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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.03.2023, RV/7200078/2017

Keine Verwaltungsabgabe bei rechtswidriger Sachentscheidung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7200078/2017-RS1
Entscheidet das Zollamt trotz Vorliegen eines Zurückweisungsgrundes inhaltlich über einen Antrag, ist zur Abgeltung des durch die Erlassung der rechtswidrigen Sachentscheidung entstandenen erhöhten Verwaltungsaufwandes keine Verwaltungsabgabe zu leisten.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Hannl Customs Consulting GmbH, Flughafenstraße 3, 4063 Hörsching, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt (nun Zollamt Österreich) vom , Zahl: ***230000/00000/2016-1***, betreffend Verwaltungsabgabe zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die ***Bf*** (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) hat am in indirekter Vertretung des Versenders/Ausführers die Zollanmeldung ***CRN*** abgegeben, in der im Feld 2 die ***GmbH***, ***GmbH-Adr***, aufscheint.
Mit Schreiben vom hat die ***GmbH***, vertreten durch die Bf, unter Angabe der EORI Nummern und Vorlage der Zollanmeldung, der Rechnung und der Vollmacht beantragt, den Ausführer in der Anmeldung auf ***AG***, ***AG-Adr*** zu berichtigen.

Mit dem an die Bf ergangenen Bescheid vom , Zahl: ***230000/00000/2016***, ist die Zollanmeldung vom Zollamt St. Pölten Krems Wiener Neustadt gemäß Artikel 173 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union (UZK) antragsgemäß berichtigt worden.

Aufgrund der unrichtigen Angaben und der damit verbundenen nachträglichen Änderung der Zollanmeldung hat das Zollamt gegenüber der Bf zur Abgeltung des dadurch entstandenen erhöhten Verwaltungsaufwandes mit Bescheid vom , Zahl: ***230000/00000/2016-1***, gemäß Artikel 42 Absatz 1 UZK iVm § 41 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) und § 30 Abs 1 Ziffer 3 Zollrechts-Durchführungsverordnung (ZollR-DV) eine Verwaltungsabgabe in Höhe von EUR 90,18 festgesetzt.

Mit Schreiben vom hat die Bf dagegen durch ihren Vertreter Beschwerde erhoben. In der Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht, eine Änderung der Zollanmeldung sei nicht mit einem Verstoß gegen Zollvorschriften gleichzusetzen und führe daher zu keiner Sanktion gemäß Artikel 42 UZK.

Das Zollamt hat die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl: ***230000/00000/2016-2***, als unbegründet abgewiesen. Und führt in der Begründung ua aus:

"Aufgrund des Antrages von der ***Bf***., ***Bf-Adr*** wurde am mit GZ. ***230000/00000/2016*** die Ausfuhranmeldung ***CRN*** (Änderung des Versenders/Ausführers) gem. Art. 173 Abs.3 Zollkodex (ZK) berichtigt. Mit Bescheid GZ. ***230000/00000/2016-1*** wurde vom Zollamt St. Pölten Krems Wiener Neustadt die Festsetzung einer Verwaltungsabgabe in der Höhe von €90,18 vorgeschrieben.

Von einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, wenn aufgrund der Unrichtigkeit eine nachträgliche bescheidmäßige Änderung der Zollanmeldung auf Antrag des Anmelders (seinerzeitiger Antrag von ***Bf*** - Berichtigung des Ausführers mittels Bescheid auf den richtigen Exporteur zu korrigieren) gemäß Art. 173 Abs.3 ZK erfolgt ist. Somit wurde mit Bescheid eine Festsetzung einer Verwaltungsabgabe vorgeschrieben."

Mit Schreiben vom hat die Bf beantragt, das Bundesfinanzgericht möge über die Beschwerde entscheiden (Vorlageantrag).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Artikel 173 UZK lautet:

"(1) Dem Anmelder wird auf Antrag auch nach Annahme der Zollanmeldung durch die Zollbehörden gestattet, eine oder mehrere in der Zollanmeldung enthaltene Angaben zu ändern. Die Änderung darf nicht zur Folge haben, dass sich die Zollanmeldung auf andere als die ursprünglich angemeldeten Waren bezieht.

(2) Eine Änderung von Angaben in der Zollanmeldung ist jedoch nicht mehr gestattet, wenn sie beantragt wird, nachdem die Zollbehörden
a) den Anmelder davon unterrichtet haben, dass sie beabsichtigen, eine Beschau der Waren vorzunehmen,
b) festgestellt haben, dass die Angaben in der Zollanmeldung unrichtig sind,
c) die Waren überlassen haben.

(3) Die Änderung der Zollanmeldung kann auf Antrag des Anmelders innerhalb von drei Jahren nach der Annahme der Zollanmeldung auch nach Überlassung der Waren gestattet werden, damit der Anmelder seine Pflichten aus der Überführung der Waren in das betreffende Zollverfahren erfüllen kann."

Für den Zollkodex gilt als "Anmelder" gemäß Artikel 5 Ziffer 15 UZK die Person, die in eigenem Namen eine Zollanmeldung, eine Anmeldung zur vorübergehenden Verwahrung, eine summarische Eingangsanmeldung, eine summarische Ausgangsanmeldung, eine Wiederausfuhranmeldung oder eine Wiederausfuhrmitteilung abgibt, oder die Person, in deren Namen diese Anmeldung oder Mitteilung abgegeben wird.

Artikel 18 Absatz 1 UZK bestimmt, dass jede Person einen Zollvertreter ernennen kann.
Zulässig ist sowohl die direkte Vertretung, bei der der Zollvertreter im Namen und für Rechnung einer anderen Person handelt, als auch die indirekte Vertretung, bei der der Zollvertreter im eigenen Namen, aber für Rechnung einer anderen Person handelt.

Gemäß Artikel 42 Absatz 1 UZK sieht jeder Mitgliedstaat Sanktionen für Zollzuwiderhandlungen gegen die zollrechtlichen Vorschriften vor. Diese Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.
Werden verwaltungsrechtliche Sanktionen verhängt, so können sie gemäß Artikel 42 Absatz 2 UZK unter anderem in einer oder beiden folgenden Formen erfolgen:
a) als eine von den Zollbehörden auferlegte finanzielle Belastung, gegebenenfalls auch an Stelle oder zur Abwendung einer strafrechtlichen Sanktion,
b) als Widerruf, Aussetzung oder Änderung einer dem Beteiligten erteilten Bewilligung.

Zu Artikel 42 UZK normiert § 41 ZollR-DG:

"Wer zollrechtliche Aufsichts- oder Erhebungsmaßnahmen behindert oder eine sonstige zollrechtliche Pflichtverletzung begeht, ohne dabei den Tatbestand eines Finanzvergehens zu erfüllen, hat zur Abgeltung des dadurch entstehenden erhöhten Verwaltungsaufwandes eine pauschalierte Verwaltungsabgabe zu leisten. Die Höhe dieser Verwaltungsabgabe sowie die hiervon betroffenen Zollzuwiderhandlungen sind mit Verordnung des Bundesministers für Finanzen fest zu legen."

Laut Feld 14 der Zollanmeldung ***CRN*** hat die Bf den Versender/Ausführer indirekt vertreten und die Zollanmeldung somit im eigenen Namen abgegeben. Sie gilt daher als Anmelder im Sinne der oa Begriffsbestimmung.

Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde ist der Antrag auf Änderung der Zollanmeldung vom laut Aktenlage nicht vom Anmelder gestellt worden, sondern von der in der Zollanmeldung fälschlicherweise als Versender/Ausführer genannten ***GmbH***, vertreten durch die Bf (siehe auch die dem Antrag angeschlossene Beilage "Auftrag und Vollmacht").
Da eine Änderung der Zollanmeldung gemäß Artikel 173 Absatz 3 UZK nur auf Antrag des Anmelders gestattet werden kann, wäre der Antrag der ***GmbH*** als nicht zulässig zurückzuweisen.
Die Bf war nur Vertreter und nicht selbst Antragsteller und hätte der Bescheid vom gar nicht an sie ergehen dürfen.

Wenn das Zollamt eine inhaltliche Entscheidung über einen Antrag trifft, obwohl ein Zurückweisungsgrund vorliegt, darf der durch die (rechtswidrige) Änderung der Zollanmeldung entstandene erhöhte Verwaltungsaufwand nicht der Bf angelastet werden.
Der Beschwerde war daher stattzugeben und der Bescheid vom schon aus diesem Grund ersatzlos aufzuheben.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Unverhältnismäßigkeit der Sanktion bzw die Rechtswidrigkeit des Bescheides ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass die Änderung der Zollanmeldung gemäß Artikel 173 Absatz 3 UZK vom Zollamt ohne Antrag des Anmelders und somit ohne gesetzliche Grundlage durchgeführt worden ist. Die Revision wird daher nicht zugelassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 173 Abs. 3 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
§ 41 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 30 Abs. 1 Z 3 ZollR-DV, Zollrechts-Durchführungsverordnung, BGBl. Nr. 1104/1994
Art. 42 Abs. 1 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
Art. 5 Z 15 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7200078.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at