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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.06.2023, RV/2100413/2021

Kein FB-Anspruch bei Überschreiten der vorgesehenen Studienzeit eines Studienabschnitts inkl. Toleranzsemester und Verlängerungssemester

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache
***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Leoben Mürzzuschlag vom betreffend Familienbeihilfe für Kind, geb. xx.xx.1994, für den Zeitraum ab Oktober 2017, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die im Spruch genannte Tochter des Beschwerdeführers (Bf.) hat ab dem Wintersemester 2013/14 an der Universität ***1*** das Lehramtsstudium (UF Deutsch und UF Geographie und Wirtschaftskunde) inskribiert.

Nach Einstellung der Familienbeihilfe für die Tochter des Beschwerdeführers mit Ablauf der höchstzulässigen Studiendauer (inkl. Toleranzsemester und Verlängerungssemester wegen Studienbehinderung) am stellte der Bf. am neuerlich einen Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für seine Tochter ab und ersuchte um weitere Auszahlung der Familienbeihilfe einschließlich eines Toleranzsemesters. Beigelegt waren das Zeugnis der Universität ***1*** vom über die fachspezifischen Module des 1. Studienabschnitts (1. Diplomprüfung) für das Unterrichtsfach Deutsch, das Zeugnis der Universität ***1*** vom über die fachspezifischen Module des 1. Studienabschnitts für das Unterrichtsfach Geographie und Wirtschaftskunde und die Studienbestätigung der Universität ***1*** für das Lehramtsstudium (UF Deutsch und UF Geographie und Wirtschaftskunde) für das Wintersemester 2019/20.

Mit Bescheid vom wurde vom Finanzamt der Antrag des Bf. vom ab Oktober 2017 abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass seine Tochter die höchstzulässige Studiendauer für den ersten Studienabschnitt mit September 2017 erreicht und im Februar 2018 das 24. Lebensjahr vollendet habe.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht die Beschwerde mit der Begründung, dass sich die Anspruchsdauer der Familienbeihilfe automatisch bis zu einem Alter von 25 Jahren erhöhe, da seine Tochter im Herbst 2013 an der ***2***-Universität ***1*** inskribiert und ein Diplom-Lehramtsstudium (Langzeitstudium) bestehend aus zwei Studienabschnitten in Deutsch und Geographie mit einer Mindeststudiendauer von 10 Semestern besucht habe und pro Studienabschnitt ein Toleranzsemester gewährt werde. Die Anspruchsdauer verlängere sich bis zum Alter von 25 Jahren, wenn ein Kind ein Studium mit einer Mindeststudiendauer von 10 Semestern betreibt, sofern das Studium in dem Kalenderjahr, indem das Kind 19 Jahre alt geworden ist, begonnen wurde (lt. Familienbeihilfe für Studierende).

Im Schreiben vom brachte der Beschwerdeführer ergänzend vor, dass sich der Anspruch auf Familienbeihilfe laut Bundesministerium für Arbeit, Familie und Jugend um ein weiteres Semester bei einem vor dem 24. (bzw. 25.) Geburtstag begonnenen Studium verlängere, da seine Tochter zurzeit ein Langzeitstudium in ***1*** besuche und eine Beeinträchtigung bzw. Einschränkung im Hochschulbereich während der COV1D-19 Pandemie vorliege: Das Sommersemester 2020 bleibe bei den Leistungsnachweisen außer Betracht.
Grundsätzliche Anmerkungen der Gesetzesnovelle:
* Die Verlängerung über die Altersgrenze hinaus sei unabhängig davon, welche Studienrichtung ein/e Studentin zum Zeitpunkt des SS 2020 betrieben hat.
• Die Verlängerung über die Altersgrenze hinaus sei auch unabhängig davon, in welchem Studienabschnitt sich ein/e Studentin zum Zeitpunkt des SS 2020 befunden hat.
* Es sei sowohl eine Verlängerung der VSD als auch eine Verlängerung über die Altersgrenze (im Zusammenhang mit dem SS 2020) möglich.
Der Bf. ersuchte daher, um Auszahlung der Familienbeihilfe für den Zeitraum von einem Semester.
Beigelegt war das Studienblatt für das Sommersemester 2021, aus dem hervorgeht, dass die Tochter des Bf. für das Lehramtsstudium (UF Deutsch und UF Geographie und Wirtschaftskunde) gemeldet ist.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. In der Begründung wurde unter Verweis auf § 2 Abs. 1 lit j FLAG 1967 auszugsweise ausgeführt:
"Ihre Tochter Kind hat das Studium Lehramt ***3*** Lehramt UF Deutsch und UF Geographie ab 10/2013 begonnen. Dieses Studium ist in 2 Abschnitte gegliedert. Gesetzliche Mindeststudiendauer für den ersten Abschnitt beträgt 6 Semester und für den zweiten Abschnitt 4 Semester. Somit sind Punkt 1 und Punkt 2 der Voraussetzungen erfüllt.
Jedoch die gesetzliche Studiendauer wurde überschritten. Für den ersten Abschnitt hätte die erste Diplomprüfung bis zum abgelegt werden müssen.
Die gesetzliche Studiendauer hat sich um ein Semester (=Toleranzsemester) bis und um ein weiteres Verlängerungssemester bzgl. Studienbehinderung bis zum verlängert.
Der Anspruch auf die Familienbeihilfe endete daher mit Ablauf der höchstzulässigen Studiendauer am 30.9.20217
Um den ersten Studienabschnitt abzuschließen, müssen die Prüfungen in beiden Fächern (Deutsch und Geographie) abgelegt werden.
Kind hat die Prüfung im Fach 2 am und im Fach 1 am abgelegt. Somit sind die Voraussetzungen einer Verlängerung über das 24. Lebensjahr hinaus nicht erfüllt. Kind hat das 24. Lebensjahr am vollendet.
Der erste Abschnitt gilt mit als abgeschlossen und
Kind befindet sich ab 09/2020 im zweiten Abschnitt. Nach Überschreiten der Altersgrenze von 24 Lebensjahren ist kein weiterer Anspruch auf die Familienbeihilfe mehr gegeben."

Daraufhin stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) mit folgender Begründung:
"Meine Tochter Kind besucht zurzeit an der ***2***-Universität ***1*** ein Diplom-Lehramtsstudium (Langzeitstudium) bestehend aus zwei Studienabschnitten in Deutsch und Geographie.
Obwohl die Voraussetzungen für eine Verlängerung über das 24. Lebensjahr hinaus nach Ihrer Begründung scheinbar nicht erfüllt sind, gebe ich jedoch zu bedenken, dass meine Tochter
Kind als HAK-Absolventin in dieser Zeit ein Latinum nachholen musste und trotzdem das Studium ohne Unterbrechung (Nachweise liegen bei) mit Ernsthaftigkeit durchgeführt hat.
Die Abschnittszeugnisse in Geographie und Deutsch wurden durch vorhergehende negative Beurteilung die zu einer Studienverzögerung geführt haben, dadurch erst rückwirkend eingereicht (lt. ÖH-WU kann man auch mit negativ beurteilten Prüfungen weiterhin Familienbeihilfe beziehen).
Übrigens absolviert sie derzeit den zweiten Studienabschnitt in nur 2 Semestern anstelle von 4 Semestern und beendet ihr Diplomstudium Corona-bedingt mit .
Ich ersuche daher, um weitere Auszahlung der Familienbeihilfe dem Langzeitstudium entsprechend bis zum
."
Beigelegt waren die Studienbestätigungen für das WS 2017/18, das WS 2018/19, das WS 2019/20, das WS 2020/21 und das Studienblatt für das Sommersemester 2021, aus dem hervorgeht, dass die Tochter des Bf. für das Lehramtsstudium (UF Deutsch und UF Geographie und Wirtschaftskunde) gemeldet ist und am die Ergänzungsprüfung Latein abgelegt hat.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin studierte ab dem Wintersemester 2013/14 an der Universität ***1*** das Lehramtsstudium (UF Deutsch und UF Geographie und Wirtschaftskunde).

Dieses Diplomstudium ist in zwei Studienabschnitte gegliedert. Der erste Studienabschnitt umfasst 6 Semester und ist der fachlichen und pädagogischen Grundausbildung gewidmet. Der zweite Studienabschnitt umfasst 4 Semester und dient der Vertiefung und der wissenschaftlichen Berufsvorbildung. Jeder Studienabschnitt wird mit einer Diplomprüfung abgeschlossen.

Der Bf. bezog für seine Tochter Familienbeihilfe bis September 2017, also für 6 Semester, ein "Toleranzsemester" und ein Verlängerungssemester wegen Studienbehinderung. Da die Beschwerdeführerin den ersten Studienabschnitt jedoch bis zu diesem Zeitpunkt nicht abgeschlossen hat, stellte das Finanzamt die Auszahlung der Familienbeihilfe mit Ablauf des Monats September 2017 ein.

Die Tochter des Beschwerdeführers hat den ersten Studienabschnitt des Lehramtsstudiums für das Unterrichtsfach Geographie und Wirtschaftskunde am und für das Unterrichtsfach Deutsch am mit der Diplomprüfung abgeschlossen.
Tatsächlich hat sie daher den ersten Studienabschnitt des Lehramtsstudiums für beide Unterrichtsfächer erst im September 2020 abgeschlossen.

Die Tochter des Bf. hat ihr 24. Lebensjahr am xx.xx..2018 bzw. ihr 25. Lebensjahr am xx.xx..2019 vollendet.

Der Beschwerdeführer stellte am einen Antrag auf Familienbeihilfe für seine Tochter rückwirkend ab Oktober 2017.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) idgF haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.

Nach § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie
aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und
bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und
cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird.

Durch BGBl. I Nr. 28/2020 wurde § 2 Abs. 9 FLAG 1967 eingefügt, in Kraft getreten am :
Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:
a) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,
b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,
c) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,
d) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.

Nach § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Diplomstudien sind in Studienabschnitte unterteilt. Ein Studienabschnitt eines Diplomstudiums wird jeweils mit einer Diplomprüfung abgeschlossen. Als Nachweis dient das Diplomprüfungszeugnis.
Ein kombinationspflichtiges Studium (zB das Lehramtsstudium) ist eine Sonderform der Diplomstudien, es müssen zwei Unterrichtsfächer gewählt werden, ein Studienabschnitt gilt erst als abgeschlossen, wenn die Diplomprüfungen in beiden Fächern bestanden wurden (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 2 Rz 79).

Bei Studienrichtungen mit mehreren Studienabschnitten ist jeder Studienabschnitt für sich zu betrachten. Eine Berufsausbildung ist nur dann anzunehmen, wenn
- die vorgesehene Studienzeit
- pro Studienabschnitt
- um nicht mehr als ein Semester
überschritten wird.
Spätestens ein Semester nach Ablauf der vorgesehenen Studiendauer des Studienabschnittes (Mindeststudiendauer) ist somit der Nachweis erforderlich, dass der Studienabschnitt erfolgreich abgeschlossen wurde (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 2 Rz 76).

Unter "vorgesehene Studienzeit" ist jene in Semestern oder Studienjahren definierte Zeitspanne zu verstehen, die in den jeweiligen Studienvorschriften für die Absolvierung eines Studienabschnittes oder des Studiums festgelegt ist. Mit dem in § 2 Abs. 1 lit b 2. Satz genannten Begriff "vorgesehene Studienzeit" wird auf die gesetzliche Studiendauer bzw. die "Mindeststudiendauer" eines Studiums oder des jeweiligen Studienabschnittes verwiesen (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 2 Rz 77).

Ist das Studium nach den maßgeblichen Studienvorschriften in Semester gegliedert, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn die vorgesehene Studienzeit um nicht mehr als ein Semester pro Studienabschnitt überschritten wird.
Die nach Verbrauch des Toleranzsemesters "abgelaufene" Studienzeit kann durch eine Studienbehinderung zusätzlich verlängert werden (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg) FLAG2 § 2 Rz 80).

Bei Überschreiten der in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 für einen Studienabschnitt vorgesehenen Studienzeit zuzüglich des "Toleranzsemester" fällt der Familienbeihilfenanspruch weg, der jedoch bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen dann "wieder auflebt", wenn der betreffende Studienabschnitt verspätet, aber doch positiv absolviert ist (vgl. ).

Wird ein Studienabschnitt innerhalb der vom FLAG 1967 für diesen vorgesehenen Zeit (also i.d.R. Mindeststudienzeit plus "Toleranzsemester") nicht abgeschlossen, fällt der Anspruch auf Familienbeihilfe weg (vgl. und ).

Der VwGH hat im Erkenntnis vom , 2010/16/0084, zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt (Student beendet den ersten, an sich 4 Semester umfassenden Studienabschnitt nicht innerhalb des Toleranzsemesters zeitgerecht, zieht aber wesentliche Prüfungen des zweiten Abschnittes vor und verkürzt damit die 5 Semester dauernde Studienzeit für den zweiten Abschnitt auf 3 Semester, womit er eine Gesamtstudiendauer von 11 Semester nicht überschreitet) ausgeführt:
"Bei der Beurteilung, ob der Anspruch auf Familienbeihilfe für den Anspruchszeitraum gegeben ist, ist grundsätzlich eine ex ante Prüfung vorzunehmen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2012/16/0008, und vom , 2011/16/0062)."
Familienbeihilfe wird eben nicht am Ende eines Studiums rückwirkend zuerkannt, sondern nach der Bestimmung des § 10 FLAG für den einzelnen Monat bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für diesen jeweiligen Monat. Ist daher der erste Studienabschnitt nicht innerhalb der vorgesehenen Studienzeit zuzüglich des "Toleranzsemesters" absolviert, so besteht der Anspruch auf Familienbeihilfe nicht deshalb weiter, weil bei einer ex post Betrachtung nach Ende des Studiums die Gesamtstudienzeit nicht überschritten worden wäre.
Eine wörtliche Auslegung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG, wonach eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen ist, wenn die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester überschritten wird, ergäbe, dass bei einer Überschreitung der Studiendauer nach dem ersten Studienabschnitt keine Berufsausbildung mehr (auch im zweiten Studienabschnitt) vorläge.
Die Bestimmung, dass eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen ist, wenn das Kind die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester überschreitet, wurde durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, eingeführt. Die Materialien (72 Blg NR, 20. GP, 294 f) führen dazu aus, dass bei Studierenden die Familienbeihilfe in Anlehnung an das Studienförderungsgesetz grundsätzlich nur mehr dann gewährt werden soll, wenn die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt ein Semester nicht überschreitet.
Die teleologische Auslegung dieser Anordnung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG führt anhand der Aussagen in den Materialien bei der Einführung der Bestimmung, dass die Regelung an das Studienförderungsgesetz angelehnt werden solle, dazu, dass bei Überschreiten der in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorgesehenen Studienzeit zuzüglich des ,Toleranzsemesters' der Familienbeihilfenanspruch wegfällt, jedoch bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen dann (analog zu § 18 Abs. 2 StudFG) ,wieder auflebt', wenn der betreffende Studienabschnitt verspätet, aber doch positiv absolviert ist.
Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe für F mit Ende des fünften Semesters im ersten Studienabschnitt weggefallen ist. Ein ,Wiederaufleben' dieses Anspruches, das Vorliegen der Voraussetzungen für diesen Anspruch, nimmt die belangte Behörde mit dem späteren positiven Abschluss des ersten Studienabschlusses an
."

Im Beschwerdefall steht fest, dass es sich bei dem von der Tochter des Bf. betriebenen Lehramtsstudium um ein kombinationspflichtiges Diplomstudium handelt und dieses in zwei Studienabschnitte gegliedert ist sowie dass die Universität ***1*** eine in § 3 Studienförderungsgesetz genannte Einrichtung ist.

Die Tochter des Bf. hat die letzte Prüfung des ersten Studienabschnittes nicht innerhalb der vorgesehenen Studienzeit inklusive eines Toleranzsemesters und eines Verlängerungssemesters abgelegt, deshalb wurde der Bezug der Familienbeihilfe mit Ablauf des Monats September 2017 eingestellt.

Nach Ansicht des BFG kann durch die Ablegung der Ergänzungsprüfung Latein am die vorgesehene Studienzeit des ersten Studienabschnitts des Lehramtsstudiums der Tochter nicht verlängert werden.

Im ggst. Fall wäre nach dem positiven Abschluss des ersten Studienabschnitts, sohin ab September 2020 der Anspruch auf Familienbeihilfe für die Bf. für den zweiten Studienabschnitt "wieder aufgelebt", jedoch hat sie zu diesem Zeitpunkt bereits ihr 24. Lebensjahr (am xx.xx..2018) vollendet. Nach Vollendung des 24. Lebensjahres sieht das FLAG im Allgemeinen keinen Familienbeihilfenanspruch mehr vor.

Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 liegen auch nicht vor, da die Tochter die gesetzliche Studiendauer des Studiums überschritten hat. Darüber hinaus hat sie im September 2020 auch ihr 25. Lebensjahr (am xx.xx..2019) bereits vollendet.

Insofern kann auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Tochter absolviere den zweiten Studienabschnitt in nur 2 Semestern anstelle von 4 Semestern, den Beschwerdestandpunkt nicht zum Erfolg verhelfen.

§ 2 Abs. 9 FLAG 1967 kann hier nicht zur Anwendung gelangen, da diese Bestimmung erst seit in Geltung ist. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Tochter nach den Bestimmungen des FLAG nicht in Berufsausbildung und überdies hat sie damals bereits ihr 24./25. Lebensjahr überschritten.

Daher war wie im Spruch zu entscheiden.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im Beschwerdefall kein Rechtsproblem strittig ist, sondern der als erwiesen anzunehmende Sachverhalt in freier Beweiswürdigung festgestellt wurde und das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht, ist gegen dieses Erkenntnis eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Graz, am

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