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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.06.2023, RV/2100571/2021

Kein Familienbonus Plus (Fabo +) für neuen Ehepartner der Kindesmutter (Antrag des Stiefvaters), die mit ihm (dem Stiefvater) und ihren Kindern im gemeinsamen Haushalt lebt, da der Stiefvater weder Familienbeihilfenbezieher ist, noch hat er Anspruch auf den Unterhaltsabsetzbetrag (UAB)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Martin C. Wittmann in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** jeweils vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 und Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf) machte in seiner Erklärung zur Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung, kurz: ANV) für das Jahr 2019 und 2020 vom für zwei Kinder seiner Ehefrau ***7***, nämlich für ***3***, geb ***4***, sowie für ***5***, geb ***6***, den Familienbonus Plus (im Folgenden kurz: FaBo +) geltend.

In den ESt-Bescheiden 2019 und 2020 jeweils vom hat das Finanzamt den FaBo + für die beiden nicht leiblichen Kinder des Bf nicht berücksichtigt. Begründend führte dieses aus, dass der Bf nicht anspruchsberechtigt sei, weil nach den der belangten Behörde vorliegenden Daten für diese Kinder der gesetzliche Unterhalt (Alimente) für das gesamte Veranlagungsjahr im vollen Umfang geleistet worden sei. Anspruchsberechtigt sei neben der/dem Unterhaltszahler/in nur der/die Familienbeihilfenbezieher/in.

In der gegen diese ESt-Bescheide vom erhobenen Beschwerde vom brachte der Bf vor, dass der leibliche Vater ***1*** der beiden Stiefkinder des Bf Sozialhilfeempfänger sei, er nicht den vollen Unterhalt zahle und die Mutter der Kinder, seine nunmehrige Frau ***2*** nur Teilzeit (20 Stunden) arbeite. Deshalb sei er davon ausgegangen, dass ihm der volle FaBo + für die beiden Stiefkinder zustehe und habe diesen über sein Gehalt monatlich auszahlen lassen. Da es sich hier nun um einen "Sonderfall" - der leibliche Vater sei Sozialhilfeempfänger - handle, ersuche er um eine nochmalige Bearbeitung dieser ANV.

In der Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom ab. Begründend führte es aus, dass gem § 33 Abs 3a Z 3 lit b Einkommensteuergesetz 1988 (im Folgenden: EStG) der FaBo + für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag (im Folgenden: UAB) nach § 33 Abs 4 Z 3 EStG zustehe, nur beim Familienbeihilfenberechtigten und/oder beim Steuerpflichtigen, dem für das Kind der UAB (§ 33 Abs 4 Z 3 EStG) zustehe, berücksichtigt werden könne. Da beim Bf für die beiden Stiefkinder diese Voraussetzungen nicht vorlägen (nicht Familienbeihilfenberechtigter, UAB stehe dem Bf nicht zu), sei der FaBo + nicht zu gewähren. Die belangte Behörde merkte an, dass laut Aktenlage für beide Kinder in beiden Streitjahren ein UAB zustehe.

Dagegen brachte der Bf am einen Vorlageantrag ein, in welchem der Bf den Beschwerdeinhalt wiederholte, ohne Neuerungen vorzubringen.

Mit Vorhalt vom übermittelte das Bundesfinanzgericht (im Folgenden: BFG) dem Bf Überweisungsbestätigungen des Kindesvaters ***1*** über geleistete Unterhaltszahlungen für die zwei Kinder betreffend die beiden Beschwerdejahre 2019 und 2020 und forderte den Bf auf, dazu Stellung zu nehmen. Bis dato blieb eine Vorhaltsbeantwortung des Bf hiezu aus.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf lebte in den Streitjahren 2019 und 2020 mit seiner Ehefrau und ua deren zwei Kinder, die aus der geschiedenen Ehe der Ehefrau stammen, im gemeinsamen Haushalt. In den Streitjahren wurde die Familienbeihilfe für die zwei Kinder von der Ehefrau des Bf bezogen. Das Finanzamt gewährte dem leiblichen Vater der beiden Kinder in den Streitjahren den UAB, da dieser seiner Unterhaltsverpflichtung nachgekommen ist.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zur aufrechten Ehe, zum gemeinsamen Haushalt sowie die Feststellungen zum Bezug der Familienbeihilfe durch die Ehefrau des Bf und des UAB durch den leiblichen Vater für die zwei Kinder in den Streitjahren 2019 und 2020 ergeben sich aus dem Akteninhalt. Die Feststellung, dass der leibliche Kindesvater die in den Streitjahren an die Frau des Bf geleisteten Alimente im gesamten Umfang bezahlt hat, ergibt sich aus den Überweisungsbestätigungen der Bank des leiblichen Vaters der beiden Kinder, an deren Richtigkeit seitens des BFG keine Zweifel bestehen. Ebenso hat das BFG im Vorhalt vom explizit darauf hingewiesen, sollte sich der Bf dazu nicht äußern, davon ausgegangen wird, dass der leibliche Vater die erwähnten Unterhaltszahlungen an die beiden Kinder tatsächlich geleistet hat und somit seiner Unterhaltsverpflichtung nachgekommen ist.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Strittig im vorliegenden Fall ist, ob dem Bf für die zwei aus der geschiedenen Ehe seiner Frau entstammenden Kinder der FaBo + zuzuerkennen ist oder nicht.

§ 33 Abs 3a EStG über den FaBo + in der für den ggst Fall anzuwendenden Fassung BGBl I 2018/62 lautet (auszugsweise):

"(3a) Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:

1. Der Familienbonus Plus beträgt

a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro,

b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 41,68 Euro.

[…]

3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:

a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

- beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.

c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.

[…]"

Der FaBo + ist rechtstechnisch ein Steuerabsetzbetrag, der mit dem Jahressteuergesetz 2018 eingeführt wurde und seit anwendbar ist. Es wird also direkt die Steuerschuld gemindert. Er tritt an die Stelle der Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten als außergewöhnliche Belastung gem § 34 Abs 9 aF EStG (vgl § 34 Tz 72 ff) sowie des Kinderfreibetrages (§ 106a aF EStG) und soll eine finanzielle Entlastung für Familien herbeiführen. Dies ist aufgrund des Leistungsfähigkeitsprinzips sowie des daraus abgeleiteten subjektiven Nettoprinzips geboten, weil Eltern durch die Kinderlasten einer höheren finanziellen Belastung ausgesetzt sowie steuerlich weniger leistungsfähig sind als Kinderlose mit gleichem Einkommen (ErlRV 190 BlgNR XXVI. GP 1). Die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung von Familien (Hälfteregel; ; ) wird laut VfGH bei nicht getrennt lebenden Eltern grundsätzlich bereits durch die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag gewährt (). Der FaBo + ist eine zusätzliche Entlastung. Er soll nach den Gesetzesmaterialien "weder einen Beitrag des Staates zum Unterhaltder Kinder dar[stellen] noch[…] dieKinderlasten der Elternab[decken]" (er ist also keine Transferleistung), sondern er soll diese Lasten - zumindest teilweise - steuerfrei stellen (vgl nur Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, 2021, § 33, Tz 34/1 mwN).

Aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des oa § 33 Abs 3a Z 3 EStG ergibt sich, dass beim Bf nur dann der FaBo + zu berücksichtigen ist, wenn für das Kind (die zwei Kinder der Ehefrau des Bf) im jeweiligen Monat kein UAB nach Abs 4 Z 3 zusteht. Gem der Bestimmung des § 33 Abs 4 Z 3 EStG hat die Zuerkennung des monatlichen UAB ua zur Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leistet. Steht ein UAB zu, erfolgt keine Berücksichtigung beim (Ehe-)Partner des Familienbeihilfenberechtigten (; , RV/2101132/2020; Kanduth-Kristen in Jakom, EStG, 15. Aufl, 2022, § 33, Rz 36 mwN).

Der Bf hat für beide Stiefkinder den ganzen FaBo + beantragt. Der Kindesvater, dem der UAB in den Streitjahren zur Gänze zustand, hat den halben FaBo + in seinen ANV 2019 und 2020 zu Recht geltend gemacht. Die Familienbeihilfenbezieherin ist im vorliegenden Fall die Kindesmutter, die Frau des Bf. Der Bf selbst hatte in den Jahren 2019 und 2020 weder Anspruch auf den UAB noch bezog er Familienbeihilfe für seine beiden Stiefkinder.

Der Bf stützt seinen Anspruch auf den FaBo + offenbar darauf, dass der Kindesvater seit Jahren nicht den vollen Kindesunterhalt leiste. Dazu ist seitens des BFG darauf hinzuweisen, dass der UAB an die tatsächliche Leistung des (vollen) Unterhalts in Höhe der Unterhaltsverpflichtung geknüpft ist. Wird Unterhalt nicht oder nicht ausreichend geleistet, tritt die öffentliche Hand (Kinder- und Jugendhilfeträger) mit Unterhaltsvorschussleistungen in Vorlage.

Diesbzgl gilt nun sachverhaltsmäßig die Feststellung, dass dem leiblichen Kindesvaterentgegen dem Vorbringen des Bf in den Streitjahren 2019 und 2020 sehr wohl als gesetzlich Unterhaltsverpflichtetem für 12 Monate bzw die gesamten Streitjahre 2019 und 2020 der UAB zustand und dieser dem Kindesvater auch vom Finanzamt bescheidmäßig in den rechtskräftigen ANV-Bescheiden für 2019 und 2020 zugesprochen wurde. Daraus folgt weiters, dass der FaBo + für die zwei Kinder der Frau des Bf nach § 33 Abs 3a Z 3 lit b EStG beim Bf nicht zu berücksichtigen ist. Anspruchsberechtigt im vorliegenden Fall ist die Kindesmutter/Frau des Bf als Familienbeihilfenbezieherin sowie der Kindesvater, der als Unterhaltsverpflichteter den Unterhalt geleistet hat. Ein Anspruch auf den FaBo + beim Bf ist somit nicht gegeben.

Auch das Beschwerdevorbringen, wonach die Kindesmutter nur Teilzeit arbeite und der Bf anzudeuten scheint, dass ihr Anspruch als Familienbeihilfenberechtigte auf den FaBo + steuerlich keine oder wenig Auswirkung hätte, kann dem Bf nicht zum Erfolg verhelfen. Das Gesetz (insb § 33 Abs 3a EStG) sieht nämlich auch keine Möglichkeit vor, den Anspruch der Frau des Bf als Kindesmutter auf den FaBo + an ihren (Ehe-)Partner "abzutreten". Wie bereits oben dargestellt, ist laut Gesetz in den Monaten, in denen ein UAB zusteht, eine Berücksichtigung beim (Ehe-)Partner des Familienbeihilfenberechtigten nicht möglich. Da die Rechtslage diesbzgl weder dem Finanzamt noch dem BFG einen Ermessensspielraum einräumt, konnte dem Bf der FaBo + auch aus diesem Grunde nicht gewährt werden.

Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ergibt sich die Lösung der Rechtsfrage bereits aus dem eindeutigen und unmissverständlichen Gesetzestext. Da im ggst Beschwerdeverfahren somit keine Rechtsfragen aufgeworfen wurden, denen iSd Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100571.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at