe für 4 Wochen | 36 | 21 | |
Echtstunden je Woche | 9 | 5,25 | 14,25 |
Echtstunden je Woche aufgerundet | 15 Std |
5. Rechtliche Beurteilung
5.1. Berufsausbildung
Strittig ist, ob in der Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung eine Ausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 zu erblicken ist, wobei vor allem die quantitative Komponente strittig ist.
Die belangte Behörde führt für die von ihr iZm der Berufsreifeprüfung getroffene Entscheidung den Erlass des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie vom , FB 100, GZ 51 0104/4-VI/1/98, ins Treffen, der folgende Vorgangsweise anordnet:
"Bei Beantragung der Familienbeihilfe sind vom Finanzamt daher neben der Zulassung zur Berufsreifeprüfung jedenfalls auch die Angabe der (des) jeweiligen Prüfungstermine(s) sowie der Beleg (zB Kursbestätigung) oder die Glaubhaftmachung (bei Selbststudium) des tatsächlichen Vorbereitungsbeginns abzuverlangen. Die Familienbeihilfe ist immer zurückgerechnet vom Prüfungstermin zu gewähren, und zwar für längstens 16 Monate, wenn in diesem Zeitraum Teilprüfungen in vier Gegenständen vorgesehen sind, für längstens zwölf Monate, wenn in diesem Zeitraum Teilprüfungen in drei Gegenständen vorgesehen sind, für längstens acht Monate, wenn in diesem Zeitraum Teilprüfungen in zwei Gegenständen vorgesehen sind, und für längstens vier Monate, wenn in diesem Zeitraum eine Teilprüfung in einem Gegenstand vorgesehen ist. Voraussetzung ist aber, dass im jeweiligen Zeitraum tatsächlich eine Prüfungsvorbereitung vorliegt, denn eine Familienbeihilfengewährung über den tatsächlichen Vorbereitungsbeginn hinaus ist nicht möglich. Kann andererseits wegen Überschreitung der zur Verfügung stehenden Zeit Familienbeihilfe nicht für den gesamten Vorbereitungszeitraum gewährt werden, sind nur solche Monate zu zählen, die überwiegend in die Vorbereitungszeit fallen. Die Aufteilung des Bezugszeitraumes hängt vom zeitlichen Abstand der einzelnen Teilprüfungen ab, eine Verlängerung wegen erforderlicher Wiederholungsprüfungen über die vier Monate pro Prüfung ist nicht möglich."
Die Durchführungsrichtlinien enthalten diesbezüglich keine Aussagen. Der unabhängige Finanzssenat und das Bundesfinanzgericht haben in mehreren Entscheidungen die Meinung vertreten, eine Vorbereitungszeit von vier Monaten sei ausreichend, und haben als Vergleichsmaßstab die Ablegung der Matura an einer allgemein bildenden höheren Schule herangezogen. Die wöchentliche Unterrichtsdauer an der Oberstufe einer derartigen Schule betrage mit gewissen Schwankungen rund 30 bis 35 Unterrichtsstunden; demgegenüber umfasse die Dauer der Vorbereitungskurse für die Ablegung der Berufsreifeprüfung typischerweise weniger als die Hälfte dieses Stundenumfangs. Somit sei erkennbar, dass die Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung weit weniger Zeit in Anspruch nimmt als der Besuch einer höheren Schule. Die Ausbildungsintensität sei also nicht vergleichbar. Es könne auch eindeutig davon ausgegangen werden, dass unter der Prämisse, dass das Kind der Bw seinen vollen Lerneinsatz dem jeweils einzelnen Gegenstand widmen, also Kurse im Umfang von rund 30 Wochenstunden besuchen hätte können, eine Vorbereitungszeit von vier Monaten pro Prüfung ausreichend gewesen wäre ( RV/0121-F/07; ebenso zB ; ; ; , RV/7102207/2014). Nach RV/0236-I/09, entspricht dagegen eine pauschale und ohne auf den tatsächlich vorliegenden Sachverhalt eingehende Beurteilung des Falles an Hand eines durch interne Verwaltungsanweisungen vorgegebenen Vier-Monats-Zeitraums weder den Vorgaben des Gesetzes noch der Judikatur (Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2, III. Einzelne Tatbestände für volljährige Kinder Abs 1 lit b-l, Rz 44).
Aus dem Hinweis auf den zuvor zitierten Erlass ist für die belangte Behörde nichts zu gewinnen, da im Bundesgesetzblatt nicht kundgemachte Rechtsansichten des zuständigen Bundesministeriums rechtlich nicht verbindlich sind (zB ). Erlässe eines Bundesministers gehören nicht zum geschlossenen Rechtsquellenkatalog und stellen keine für die Gerichte verbindliche Rechtsquelle dar (zB ).
Die belangte Behörde führt im Vorlagebericht aus, dass durch die Rechtsmittel der Bf lediglich eine zeitliche Verschiebung der 16 Monate stattfänden, jedoch die Familienleistungen insgesamt gleichblieben.
Nach den Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG 1967) besteht für volljährige Kinder nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn durch diese unter anderem eine der in § 2 FLAG 1967 genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt ist. Eine derartige Voraussetzung ist gegeben, wenn sich das Kind in Berufsausbildung befindet ( RV/0236-I/09).
Ob die von Gesetz und Judikatur geforderten Voraussetzungen erfüllt sind, ist von dem im Einzelfall verwirklichten Sachverhalt abhängig, worauf die Entscheidung des unabhängigen Finanzsenates, RV/0236-I/09, zu Recht hinweist. Die zwingende Vorgangsweise anhand eines starren Vier-Monatszeitraumes, wenn laut Sachverhalt zweifelsfrei feststeht, dass die Ausbildung in Semestern erfolgt, lässt den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt unberücksichtigt und kann nicht zu einer sachgerechten Beurteilung führen. Aus der zitierten Entscheidung ergibt sich:
Eine nähere Umschreibung des Begriffes "Berufsausbildung" (außerhalb der Sonderbestimmungen dieses Tatbestandes betreffend Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen) enthält das Gesetz nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter diesen Begriff jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinne ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen gelingt (vgl 2007/15/0050). Bei kursmäßigen Veranstaltungen kommt es darauf an, dass sich die Ausbildung in quantitativer Hinsicht vom Besuch von Lehrveranstaltungen oder Kursen aus privaten Interessen unterscheidet (vgl. das zur Studienberechtigung ergangene Erkenntnis 2006/15/0178). Die oben angeführten, von der Judikatur geforderten Voraussetzungen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG können aber auch dann vorliegen, wenn ein Kind die Externistenreifeprüfung ablegen will und sich tatsächlich und zielstrebig auf die Ablegung der Reifeprüfung vorbereitet. Das wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Reifeprüfung die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den von der Externistenreifeprüfungskommission festgesetzten Terminen zu den Prüfungen antritt (vgl. auch hiezu das Erkenntnis 2007/15/0050) (nochmals RV/0236-I/09).
… Wesentlich ist .., dass durch den lehrgangsmäßigen Kurs die tatsächliche Ausbildung für einen Beruf erfolgt. Feststellungen über Art, Inhalt und Umfang des Lehrganges sind hiezu ebenso unerlässlich wie solche zum Umstand, ob und gegebenenfalls welche Prüfungen/Hausaufgaben abzulegen sind und auf welche Art und Weise die Vorbereitung hiefür zu gestalten ist (nochmals RV/0236-I/09). Entscheidungserheblich sind somit:
der zeitliche Umfang der tatsächlich besuchten Vorbereitungskurse,
die sich daraus ergebende Anzahl der wöchentlichen Unterrichtseinheiten,
deren zeitliche Lagerung,
der tatsächliche Besuch der einzelnen Kursabende,
die Teilnahme an den regelmäßig abgehaltenen Probeklausuren durch das Kind der anspruchsberechtigten Person und
die auf außerhalb dieser Kurse anfallende Zeit für Vor- und Nachbereitung (vgl RV/0236-I/09).
Die pauschale und ohne auf den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt eingehende Beurteilung des Falles an Hand des zur Berufsreifeprüfung ergangenen Erlasses des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie vom , FB 100, GZ510104/4-VI/1/98, starr vorgegebenen Vier-Monats-Zeitraum entspricht weder den Vorgaben des Gesetzes noch der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (vgl RV/0236-I/09).
Die vom BFG erhobene Anwesenheitsbestätigung wurde der Bf mit hg Beschluss vom zu Gehör gebracht und sie in Kenntnis gesetzt, dass bei derzeitiger Aktenlage davon auszugehen sei, dass die BRP in zeitlicher Hinsicht nicht die volle Zeit der Tochter gebunden hat. Dem ist die Bf mit ihrer E-Mail vom nicht durch Beweisanbote substantiiert entgegengetreten.
Gemäß § 138 Abs 1 Bundesabgabenordnung (BAO) haben auf Verlangen der Abgabenbehörde die Abgabepflichtigen … in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Gemäß § 119 Abs 1 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muß vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.
Die Anmeldebestätigung für das 1. Semester des SJ 2016/17 lag dem vorgelegten Verwaltungsakt als Scan ein, sodass davon auszugehen ist, dass diese der Bf bekannt ist. Es ist anzunehmen, dass die Bf ebenso die Anmeldebestätigung für das 2. Semester des SJ 2016/17 kennt. In Verbindung mit der mit hg Beschluss übermittelten Anwesenheitsbestätigung der VHS waren der Bf die Divergenzen zwischen Unterrichtszeit laut Plan und der tatsächlich besuchten Unterrichtsstunden erkennbar. Statt die Divergenzen mit der VHS aufzuklären, hat die Bf das BFG um Auflistung der Fehlstunden ersucht.
Der die Behörde/das BFG treffende Amtswegigkeitsgrundsatz und Mitwirkungspflicht der Partei stehen im Gleichgewicht. Bei ausdrücklicher Verweigerung der Mitwirkung an der Wahrheitsfindung tritt die Verpflichtung der Behörde (und des VwG) zur amtswegigen Sachverhaltsermittlung zurück (). Das BFG hat mit der Übermittlung der Anwesenheitsbestätigung das Recht der Bf auf Gehör gewahrt, war aber nicht verpflichtet, der Bf eine Auflistung der Fehltage zu erstellen, weil die Bf anhand der ihr vorliegenden Unterlagen diese Divergenz erkennen konnte und sie daher die Verpflichtung traf, diese aufzuklären. Die der Bf aufgetragene Mitwirkung war ihr zumutbar und von ihr erfüllbar.
In eventu wird begründet, dass bei einer Anwesenheit von durchschnittlich von 7,75 Stunden und 5 Stunden je Kurswoche bei den Vorbereitungslehrgängen (§ 8 BRPG) auch bei großzügiger Schätzung von Zeiten für Hausübung, Referate, Lernzeiten in Schul- und Ferienzeiten keine Auslastung erreicht wird, die dem entspricht, was der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung als durch die Ausbildung bedingteBindung der vollen Zeit des Kindes bezeichnet (zB , mwN). Der Verwaltungsgerichtshof selbst hat die Bindung der vollen Zeit des Kindes in keinem einzigen Judikat durch eine Stundenzahl oder Mindeststundenanzahl festgeschrieben, sodass es stets auf den Einzelfall ankommt. In ständiger Judikatur des BFG hat sich eine Auslastung von rund 30 Stunden je Woche als Richtschnur etabliert. Davon war im Streitzeitraum für die Tochter nicht annähernd auszugehen.
Die Schwangerschaft des Kindes bewirkt gemäß § 2 Abs 1 lit i FLAG 1967 eine Verlängerung des Anspruchszeitraumes wegen Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes (analog zur Hemmung der Studienzeit bei Studierenden) bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, begründet aber keinen Anspruch auf die Familienbeihilfe. Der Einwand der Schwangerschaft verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.
5.2. Zulassung der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Soweit festgestellt werden konnte, fehlt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu folgenden Rechtsfragen, nämlich erstens, ob das BFG im Fall einer Rückforderung nach § 26 FLAG bei hinsichtlich einzelner Monate stattgebender BVE auch für diesen Zeitraum sachliche Zuständigkeit erlangt, oder ob die BVE insoweit formale Rechtskraft erlangt, was einer sachlichen Zuständigkeit des BFG entgegensteht. Zweitens, ob im Rückforderungsbescheid nach § 26 FLAG ein Sammelbescheid oder eine zusammengefasste Festsetzung zu erblicken ist, und schließlich drittens, ob die belangte Behörde bei Stattgabe hinsichtlich einiger Zeiträume insoweit die Aufhebung des angefochtenen Bescheides oder dessen Abänderung iVm einer Neuberechnung bezüglich des nichtstattgebenden Zeitraumes auszusprechen hat.
Erwähnt wird, dass der Spruch einer Beschwerdevorentscheidung in Vergleichsfällen immer in dieser Form gestaltet ist. Die aufgeworfenen Rechtsfragen haben somit eine hohe Praxisrelevanz.
Folglich war die Revision zuzulassen.
Wien, am
Die Verbesserung des Mangels der fehlenden Unterschrift des Vorlageantrages wurde der Bf mit hg Beschluss vom aufgetragen und der Mangel von ihr fristgerecht beseitigt.
Beschwerde, mit der der Rückforderungsbescheid vom zur Gänze angefochten wird, und Vorlageantrag sind somit frist- und formgerecht. Die Beschwerde begehrt erkennbar die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Entgegen dem Wortlaut des § 198 Abs 2 BAO enthält der Spruch des angefochtenen Bescheides den Zeitpunkt der Fälligkeit nicht, auch auf eine Buchungsmitteilung wird nicht hingewiesen. Die Fälligkeit richtet sich im Beschwerdefall nach § 210 Abs 1 BAO (). Der angefochtene Bescheid wurde laut Rückschein nachweislich durch Hinterlegung am , die Beschwerdevorentscheidung mitsamt Neuberechnung durch Übernahme durch einen Mitbewohner am zugestellt.
1.2. Abgrenzung Sammelbescheid - zusammengefasst Festsetzung
1.2.1. Sammelbescheid
Unter Sammelbescheiden oder kombinierten Bescheide versteht man die formularmäßige Zusammenfassung mehrerer (isoliert rechtskraftfähiger) Bescheide. Das gilt auch für Abgabenbescheide (; ). Die essentiellen Spruchbestandteile sind für sich gesondert anzuführen (, 0059; , 2001/16/0243).
In der Lehre wird vertreten, dass der Rückforderungsbescheid ein Sammelbescheid und zwar sowohl hinsichtlich der FB und des KAB sowie eines allfälligen Erhöhungsbetrags zur FB als auch hinsichtlich der Zeiträume, für die zurückgefordert wird, [ist] (Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 26, IV. Rückforderung zu Unrecht bezogener FB Rz 11).
1.2.2. Zusammengefasste Festsetzung
Dass im angefochtenen Bescheid die Rückforderungsbeträge an FB und KAB für den gesamten Rückforderungszeitraum in einem Betrag ausgewiesen sind, könnte auf die zusammengefasste Festsetzung von zwei Abgabenarten hindeuten.
Der größte Vorteil von zusammengefassten Festsetzungen ist, dass der Bescheid die Bemessungsgrundlagen und die Abgabenhöhen nur in einer Summe enthalten müssen. Verwaltungsökonomische Überlegungen werden vielfach für die zusammengefasste Festsetzung sprechen. Die zusammengefasste Festsetzung mehrerer Abgaben nach § 201 Abs. 4 BAO ist von einem sogenannten Sammelbescheid zu unterscheiden. Unter Sammelbescheiden versteht man die formularmäßige Zusammenfassung mehrerer (isoliert rechtskraftfähiger) Bescheide. Die essentiellen Spruchbestandteile sind in einem Sammelbescheid für sich gesondert anzuführen und dementsprechend gesondert anfechtbar. Demgegenüber ist bei einer zusammengefassten Festsetzung nur eine einheitliche Beurteilung möglich (vgl , zu § 201 BAO bei DB, DZ mwN). In jenem Beschwerdefall wurden DB, DZ für ein bestimmtes Jahr zurückgefordert, jedoch bestand ein Festsetzungsbedarf nur für einen konkreten Kalendermonat. Die Rechtsfolge der zusammengefassten Festsetzung war, dass der Jahresbescheid zur Gänze zu beheben war. Von der Rechtswidrigkeit des Rückforderungsbescheides zur Gänze geht auch die belangte Behörde nicht aus.
1.2.3. Ergebnis Sammelbescheid
Dass im angefochtenen Bescheid die Rückforderungsbeträge an FB und KAB für den gesamten Rückforderungszeitraum in einem Betrag ausgewiesen sind, spricht nicht für eine zusammengefasste Festsetzung von Abgaben, weil sich der auf den Erhebungszeitraum Kalendermonate entfallende Betrag an FB und KAB je Kind unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (§ 8 FLAG 1967). § 201 BAO, insbesondere dessen Absatz 4, ist auf Rückforderungsbescheide gemäß § 26 FLAG nicht anwendbar, auch nicht im Wege der Analogie. Der Rückforderungsbescheid nach § 26 FLAG 1967 ist ein Sammelbescheid, bei dem Bemessungsgrundlage das jeweilige Kind ist und sich die Höhe des konkreten Rückforderungsbetrages unmittelbar aus § 8 FLAG 1967 ergibt.
1.3. Abänderung oder Aufhebung
§ 263 Abs 1 BAO sieht im Fall einer meritorischen (inhaltlichen) Erledigung einer Beschwerde durch die Abgabenbehörde 1.) die Änderung oder 2.) die Aufhebung des angefochtenen Bescheides oder 3.) die Abweisung der Bescheidbeschwerde als unbegründet vor. Die Aufzählung ist taxativ.
In gegenständlichem Fall lautet der Spruch der Beschwerdevorentscheidung vom :
"Über die Beschwerde wird auf Grund des § 263 Bundesabgabenordnung (BAO) entschieden:
Ihrer Beschwerde vom wird teilweise stattgegeben, und zwar für den Zeitraum 03-06/2017. Der angefochtene Bescheid wird laut Beilage abgeändert. Die Beschwerde wird für den Zeitraum 01-02/2017 als unbegründet abgewiesen."
Die im Spruch der Beschwerdevorentscheidung bezeichnete Beilage bildete die an die Bf gerichtete behördliche Erledigung "Neuberechnung der Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge" vom selben Tag (im Folgenden kurz "Neuberechnung"). Durch den Verweis auf die Neuberechnung im Spruch des Rückforderungsbescheides wird die Neuberechnung integrierender Spruchbestandteil, sodass beide Schriftstücke gemeinsam den Bescheidspruch bilden. Beschwerdevorentscheidung und Neuberechnung wurden gemeinsam mit RSb-Brief versendet und ordnungsgemäß am zugestellt (Übernahme durch Mitbewohner) und sind sind der Bf gemeinsam bekannt. Gemäß der Neuberechnung wurde die Rückforderung zeitlich auf die Kalendermonate Jänner und Februar 2017 und betraglich auf Familienbeihilfe (FB) iHv EUR 324,00 und Kinderabsetzbetrag (KG) iHv EUR 116,80 eingeschränkt, sodass sich der Rückforderungsbetrag von zunächst EUR 1.322,40 auf EUR 440,80 verminderte. Durch die mit der Beschwerdevorentscheidung ausgesprochenen Abänderung des Bescheides hat die belangte Behörde von der Rückforderung an FB und KAB für die Monate März bis Juni Abstand genommen, weil sich die Rückforderung ihrer Ansicht nach insoweit als rechtswidrig erwiesen hat.
Im Beschwerdefall fehlt dem Spruch der Beschwerdevorentscheidung der als behördliche Willenserklärung (Ritz, BAO, 6. Auflage, § 93, Tz 5) anzusehende ausdrückliche Ausspruch der Aufhebung gemäß § 263 Abs 1 BAO der betreffenden Monatsbescheide, doch ist ein Spruch der Auslegung zugänglich. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Spruch eines Bescheides im Zweifel iSd angewendeten Gesetzes auszulegen (vgl. Ritz, BAO6, § 92 Tz 7, und die dort angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Bestehen Zweifel über den Inhalt des Spruchs, so ist zu dessen Deutung auch die Begründung heranzuziehen (vgl. für viele , und Ra 2017/15/00109.
Wie oben ausgeführt wurde, ist auch die Neuberechnung Spruchbestandteil, der den angefochtenen Bescheid im Rückforderungszeitraum abändert, indem er den Rückforderungszeitraum auf die Monate Jänner und Februar 2017 eingeschränkt hat. Zum verbliebenen Zeitraum, hinsichtlich dem der Beschwerde zur Gänze stattgegeben wurde, wird keine Abänderung des angefochtenen Bescheides ausgesprochen. Es ist aber klar und zweifelsfrei zu erkennen, dass die belangte Behörde ihre ursprüngliche Vorschreibung an FB und KAB für die Kalendermonate März bis Juni 2017 nicht mehr aufrechterhalten wollte. Die mit der Beschwerdevorentscheidung ausgesprochene Abänderung für den weiterhin strittigen Zeitraum des angefochtenen Bescheides kommt in ihrer Wirkung daher einer Aufhebung bezüglich des unstrittigen Zeitraumes gleich.
Die Beschwerdevorentscheidung ist hinsichtlich der Kalendermonate März bis Juni 2017, mit der für diese Monate der Beschwerde zur Gänze stattgegeben wurde, in formale Rechtskraft erwachsen. Die Rechtskraft der Beschwerdevorentscheidung bezüglich des unstrittigen Zeitraumes steht der Zuständigkeit des BFG entgegen.
Diese rechtlichen Überlegungen wirken auf die Beschwerde der Bf zurück. In einem Rückforderungsverfahren nach § 26 FLAG kann die formale Rechtskraft einer Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich der stattgebenden Zeiträume durch den Vorlageantrag nicht außer Kraft gesetzt werden. Demnach gehört auch die Beschwerde nur mehr im Umfang des verbliebenen Zeitraumes dem Rechtsbestand an.
Durch die als Aufhebung zu deutende Abänderung sind nur mehr die Monatsbescheide für Jänner und Februar 2017 im Rechtsbestand verblieben und nur in diesem Umfang besteht aufgrund des Vorlageantrages sachliche Zuständigkeit des BFG. Die weitere Konsequenz ist, dass der zu Unrecht rückgeforderte Betrag an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen zum damaligen Zeitpunkt im Umfang der Aufhebung (Kalendermonate 03-06/2017) rückwirkend dem Abgabenkonto gutzuschreiben war und dass ein § 212a BAO-Antrag nur auf den verminderten Betrag abzielen muss.
Der Spruch der bezüglich einiger Zeiträume stattgebenden Beschwerdevorentscheidung, der auf die Beilage der Neuberechnung für den verbleibenden Zeitraum verweist, ist iSd angewandten § 263 Abs 1 BAO dahin auszulegen, dass die belangte Behörde die Rückforderung für einen bestimmten Zeitraum als rechtswidrig erkannt hat und die Rückforderung an FB und KAB auf den verbleibenden Zeitraum einschränken wollte. Da der Rückforderungsbescheid gemäß § 26 FLAG 1967 auch hinsichtlich der Zeiträume einen Sammelbescheid darstellt, ist die Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich der stattgebenden Zeiträume in formale Rechtskraft erwachsen und der angefochtene Rückforderungsbescheid gehört nur mehr im Umfang des verbliebenen Zeitraumes dem Rechtsbestand an.
Gibt die Beihilfebehörde einer gegen den Rückforderungsbescheid gemäß § 26 FLAG 1967, der als Sammelbescheid anzusehen ist, gerichteten Bescheidbeschwerde hinsichtlich bestimmter Zeiträume statt, weil nach der Sachlage für diese Zeiträume ein Rückforderungsbescheid nicht hätte ergehen dürfen, so hat der Spruch der Beschwerdevorentscheidung gemäß § 263 Abs 1 BAO auf Aufhebung der isoliert rechtskraftfähigen Monatsbescheide zu lauten.
Dem im Vorlagebericht gestellten Antrag der belangten Behörde, der Beschwerde iSd der Beschwerdevorentscheidung teilweise stattzugeben, kann aufgrund der zuvor getätigten rechtlichen Ausführungen nicht entsprochen werden.
2. Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG 1967
§ 2 Abs 1 lit b und lit i FLAG 1967 lauten:
"Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,"
Lit b: "für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß," (Hervorhebung durch BFG)
lit i: "für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,"
3. Sachverhalt
Aufgrund des vorgelegten Verwaltungsaktes und des ergänzend vom BFG durchgeführten Ermittlungsverfahrens ist der Sachverhalt wie folgt festzustellen:
Die Tochter, geboren ***1996***, war im Kursjahr 2016/2017 (5. Sept 2016 -) für folgende Lehrgänge zur Berufsreifeprüfung (Anerkannte Lehrgänge gern. § 8 des Berufsreifeprüfungsgesetzes, BGBl. I Nr. 68/1997 idgF, mit Bescheid des bm:ukk vom , ZI 14.160/0003-III/3/2012) angemeldet (jeweils 2 Semester pro Fach):
Im 1. Semester:
Englisch (Fr, Di 9:00-12:15): 6 Unterrichtsstunden + 5-6 Stunden verpflichtende (Haus)übungen
Deutsch (Do 9:00-12:15), 1. und 2. Sem: 5 Unterrichtsstunden + 5-6 Stunden verpflichtende Hausübungen; Vorbereitung von Referaten
Im 2. Semester:
• Englisch (Fr, jede zweite Woche + Di 9:00-12:15): 6 Unterrichtsstunden + 5-6 Stunden verpflichtende (Haus)übungen
• Deutsch (Do, unterschiedliche Uhrzeiten, meist 9:00-12:15): 5 Unterrichtsstunden + 5-6 Stunden verpflichtende Hausübungen; Vorbereitung von Referaten
Lauf Auskunft der VHS:
hat der Unterricht für die BRP für Englisch 180 UE und für Deutsch 160 UE umfasst, wobei eine Unterrichtseinheit (UE) 45 Minuten betragen hat. Bei den als Unterrichtsstunden bezeichneten Einheiten handelt es sich um Echtzeit. Der Unterricht erfolgte durch Blockung von zwei UE, die durch eine 15-minütige Pause voneinander getrennt waren. Die UE für Deutsch im 1. Semester sind teilweise extra von der Lehrperson angeordnet worden, um die vorgegebene Sollzeit und die UE laut obigem Plan zu erreichen. Betreffend Semester und Ferienzeit ist die VHS wie ein üblicher Schulbetrieb geregelt.
Daraus ergeben sich für Jänner und Februar unterschiedliche Sollzeiten.
Mit Schreiben vom hat die VHS folgende Anwesenheitszeiten der Tochter mit den UE und unter Angabe der Unterrichtszeiten bekanntgegeben, woraus sich folgende Stunden in Echtzeit errechnen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Deutsch | UE | U-Std | Englisch | UE | U-Std | Summe |
Jänner | ||||||
Kein Eintrag laut VHS für DI | ||||||
- DO | 6 | 4,5 | - FR | 4 | 3 | 7,5 |
- DI | 4 | 3 | ||||
- DO | 4 | 3 | - FR | 4 | 3 | 9 |
Kein Eintrag laut VHS für DI | ||||||
- DO | 5 | 3,75 | - FR | 4 | 3 | 6,75 |
in 3 Schulwochen | 11,25 | 12 | 23,25 | |||
Wochendurchschnitt | 7,75 | |||||
Februar | ||||||
Kein Eintrag laut VHS für DI | ||||||
- DO | 6 | 4,5 | Kein Eintrag laut VHS für FR | |||
Semesterferien | ||||||
- DO | 4 | 3 | Kein Eintrag laut VHS für FR | |||
Kein Eintrag laut VHS für DI | ||||||
- DO | 6 | 4,5 | - FR | 4 | 3 | |
in 3 Schulwochen | 12 | 3 | 15 | |||
Wochendurchschnitt | 5 |
Es ergibt sich laut Anwesenheitsbestätigung im Jänner eine durchschnittliche Wochenanwesenheitszeit von 7,75 Stunden und im Februar von 5 Stunden bei jeweils drei Schulwochen pro Monat.
Die Bf hat zur Lernzeit der Tochter am telefonisch folgende Auskunft erteilt: Die Tochter habe an Kurstagen zwei Stunden zuhause gelernt, an kursfreien Tagen vier Stunden und am Wochenende. Aufzeichnungen sind nicht geführt worden. Die Tochter habe nur dann nicht gelernt, wenn sie im Krankenhaus war, was in den Monaten Jänner und Februar jedoch nicht der Fall war.
Die Anwesenheitsbestätigung der VHS vom wurde der Bf zur Kenntnis gebracht. Die Bf hat die Fehlstunden in der Anwesenheit ihrer Tochter nicht aufgeklärt und auch nicht nachgewiesen, dass die BRP in quantitativer Hinsicht die volle Zeit der Tochter in Anspruch genommen hat.
4. Beweismittel und Beweiswürdigung
a) Anmeldebestätigung der näher bezeichneten VHS vom bzgl WS 2016/17 (Vorlage zu Überprüfungsschreiben 1), Beschwerdevorbringen, Beschwerdevorentscheidung, Aktenvermerk über telefonische Auskunft und schriftliche Antwort (E-Mail) der betreffenden VHS vom , Anmeldebestätigung vom bzgl SS 2017, Aktenvermerk über telefonische Auskunft der Bf vom , hg Vorhalt vom , E-Mail der Bf vom .
b) Die VHS hat in ihrem Schreiben vom 10.50.2023 darauf hingewiesen, dass für die Tage 26.01. und die Anwesenheitsliste fehlt. Im Zweifel wurden diese Tage als anwesend gezählt. Die Anmeldebestätigung für das 1. Semester lag dem vorgelegten Verwaltungsakt ein, sodass davon auszugehen ist, dass diese der Bf bekannt ist. In Verbindung mit der mit hg Beschluss übermittelten Anwesenheitsbestätigung der VHS waren der Bf die Divergenzen zwischen Unterrichtszeit laut Plan und der besuchten Unterrichtszeit erkennbar, sodass sie eine Gegenäußerung hätte abgeben können.
Die von der Bf angegebenen Lernzeiten der Tochter sind nach den Erfahrungen des täglichen Lebens nicht realistisch. Es ist als nicht glaubhaft anzusehen, dass auch am Wochenende täglich gelernt wurde, zumal keine Aufzeichnungen über Lernzeiten und kein selbst erstellter Plan zum Erlernen des Stoffes vorgelegt wurden. Lernen und Stoffverarbeitung erfolgt auch durch Absolvieren der Hausübungen und Vorbereitung auf Referate.
Realistisch erscheint folgender Zeiteinsatz:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jänner | Deutsch | Englisch | Summe |
nachgewiesene Anwesenheit | 11,25 | 12 | |
Zeiteinsatz für Hausübung, Referate, Lernzeit in Schul- und Ferienzeit für 4 Wochen | 22,5 | 24 | |
Summe für 4 Wochen | 33,75 | 36 | |
Echtstunden je Woche | 8,4375 | 9 | 17,438 |
Echtstunden je Woche aufgerundet | 18 Std | ||
Februar | Deutsch | Englisch | Summe |
nachgewiesene Anwesenheit | 12 | 3 | |
Zeiteinsatz für Hausübung, Referate, Lernzeit in Schul- und Ferienzeit für vier Wochen | 24 | 18 | |
Summe für 4 Wochen | 36 | 21 | |
Echtstunden je Woche | 9 | 5,25 | 14,25 |
Echtstunden je Woche aufgerundet | 15 Std |
5. Rechtliche Beurteilung
5.1. Berufsausbildung
Strittig ist, ob in der Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung eine Ausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 zu erblicken ist, wobei vor allem die quantitative Komponente strittig ist.
Die belangte Behörde führt für die von ihr iZm der Berufsreifeprüfung getroffene Entscheidung den Erlass des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie vom , FB 100, GZ 51 0104/4-VI/1/98, ins Treffen, der folgende Vorgangsweise anordnet:
"Bei Beantragung der Familienbeihilfe sind vom Finanzamt daher neben der Zulassung zur Berufsreifeprüfung jedenfalls auch die Angabe der (des) jeweiligen Prüfungstermine(s) sowie der Beleg (zB Kursbestätigung) oder die Glaubhaftmachung (bei Selbststudium) des tatsächlichen Vorbereitungsbeginns abzuverlangen. Die Familienbeihilfe ist immer zurückgerechnet vom Prüfungstermin zu gewähren, und zwar für längstens 16 Monate, wenn in diesem Zeitraum Teilprüfungen in vier Gegenständen vorgesehen sind, für längstens zwölf Monate, wenn in diesem Zeitraum Teilprüfungen in drei Gegenständen vorgesehen sind, für längstens acht Monate, wenn in diesem Zeitraum Teilprüfungen in zwei Gegenständen vorgesehen sind, und für längstens vier Monate, wenn in diesem Zeitraum eine Teilprüfung in einem Gegenstand vorgesehen ist. Voraussetzung ist aber, dass im jeweiligen Zeitraum tatsächlich eine Prüfungsvorbereitung vorliegt, denn eine Familienbeihilfengewährung über den tatsächlichen Vorbereitungsbeginn hinaus ist nicht möglich. Kann andererseits wegen Überschreitung der zur Verfügung stehenden Zeit Familienbeihilfe nicht für den gesamten Vorbereitungszeitraum gewährt werden, sind nur solche Monate zu zählen, die überwiegend in die Vorbereitungszeit fallen. Die Aufteilung des Bezugszeitraumes hängt vom zeitlichen Abstand der einzelnen Teilprüfungen ab, eine Verlängerung wegen erforderlicher Wiederholungsprüfungen über die vier Monate pro Prüfung ist nicht möglich."
Die Durchführungsrichtlinien enthalten diesbezüglich keine Aussagen. Der unabhängige Finanzssenat und das Bundesfinanzgericht haben in mehreren Entscheidungen die Meinung vertreten, eine Vorbereitungszeit von vier Monaten sei ausreichend, und haben als Vergleichsmaßstab die Ablegung der Matura an einer allgemein bildenden höheren Schule herangezogen. Die wöchentliche Unterrichtsdauer an der Oberstufe einer derartigen Schule betrage mit gewissen Schwankungen rund 30 bis 35 Unterrichtsstunden; demgegenüber umfasse die Dauer der Vorbereitungskurse für die Ablegung der Berufsreifeprüfung typischerweise weniger als die Hälfte dieses Stundenumfangs. Somit sei erkennbar, dass die Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung weit weniger Zeit in Anspruch nimmt als der Besuch einer höheren Schule. Die Ausbildungsintensität sei also nicht vergleichbar. Es könne auch eindeutig davon ausgegangen werden, dass unter der Prämisse, dass das Kind der Bw seinen vollen Lerneinsatz dem jeweils einzelnen Gegenstand widmen, also Kurse im Umfang von rund 30 Wochenstunden besuchen hätte können, eine Vorbereitungszeit von vier Monaten pro Prüfung ausreichend gewesen wäre ( RV/0121-F/07; ebenso zB ; ; ; , RV/7102207/2014). Nach RV/0236-I/09, entspricht dagegen eine pauschale und ohne auf den tatsächlich vorliegenden Sachverhalt eingehende Beurteilung des Falles an Hand eines durch interne Verwaltungsanweisungen vorgegebenen Vier-Monats-Zeitraums weder den Vorgaben des Gesetzes noch der Judikatur (Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2, III. Einzelne Tatbestände für volljährige Kinder Abs 1 lit b-l, Rz 44).
Aus dem Hinweis auf den zuvor zitierten Erlass ist für die belangte Behörde nichts zu gewinnen, da im Bundesgesetzblatt nicht kundgemachte Rechtsansichten des zuständigen Bundesministeriums rechtlich nicht verbindlich sind (zB ). Erlässe eines Bundesministers gehören nicht zum geschlossenen Rechtsquellenkatalog und stellen keine für die Gerichte verbindliche Rechtsquelle dar (zB ).
Die belangte Behörde führt im Vorlagebericht aus, dass durch die Rechtsmittel der Bf lediglich eine zeitliche Verschiebung der 16 Monate stattfänden, jedoch die Familienleistungen insgesamt gleichblieben.
Nach den Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG 1967) besteht für volljährige Kinder nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn durch diese unter anderem eine der in § 2 FLAG 1967 genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt ist. Eine derartige Voraussetzung ist gegeben, wenn sich das Kind in Berufsausbildung befindet ( RV/0236-I/09).
Ob die von Gesetz und Judikatur geforderten Voraussetzungen erfüllt sind, ist von dem im Einzelfall verwirklichten Sachverhalt abhängig, worauf die Entscheidung des unabhängigen Finanzsenates, RV/0236-I/09, zu Recht hinweist. Die zwingende Vorgangsweise anhand eines starren Vier-Monatszeitraumes, wenn laut Sachverhalt zweifelsfrei feststeht, dass die Ausbildung in Semestern erfolgt, lässt den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt unberücksichtigt und kann nicht zu einer sachgerechten Beurteilung führen. Aus der zitierten Entscheidung ergibt sich:
Eine nähere Umschreibung des Begriffes "Berufsausbildung" (außerhalb der Sonderbestimmungen dieses Tatbestandes betreffend Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen) enthält das Gesetz nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter diesen Begriff jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinne ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen gelingt (vgl 2007/15/0050). Bei kursmäßigen Veranstaltungen kommt es darauf an, dass sich die Ausbildung in quantitativer Hinsicht vom Besuch von Lehrveranstaltungen oder Kursen aus privaten Interessen unterscheidet (vgl. das zur Studienberechtigung ergangene Erkenntnis 2006/15/0178). Die oben angeführten, von der Judikatur geforderten Voraussetzungen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG können aber auch dann vorliegen, wenn ein Kind die Externistenreifeprüfung ablegen will und sich tatsächlich und zielstrebig auf die Ablegung der Reifeprüfung vorbereitet. Das wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Reifeprüfung die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den von der Externistenreifeprüfungskommission festgesetzten Terminen zu den Prüfungen antritt (vgl. auch hiezu das Erkenntnis 2007/15/0050) (nochmals RV/0236-I/09).
… Wesentlich ist .., dass durch den lehrgangsmäßigen Kurs die tatsächliche Ausbildung für einen Beruf erfolgt. Feststellungen über Art, Inhalt und Umfang des Lehrganges sind hiezu ebenso unerlässlich wie solche zum Umstand, ob und gegebenenfalls welche Prüfungen/Hausaufgaben abzulegen sind und auf welche Art und Weise die Vorbereitung hiefür zu gestalten ist (nochmals RV/0236-I/09). Entscheidungserheblich sind somit:
der zeitliche Umfang der tatsächlich besuchten Vorbereitungskurse,
die sich daraus ergebende Anzahl der wöchentlichen Unterrichtseinheiten,
deren zeitliche Lagerung,
der tatsächliche Besuch der einzelnen Kursabende,
die Teilnahme an den regelmäßig abgehaltenen Probeklausuren durch das Kind der anspruchsberechtigten Person und
die auf außerhalb dieser Kurse anfallende Zeit für Vor- und Nachbereitung (vgl RV/0236-I/09).
Die pauschale und ohne auf den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt eingehende Beurteilung des Falles an Hand des zur Berufsreifeprüfung ergangenen Erlasses des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie vom , FB 100, GZ510104/4-VI/1/98, starr vorgegebenen Vier-Monats-Zeitraum entspricht weder den Vorgaben des Gesetzes noch der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (vgl RV/0236-I/09).
Die vom BFG erhobene Anwesenheitsbestätigung wurde der Bf mit hg Beschluss vom zu Gehör gebracht und sie in Kenntnis gesetzt, dass bei derzeitiger Aktenlage davon auszugehen sei, dass die BRP in zeitlicher Hinsicht nicht die volle Zeit der Tochter gebunden hat. Dem ist die Bf mit ihrer E-Mail vom nicht durch Beweisanbote substantiiert entgegengetreten.
Gemäß § 138 Abs 1 Bundesabgabenordnung (BAO) haben auf Verlangen der Abgabenbehörde die Abgabepflichtigen … in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Gemäß § 119 Abs 1 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muß vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.
Die Anmeldebestätigung für das 1. Semester des SJ 2016/17 lag dem vorgelegten Verwaltungsakt als Scan ein, sodass davon auszugehen ist, dass diese der Bf bekannt ist. Es ist anzunehmen, dass die Bf ebenso die Anmeldebestätigung für das 2. Semester des SJ 2016/17 kennt. In Verbindung mit der mit hg Beschluss übermittelten Anwesenheitsbestätigung der VHS waren der Bf die Divergenzen zwischen Unterrichtszeit laut Plan und der tatsächlich besuchten Unterrichtsstunden erkennbar. Statt die Divergenzen mit der VHS aufzuklären, hat die Bf das BFG um Auflistung der Fehlstunden ersucht.
Der die Behörde/das BFG treffende Amtswegigkeitsgrundsatz und Mitwirkungspflicht der Partei stehen im Gleichgewicht. Bei ausdrücklicher Verweigerung der Mitwirkung an der Wahrheitsfindung tritt die Verpflichtung der Behörde (und des VwG) zur amtswegigen Sachverhaltsermittlung zurück (). Das BFG hat mit der Übermittlung der Anwesenheitsbestätigung das Recht der Bf auf Gehör gewahrt, war aber nicht verpflichtet, der Bf eine Auflistung der Fehltage zu erstellen, weil die Bf anhand der ihr vorliegenden Unterlagen diese Divergenz erkennen konnte und sie daher die Verpflichtung traf, diese aufzuklären. Die der Bf aufgetragene Mitwirkung war ihr zumutbar und von ihr erfüllbar.
In eventu wird begründet, dass bei einer Anwesenheit von durchschnittlich von 7,75 Stunden und 5 Stunden je Kurswoche bei den Vorbereitungslehrgängen (§ 8 BRPG) auch bei großzügiger Schätzung von Zeiten für Hausübung, Referate, Lernzeiten in Schul- und Ferienzeiten keine Auslastung erreicht wird, die dem entspricht, was der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung als durch die Ausbildung bedingteBindung der vollen Zeit des Kindes bezeichnet (zB , mwN). Der Verwaltungsgerichtshof selbst hat die Bindung der vollen Zeit des Kindes in keinem einzigen Judikat durch eine Stundenzahl oder Mindeststundenanzahl festgeschrieben, sodass es stets auf den Einzelfall ankommt. In ständiger Judikatur des BFG hat sich eine Auslastung von rund 30 Stunden je Woche als Richtschnur etabliert. Davon war im Streitzeitraum für die Tochter nicht annähernd auszugehen.
Die Schwangerschaft des Kindes bewirkt gemäß § 2 Abs 1 lit i FLAG 1967 eine Verlängerung des Anspruchszeitraumes wegen Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes (analog zur Hemmung der Studienzeit bei Studierenden) bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, begründet aber keinen Anspruch auf die Familienbeihilfe. Der Einwand der Schwangerschaft verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.
5.2. Zulassung der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Soweit festgestellt werden konnte, fehlt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu folgenden Rechtsfragen, nämlich erstens, ob das BFG im Fall einer Rückforderung nach § 26 FLAG bei hinsichtlich einzelner Monate stattgebender BVE auch für diesen Zeitraum sachliche Zuständigkeit erlangt, oder ob die BVE insoweit formale Rechtskraft erlangt, was einer sachlichen Zuständigkeit des BFG entgegensteht. Zweitens, ob im Rückforderungsbescheid nach § 26 FLAG ein Sammelbescheid oder eine zusammengefasste Festsetzung zu erblicken ist, und schließlich drittens, ob die belangte Behörde bei Stattgabe hinsichtlich einiger Zeiträume insoweit die Aufhebung des angefochtenen Bescheides oder dessen Abänderung iVm einer Neuberechnung bezüglich des nichtstattgebenden Zeitraumes auszusprechen hat.
Erwähnt wird, dass der Spruch einer Beschwerdevorentscheidung in Vergleichsfällen immer in dieser Form gestaltet ist. Die aufgeworfenen Rechtsfragen haben somit eine hohe Praxisrelevanz.
Folglich war die Revision zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 26 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 201 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 198 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 119 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 263 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 2 Abs. 1 lit. b und i FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 138 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | RV/0121-F/07 RV/0236-I/09 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100390.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at