Parkometerabgabe; die Abfrage durch das Parkraumüberwachungsorgan und die Aktivierung des elektronischen Parkscheines erfolgen innerhalb derselben Minute; zum Abfragezeitpunkt war der Parkschein noch nicht gültig
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.Dr. Birgitt Koran in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , GZ. MA67/Zahl/2022, zu Recht erkannt:
Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 12,00 € zu entrichten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens (12,00 €) sind gemeinsam mit der Geldstrafe (60,00 €) und dem Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde (10,00 €), insgesamt 82,00 €, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.
Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs. 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde be-stimmt.
Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna wurde vom Kontrollorgan KO der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien am um 18:30 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1160 Wien, Rankgasse 23, beanstandet, da zur Beanstandungszeit kein gültiger Parkschein vorlag.
Das Kontrollorgan machte in der Anzeige folgenden Vermerk:
"Beifahrerin sitzt im Fahrzeug, Lenker geht zum Spar einkaufen. Fahrzeug ist im HV abgestellt und kein Parknachweis vorhanden."
Das Kontrollorgan verhängte im Zuge der Anzeige mit Organstrafverfügung eine Geldstrafe von 36,00 €, welche binnen der zweiwöchigen Zahlungsfrist nicht entrichtet wurde.
Die Organstrafverfügung wurde somit gemäß § 50 Abs. 6 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) gegenstandslos.
Mit Anonymverfügung vom wurde dem Beschwerdeführer (Bf.) als Zulassungsbesitzer des in Rede stehenden Fahrzeuges wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von 48,00 vorgeschrieben.
Die Geldstrafe wurde binnen der vierwöchigen Zahlungsfrist nicht entrichtet. Die Anonymverfügung wurde somit gemäß § 49a Abs. 6 VStG gegenstandslos.
Mit Strafverfügung vom lastete der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, dem Bf. unter Zugrundelegung der Anzeigedaten des Kontrollorgans an, er habe das verfahrensgegenständliche Fahrzeug am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1160 Wien, Rankgasse 23 abgestellt, ohne einen für den Beanstandungszeitpunkt 18:30 Uhr gültigen Parkschein und demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
Wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.
Der Bf. erhob gegen die Strafverfügung mit E-Mail vom Einspruch und übermittelte einen Screenshot seiner Transaktionen m-parking, wonach am um 18:30 Uhr ein 15-Minuten-Gratisparkschein für das gegenständliche Kraftfahrzeug aktiviert wurde.
Mit Schreiben vom wurde der Bf. vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihm die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine mündliche oder schriftliche Stellungnahme einzubringen. Dem Schreiben waren drei vom Meldungsleger zur Beanstandungszeit angefertigte Fotos beigefügt.
Der Bf. gab keine Stellungnahme ab.
Mit Schreiben vom wurde der Bf. als Zulassungsbesitzer des bereits näher bezeichneten Kraftfahrzeuges unter Anführung der erforderlichen Daten gemäß § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 zur Lenkerauskunft binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens aufgefordert.
Der Bf. teilte mit E-Mail vom mit, dass ihm das Fahrzeug zur Beanstandungszeit überlassen gewesen sei.
Mit Straferkenntnis vom wurde der Bf. vom Magistrat der Stadt Wien, MA 67, wegen der bereits näher bezeichneten Verwaltungsübertretung für schuldig befunden und wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von € 60,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit 14 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt. Zudem wurde gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.
Begründend stellte die Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, des Einspruchsvorbringens und unter Zitierung der maßgeblichen Bestimmungen (§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung und § 7 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung) zunächst fest, dass der Bf. die Abstellung des Fahrzeuges an der bereits näher bezeichneten Örtlichkeit und seine Lenkereigenschaft zur Tatzeit nicht bestritten habe.
Der dem Verwaltungsstrafverfahren zu Grunde liegenden Organstrafverfügung des eingeschrittenen Kontrollorgans zufolge sei die Kontrolle des von ihm beanstandeten Kraftfahrzeuges um 18:30 Uhr des genannten Tages durchgeführt worden.
Diese Zeitangabe sei deshalb glaubwürdig, weil den Kontrollorganen des Magistrats der Stadt Wien als Hilfsmittel für die Erfüllung der übertragenen Aufgaben elektronische Überwachungsgeräte (sogen. PDA's) zur Verfügung stehen würden, welche die zum Beanstandungszeitpunkt aktuelle Uhrzeit über einen Server beziehen und vorgeben würden.
Mittels einer Online-Verbindung könne die Aktivierung des elektronischen Parkscheines überprüft werden. Zum Zeitpunkt der Überprüfung mittels dieser Online-Verbindung sei kein Parkschein gebucht gewesen, weshalb die Beanstandung erfolgt sei.
Die offensichtliche Annahme des Bf., die Gültigkeit des elektronischen Parkscheines beginne mit der Sekunde 00 der Minute des Einlangens der Bestätigung - womit er gleichsam eine Rückwirkung unterstelle, sodass beispielsweise bei Erhalt der Bestätigungs-SMS um 18:30:50 Uhr die Gültigkeit des Parkscheins um 18:30:00 Uhr beginnen würde, finde im Parkometergesetz und den dazu ergangenen Verordnungen keine Deckung.
Entscheidend sei, ob sich der Lenker von seinem Fahrzeug entferne, bevor er die Bestätigung der Abstellanmeldung erhalte (den Parkschein nur dann zu aktivieren, wenn man ein Parkraumüberwachungsorgan bemerke, wäre andernfalls nicht ausgeschlossen).
Dies sei gegenständlich nach den Feststellungen des Parkraumüberwachungsorgans, gegen deren Richtigkeit im Hinblick darauf, dass dieses zur Wahrheit verpflichtet sei sowie dessen Eingaben in das elektronische Überwachungsgerät zeitgleich in der zentralen Datenbank erfasst würden und damit einer ständigen Kontrolle unterlägen, keine Bedenken bestehen, der Fall. Weder aus den angefertigten Fotos noch aus den Notizen zur Organstrafverfügung ergebe sich, dass der Bf. um 18:30 Uhr beim Fahrzeug verweilt hätte.
Dass die Parkscheinaktivierung in derselben Minute wie die Beanstandung erfolgt sei, ändere daher nach den vorliegenden Verhältnissen an der nicht zeitgerechten Aktivierung nichts.
Da die Parkometerabgabe (bzw. die Aktivierung des Parkscheines) bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges (also unverzüglich, bevor sich der Lenker vom Fahrzeug entferne) zu entrichten sei und die Abgabe bei Verwendung elektronischer Parkscheine (erst) als entrichtet gelte, wenn die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt werde, habe der Bf. den Tatbestand der Abgabenverkürzung nach § 4 Parkometergesetz 2006 verwirklicht, die objektive Tatseite sei daher gegeben gewesen (Verweis auf das Erkenntnis des ).
Die Einwendungen des Bf. seien sohin nicht geeignet gewesen, ihn vom angelasteten Tatvorhalt zu entlasten.
Der Bf. sei der Verpflichtung des § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, wonach die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung bei Verwendung eines elektronischen Parkscheines entrichtet gelte, nicht nachgekommen.
Er habe sohin den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach der im Spruch zitierten Bestimmung verwirklicht und sei die angelastete Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen.
Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt hätte bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liege im gegenständlichen Fall nicht vor.
Nach näheren Ausführungen zum Fahrlässigkeitsbegriff stellte die Behörde fest, dass nach der Aktenlage Fahrlässigkeit anzunehmen gewesen sei.
Somit seien sowohl die objektiven als auch subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben gewesen.
Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an.
Der Bf. erhob gegen das Straferkenntnis am (E-Mail) eine unbegründete Beschwerde (Anm.: als "Einspruch" bezeichnet).
Die MA 67 wertete das Schreiben als Beschwerde gegen das Straferkenntnis und legte es samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: .
Das Bundesfinanzgericht forderte den Bf. mit Beschluss vom zur gemäß § 13 Abs. 3 AVG zur Mängelbehebung auf, da die Beschwerde nicht den Anforderungen des § 9 VwGVG entsprach.
Der Mängelbehebungsauftrag wurde vom Bf. mit E-Mail vom wie folgt beantwortet (wörtliches Zitat):
"Der grund warum ich Einspruch erhebe ist das ich sehr wohl einen 15 Minuten Parkschein über mein Handy gelöst habe und danach für meine halbseitig gelähmte Schwester noch schnell zum spar gelaufen bin um ihr noch 2semmel fürs Abendessen zu kaufen als ich um 18:07 zurück kam schrieb der Mann noch immer an dem ersten strafmandat als ich urgierte das ich ein Parkschein gelöst habe antwortete erlakonisch das ich den schein erst als ich aus dem Auto ausgestiegen bin gelöst habe als ich ihm antwortete das das nicht stimmt sagte dasitze den Parkschein erst nachher gelöst habe und ich zweite strafe bekomme wegen dem Halteverbot ausgenommen Lastfahrzeuge ich sagte ihm das ich dagegen nichts machen könne aber wegen dem kurzparkschein wir uns vor Gericht wiedersehen.die strafe habe ich auch dann sofort am nächsten Tag bezahlt. Ich muss noch anmerken weil das MA meinte ich war ein paar Sekunden später als dermeldungsleger dran unter normalen umständen ist das nicht möglich ich habe den Herrn beim einparken gesehen und das alleine schon war zwingend ein Grund einen Parkschein zu lösen.er ging weiter und verschwand kurz hinter einem wagen als ich zurück kam schrieb bei mir an der Strafe.leider ist meine Schwester die ich Letzten ein einhalb Jahre gepflegt habe kurz vor heilig abend gestorben und kann leider nicht mehr bezeugen das ich die Wahrheit sage. Parkschein nr :123"
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Unstrittiger Sachverhalt:
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna wurde vom Bf. unstrittig am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1160 Wien, Rankgasse 23, abgestellt.
Der Bf. hat am Beanstandungstag um 18:30 Uhr den Gratisparkschein Nr. 123 aktiviert.
Die Abfrage durch das Parkraumüberwachungsorgans erfolgte um 18:30:14 Uhr.
Zum Überprüfungszeitpunkt erhielt das Organ auf dem Überprüfungsgerät (Personal Digital Assistant, kurz: PDA) die Meldung "kein Parkschein".
Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den eigenen Wahrnehmungen des Kontrollorgans, den auf dem PDA erfassten Anzeigedaten, den drei zur Beanstandungszeit aufgenommenen Fotos, aus der Übersicht m-parking in Wien über die vom Bf. durchgeführten Transaktionen für das in Rede stehende Fahrzeug sowie aus den Daten des Parküberwachungssystems hinsichtlich des exakten Aktivierungs- bzw. Beanstandungszeitpunkts.
Durch die Übersicht m-parking ist dokumentiert, dass für das verfahrensgegenständliche Fahrzeug am um 18:30 Uhr der Gratisparkschein Nr. 123 aktiviert wurde.
Durch die auf dem PDA erfassten Anzeigedaten ist erwiesen, dass die Beanstandung durch das Kontrollorgan um 18:30:14 Uhr erfolgt ist. Diese Zeit war auf dem PDA durch die Server der Fa. ATOS, die wiederum sämtliche Serverzeiten von externen Zeitservern ableiten, festgelegt und durch den Meldungsleger nicht abänderbar. Die Liste der externen Zeitserver ändert sich je nach Verfügbarkeit permanent, sind aber redundant und leiten ihrerseits die Zeit von Funk- oder Atomuhren ab.
Durch eines der drei vom Kontrollorgan zur Beanstandungszeit angefertigten Fotos ist erwiesen, dass eine Person auf der Beifahrerseite sitzt. Der Bf. befand sich weder im noch unmittelbar beim Fahrzeug.
Das Bundesfinanzgericht hat keinen Grund an der Richtigkeit der Anzeigedaten zu zweifeln.
Festgehalten wird noch, dass für das Gericht das Vorbringen des Bf.
"Der grund warum ich Einspruch erhebe ist das ich sehr wohl einen 15 Minuten Parkschein über mein Handy gelöst habe und danach für meine halbseitig gelähmte Schwester noch schnell zum spar gelaufen bin um ihr noch 2semmel fürs Abendessen zu kaufen als ich um 18:07 zurück kam schrieb der Mann noch immer an dem ersten strafmandat als ich urgierte das ich ein Parkschein gelöst habe antwortete er lakonisch das ich den schein erst als ich aus dem Auto ausgestiegen bin gelöst habe als ich ihm antwortete das das nicht stimmt …"
ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, da die Beanstandung durch das Kontrollorgan der Parkraumüberwachung erst um 18:30 Uhr erfolgt ist.
Rechtsgrundlagen:
Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.
Gemäß § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.
Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung hat jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.
Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Ab-stellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.
Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung
Elektronische Parkscheine
§ 6. (1) Übersteigt die Abstellzeit fünfzehn Minuten, ist für die elektronischen Parkscheine ein Entgelt zu entrichten. Dieses wird durch die Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), festgesetzt.
§ 7. (1) Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, haben dafür zu sorgen, dass während der Dauer seiner Abstellung ein elektronischer Parkschein aktiviert ist.
(2) Die Aktivierung eines elektronischen Parkscheines erfolgt durch Übermittlung einer SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) an das elektronische System. Über das Mobiltelefon bzw. das (mobile) Endgerät ist die beabsichtigte Parkdauer sowie das behördliche Kennzeichen des abgestellten mehrspurigen Kraftfahrzeuges einzugeben, sofern das behördliche Kennzeichen nicht bereits im Zuge der Einrichtung des Benutzerkontos im System erfasst wurde (Abstellanmeldung). Danach ist die Rückmeldung des elektronischen Systems durch SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) über die durchgeführte Transaktion abzuwarten (Bestätigung).
(3) Wird die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt, gilt die Abgabe als entrichtet oder darf das mehrspurige Kraftfahrzeug für einen fünfzehn Minuten nicht übersteigenden Zeitraum abgestellt werden.
Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsüber-tretungen mit Geldstrafen bis zu 365 € zu bestrafen.
Rechtliche Beurteilung:
Aus § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung ergibt sich, dass die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten ist.
Bei einer Abstellzeit bis zu 15 Minuten ist keine Parkometerabgabe zu entrichten, jedoch muss das Fahrzeug mit einem gültigen Papierparkschein gekennzeichnet oder ein gültiger elektronischer Parkschein aktiviert sein.
Die Verpflichtung, bis zur Rückmeldung des elektronischen Systems beim Fahrzeug zu bleiben, ergibt sich aus § 7 Abs 3 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung. Die Abgabe gilt demnach als entrichtet, wenn die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt wird.
Entfernt sich der Lenker eines Fahrzeuges, der die Parkometerabgabe in Form eines elektronischen Parkscheines entrichtet, vom Fahrzeug, bevor die Rückmeldung des elektronischen Systems einlangt, verwirklicht er den Straftatbestand der Verkürzung der Parkometerabgabe, da er die Abgabe erst nach dem Abstellen des Fahrzeuges entrichtet hat. Dies gilt auch dann, wenn der Lenker die Bestätigung noch innerhalb derselben Minute erhält, in der die Überprüfung durch das Kontrollorgan der Parkraumüberwachung vorgenommen wird (vgl , , , ).
Es ist möglich, dass in derselben Minute das Kontrollorgan aufgrund der Abfrage mittels PDA die Meldung erhält, dass kein elektronischer Parkschein aktiv ist, und der den elektronischen Parkschein Aktivierende die Bestätigung der Parkscheinaktivierung erhält. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn die Abfrage des Kontrollorgans zwar innerhalb dieser Minute, aber vor der Bestätigung der Buchung des Parkenden erfolgt. Im umgekehrten Fall - wenn also die Bestätigung der Buchung innerhalb dieser Zeitspanne von einer Minute vor der Abfrage des Kontrollorgans erfolgt - würde dieses die Meldung mit den Daten des gebuchten Parkscheines erhalten. Insofern wird der exakte Zeitpunkt der Aktivierung des elektronischen Parkscheins bzw. der Beanstandung berücksichtigt.
Erfolgt die Beanstandung durch das Kontrollorgan und die Aktivierung des elektronischen Parkscheines innerhalb derselben Minute und scheint auf dem Gerät des Kontrollorgans - wie im vorliegenden Fall - noch keine Aktivierungsbestätigung auf, so lag zum Beanstandungszeitpunkt noch kein gültiger elektronischer Parkschein vor, auch wenn die Aktivierungsbestätigung nachweislich in derselben Minute erhalten wurde. Der Verwaltungsstraftatbestand gilt damit als verwirklicht (vgl hiezu die im Internet unter https://findok.bmf.gv.at veröffentlichten Erkenntnisse, z.B. , , , ), ).
Der im Straferkenntnis erhobene Vorwurf der fahrlässigen Verkürzung der Parkometerabgabe ist aber so zu verstehen, dass (nur) zur Zeit der Beanstandung durch das Kontrollorgan kein gültiger (hier: elektronischer) Parkschein vorlag (vgl ).
Eine "Kulanzzeit" zwischen Abstellen des Fahrzeuges und der Entrichtung der Parkometer-abgabe in der in der Kontrolleinrichtungsverordnung vorgesehenen Form ist nicht vorgesehen (vgl , , ).
Das Bundesfinanzgericht vertritt in seiner ständigen Rechtsprechung die Auffassung, dass sogar bei einer Zeitgleichheit der Bestätigungsmeldung und der Beanstandung durch ein Parkraumüberwachungsorgan eine fahrlässige Abgabenverkürzung vorliegt (vgl hiezu die im Internet unter https://findok.bmf.gv.at/ veröffentlichten Erkenntnisse , ,, , ).
Im vorliegenden Fall erfolgte die Aktivierung des elektronischen Parkscheines durch den Bf. um 18:30 Uhr. Die Abfrage durch das Kontrollorgan erfolgte exakt um 18:30:14 Uhr. Zum Abfragezeitpunkt schien der Parkschein noch nicht auf dem Prüfungsgerät des Parkraumüberwachungsorgans auf und der Bf. befand sich nicht mehr am Fahrzeug.
Daher wurde der Tatbestand verwirklicht, weil zum Abfragezeitpunkt wenige Sekunden nach Entwertung (noch) kein gültiger Parkschein vorlag.
Somit waren objektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.
Das Verwaltungsstrafgesetz normiert in § 5 Abs 1 VStG den Tatbestand der Schuld. Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.
Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. 2006/09 idF LGBl. 2012/45, die keine besonderen Schuldvoraussetzungen fordert. Es genügt für die Strafbarkeit daher fahrlässiges Verhalten.
Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen ver-pflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzu-muten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbestand entspricht (§ 6 Abs 1 StGB).
Dem Lenker eines Fahrzeuges, der sein Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abstellt, ohne die Bestätigung der Aktivierung des Parkscheins beim Fahrzeug abzuwarten, ist Fahrlässigkeit vorzuwerfen.
Da der Bf. die Aktivierungsbestätigung nicht beim Fahrzeug abgewartet hat, hat er ein fahrlässiges Verhalten gesetzt.
Aus dem Verwaltungsakt und aus dem Vorbringen des Bf. geht nicht hervor, dass ihm ein rechtskonformes Verhalten zur Tatzeit nicht möglich gewesen wäre.
Aus all den genannten Gründen konnte daher der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein.
Strafbemessung:
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG 1991 sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Straf-gesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG 1991 festgelegten Kriterien vorzunehmen ist und unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen muss (vgl. , , ).
Bei der Strafbemessung war gemäß § 19 VStG 1991 zu berücksichtigen, dass ein öffentliches Interesse an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Abgabenentrichtung besteht. Werden die hiefür vorgesehenen Kontrolleinrichtungen nicht richtig entwertet, entgehen der Gemeinde Wien unter Umständen die entsprechenden Abgaben.
Der Bf. hat das öffentliche Interesse dadurch geschädigt, dass er das Fahrzeug ohne gültigen Parkschein in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt hat.
Milderungs- und Erschwernisgründe wurden von der belangten Behörde, soweit bekannt, berücksichtigt.
Das Bundesfinanzgericht erachtet die von der belangten Behörde nach den Regeln der Strafbemessung mit € 60,00 verhängte Geldstrafe und die für den Fall der Uneinbringlichkeit mit 14 Stunden festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe als schuld- und tatangemessen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Kostenentscheidung
Gemäß § 64 VStG sind die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in Höhe von 10% der Strafe festzusetzen. Sie wurden somit in Höhe von 10,00 € korrekt festgesetzt.
Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 € zu bemessen.
Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere 12,00 € als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.
Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer ange-messenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbe-hörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).
Zahlungsaufforderung
Gemäß § 54b VStG und § 52 VwGVG hat der Beschwerdeführer den Strafbetrag sowie die Kostenbeiträge des verwaltungsbehördlichen und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses zu bezahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt 82,00 €.
Informativ wird mitgeteilt, dass die Einzahlung auf folgendes Bankkonto des Magistrats der Stadt Wien bei der UniCredit Bank Austria AG zu erfolgen hat:
Empfänger: MA 6 - BA 32 - Verkehrsstrafen IBAN: AT13 1200 0100 2281 3611 (BIC: BKAUATWWXXX). Als Verwendungszweck ist die Geschäftszahl des Straferkenntnisses anzugeben: (Zahl)
Für allfällige Ratenvereinbarungen ist der Magistrat der Stadt Wien, MA 6, zuständig.
Mündliche Verhandlung
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war gemäß § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG abzusehen, weil in den angefochtenen Bescheiden eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, die Durchführung einer Verhandlung nicht beantragt wurde und eine solche auf Grund der Sach- und Rechtslage nicht geboten war.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG eine Revision durch die belangte Behörde nach Art 133 Abs 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da die Feststellung, ob zum Beanstandungszeitpunkt ein elektronischer Parkschein aktiviert war, eine Sachverhaltsfrage darstellt und die sich daraus ergebende Rechtsfolge sich unmittelbar aus den maßgeblichen Normen ableitet.
Eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof ist auf der Grundlage des § 25a Abs 4 VwGG nicht zulässig, da bei Verwaltungsstrafsachen, bei denen eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro verhängt werden darf und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wird, eine Verletzung in subjektiven Rechten (Art 133 Abs 6 Z 1 BVG) ausgeschlossen ist.
Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe bedeutet für sich genommen nicht, dass die Revision infolge der in § 25a Abs 4 Z 1 VwGG getroffenen Regelung jedenfalls zulässig wäre.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008 § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7500028.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at