Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.07.2023, RV/2100143/2023

Keine aufgezwungene Prozessführung bei Baurechtsverfahren

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache

***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Hedwig Maria Weber, Ausseer Straße 32, 8940 Liezen,

über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer 2019 und 2020 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Bisheriger Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer ***Bf1*** (im Folgenden: Bf.) beantragte im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 2019 den Abzug von außergewöhnlichen Belastungen iHv 31.377,57 Euro und in seiner Einkommensteuererklärung 2020 den Abzug von außergewöhnlichen Belastungen iHv 24.433,24 Euro.

Die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen bestehen laut Vorhaltsbeantwortung durch die steuerliche Vertreterin (im Folgenden: stV) vom bzw. laut Beilage zur Steuererklärung 2020 ausschließlich aus Rechtsanwaltskosten.

Dazu gab die stV im Schreiben vom an:

"Im gegenständlichen Fall ist die Sachverhaltsdarstellung sehr umfangreich und komplex und füllt Ordner (siehe dazu Seite 2 des o.a. Beschlusses vom ). Die den Rechtskosten zugrundeliegenden Verfahren seit dem Jahr 1992 (!) und betreffen darüber hinaus auch die behördliche Erledigung der Anträge auf Widmung und Baubewilligung aus 1972 (!). Ich darf daher zum Überblick eine vereinfachende Darstellung wählen. Details sind den beiliegenden Beschlüssen des Landesverwaltungsgerichtes zu entnehmen.

Mein Mandant hat bei der Gemeinde einen Innenausbau des nördlichen Teiles des Gebäudes 1992 beantragt. Diesem Antrag wurde mündlich und in einer Niederschrift festhaltend stattgegeben, wodurch ein Bescheid gemäß § 62 AVG zustande kam.

Im Zuge des 1998 gestellten Ansuchens um den Innenausbau der Büros im südlichen Teil des Gebäudes verlangte die Gemeinde entgegen den tatsächlichen der Gemeinde bekannten Verhältnissen nochmals einen neuen Antrag. Dieser Antrag sollte die baurechtliche Bewilligung der bestehenden Objekte und den Innenausbau im nördlichen und südlichen Teil des Gebäudes umfassen, obwohl bereits ein Antrag aus 1992 vorlag und eine baubehördliche Genehmigung und Kollaudierung des südlichen Gebäudeteiles vorlag. Diesem Verlangen kam mein Mandant nach. Der Antrag wurde weitere 10 Jahre nicht erledigt. 2008 erging dann ein Bescheid der Gemeinde mit einem Beseitigungsauftrag für das bestehende Objekt, wodurch sämtliche weiteren komplexen Verfahrensschritte ausgelöst wurden, die eine Aufrollung von Verfahrensmängeln bis in das Jahr 1972 zurückreichend verlangten. Mein Mandant war wegen der schwierigen, umfangreichen und komplexen Rechtsmaterie aus tatsächlichen Gründen gezwungen, sich rechtlicher Anwaltshilfe zu bedienen. Es kann von ihm nicht verlangt werden, dass er sich ohne rechtliche Hilfe gegen Behörden zu wehren weiß, zumal die Abrissbescheide seine Existenz betreffen. Er war gezwungen Rechtsprozesse zu führen. Die Prozesse wurden nicht durch sein Fehlverhalten, sondern durch massive Verfahrens- und Rechtsmängel der Gemeinde ausgelöst, welche letztlich durch die beiden Beschlüsse bewiesen wurden. Den Beschwerden wurde stattgegeben. Die aufgezwungenen Rechtskosten waren damit erfolgreich."

In den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden 2019 und 2020 jeweils vom berücksichtigte das Finanzamt die Rechtsanwaltskosten nicht als außergewöhnliche Belastung und begründetet dies damit, dass Prozesskosten nicht zwangsläufig erwachsen würden.

Aus den dagegen eingebrachten Beschwerden vom ergibt sich, dass die Rechtsanwaltskosten mit Bauverfahren in Verbindung stehen, die mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , ***xxx*** (abweisender Baubescheid: Zurückverweisung an den Gemeinderat) bzw. Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , ***xvx*** (Aufhebung des Abbruchbescheides) abgeschlossen wurde.

In den Beschwerden verwies die stV darauf, dass den Beschwerden im Bauverfahren letztendlich stattgegeben worden sei. Davor sei der Bf. aber wegen der schwierigen, umfangreichen und komplexen Rechtsmaterie aus tatsächlichen Gründen gezwungen gewesen, sich rechtlicher Anwaltshilfe zu bedienen. Die Prozesse seien aufgrund der massiven Verfahrens- und Rechtsmängel der Gemeinde ausgelöst worden, weshalb der Prozess dem Bf. aufgezwungen worden sei.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Beschwerden ab. Begründend verwies das Finanzamt unter Anderem auf die Erledigung im Jahr 2017, in dem Anwaltskosten für dasselbe Verfahren nicht anerkannt wurden.

Mit Vorlageantrag vom beantragte der Bf. die Behandlung der Beschwerden durch das BFG. Das Finanzamt sei nicht auf den konkreten Sachverhalt eingegangen:

"1992 wurde der Antrag auf Innenausbau im nördlichen Teil des Gebäudes von Seiten der Gemeinde in einer Niederschrift festgehalten. Der Bescheid kam damit lediglich gemäß § 62 AVG zustande, allerdings baurechtlich nicht korrekt. Die Gemeinde wollte dies sanieren und zwang meinen Mandanten 1998 einen neuen Antrag zu stellen, der die baurechtliche Bewilligung des gesamten Objektes samt Innenausbau umfasst, obwohl ja bereits ein Antrag aus 1992 vorlag. Dieser Antrag aus 1998 wurde danach 10 Jahre (!) nicht erledigt. Dies sind die ersten zwei Punkte über das Fehlverhalten, die nicht auf einer freiwilligen Handlung meines Mandanten fußen. Die Gemeinde erklärte allerdings dann eine Schüttung aus dem Jahre 1972 (!) als rechtswidrig. Mein Mandant hat die Liegenschaft 1992 erworben. Es lagen bereits 1984 bzw. 1986 Baubewilligungen und Kollaudierung für den südlichen Teil des Gebäudes vor, in welchen die stets von der Gemeinde in Abrede gestellte Schüttung als auch die dazugehörende Stützmauer Bestandteil der Bescheide war. Dies ist den Beschlüssen des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark zu entnehmen. Ich darf auf die Bescheide vom , ***GZ5*** und ***GZ3*** verweisen, gegen die mein Mandant Beschwerde erhoben hat (siehe Rechtsmittelverfahren zur Einkommensteuer 2017). Diesen Beschwerden wurde mit o.a. Beschlüssen des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark stattgegeben. Der Richter bezog sich in seiner Entscheidung auf die im Jahre 1984/1986 bereits baubewilligte Grundstücksfläche, welche seitens der Gemeinde immer in Abrede gestellt wurde. Die Schüttung als auch die Stützmauer waren daher spätestens 1984/1986 rechtmäßiger Bestand. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark stellte auch fest, es sich bei der Stützmauer um keine vorschriftswidrige Anlage handelt.

Es ging in diesen Verfahren nicht um die Baubewilligung des Innenausbaues im südlichen Teil des Gebäudes. Es ging um den Abriss des gesamten nördlichen und mittleren Teils des Gebäudes samt Stützmauer. Der Abriss wurde durch die o.a. rechtswidrige Schüttung begründet. Mein Mandant war gezwungen, sich gegen die rechtswidrigen Bescheide der Gemeinde zu wehren. (…)

Die o.a. Beschlüsse des Landesverwaltungsgerichtes und der weitere Werdegang lagen im Rechtsmittelverfahren zur Einkommensteuer 2017 noch nicht vor."

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am wurde der Sachverhalt ausführlich erörtert. Nach Vortragen des Sachverhaltes (siehe unten) machte der Bf. bzw seine steuerliche Vertreterin folgende Ergänzungen:

"Herr ***Bf.***: Das ganze Verfahren beruht im Wesentlichen auf dem Umstand, dass die Gemeinde die notwendigen Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt hat. Im Jahr 1984 wurde eine Baubewilligung erteilt, die auch die Rechtmäßigkeit einer Schüttung zum Inhalt hatte. Im Jahr 1986 wurde diesbezüglich die Benutzungsbewilligung erteilt.
Im Jahr 1992 habe ich das Gebäude von ***1*** erworben. Im selben Jahr hat eine Bauverhandlung von der Gemeinde in meinem Gebäude stattgefunden. Dabei wurde die Baugenehmigung mündlich erteilt. Als Beweis lege ich ein Schreiben des Architekten DI vom vor (Beilage ./1).
Im Jahr 1998 wurde ich von der Gemeinde angewiesen, einen Antrag auf Baubewilligung für das bestehende Objekt und den Umbau zu stellen.
In den Jahren 2008 bis 2010 umfasste der Bauakt 5 Akten, im Jahr 2014 wurden dem Landesverwaltungsgericht 2 Aktenordner vorgelegt und im Jahr 2017 hat mein Anwalt beantragt, alles vorzulegen.

stV: Ich möchte ergänzen, dass die Behörde die bewilligte und durchgeführte Schüttung in Abrede gestellt hat. Dadurch war mein Mandant gezwungen, das Verfahren anzustrengen.

Herr ***Bf.***: Wegen der nicht vorgelegten Dokumente habe ich in den Jahren 2017, 2021 und 2022 Eingaben bei der Staatsanwaltschaft bzw. im Jahr 2022 auch bei der Oberstaatsanwaltschaft gemacht, denen jedoch nicht entsprochen wurde.

FA (Finanzamt): Ich verweise auf den . Das FA kann gar nicht anders entscheiden, besonders weil in diesem Verfahren die beiden Entscheidungen des Landesverwaltungsgerichts Steiermark bereits vorgelegt wurden.

stV: Die Richterin des BFG hat den Sachverhalt unseres Erachtens nicht umfassend erkennen können, weil es keine mündliche Verhandlung gab. Tatsächlich hat mein Mandant im Jahr 1998 den strittigen Bauantrag nur deshalb gestellt, weil er von der Behörde dazu aufgefordert wurde. Im Jahr 1998 wollte er nämlich einen weiteren Umbau vornehmen und sollte den Antrag nach Ansicht der Behörde nicht nur für diesen Umbau, sondern auch für das bereits bestehende Gebäude stellen.
Tatsächlich wurde ihm im Jahr 1992 die Baubewilligung von seinem ehemaligen ***2*** und damaligen Bürgermeister mündlich erteilt (vergleiche Beilage ./1). Er hat aufgrund der Baubewilligung aus dem Jahr 1992 den Umbau auch vorgenommen. Er hatte keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Anweisung, die sich jedoch im Nachhinein als falsch herausstellte.
Aufgrund dieses neuen Antrages wurde die Bewilligung aus dem Jahr 1992 obsolet, was auch erst durch das Landesverwaltungsgericht festgestellt wurde.

Herr ***Bf.***: Die Behandlung des Antrages auf dem Jahr 1998 erfolgte erst ca. 10 Jahre später. Erst im Zuge dieses Verfahrens hat mein Nachbar die Rechtmäßigkeit der Schüttung in Abrede gestellt. Weil die Bescheide aus dem Jahr 1984 von der Behörde nicht vorgelegt wurden, ist der ganze langwierige Rechtsstreit überhaupt erst entstanden.

Auf Befragen gibt Herr ***Bf.*** an, dass die Rechtsanwaltskosten auch ein angestrebtes Amtshaftungsverfahren betrafen, dem die Staatsanwaltschaft jedoch nicht nachgekommen ist, obwohl das Verfahren in der Baurechtssache noch nicht abgeschlossen war.

stV: Bei meinem Mandanten geht es um seine Existenz, sollte doch sein Wohngebäude abgerissen werden. Dies ist ein besonderer Ausnahmefall, der entsprechend zu würdigen ist.
Mein Mandant war aufgrund er Komplexität des Falles tatsächlich gezwungen, einen Anwalt zu beauftragen, auch wenn keine Anwaltspflicht besteht."

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde folgender Sachverhalt laut Aktenlage bzw. Ergänzungen durch den Bf. festgestellt:

Strittig ist, ob Rechtsanwaltskosten iHv 31.377,57 Euro (im Jahr 2019) bzw. 24.433,24 Euro (im Jahr 2020) beim Bf. außergewöhnlichen Belastungen darstellen oder nicht.

Die Höhe der Kosten ergibt sich aus den Aufstellungen bzw. Rechnungen, die die stV im Verfahren vorgelegt hat.

Die Beiziehung der Rechtsanwälte erfolgte laut unbestrittener Angaben des Bf. in den Beschwerden aufgrund von Baurechtsverfahren, die mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , ***GZ1*** (abweisender Baubescheid: Zurückverweisung an den Gemeinderat) bzw. Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , ***GZ2*** (Aufhebung des Abbruchbescheides) abgeschlossen wurden.

In den Verfahren bekämpfte der Bf. einerseits einen abweisenden Baubescheid (Bescheid des Gemeinderats der Gemeinde vom , ***GZ3***) und andererseits einen Beseitigungsauftrag für eine Stützmauer (Bescheid des Gemeinderats der Gemeinde vom , ***GZ4***).

Die Verfahren sind dieselben, für die im Jahr 2017 Rechtsanwaltskosten als außergewöhnliche Belastungen gelten gemacht wurden (vgl. das abweisende Erkenntnis des bzw. Zurückweisung der Revision durch den , bei dem Verfahren der Bf. die zwei hier vorliegenden Entscheidungen des Landesverwaltungsgerichtes vom betreffend Ansuchen um Baubewilligung aus dem Jahr 1998 und vom betreffend Beseitigungsauftrag Stützmauer bereits vorgelegt hat).

Weiters fielen die Kosten für Anzeigen iZH mit dem Bauverfahren bei der Staatsanwaltschaft an.

Zusammengefasst bringt der Bf. vor, dass ihm die Prozessführung von der Gemeinde deshalb aufgezwungen worden sei, weil diese ihn im Jahr 1998 zu einem rechtlich zumindest umstrittenen, für ihn aber jedenfalls ungünstigen Antrag angewiesen habe und in Folge die entscheidungswesentlichen Unterlagen nicht herausgegeben habe.

2. Rechtslage

§ 34 EStG 1988:

(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.

(…)

3. Rechtliche Beurteilung

Im Beschwerdefall besteht Streit darüber, ob die Prozesskosten für die Verwaltungsverfahren in den Baurechtsangelegenheiten zwangsläufig erwachsen sind oder nicht.

Eine Belastung gilt nach dem Gesetzeswortlaut nur dann als zwangsläufig erwachsen, wenn sich der Steuerpflichtige ihr nicht entziehen kann. Ob dies der Fall ist, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen (vgl. , mwN, und , mwN).

Es entspricht der vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung, dass Prozesskosten im Allgemeinen nicht zwangsläufig im Sinne des § 34 EStG 1988 erwachsen (vgl. , und , mwN), zumal jede Prozessführung mit dem Risiko verbunden ist, die Kosten ganz oder teilweise selbst tragen zu müssen (vgl. und ).

Zwangsläufigkeit von Prozesskosten wird dementsprechend stets dann verneint, wenn die Prozessführung auf Tatsachen zurückzuführen ist, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich herbeigeführt wurden, oder die sonst die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat (zB , unter Hinweis auf , mwN, u.v.a.).

Eine Ausnahme davon kann nur die aufgezwungene Prozessführung darstellen ( unter Hinweis auf , mwN; VwGH 26.7.20107, Ro 2016/13/0026). Nach Ansicht des VwGH wird einem Abgabepflichtigen eine Prozessführung dann "aufgezwungen", wenn er die beklagte Partei ist (). Wird der Prozess durch freiwillig erfolgte Klageerhebung durch den Beschwerdeführer eingeleitet, wird der Prozess dem Beschwerdeführer nicht - durch Klage eines Prozessgegners - aufgezwungen (). Ebensowenig ist es nach Ansicht des möglich, dass ein Zivilprozess, in dem der Abgabepflichtige als Kläger auftritt, diesem vom Erstgericht aufgezwungen wird.

Im Beschwerdefall liegt der Ausgangspunkt der Verfahren in einem Bauansuchen aus dem Jahr 1998, mit dem um die baurechtliche Bewilligung der bestehenden Objekte, Einbau von zwei Wohneinheiten im nördlichen Teil, Einbau von Büros im südlichen Teil der bestehenden Objekte ersucht worden ist (vgl die Wiedergabe des Verfahrensganges in Rz 17). Die Verfahren stehen damit in Zusammenhang mit der Bebauung eines Grundstückes.

Ausgaben, die für den Erwerb eines Wirtschaftsgutes (Vermögensgegenstandes) getätigt werden, sind nach ständiger Rechtsprechung von einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen (; ; u.v.m.). Aufwendungen für die Anschaffung oder Errichtung eines Eigenheimes stellen eine Vermögensumschichtung und keine Einkommensbelastung dar (vgl schon ).

Mit dem Umbau des Hauses hat der Bf. eine auf Vermögensbildung gerichtete Entscheidung getroffen. Die Entscheidung des Bf. zur Klageführung betr. Erteilung der Baubewilligung bzw. Aufhebung des Abrissbescheides stehen im direkten Konnex mit dem Erwerb bzw. der Schaffung des Eigentums. Bereits damit erweisen sich die diesbezüglichen Rechtsanwalts- und Prozesskosten als nicht zwangsläufig (vgl. ).

Auch der hat Prozesskosten, die anlässlich der Führung eines Zivilprozesses im Zusammenhang mit dem Ankauf einer mit Mängel behafteten Eigentumswohnung angefallen sind, nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt.

Soweit der Bf. die Abweisung seines Antrages auf Baubewilligung bzw. den in Folge ergangenen Abrissbescheid vor dem Landesverwaltungsgericht bekämpft hat, ist die Prozessführung Folge eines Verhaltens, zu dem er sich aus freien Stücken entschlossen hat, nämlich dem Wunsch nach Einbau von zwei Wohneinheiten im nördlichen Teil, Einbau von Büros im südlichen Teil der bestehenden Objekte bzw. der erfolgten Bebauung durch eine Stützmauer. Aufwendungen, die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat, sind nicht zwangsläufig erwachsen (zB ).

Die Prozessführung wurde dem Bf. damit nicht aufgezwungen, weil er selbst den Prozess angestrengt hat, um seine Interessen (Umbau) durchzusetzen. Der Umstand, dass sich die verfahrensmäßige Anleitung durch die Gemeinde als für ihn ungünstig dargestellt hat, macht den Aufwand ebensowenig zwangsläufig wie der Umstand, dass nicht alle Unterlagen auffindbar waren bzw. vorgelegt wurden. Ein Aufzwingen des Prozesses durch die Gemeinde ist ebensowenig möglich wie durch ein Zivilgericht (vgl dazu ). Unabhängig davon, wie unglücklich die Umstände gewesen sein mögen, diente die Prozessführung letztlich dem Erwerb bzw. Erhalt seines Eigentums.

Da keine aufgezwungene Prozessführung vorliegt, erübrigt sich im Beschwerdefall auch die Prüfung, ob in den Bauverfahren - obwohl keine absolute Anwaltspflicht besteht - die Beiziehung eines Rechtsanwaltes aus besonderen Gründen unbedingt erforderlich war.

Der Vollständigkeit halber ist aber auszuführen, dass nach Ansicht des VwGH Anwaltskosten grundsätzlich nicht zwangsläufig erwachsen, wenn im geführten Verfahren keine absolute Anwaltspflicht besteht (vgl. , mwN). Eine Zwangsläufigkeit kann nur ausnahmsweise gegeben sein, wenn im konkreten Fall das Einschreiten eines Rechtsanwaltes trotz fehlender Anwaltspflicht aus besonderen Gründen unbedingt erforderlich ist (jeweils ablehnend ; - betr. das Vorjahr - und ). Der bloße Umstand, dass der Akt ungeordnet in 11 Ordnern vorgelegt wurde (vgl. Beschluss des LVwG Steiermark , ***GZ1***) ist nicht geeignet, solche besonderen Gründe für das Einschreiten eines Rechtsanwaltes darzulegen.

Die Beschwerde war daher wie im Spruch ersichtlich abzuweisen.

4. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall wird der zitierten widerspruchsfreien Rechtsprechung des VwGH gefolgt, weshalb eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

VwGH, 2011/13/0029
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100143.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at