Berücksichtigung eines Hagelschadens an einem geliehenen Fahrzeug als außergewöhnliche Belastung
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RV/3100142/2023-RS1 | Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden kann nur geltend machen, wer im Zeitpunkt des Schadensfalls zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer des beschädigten Wirtschaftsgutes war (Peyerl in Jakom EStG, 16. Aufl. (2023), § 34, I. Tatbestandsmerkmale Rz 59; ). Kann nicht nachgewiesen werden, dass das beschädigte Wirtschaftsgut dem Bf leihweise überlassen wurde, ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Manfred Arthofer, Gewerbeallee 13a, 4221 Steyregg über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Gegenstand des Verfahrens ist die Beurteilung der Frage, ob Aufwendungen für einen durch ein Hagelgewitter verursachten Fahrzeugschaden an einem laut eigenen Vorbringen geliehenem Fahrzeug als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (kurz Bf) reichte am seine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 über FinanzOnline ein und beantragte, (u. a.) die Berücksichtigung von Katastrophenschäden iHv € 4.060,72 als außergewöhnliche Belastung.
In weiterer Folge ersuchte das Finanzamt Österreich mit Vorhalt vom den Bf um weitere Angaben, insbesondere um Vorlage von Nachweisen und Rechnungen sowie einer Niederschrift, die von der Gemeindekommission über die Schadenserhebung aufgenommen worden sei.
Mit Eingabe vom brachte der Bf zusammengefasst vor, das Fahrzeug habe der Bf von seinem Schwager für einen einmaligen Transport geliehen bekommen. Aufgrund eines Hagels am sei es komplett zerstört worden und eine Reparatur sei daher nicht mehr durchführbar gewesen. Die Höhe der Reparaturkosten hätten 50% des Wertes des Fahrzeuges überstiegen. Er habe daher seinem Schwager eine Entschädigung iHv € 4.000,- bezahlt. Schadensbilder seien teilweise noch vorhanden. Außerdem habe eine Markise beim Dachfenster der Wohnung getauscht werden müssen, wofür Kosten iHv € 60,72 entstanden seien. Weiters sei es bei den behinderungsbedingten Mehraufwendungen zu einem Zahlensturz gekommen; richtigerweise seien diese Mehraufwendungen iHv € 379,71 zu berücksichtigen.
Der Eingabe waren zwei Urkunden in tschechischer Sprache von "***5***", eine Auszahlungsbestätigung iHv € 4.000,- vom der Sparkasse ***y*** und eine Auftragsbestätigung vom von Velux Österreich beigelegt. Ferner war ein Link zum Medienservice der Stadt ***x*** der Vorhaltbeantwortung angefügt.
Das Finanzamt Österreich erließ am den Einkommensteuerbescheid ohne Anerkennung der beantragten Aufwendungen für die Katastrophenschäden mit der Begründung, die Urkunden seien nicht in deutscher Sprache vorgelegt worden. Die behinderungsbedingten Mehraufwendungen wurden - wie in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung angegeben - iHv € 243,14 berücksichtigt.
Mit fristgerecht am eingebrachter Beschwerde führte der Bf ergänzend aus, dass nach der Verwaltungspraxis für die Anerkennung von Katastrophenschäden eine "Selbsterklärung" unter Anschluss entsprechender Rechnungen ausreichend sei. Bereits mit Vorhaltbeantwortung vom sei der Sachverhalt klar, deutlich und ausreichend vom Bf dargestellt worden. Ferner werde das Finanzamt auf die Waren- und Verkehrsfreiheit der EU hingewiesen, wonach es zulässig sei, das Fahrzeug auch im Ausland zu reparieren. Die Rechnungslegung sei in einer Sprache der EU erfolgt. Es sei daher für den Bf unerklärlich, weshalb das Finanzamt die Anerkennung der Katastrophenschäden als außergewöhnliche Belastung verweigere. Im Übrigen habe der Bf die Rechnungen sinngemäß übersetzt und die Übersetzung mit der Vorhaltbeantwortung der Abgabenbehörde auch übermittelt. Weiters seien die Unterlagen, Rechnungen und der Bankauszug in deutscher Sprache vorgelegt worden.
Mit weiterem Vorhalt vom ersuchte die Abgabenbehörde um Vorlage eines Eigentumsnachweises des Fahrzeuges, der Rechnungen und eines Gutachtens samt Bildern des beschädigten Fahrzeuges.
Der Bf brachte mit Eingabe vom ergänzend vor, dass bereits mit seinem bisherigen Vorbringen der gegenständliche Sachverhalt ausführlich dargestellt worden sei. Der Eigentümernachweis, die Rechnungen und ein Gutachten seien bereits vorgelegt worden, eine nochmalige Vorlage sei daher nicht notwendig. Die Schadensbilder seien der Abgabenbehörde bereits mit seiner Eingabe vom angeboten worden. Die noch vorhandenen Bilder könne der Bf aufgrund gesundheitlicher Beschwerden und eingeschränkter technischen Möglichkeiten per Link zur Verfügung stellen. Es werde daher ersucht, ohne weitere Verzögerung, die Katastrophenschäden, welche offensichtlich durch die Erderwärmung zustande gekommen seien, anzuerkennen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, eine außergewöhnliche Belastung infolge der Beseitigung von Katastrophenschäden könne grundsätzlich der wirtschaftliche Eigentümer geltend machen. Im gegenständlichen Fall sei dies jedoch der Schwager des Bf und nicht der Bf. Auch seien keine Niederschrift der Schadenserhebungskommission der Gemeinde und Rechnungen im Original vorgelegt worden. Außerdem könne mit dem Auszahlungsbeleg der Sparkasse ***y*** nicht bewiesen werden, für welchen Zweck der Betrag iHv € 4.000,- verwendet worden sei. Hinsichtlich der Markise sei nicht feststellbar, ob überhaupt vor dem Hagel eine solche angebracht gewesen sei.
Schließlich brachte nunmehr der rechtsfreundliche Vertreter des Bf am einen Vorlageantrag ohne weiterem Vorbringen ein.
Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt.
Das Bundesfinanzgericht ersuchte den Bf mit Vorhalt vom nähere Angaben zum Schadenshergang zu machen und Bilder vom beschädigten Fahrzeug zu vorzulegen.
Zum Ersuchen des Bundesfinanzgerichtes äußerte sich der rechtsfreundliche Vertreter des Bf dahingehend, dass sich das gegenständliche Fahrzeug am in den Nachmittagsstunden in ***x*** eingefunden habe. Das Fahrzeug sei dem Bf von seinem Schwager für den einmaligen Transport persönlicher Gegenständen, welche sich nach der Wohnungsauflösung beim Schwager befunden hätten, für 1 - 2 Tage geliehen worden. Angekommen am Wohnort des Bf sei es dann zu einem Hagelunwetter mit 10 cm großen Hagelkörner gekommen, wodurch sämtliche Blechteile des Fahrzeugs beschädigt worden seien. Es sei auch die Frontscheibe des Fahrzeuges beschädigt worden; die Heckscheibe sei so gut wie nicht mehr vorhanden gewesen. Das beschädigte Fahrzeug sei bereits am vom Bf selbst zur Fachwerkstätte (***Autohaus***) verbracht worden. Aufgrund der Höhe der Reparaturkosten sei das Fahrzeug nicht mehr repariert worden.
Die Stellungnahme des rechtfreundlichen Vertreters des Bf wurde dem Bundesfinanzgericht samt Schadensbildern per Fax am übermittelt.
1. Sachverhalt
Der Bf ist an der Adresse ***1*** mit Hauptwohnsitz und an der Adresse ***2*** mit Nebenwohnsitz polizeilich gemeldet. Der Bf war im Veranlagungsjahr 2021 ausschließlich nichtselbständig beschäftigt (Abgabenakt).
Am verursachten mehrere Unwetterzellen mit teils tennisballgroßen Hagelschloßen erhebliche Schäden in Ober- und Niederösterreich. Es kam zu zahlreichen Schäden an Gebäuden, Häuserdächern, Solaranalagen und Kraftfahrzeugen (ZAMG Unwetterchronik).
Diese Unwetterzellen zogen im Laufe der Nachmittags- und Abendstunden des weiter über den Süden Tschechiens. Vielerorts wurde auch hier großer Hagel beobachtet (UWZ). Unweit der Grenze zu Österreich kam es in Südmähren zwischen Valtice und Hodonin zu einem Tornado (Wikipedia).
Das verfahrensgegenständliche Fahrzeug der Marke Skoda Superb mit dem polizeilichen Kennzeichen (CZ) ***3*** wurde durch einen Hagel einer dieser Unwetterzellen beschädigt. Insbesondere entstanden Schäden (Dellen) am Dach, Kofferraum und an der Motorhaube. Die Frontscheibe wurde ebenfalls beschädigt, die Heckscheibe war nach dem Hagel nicht mehr vorhanden.
Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Fahrzeugs war der Schwager des Bf, ***x.x.***. ***x.x.*** ist an der Adresse (CZ) ***4*** wohnhaft. ***4*** liegt in Südmähren. ***4*** liegt vom Nebenwohnsitz des Bf ca 261 Kilometer entfernt (google maps).
Ob das verfahrensgegenständliche Fahrzeug dem Bf am geliehen wurde oder ihm an diesem Tag zur Verfügung stand, kann nicht festgestellt werden.
Wo sich das verfahrensgegenständliche Fahrzeug zum Zeitpunkt des Schadenseintritts genau befand, kann nicht festgestellt werden.
Einen Tag nach dem Schadenseintritt, am um 10:36 Uhr, wurde der beschädigte Skoda zum "***Autohaus*** (CZ) verbracht. Das Autohaus ist ein autorisierter Händler der Marken Renault und Dacia und übernimmt u.a. auch Reparaturen an Karosserieschäden (***homepage***). Das ***Autohaus*** hielt in zwei "Zakázkový list" (Auftragsbestätigungen, Bestellformularen) das Reparaturvorhaben fest: in einer Auftragsbestätigung mit der Nummer 20212714 für die Versicherungsgesellschaft wurde der "Austausch der Scheiben nach dem Hagelsturm" mit 20.000 Kronen veranschlagt. In einer weiteren Bestätigung mit der Nummer 20212715 wurde die restliche Hagelfahrzeugreparatur ("ohne die Beteiligung der Versicherung") mit 100.000 Kronen veranschlagt. Auf den Dokumenten war als Kunde ***x.x.*** und als Vertreter des Kunden ebenfalls ***x.x.*** vermerkt.
Das Fahrzeug wurde nicht repariert (unstrittig).
Ein Gutachten über die genaue Schadenshöhe wurde vom Bf nicht vorgelegt (unstrittig).
Das ***Autohaus*** ist vom Nebenwohnsitz des Bf 106 Kilometer entfernt. Die nächstgelegenste Werkstätte vom Nebenwohnsitz des Bf aus, ist die "***Werkstatt 1***" (Entfernung 3,5 Kilometer). Die vom Nebenwohnsitz des Bf nächste Skoda Werkstätte ist ***Werkstatt 2*** (Entfernung 10,5 Kilometer) (google maps).
Am hob der Bf von seinem Konto bei der Sparkasse ***y*** € 4.000,- in bar ab (Auszahlungsbeleg). Ob dieser Betrag dem Schwager des Bf für den Hagelschaden am Fahrzeug gezahlt wurde, kann nicht festgestellt werden.
Der verfahrensgegenständliche Skoda Superb wurde von ***x.x.*** am um 140.000 Kronen an ***das Autohaus*** verkauft (Kaufvertrag).
Am erwarb der Bf bei der ***x*** Automobile GmbH & Co KG in ***Ort*** (D) einen gebrauchten VW Passat Variant um einen Barzahlungsbetrag iHv € 21.000,- (Kaufvertrag). Das Fahrzeug wurde am auf den Bf zugelassen.
Die Ehegattin des Bf hat am einen Markisettenkasten bei der Velux Österreich GmbH um € 60,72 bestellt (Auftragsbestätigung vom ). Ob es durch eine Unwetterzelle am zu einer Beschädigung einer Dachfenster-Markisette am Nebenwohnsitz des Bf in ***x*** gekommen ist, kann nicht festgestellt werden.
Eine Niederschrift von der Schadenerhebungskommission der Stadt ***x*** wurde nicht aufgenommen.
Die Höhe der behinderungsbedingten Mehraufwendungen betragen € 379,71.
2. Beweiswürdigung
Zunächst ist auf die bei den einzelnen Feststellungen in Klammern angeführten Beweismittel zu verweisen, die - sofern im Folgenden keine näheren beweiswürdigenden Erwägungen dargelegt werden - im jeweiligen Zusammenhang schlüssig und widerspruchsfrei waren und daher den entsprechenden Feststellungen zu Grunde gelegt werden konnten.
Die Feststellungen zu den Fahrzeugschäden waren aufgrund der vorliegenden "Zakázkový list" (Auftragsbestätigungen, Bestellformularen) in Zusammenschau mit den vorgelegten Schadensbildern zu treffen. An der Echtheit und Richtigkeit hat das Bundesfinanzgericht keine Zweifel. Ebenso ergibt sich aus diesen Auftragsbestätigungen zweifelsfrei, dass das verfahrensgegenständliche Fahrzeug am um 10:36 zum ***Autohaus*** verbracht wurde. Aus den Auftragsbestätigungen ergibt sich zweifelsfrei auch, dass Kunde ***x.x.*** war. Die Übersetzung der entscheidungswesentlichen Passagen der "Zakázkový list" konnte das Bundesfinanzgericht mit "google translater" vornehmen. An der Richtigkeit der Übersetzung hat das Bundesfinanzgericht keine Zweifel. Insbesondere waren diese Feststellungen auch aufgrund des diesbezüglichen eigenen Vorbringen des Bf zu treffen, gegen deren Richtigkeit keine begründeten Zweifel bestehen.
Die Eigentumsverhältnisse an dem verfahrensgegenständlichen Fahrzeug und die Wohnadresse des Schwagers des Bf ergeben sich zweifelsfrei aus dem Kaufvertrag vom . ***x.x.*** hat das Fahrzeug an die ***5*** verkauft, somit muss er auch zwangsläufig Eigentümer des Fahrzeuges gewesen sein.
Die Negativfeststellung zur leihweisen Verwendung des Fahrzeuges war aus folgenden Überlegungen zu treffen:
Als Kunde und als Vertreter des Kunden scheint auf den Auftragsbestätigungen ***x.x.*** auf. Insofern ist es naheliegend, dass der Schwager des Bf das beschädigte Fahrzeug selbst zum ***Autohaus*** gebracht hat. Da das Fahrzeug bereits einen Tag nach dem Unwetter in den frühen Morgenstunden (Annahmezeitpunkt um 10:36) dorthin verbracht wurde, ist es nicht glaubhaft, dass das Fahrzeug dem Bf leihweise überlassen wurde. Der Schwager des Bf hätte sich von seinem von ***x*** 261 Kilometer entfernten Wohnsitz in den Abend- bzw Nachstunden des zum Bf aufmachen müssen, um das totalbeschädigte Fahrzeug in Folge nach ***6*** zu verbringen. Man bedenke in diesem Zusammenhang, dass die Unwetterzellen am Nachmittag und Abend des Ereignistages über die südlichen Teile Tschechiens zogen und auch dort erhebliche Schäden anrichteten (Tornado). Es lag daher für das Treffen einer Positivfeststellung die erforderliche Gewissheit nicht vor, weshalb im Zweifel eine Negativfeststellung zu treffen war.
Ergänzend ist in diesem Zusammenhang noch anzumerken, dass die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung u. a. mit der Begründung abgewiesen wurde, der Bf sei nicht Eigentümer des Fahrzeugs. Beschwerdevorentscheidungen kommt nach der höchstgerichtlichen Judikatur grundsätzlich Vorhaltcharakter zu (). Der Bf hat jedoch in Folge kein diesbezügliches substantiiertes Vorbringen mehr erstattet.
Die Negativfeststellung hinsichtlich des genauen Standortes des Fahrzeuges während der Unwetter war zu treffen, zumal es nicht lebensnah ist, dass mit einem Fahrzeug mit beschädigter Frontscheibe, nicht mehr vorhandener Heckscheibe und behauptetem Totalschaden, nicht die nächstgelegene, sondern eine 106 Kilometer entfernte Werkstätte aufgesucht wird. Vor diesem Hintergrund bestehen an dem Vorbringen des Bf, das Fahrzeug sei in ***x*** beschädigt worden, erhebliche Zweifel.
Die Negativfeststellung hinsichtlich der Verwendung des vom Konto des Bf abgehobenen Geldbetrages iHv € 4.000,- war zu treffen, zumal der Bf nicht glaubhaft darlegen konnte, dass der Betrag tatsächlich zur Schadensbehebung an den Schwager geleistet wurde. Zweifel an dem Vorbringen bestehen auch aufgrund des Umstandes, dass der Bf in zeitlicher Nähe zur Auszahlung des Betrages selbst ein Gebrauchtfahrzeuges erwarb, welches lt Kaufvertrag bar bezahlt wurde. Aufwendungen für abgabenrechtliche Begünstigungen sind grundsätzlich nachzuweisen - im Einzelfall glaubhaft zu machen. Diesfalls gelang nicht einmal eine Glaubhaftmachung. Ferner wurde der Bf wiederholt von der Abgabenbehörde darauf hingewiesen, dass der Auszahlungsbeleg kein geeigneter Beweis hierfür darstelle.
In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass nach § 115 BAO die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse grundsätzlich von amtswegen zu erheben sind. Doch tritt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung in den Hintergrund, wenn es um abgabenrechtliche Begünstigungen geht; es liegt an der Partei, die Umstände darzulegen, die für die Begünstigung sprechen (Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 115, I. Amtswegigkeit (§ 115 Abs 1) Rz 12, mwV).
Die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes findet ferner dort ihre Grenze, wo nach Lage des Falles nur die Partei Angaben zum Sachverhalt machen kann (, 94/15/0181; ).
Nach der Rechtsprechung liegt eine erhöhte Mitwirkungspflicht der Partei dann vor, wenn Sachverhaltselemente ihre Wurzeln im Ausland haben; die Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht ist in dem Maße höher, als die behördlichen Ermittlungsmöglichkeiten geringer sind (; ). Diesfalls besteht somit eine erhöhte Mitwirkungspflicht, eine Beweismittelbeschaffungspflicht und eine Vorsorgepflicht (Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 115, I. Amtswegigkeit (§ 115 Abs 1) Rz 10; ; ).
Gegenständlich ist der Bf seiner erhöhten Mitwirkungspflicht und insbesondere der Beweismittelbeschaffungspflicht nicht nachgekommen, weshalb diese Negativfeststellungen zu treffen waren.
Schließlich musste auch eine Negativfeststellung hinsichtlich der behaupteten Beschädigung eines Markisettenkastens am Nebenwohnsitz des Bf getroffen werden, zumal keine geeigneten Beweise vorgelegt wurden. Die bloße Vorlage einer Auftragsbestätigung vermögen einen durch einen Hagel verursachten Schaden an einer Markissette nicht zu beweisen bzw glaubhaftzumachen. Nicht übersehen darf in diesem Kontext auch die zeitliche Komponente: Der Markisettenkasten wurde erst vier Monate nach dem behaupteten Schadenseintritt bestellt.
Der Vollständigkeit halber wird ergänzend noch darauf hingewiesen, dass sich das Bundesfinanzgericht der Beweiswürdigung der Abgabenbehörde hinsichtlich der bereits anerkannten behinderungsbedingten Mehraufwendungen dem Grunde nach anschließt. Jedoch betragen diese Mehraufwendungen € 379,71. Der Bf hat durch die Vorlage der diesbezüglichen Rechnungen zweifelsfrei die betragsmäßige Höhe nachgewiesen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Nach § 34 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Nach Abs 2 leg cit ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Nach Abs 3 leg cit erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Nach Abs 4 leg cit beeinträchtigt die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.
Nach Abs 6 leg cit können folgende Aufwendungen ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:
Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten. […]
Eine außergewöhnliche Belastung wegen Katastrophenschäden iSd Abs 6 (ohne Selbstbehalt) kommt nur in Betracht, wenn sämtliche Voraussetzungen des § 34 EStG 1988 vorliegen; es müssen auch die allgemeinen Merkmale der Außergewöhnlichkeit und der Zwangsläufigkeit verwirklicht sein ().
Schäden welche iZm einem Hagelunwetter auftreten, können uU als Katastrophenschäden angesehen werden ().
Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden kann nur geltend machen, wer im Zeitpunkt des Schadensfalls zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer des beschädigten Wirtschaftsgutes war (Peyerl in Jakom EStG, 16. Aufl. (2023), § 34, I. Tatbestandsmerkmale Rz 59; ). Auch derjenige, der eine Sache aufgrund eines anderen Rechtstitels (zB Mieter, Fruchtgenuss, Besitz, Prekarium) nutzt, kann Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, soweit sie ihn betreffen (zB Sanierung einer gemieteten Wohnung), geltend machen ().
Unter Belastungen im Sinne des § 34 EStG 1988 sind grundsätzlich nur vermögensmindernde Ausgaben zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verknüpft sind. Der Eintritt eines Vermögensschadens bildet auch nach der Bestimmung des § 34 Abs 6 EStG 1988 noch keine außergewöhnliche Belastung. Erst die Kosten zur Beseitigung des Vermögensschadens können steuerlich abgesetzt werden (vgl , mwN).
Im gegenständlichen Fall war der Bf zweifelsfrei nicht Eigentümer des beschädigten Fahrzeuges. Hinsichtlich der behaupteten leihweisen Verwendung war eine Negativfeststellung zu treffen. Auch konnte nicht festgestellt werden, dass der Bf Kosten für eine etwaige Schadensbehebung an den Schwager geleistet hat. Aufgrund der angeführten gesetzlichen Bestimmungen und Judikatur ist daher im gegenständlichen Fall der Betrag iHv € 4.000,- nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
Hinsichtlich der Markissette war ebenfalls eine Negativfeststellung zu treffen. Ferner erwachsen nach der höchstgerichtlichen Judikatur Aufwendungen nur dann zwangsläufig, wenn dem Steuerpflichtigen die weitere Lebensführung ohne Wiederbeschaffung des zerstörten Wirtschaftsgutes nicht zuzumuten ist (; ). Nur die Reparatur, Sanierung und Wiederbeschaffung von (existenz-) notwendigen Wirtschaftsgütern stellt somit eine außergewöhnliche Belastung dar. Aufwendungen zur Reparatur, Sanierung oder Wiederbeschaffung von Wirtschaftsgütern an einem Nebenwohnsitz sind daher grundsätzlich nicht abzugsfähig.
Abschließend ist noch anzumerken, dass grundsätzlich die Abgabenbehörde den Inhalt fremdsprachiger Unterlagen zu ermitteln hat () - notfalls durch einen allgemeinen beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetscher. Im gegenständlichen Fall konnte jedoch wie der Beweiswürdigung zu entnehmen ist von einer zertifizierte Übersetzung Abstand genommen werden.
Hinsichtlich der behinderungsbedingten Mehraufwendungen war der Bescheid abzuändern und waren die Aufwendungen iHv € 379,71 zu berücksichtigen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, welche iSd Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzlicher Bedeutung zukämen. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei der zu lösende Rechtsfrage an der höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Überdies hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles sowie auf der Ebene der Beweiswürdigung zu beantwortenden Sachfragen ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100142.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at