Investitionszuwachsprämie (IZP) bei vorzeitigem Ausscheiden von Wirtschaftsgütern (WG)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache der ehemaligen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, nunmehr verschmolzen mit der ***1*** GmbH, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Die Investitionszuwachsprämie für das Wirtschaftsjahr 2004 beträgt € 97.971,97.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Im Jahr 2005 fand bei der Beschwerdeführerin (Bf.), einer GmbH, die die Personen- und Güterbeförderung zum Unternehmensgegenstand hat, eine Nachschau durch die damalige GBp statt. In einem Aktenvermerk wurde festgehalten, dass die Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2004 (IZP) mit einem Betrag von € 97.971,97 zusteht. Dieser Betrag wurde auch dem Abgabenkonto gutgeschrieben.
Im Zuge einer Betriebsprüfung im Jahr 2009 wurde mit Bescheid vom diese IZP für das Jahr 2004 mit der Begründung, dass die im Jahr 2004 angeschafften Wirtschaftsgüter, überwiegend Last - und Transportfahrzeuge, vor Ablauf der Hälfte der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer ausgeschieden wurden, zur Nachzahlung vorgeschrieben.
In der dagegen eingebrachten Berufung (nunmehr Beschwerde) wurde nach Ausführungen zu § 108e EStG im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Gesetz keine Behaltefrist und keine Mindestnutzungsdauer zu entnehmen sei. Der VwGH habe ausgesprochen, dass die Wirtschaftsgüter (WG) über einen längeren Zeitraum dem Betrieb als Anlagevermögen dienen müssen.
Im gegenständlichen Fall seien die WG im Kalenderjahr 2004 angeschafft, in Betrieb genommen und gem. § 7 EStG abgesetzt worden. Dass einzelne WG infolge Verkauf bereits wieder ausgeschieden waren, hatte anlässlich der Prüfung im Jahre 2006 zu keiner Kürzung der IZP für das Jahr 2004 geführt.
Weiter Ausführungen im Rechtsmittel bezogen sich auf die durchgeführte Betriebsprüfung im Jahr 2009 nachdem schon für denselben Zeitraum und dieselbe Abgabenart eine Nachschau im Jahr 2006 durchgeführt wurde.
Mit Bescheid vom wurde die Entscheidung über dieses Rechtsmittel gem. § 281 BAO ausgesetzt. In der Begründung dazu wurde ausgeführt, dass zur gleichen Rechtsfrage - Behaltefrist von Fahrzeugen bei einem Frächter - eine Amtsbeschwerde beim VwGH zur Zahl 2009/15/0082 anhängig sei.
Mit Datum erging das Erkenntnis des VwGH, mit der die Amtsbeschwerde als unbegründet abgewiesen wurde. Dennoch erfolgte eine Vorlage an den damaligen UFS.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der oben dargestellte Verfahrensgang findet im Akteninhalt seine Deckung, wird auch von den Parteien nicht bestritten uns wird daher dem Sachverhalt zugrunde gelegt.
2. Beweiswürdigung
Die Beweiswürdigung ergibt sich aus dem klaren und widerspruchsfreien Sachverhalt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)
Gemäß § 108e Abs. 1 EStG 1988 kann für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern eine Investitionszuwachsprämie von 10% geltend gemacht werden, wenn die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden. Den gesetzlichen Bestimmungen ist, wie die Beschwerdeführerin zutreffend bemerkt, keine Behaltefrist zu entnehmen.
Der VwGH hat in seinen Entscheidungen (; ; ) jedoch klargestellt, dass § 108e Abs. 1 EStG 1988 aufgrund des Verweises auf die Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) einen längerfristigen Einsatz im Betrieb voraussetzt. Dies ergebe sich auch aus dem Zweck der Regelung.
Einer monatsweisen Betrachtung der betrieblichen Behaltedauer hatte der VwGH bereits im Erkenntnis vom , 2009/15/0082, eine Absage erteilt.
§ 108e Abs. 1 EStG 1988 normiert als Voraussetzung für die Investitionszuwachsprämie u.a., dass die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter im Wege der AfA abgesetzt werden. Daraus ergibt sich, dass Wirtschaftsgüter nur dann Anspruch auf Investitionszuwachsprämie im Sinne des § 108e EStG 1988 vermitteln können, wenn sie dazu gewidmet sind, langfristig dem Betrieb als Anlagevermögen zu dienen. Aus dem Zweck der Regelung des § 108e EStG 1988 ergibt sich ebenfalls, dass Wirtschaftsgüter, die in die Berechnungsgrundlage der Investitionszuwachsprämie eingehen, zum längerfristigen Einsatz im Betrieb bestimmt sein müssen (zB , und vom , 2010/15/0194, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Entscheidend ist demnach nicht die tatsächliche längerfristige Nutzung des Wirtschaftsgutes im Betrieb, sondern vielmehr dessen Zweckbestimmung und Widmung (vgl. , 0208). Die tatsächliche Nutzung ist lediglich ein Indiz hiefür, während ein vorzeitiges Ausscheiden des Wirtschaftsgutes ein (mögliches) Indiz gegen eine derartige Zweckbestimmung ist (, sowie vom , 2013/15/0305).
Im Erkenntnis des VwGH 2009/15/0082, das Grund für die Aussetzung der Entscheidung über das vorliegende Rechtsmittel war, waren mehrere Fahrzeuge betroffen, die lediglich 23% der gewöhnlichen Nutzungsdauer im Betriebsvermögen waren. Es kommt daher für die Gewährung der IZP sehr wohl auf die subjektive Widmung der einzelnen WG zum Anlagevermögen durch den Unternehmer bzw. Geschäftsführer an und nicht unbedingt auf die tatsächliche Nutzungs- bzw. Behaltedauer. Eine Missbrauchsabsicht kann bei diesem Sachverhalt nicht unterstellt werden. Zumal das Finanzamt nach der Nachschau durch die Betriebsprüfung im Jahr 2006 selbst die beantragte IZP über den nun strittigen Betrag von € 97.971,97 nicht beanstandete, obwohl zu diesem Zeitpunkt auch schon bekannt war, dass einzelne Fahrzeuge bereits wieder aus dem Anlagevermögen ausgeschieden waren.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da keiner der vom Gesetz geforderten Gründe für die Zulassung einer ordentlichen Revision vorliegen, war eine solche als nicht zulässig zu erklären. Das Erkenntnis stützt sich auf die angeführte Judikatur des VwGH.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 108e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100783.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at