Familienbeihilfe - Aktivlegitimation des Antragstellers: Rückwirkende Beantragung durch den Jugendwohlfahrtsträger bei Übertragung der Obsorge im Bereich Pflege und Erziehung (ohne Vermögensverwaltung); Unterhalt wird zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe bzw. der öffentlichen Hand getragen; Naturalunterhalt der Eltern ändert daran nichts
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Heidemarie Winkler über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes 2/20/21/22, nunmehr des Finanzamtes Österreich, vom , betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab August 2018, zu Recht:
I. Die Beschwerde für den Zeitraum August 2018 bis August 2020wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Magistrat der Stadt Wien, Wiener Kinder- und Jugendhilfe, Rechtsvertretung, Bezirke 12, 23, brachte am (eingelangt beim Finanzamt am ) für den am ***Gb*** geborenen ***BF*** J. gemäß § 6 Abs. 5 FLAG 1967 folgenden Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge rückwirkend ab Mai 2018 ein:
"[…] 1. Angaben zum Antragsteller:
[…] Wohngemeinschaft Caritas der Erzdiözese Wien, Bertha-von-Suttner-G 5/3/1A, 1220 Wien.
2. Vertretungsbefugnis: Die Wiener Kinder- und Jugendhilfe hat die Obsorge im Bereich der Pflege und Erziehung
[…] 4. Angaben zu den Eltern des antragstellenden Kindes:
Mutter: ***1***, geb. ***6***, Versnr. ***2***, wh. ***5***
Vater: V., geb. ***7***, Versnr. ***3***, wh. ***4***, ***10*** Wien
[…] Für den Fall, dass einem Elternteil bislang die Familienbeihilfe ausbezahlt wurde und diesem Elternteil die Familienbeihilfe auch nicht rückwirkend aberkannt wird, gilt der vorliegende Antrag nur für künftige Zeiträume ab Antragstellung.
Begründung: Nach Auffassung der Wiener Kinder- und Jugendhilfe genügt für die rückwirkende Antragstellung, dass die Wiener Kinder- und Jugendhilfe mit der Pflege und Erziehung des Kindes betraut ist. Da es jedoch durchaus sein kann, dass in weiterer Folge diese Vertretungsbefugnis für den rückwirkenden Teil des Antrages nicht als ausreichend erkannt wird, wurde mit gleicher Post der aus der Beilage ersichtliche Antrag auf Betrauung der Wiener Kinder- und Jugendhilfe mit der Obsorge im Bereich Beantragung und Verwaltung der Familienbeihilfe beim Pflegschaftsgericht gestellt (siehe Beilage).
Das antragstellende Kind befindet sich seit in einer sozialpädagogischen Einrichtung im Rahmen der vollen Erziehung. Der Stadt Wien entstehen dadurch Kosten von mindestens EUR 80,- täglich.
Das antragstellende Kind hat laut Auskunft des zuständigen Bearbeiters der Wiener Kinder- und Jugendhilfe, Rechtsvertretung Soziale Arbeit Bezirk 12 regelmäßig Besuchskontakte zu den Eltern.
Von den Eltern des Kindes langen seit Antragsbegehren keine übergegangenen Unterhalts- bzw. Kostenersatzbeträge ein.
Folgende Nachweise sind diesem Antrag angeschlossen:
schriftliche Vereinbarung über die Unterbringung des Kindes
Nachweis über die Vermögensverwaltung oder volle Obsorge
Übergangsanzeigen
Nachweis über Besuchskontakte des Kindes …"
Dem Antrag war ein Schreiben des Magistrates der Stadt Wien, Wiener Kinder und Jugendhilfe, Rechtsvertretung an das Bezirksgericht Donaustadt vom beigelegt, demzufolge sich ***BF*** seit in voller Erziehung befindet und entsprechend § 6 Abs. 5 FLAG einen Eigenanspruch auf Familienbeihilfe hat, sowie folgende Unterlagen beigefügt:
Vereinbarung der vollen Erziehung:
"[…] Gegenstand der Vereinbarung:
Zustimmung zur Übernahme von J. ***BF*** in volle Erziehung der Stadt Wien und Verpflichtungserklärung. […]
M. 2. Frauenhaus
Für die Wiener Kinder- und Juaendhilfe; DSA ***8***, Frau ***9*** gibt an:
Ich bin mit der gesamten Obsorge für mein Kind ***BF*** betraut.
Als Obsorgeberechtigte übergebe ich mein Kind ***BF*** in volle Erziehung der Stadt Wien. Die Magistratsabteilung 11 wird somit von mir mit der Pflege und Erziehung zur Gänze betraut.
Dies beinhaltet auch die gesetzliche Vertretung im Bereich der Pflege und Erziehung, wie z.B. die Zustimmung zu sämtlichen erforderlichen Maßnahmen die im gesundheitlichen Interesse des Kindes liegen (Impfungen, Medikamente, operative Eingriffe, Therapien, psychologische Behandlung bzw. Psychotherapie).
Ich nehme meine Verpflichtung zur Leistung von Kostenersatz für die volle Erziehung im Rahmen meiner Unterhaltspflicht zur Kenntnis […]"
2)Schreiben des Magistrates der Stadt Wien, Wiener Kinder- und Jugendhilfe, Rechtsvertretung vom 28.05.2018 an V. und M. J.:
"[…] ***BF*** J., geb. ***Gb***, … befindet sich seit in einem Krisenzentrum bzw. bei Krisepflegeeltern der Stadt Wien. Informativ teilen wir Ihnen mit, dass die Kosten, die der Stadt Wien dafür erwachsen, derzeit täglich EUR 80,00 pro Kind betragen. Die Höhe des von Ihnen zu leistenden Betrages wird aufgrund Ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse errechnet.
Unter Berufung auf §§ 36, 37 des Wiener Kinder- und Jugendhilfegesetzes 2013, LGBI. für Wien Nr. 51, zeigt die Wiener Kinder- und Jugendhilfe - Rechtsvertretung Bezirke 12, 23 an, dass der gegen Sie zustehende Rechtsanspruch dieser Minderjährigen auf Geldleistungen zur Deckung des Unterhaltes höchstens bis zum vollen Ausmaß der erwachsenden Verpflegskosten auf die Stadt Wien übergegangen ist. Dies gilt auch dann weiter, wenn an die Unterbringung im Krisenzentrum die Volle Erziehung anschließt. […] Dies gilt auch dann weiter, wenn an die Unterbringung im Krisenzentrum die volle Erziehung anschließt […]"
E-Mail von ***K*** an ***S***, Wiener Kinder und Jugendhilfe, Rechtsvertretung Bezirke 12,23, vom :
" … Sowohl ***BF*** als auch … haben regelmäßige Besuchskontakte zu ihren Eltern…"
Das Finanzamt (die belangte Behörde) verlangte mit Schreiben vom von der Rechtsvertretung der Stadt Wien, Bezirke 12, 23, folgende Unterlagen ab:
"Beschluß betreffend der Vermögensverwaltung von ***BF***
Aufstellung über die Heimausgänge von ***BF*** ab Mai 2018
Aufstellung über die Unterhaltsleistungen für ***BF***"
Mit Schreiben vom wurde von der Rechtsvertretung der Stadt Wien, Bezirke 12, 23, folgendes mitgeteilt:
"Es wird mitgeteilt, dass die Obsorge hinsichtlich der Pflege und Erziehung von der Kindesmutter an die Wiener Kinder und Jugendhilfe übertragen wurde. Bezüglich der Vermögensverwaltung wurde bei Gericht ein Antrag eingebracht, über diesen Antrag ist noch nicht entschieden.
Besuchskontakte: zum Kindesvater erfolgten Kontakte zu Beginn laut Auskunft der sozialen Arbeit mit Familien jeweils an Samstagen, der Kindesvater holte ihn um 10:00 Uhr in der WG ab und brachte ihn um 18:00 Uhr wieder in die WG zurück.
Besuchskontakt zur Mutter fand ab Mai 2019 jeweils an Mittwochen von 13:30 Uhr bis um 17:00 Uhr und Sonntagen von 13:30 Uhr bis 17:00 Uhr in der WG statt.
[…] Regelung ab Juni 2019: Vater besuchte jeweils an Samstagen von 10:00 Uhr-12.00 Uhr die WG, Mutter besuchte jeweils an Sonntagen von 10:00Uhr -12:00Uhr die WG
Ab November 2019 besucht der Minderjährige den Kindesvater jeweils an den Samstagen von 09:00-14:00 Uhr, kein Kontakt zur Kindesmutter.
Es werden keine Unterhaltsleistungen erbracht…"
Das Finanzamt wies den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab August 2018 mit Bescheid vom mit der Begründung ab, dass trotz Aufforderung die abverlangten Unterlagen nicht eingebracht worden seien, wodurch der Mitwirkungspflicht nach § 115 BAO nicht nachgekommen worden sei. Es müsse daher angenommen werden, dass im oben genannten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden hat bzw. bestehe.
Gegen den Abweisungsbescheid wurde rechtzeitig am folgende Beschwerde erhoben:
"[…] Der Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe wurde mit der Begründung abgewiesen, dass die erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt wurden.
Mit Schreiben vom wurde der Wiener Kinder- und Jugendhilfe aufgetragen den Obsorgebeschluss und eine Aufstellung über Heimausgänge zu übermitteln. Diesem Ersuchen wurde mit Schreiben vom entsprochen. Die Aufstellung der Heimausgänge wurde beigelegt. Hinsichtlich der Obsorge wurde mitgeteilt, dass ein diesbezüglicher Beschluss noch nicht vorliegt.
Der Antrag auf Betrauung mit der Vermögensverwaltung im Umfang der Beantragung und der Verwaltung der Familienbeihilfe wurde am gestellt und dem Bezirksgericht Donaustadt nachweislich übermittelt. Das Verfahren ist jedoch noch immer nicht abgeschlossen.
Es ergeht der ANTRAG, der Beschwerde möge Folge geleistet und die Familienbeihilfe dem Kind zugesprochen werden, oder es möge mit der Entscheidung über den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe bis zum Abschluss des Obsorgeverfahrens abgewartet werden."
Der Beschwerde beigefügt war (erneut) das Schreiben vom sowie folgende Verlaufsdokumentation der Besuchskontakte des mj. BF:
", Tel ->, RS fallführend, ***K***, RS:12
Vater Bzgl. Besuchskontakte:
[…] ad ***BF***
V. holt ihn jeweils an Samstagen um 10:00 Uhr in der WG ab und bringt ihn um 18:00 Uhr wieder in die WG zurück
V. gibt an, dass es vergangenen Sa, in der WG ein Problem gab, da die Betreuerinnen der Meinung waren er sollte ***BF*** bereits um 17.00 Uhr in die WG zurückbringen, was sich mit ***Schwester*** nicht ausginge.
Ev. mit der WG klären.
FVK am Mi. um 11.00 Uhr in der WG mit beiden E-teilen
, Tel ->, RS fallführend, ***K***, RS:12
Mutter Bzgl. Besuchskontakte:
[…] ad ***BF***
M. ist jeweils an Mittwochen von 13:30 Uhr bis um 17:00 Uhr und Sonntagen von 13:30 Uhr bis 17:00 Uhr in der WG auf Besuch.
M. wünscht sich gemeinsam mit beiden Kindern Zeit verbringen zu können.
WG V. ist manchmal auch erst um 19:00 Uhr mit seinem Sohn in die WG gekommen und man hat ihn darauf hingewiesen.
M. ist in letzter Zeit zuverlässig und es funktioniert gut.
, Tel <-, RS fallführend, ***K***, RS: 12
WG Volkshilfe PL Fr. ***B***
Neue vorläufige Besuchsregelung, nachdem es zu Problemen gekommen ist:
V. besucht jeweils an Samstagen von 10:00 Uhr-12.00 Uhr
M. besucht jeweils an Sonntagen von 10:00 Uhr-12:00 Uhr
, Fallverlaufskonferenz, RS fallführend, ***K***, RS:12
Neue Besuchsregelung für ***Schwester*** in der VH WG Rötzergasse:
Mutter: Jeweils Sa. 10:00-12.00 begleitet in der WG
Vater: jeweils So. 10:00-12:00 begleitet in der WG
Regelung einmal bis zum > Besprechung gemeinsam mit der WG von ***BF***. WGs halten Kontakt miteinander.
, Tel <-, RS fallführend, ***K***, RS. 12
Mutter Fr. ***KM*** gibt an, dass sie vom - in Haft geht. Sie wird sich danach bzgl. der Besuchskontakte zu ***BF*** melden.
Seit gut 3 Monaten hatte sie keinen Kontakt mehr mit ***BF***
, Tel ->, RS fallführend, ***K***, RS: 12
WG ***11***. Caritas PL Fr. ***G*** ***12***
Nach neuer Wohnsituation des Vaters in ***10***, ***13*** (über 9er Haus, Übergangswohnung > Gemeindewohnung; Koll. ***Bu*** und ***Sch*** haben bereits HB gemacht. Whg. ist OK kompletmöbliert) Neue Ausgangsregelung: -***BF***: Samstag 09:00-14:00Uhr […]"
Mit Schreiben vom wurde die Rechtsvertretung der Stadt Wien zur Vorlage folgender Unterlagen aufgefordert:
Beschluss betreffend der Vermögensverwaltung
Nachweise betreffend der Unterhaltszahlungen der Eltern seit September 2018 bis laufend
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (in Folge BVE) vom mit folgender Begründung ab:
"Sachverhalt: Sie haben am einen Antrag auf Familienbeihilfe für sich selbst gestellt. Mit Ergänzungsersuchen vom wurden Sie dazu aufgefordert unter anderem den Beschluss betreffend der Vermögensverwaltung nachzureichen. Dieser wurde nicht vorgelegt. Ihr Antrag wurde in der Folge abgewiesen. Am haben Sie eine Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid eingelegt. Sie wurden mit Ergänzungsersuchen vom dazu aufgefordert, Nachweise über die Unterhaltszahlungen der Eltern vorzulegen. Auf dieses Ersuchen erfolgte keine Reaktion.
Gesetzliche Grundlagen: […angeführt werden die Bestimmungen des § 6 Abs 1 FLAG 1967, §§ 115 und 119 BAO]
Würdigung: Nach der oben genannten Bestimmung des Familienlastenausgleichsgesetzes haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe im Eigenbezug, wenn sie die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, keine Ausschlussgründe vorliegen und ihr Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird.
Es ist Sache des Beschwerdewerbers, das Vorliegen der Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienbeihilfe nachzuweisen bzw. glaubhaft und nachvollziehbar darzustellen. Die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes findet dort ihre Grenze, wo nach Lage des Falles nur die Partei Angaben zum Sachverhalt machen kann (, 94/15/0181). Nach der Judikatur tritt die amtswegige Ermittlungspflicht gegenüber der Behauptungs- und Mitwirkungspflicht auch dann in den Hintergrund, wenn die Behörde nur auf Antrag - wie es auf den vorliegenden Beschwerdefall zutrifft - tätig wird (). Die Beweislast für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Familienbeihilfe trifft den Antragsteller (). Auf Grund der Verletzung Ihrer Mitwirkungspflicht war Ihre Beschwerde als unbegründet abzuweisen."
Am 24.09.2020(eingelangt am ) wurde folgender Vorlageantrag gestellt:
"Als Begründung für die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung der Familienbeihilfe bzw. für die Abweisung der Beschwerde wurde angeführt, dass die erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt wurden. Hierzu ist anzumerken, dass sämtlichen Ergänzungsersuchen entsprochen wurde. Eine Aufstellung der Unterhaltszahlungen der Eltern erfolgte nicht, da diese von einer Kostenersatzverpflichtung befreit sind. Der Eigenanspruch auf Familienbeihilfe besteht, da der Minderjährige regelmäßige Besuchskontakte zu seinen Eltern hat (diese wurden nachgewiesen). Bezüglich der Vermögensverwaltung konnte kein entsprechender Beschluss vorgelegt werden, da eine Entscheidung über die Vermögensverwaltung noch nicht ergangen ist. Die Behörde zieht offensichtlich die Vertretungsbefugnis des Kinder-und Jugendhilfeträgers in Zweifel bzw geht die Behörde scheinbar davon aus, dass der Kinder-und Jugendhilfeträger nicht befugt sei, den Beschwerdeführer hinsichtlich der Vermögensverwaltung zu vertreten.
Der Minderjährige befindet sich seit aufgrund der mit der Kindesmutter abgeschlossenen Vereinbarung in voller Erziehung des KJHT Land Wien, worunter gemäß § 30 Abs 2 WKJHG die Pflege und Erziehung zu verstehen ist. Nach Abs 1 ist der KJHT "mit der Pflege und Erziehung zur Gänze betraut",was auch von der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde nicht bezweifelt wird. Dies legitimiert den Kinder- und Jugendhilfeträger Wien entsprechend der aktuellen Rechtsprechung des OGH zur Antragstellung auf Familienbeihilfe sowohl für laufende als auch für rückwirkende Zeiträume. Gerade bei der Antragstellung auf Familienbeihilfe nach § 6 Abs 5 FLAG ist es geradezu typisch, dass nicht nur die Familienbeihilfe ab Antragstellung begehrt wird, sondern auch für einen gewissen rückwirkenden Zeitraum. Bei Übernahme des Kindes in volle Erziehung müssen nämlich die anspruchsbegründenden Umstände vor einer Antragstellung auf Gewährung der Familienbeihilfe vorerst abgeklärt werden. Dafür müssen etwa Nachweise über allfälliges Eigeneinkommen des Kindes beschafft werden oder es muss erst abgewartet werden, ob die Eltern ihre Unterhaltsverpflichtungen halbwegs regelmäßig erfüllen, damit der anspruchsbegründende Tatbestand erfüllt ist, dass sich das Kind nicht zur Gänze auf Kosten des Kinder-und Jugendhilfeträgers in voller Erziehung befindet. In einer solchen Situation hinsichtlich der Vertretungsbefugnis danach zu differenzieren, ob der Antrag nur laufende Perioden ab Antragstellung oder in gewissem Umfang auch- von der Antragstellung her betrachtet - rückwirkende Perioden betrifft, steht einerseits nicht im Einklang mit der genannten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes und steht andererseits auch den praktischen Bedürfnissen an einer einheitlichen Zuordnung der Vertretungsbefugnis und damit einer raschen Abwicklung ohne zwingenden Grund entgegen.
Nach § 6 Abs 5 FamLAG haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder-und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs getragen wird, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs 1 bis 3).
Nach den Behauptungen des KJHT, denen die Eltern nicht entgegengetreten sind, steht dem minderjährigen ***BF*** J. ein solcher Anspruch zu. Die Antragstellung des Kindes und Jugendhilfeträgers zielt darauf ab, ihn rechtlich in die Lage zu versetzen, diesen Anspruch für das Kind auch geltend machen zu können. […]"
Am 16.11.2020erging an die Rechtsvertretung der Stadt Wien folgendes Schreiben:
"Aufstellung aller Besuche von ***BF*** ab August 2018 bei seinen Eltern (chronologisch mit genauen Tages- und Zeitangaben).
Erfolgten im oben genannten Zeitraum auch Besuche mit Nächtigungen bei den Eltern?
gerichtliche Entscheidung betreffend Vermögensverwaltung.
Auf Ihre Mitwirkungspflicht gemäß 119 BAO wird hingewiesen."
Mit Schreiben vom 27.11.2020 wurde der Vorhalt des Finanzamtes vom wie folgt beantwortet:
"…Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom , hier eingelangt am , teile ich mit, dass die ersuchten Daten nicht im gegebenen Zeitraum rückgemittelt werden können, da diese erst durch die entsprechenden Stellen recherchiert und bereitgestellt werden müssen. Sobald mir die Daten der Besuche vorliegen, kann ich sie Ihnen umgehend übermitteln. Ein Beschluss bezüglich der Vermögensverwaltung kann noch nicht vorgelegt werden, da ein solcher trotz Urgenzen beim Bezirksgericht ein solcher durch dieses nicht ergangen ist. Eine Nachreichung erfolgt umgehend nach Einlangen in Rechtskraft."
Am legte die belangte Behörde die Beschwerde mittels Vorlagebericht dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vor. Darin wird ausgeführt:
"[…] Stellungnahme: Nach der Judikatur tritt die amtswegige Ermittlungspflicht gegenüber der Behauptungs- und Mitwirkungspflicht in den Hintergrund, wenn die Behörde nur auf Antrag tätig wird ( 89/13/0107). Dem Bf wurde mehrmals die Möglichkeit eingeräumt, Unterlagen betreffend Kontakt zwischen dem Bf und den Eltern einzureichen. Der Bf kam der Aufforderung nicht nach. Kinder haben einen Eigenanspruch auf Familienbeihilfe unter denselben Voraussetzungen unter denen ein Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (§6 Abs. 1 bis 3), sofern ihre Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und ihr Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes oder des Wohnbedarfs getragen wird. Wird der Unterhalt eines Kindes in voller Erziehung in einer sozialpädagogischen Einrichtung zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe getragen, die der Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes dienen, besteht kein Anspruch auf die Familienbeihilfe, da nach dem Willen des Gesetzgebers in diesen Fällen der Mindestunterhalt des Kindes bereits vollständig durch Mittel der öffentlichen Hand sichergestellt ist. Leisten die leiblichen Eltern ihrem Kind zwar nicht überwiegend, aber dennoch zum Teil Unterhalt, tragen sie dadurch regelmäßig, zumindest teilweise zum Unterhalt ihres Kindes bei und kommen ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht zumindest zum Teil nach. Diese Unterhaltsbeiträge der Eltern lösen einen Eigenanspruch des Kindes aus. Ein solcher Unterhaltsbeitrag ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Eltern ihrer gesetzlichen Verpflichtung zum Ersatz der Kosten der vollen Erziehung für ihr fremduntergebrachtes Kind nachkommen: gemäß § 30 B-KJHG sowie der dazu ergangenen Ausführungsgesetze sind Eltern zum Kostenersatz für die anfallenden Kosten der vollen Erziehung ihres Kindes verpflichtet. Rechtsgrundlage für diesen Kostenersatz besteht entweder aufgrund einer Vereinbarung, die zwischen dem Kinder- und Jugendhilfeträger und dem kostenersatzpflichtigen Elternteil abgeschlossen wird (§ 42 B-KJHG) oder aufgrund eines Gerichtsbeschlusses, mit welchem der unterhaltspflichtige Elternteil zum Kostenersatz verpflichtet wird (§ 43 B-KJHG). Für den Fall, dass regelmäßige finanzielle Unterstützungen im Sinne eines Kostenersatzes nach § 30 B-KJHG nicht erfolgen, kommt subsidiär der Nachweis einer regelmäßigen Erbringung von Naturalunterhaltsleistungen seitens der unterhaltspflichtigen Eltern in Betracht. Wochenendbesuche im Rahmen von Heimfahrten der betroffenen Kinder zu ihren leiblichen Eltern samt Übernachtungen bei den Eltern, die in regelmäßigen Abständen stattfinden (alle 14 Tage), können als Naturalunterhaltsleistungen der Eltern angesehen werden und begründen in Zweifelsfällen einen Eigenanspruch des Kindes. Nachdem kein Kostenersatz geleistet wurde bzw. auch kein Naturalunterhalt in Form von Wochenendbesuchen mit Heimfahrten vorliegt bzw. der Bf betreffende Unterlagen nicht eingereicht hat, beantragt das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."
Am erging folgender Fragenvorhalt durch das BFG an die Vertretung des BF:
"In Ihrer Beschwerdesache werden Sie ersucht, nachstehende Fragen innerhalb von vier Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zu beantworten und die angesprochenen Unterlagen vorzulegen:
1.)Aus welchen Mitteln finanziert sich die Wohngemeinschaft Caritas der Erzdiözese Wien, Bertha-von-Suttner-G 5/3/1A, 1220 Wien?
2.)Wie hoch sind die tatsächlichen Unterhaltskosten des Beschwerdeführers (BF)? (Aufenthalt in der Wohngemeinschaft, anteilige Personalkosten, anteilige Raumkosten sowie Kosten für Verpflegung und sonstigen Unterhaltskosten wie Aufwendungen für Freizeitaktivitäten, etc.)
3.)Aus welchen Mitteln wird der Unterhalt des BF bestritten?
a)Wird der Lebensunterhalt und Wohnbedarf des BF zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe bzw. Mitteln der öffentlichen Hand getragen?
b)Falls der Unterhalt nicht zur Gänze aus den oben angeführten Mitteln (Pkt. 3a) stammt, wie setzt sich die Finanzierung des Unterhaltes zusammen? Sie werden ersucht, eine diesbezügliche Aufgliederung samt Nachweisen vorzulegen.
4.)Das Bundesfinanzgericht beabsichtigt eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 271 Bundesabgabenordnung (BAO). Dies aus folgenden Gründen: Das Bundesfinanzgericht vertrat in Anlehnung an die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zB 2002/15/0181; 2003/13/0162; 2001/15/0075; 99/14/0320; 99/15/0210) in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. zB RV/7102675/2020, RV/5101471/2016) die Ansicht, dass kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, wenn der Unterhalt des Kindes zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe (bei Aufenthalt in einer sozialpädagogischen Einrichtung) oder zur Gänze aus Mitteln der öffentlichen Hand (zB durch eine bedarfsorientierte Mindestsicherung oder die Grundversorgung) getragen wird, da in diesen Fällen der Mindestunterhalt des Kindes bereits vollständig durch Mittel der öffentlichen Hand sichergestellt ist. Gleiches gelte, sofern die Eltern zwar nicht überwiegend, jedoch zumindest teilweise regelmäßig zum Unterhalt ihres Kindes beitragen.
Im Erkenntnis vom , RV/7103076/2020, vertrat das BFG nun die Ansicht, dass wenn ein Teil der Unterhaltskosten des Kindes dadurch getragen wird, dass die sozialpädagogische Einrichtung, in der das Kind untergebracht ist, teilweise oder ganz durch Spenden von Privatpersonen und Unternehmen finanziert und mit diesen Spendenmitteln die Differenz zwischen dem von der Kinder- und Jugendhilfe gezahlten Tagsatz und den tatsächlichen Kosten der Einrichtung je tatsächlich betreutem Kind bezahlt wird, der Unterhalt des Kindes nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe bestritten wird. Hierzu wurde eine Amtsrevision beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht (Ro 2020/16/0048).
§ 271 Abs 1 BAO lautet: […].Durch die beim VwGH anhängigen Revision sieht das Bundesfinanzgericht die Zulässigkeit der Aussetzung begründet. Sie werden nun ersucht bekannt zu geben, ob Ihrerseits Interessen vorliegen, die gegen die Aussetzung sprechen."
Am antwortete die Kinder- und Jugendhilfe Wien, als Vertretung des BF wie folgt:
"[…] bezugnehmend auf den Vorhalt vom , wird mitgeteilt, dass die Eltern des Minderjährigen derzeit von einer Kostenersatzverpflichtung befreit sind. Laut beigelegter E-Mail der (ehemals) zuständigen Sozialarbeiterin, befindet sich ***BF*** an den Wochenenden wechselweise bei Mutter und Vater. Die Eltern leisten Ihren Beitrag zur Deckung der Unterhaltskosten subsidiär durch die regelmäßigen Wochenendbesuche samt Übernachtungen, was als Naturalunterhaltsleistung der Eltern angesehen wird. Die Betreuung eines Kindes in einer sozialpädagogischen Einrichtung im Rahmen der Vollen Erziehung mit dauerhaften Charakter beendet die tatsächliche Wohn-und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen dem Kind und seinen Eltern. Kontakte im Rahmen von Wochenendbesuchen begründen nach dem FLAG keine Haushaltszugehörigkeit des Kindes zu seinen Eltern. Regelmäßige Kontakte des Kindes zu seinen Eltern an Wochenenden samt Übernachtungen können als Naturalunterhaltsleistungen der Eltern angesehen werden und den Eigenanspruch des Kindes auf Familienbeihilfe begründen.
Aus Sicht der Wiener Kinder- und Jugendhilfe - Rechtsvertretung 12,23 sollte sich die Entscheidung, über die Zuerkennung der Familienbeihilfe, nicht auf den Typus der Finanzierung einer sozialpädagogischen Einrichtung zentralisieren. Im gegenständlichen Fall sei es irrelevant, aus welchen Mitteln die sozialpädagogische Einrichtung finanziert wird. Aufgrund der Naturalunterhaltsleistungen der Eltern wird der Unterhalt des Kindes nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe bzw. aus Mitteln der öffentlichen Hand getragen. […]"
Dem Schreiben beigefügt war folgendes E-Mail von Fr. ***Ga*** an die Vertretung des mj. BF vom :
"Ich habe Familie J. am an die Regionalstelle 13/14 abgetreten, die neue Zuständige Kollegin ist Frau ***Br***. Derzeit gehen sowohl ***BF***, als auch ***Schwester*** wechselweise am WE zu Vater oder Mutter von Freitag nach der Schule (bei ***Schwester***) bzw bei ***BF*** nach dem KTH (ca 14:00Uhr) bis Sonntag 16:30 bei ***BF*** und 17:30 bei ***Schwester***.
Bei ***Schwester*** gibt es zusätzlich 1 Nächtigung wechselweise bei V und Mutter auch unter der Woche von Di auf Mi. Es ist mir nicht wirklich gelungen, mit Frau ***KM*** ein genaues Wirtschaftsblatt auszufüllen, da sie keine Unterlagen mit brachte. Sie arbeitete von -Mitte Jänner 22, seit Mitte Jänner 22 ist sie wieder arbeitslos. In ihrer Firma verdiente sie lt eigenen Angaben 1600 €. Sie erzählte mir, dass sie nach wie vor viele Schulden habe und auch bei der Schuldnerberatung angebunden sei. Sie müsste 30€ /Monat ansparen. Hat sie jedoch wahrscheinlich nicht gemacht, ich weiß auch nicht, wann sie das letzte Mal dort war. Sie hat auch mehrmals dem Vater mit Geld ausgeholfen.Ich schicke ihnen das letzte Wirtschaftsblatt mit.Die Adresse der Mutter und des Vaters: […]"
Am richtete das BFG folgende Frage an die Vertretung des mj. BF:
"[..]: Seit wann finden Übernachtungen (im Rahmen der ((Wochenend))Besuche) bei den Eltern des Minderjährigen ***BF*** statt?
In Ihrem letzten Schreiben vom gibt Fr. ***Ga*** im beigefügten Mail () bekannt, dass die Geschwisterkinder derzeit abwechselnd am Wochenende bei den Eltern übernachten.
Aus den bisher vorgelegten Unterlagen im Beschwerdeverfahren ist ersichtlich, dass derartige Besuche MIT Übernachtungen seit Beginn der Unterbringung (im Mai 2018) bis November 2019 NICHT stattgefunden haben (lediglich Besuche der Eltern in der Wohngemeinschaft; fallweise ein paar Stunden Betreuung außerhalb der WG).
Wie sah die Betreuung der Eltern im Zeitraum Dezember 2019 bis Februar 2022 aus? […]"
Die ergänzenden Unterlagen wurden am an die belangte Behörde zur Wahrung des Parteiengehörs weitergeleitet.
Am 0 langte von der Vertretung des mj BF folgende Antwort ein:
"…Laut Auskunft der zuständigen Wohngemeinschaft fanden Besuchskontakte im Rahmen von Tagesausgängen im Zeitraum von bis statt. Es wird darauf hingewiesen, dass bereits in diesem Zeitraum Naturalunterhalt in Form von Freizeitgestaltung, Verköstigung und dergleichen von den Eltern geleistet wurde. Übernachtungen fanden ab statt. Eine genaue Auflistung der Ausgänge mit Übernachtung finden Sie im Anhang."
Als Beilage wurde folgende Aufstellung (Übersicht der Besuchskontakte September 2020 bis Februar 2022) übermittelt:
[...]
Am wurden das Mail samt der Aufstellung an die belangte Behörde gesendet und erstattete diese folgendes Vorbringen:
"Aus den weitergeleiteten Dokumenten (Besuchskarte September 2020 - Februar 2022) und Vorhaltsbeantwortung vom geht lediglich hervor, dass ab September 2020 Besuche stattgefunden haben. Möglich, dass mir hier ein Dokument fehlt.
Die Unterhaltserbringung durch die Eltern durch Naturalunterhalt kommt subsidiär zu der Unterhaltserbringung durch Kostenbeiträge der Eltern zur Anwendung, weswegen auch nicht jeder Tagesbesuch Naturalunterhalt begründet.
Ab September 2020 liegen durch die regelmäßigen Besuche und Übernachtungen bei den Eltern nach Ansicht der Behörde Unterhaltsbeiträge in Form von Naturalunterhalt vor, die den Eigenanspruch des Kindes begründen.
Bezüglich des Zeitraumes Oktober 2018-August 2020 wird davon jedoch nicht ausgegangen."
Am ersuchte das BFG die Rechtsvertretung des MJ bekanntzugeben, welche Kostenersparnis auf Seiten der öffentlichen Hand vorliege, wenn der MJ Besuche von seinen Eltern bzw. wenn Wochenendaufenthalte bei denselben stattfinden.
Dazu langte am folgende Antwort ein:
"Email vom 07.04.20222: Wie gerade eben telefonisch besprochen schätze ich die, für die Eltern anfallenden, Kosten während der Tagesausgänge auf etwa €10 für Mittagessen, Hause und diverse Eintritts, wie Schwimmbad, Zoo,..
Auch während der 2 stündigen Ausgänge haben die Eltern stets eine kleine Jause oder eine kleine Aufmerksamkeit für ***BF*** bezahlt. Hier schätze ich die Kosten auf durchschnittlich €3 pro Ausgang.Ergänzend möchte ich noch erwähnen, dass die Eltern regelmäßig auch Kleidungsstücke mitgebracht haben, auch während der Besuchskontakte die nur 1h begleitet stattgefunden haben. Hier schätze ich die Kosten auf etwa €20 / Monat (Schuhe, T-Shirt,...).Falls Sie noch Fragen dazu haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.LG ***Betr***
Email vom :Da wir in großen Mengen kochen und einkaufen, lässt sich das kaum errechnen, wieviel in etwa ein Kinder Mittagessen + Nachmittagsjause kosten könnte. Ich schätze, dass wir hier sogar inkl. Obstjause und einer Kleinigkeit zu naschen sicher nicht auf mehr als €2 / Tagesausgang kommen.Ich hoffe sie können damit etwas anfangen."
Am wurde die Auskunft von der Rechtsvertretung samt folgendem Schreiben an die belangte Behörde gesendet:
"Ich habe im letzten Mail alle Unterlagen weitergeleitet, es fehlt kein Anhang. Die Info, wonach der Mj. von Oktober 2018 bis August 2020 von seinen Eltern (abwechselnd) besucht wurde, bzw. Tagesausflüge stattgefunden haben, ergibt sich aus dem Vorbringen der Rechtsvertretung des Mj. und deckt sich auch mit den von Ihnen vorgelegten Unterlagen. Weiterführende Aufzeichnungen gibt es dazu jedoch nicht.
Das Gericht erachtet die Angaben jedenfalls als glaubwürdig, bzw. gibt es keinen Grund daran zu zweifeln.
In einem gesonderten Mail sende ich Ihnen gleich im Anschluss eine weitere Auskunft der Betreuungsperson des MJ weiter.
Dabei wird Auskunft gegeben, welche Kosten sich die Wohngemeinschaft im Fall von Tagesausflügen, aber auch bei Besuchskontakten erspart (die Kostenersparnis beträgt demnach zwischen 2-10 EUR pro Tagesausgang bzw. ca. 20 EUR im Monat, nachdem die Eltern den Mj. regelmäßig auch mit Kleidung und Schuhen versorgten).
Auch wenn es sich dabei natürlich um geringfügigen Naturalunterhalt handelt, stellt sich die Frage, ob die öffentliche Hand/die Kinder- und Jugendhilfe in solchen Fällen zur GÄNZE für den Unterhalt des Mj. aufkommt (§ 6 Abs 5 FLAG).
In einer jüngsten BFG-Entscheidung (RV/7103076/2020) kommt der Richter zum Schluss, dass selbst geringe Spenden, die einer Wohngemeinschaft zukommen, eine gänzliche Unterhaltstragung durch die öffentliche Hand ausschließen. Aufgrund einer Amtsrevision ist diese Entscheidung noch nicht rechtskräftig (Ro 2020/16/0048).
Auch wenn es in gegenständlichem Fall nicht um die Frage der Spendenfinanzierung von derartigen Wohngemeinschaften geht, hat vorliegender Fall mit Ro 2020/16/0048 die ungeklärte Rechtsfrage, nämlich die Interpretation des Wortes "gänzliche Unterhaltstragung", gemeinsam.
Im Erkenntnis des BFG heißt es auszugsweise:
"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steckt der äußerste mögliche Wortsinn die Grenze jeglicher Auslegung ab (vgl. etwa Ro 2015/04/0017; 2012/17/0061; 89/16/0029, alle m. w. N.). Jede Auslegung muss immer noch im Wortlaut des Gesetzes eine Stütze finden (vgl. etwa Ra 2016/03/0099; Ro 2015/04/0017, alle m. w. N.).
Legt man die Wortfolge "zur Gänze" aus, ergibt sich: "Zur Gänze" bedeutet nicht "überwiegend", "zum größten Teil" oder "nahezu ausschließlich", sondern "ausschließlich", "vollständig", also zu 100%.Der äußerst mögliche Wortsinn von "zur Gänze" lässt eine Auslegung, wonach auch ein geringerer Betrag als gesamte Unterhaltsbetrag ausreiche, um im Fall der Tragung eines Großteils der Unterhaltskosten durch Mittel der Kinder- und Jugendhilfe einen Eigenanspruch des Kindes zu verneinen, nach der geltenden Rechtslage nicht zu.
Angesichts des klaren Wortlauts der Norm bleibt für eine einschränkende teleologische Auslegung der Bestimmung kein Raum.
Es mag sein, dass der Gesetzgeber nach den Gesetzesmaterialien einen Fall wie den gegenständlichen bei der Neuregelung von § 6 Abs. 5 FLAG 1967 nicht vor Augen hatte; der vom Gesetzgeber beschlossene Gesetzeswortlaut "zur Gänze" ist jedoch eindeutig. Der Gesetzgeber wollte -siehe § 6 Abs. 6 FLAG 1967 - ersichtlich die Ausnahmen vom in § 6 Abs. 5 FLAG 1967 nunmehr normierten Grundsatz der gänzlichen Kostentragung durch bestimmte öffentliche Mittel im Gesetz selbst normieren und dies nicht im Interpretationsweg der Vollziehung und der Rechtsprechung überlassen. Es entspricht daher auch einer teleologischen Auslegung, dass außer in den im Gesetz genannten Fällen es nunmehr ausschließlich auf eine gänzliche Kostentragung ankommt."
Aus diesem Grund werde ich den Fall bis zum Ergehen der VwGH-Entscheidung aussetzen (Beschluss folgt)."
Am wurde das Verfahren gem. § 271 Abs. 1 BAO ausgesetzt.
Am hob der VwGH (Ro 2020/16/0048) das Erkenntnis RV/7103076/2020 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf. Das Höchstgericht führte in seinem Erkenntnis (auszugsweise) aus:
"Die Bestimmung des § 6 Abs. 5 FLAG, die den Eigenanspruch auf Familienbeihilfe von Kindern, die nicht Vollwaisen sind, regelt, wurde mit BGBl. Nr. 296/181 eingefügt und lautete damals:
"(5) Kinder, deren Eltern ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3)."
Nach den Gesetzesmaterialien (ErlRV 694 BlgNR 15. GP 4) sollte diese "Gleichstellung von Kindern, deren Eltern ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen und für die auch sonst niemand Anspruch auf Familienbeihilfe hat, mit den Vollwaisen in bezug auf einen eigenen Anspruch auf Familienbeihilfe, [...] eine Härte in den Fällen beseitigen, in denen für Kinder, die sich weitgehend selbst erhalten müssen, keine Familienbeihilfe gewährt wird. Eine solche Härte wird dann nicht angenommen, wenn das Kind aus öffentlichen Mitteln (Sozialhilfe bzw. Jugendwohlfahrt) in einem Heim erzogen wird. In diesen Fällen würde nämlich die Familienbeihilfe nicht die Situation des Kindes verbessern, sondern lediglich die öffentlichen Haushalte, aus denen die Mittel stammen, entlasten."
Mit BGBl. Nr. 311/1992 wurde § 6 Abs. 5 FLAG - vor dem Hintergrund der Neuregelung der Studienforderung (vgl. ErlRV 465 BlgNR 18. GP 8) - dahingehend geändert, dass er lautete:
"(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3)."
Schließlich wurde mit BGBl. I Nr. 77/2018 die geltende - und im Revisionsfall zur Anwendung kommende - Fassung des § 6 Abs. 5 FLAG eingefügt, die lautet:
"(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abi 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren filtern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3)."
Den Gesetzesmaterialien zufolge wurde diese Änderung vorgenommen, um die Anwendungsvoraussetzungen der Bestimmung - vor dem Hintergrund der bis dahin ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - zu präzisieren (vgl. Begründung des Initiativantrages 386/A 26. GP 2):
"Für den Fall, dass keinem Elternteil ein Anspruch auf Familienbeihilfe zusteht, besteht durch eine Sonderregelung die subsidiäre Möglichkeit, dass das Kind für sich selbst die Familienbeihilfe beanspruchen kann (Eigenanspruch auf Familienbeihilfe). Ein solcher Eigenanspruch ist nach der derzeitigen Rechtslage ausgeschlossen, wenn sich die Kinder auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren Judikatur zum Ausdruck gebracht, dass in Konstellationen, bei denen typischer Unterhalt der Kinder (überwiegend) durch die öffentliche Hand gedeckt ist, ein Anspruch auf die Familienbeihilfe ausgeschlossen ist, wobei es nicht auf die Form der Unterbringung ankommt. Die in diesem Zusammenhang stehende Thematik, inwieweit ein Beitrag zu den Unterhaltskosten trotzdem einen Anspruch vermitteln kann, ist durch eine gesetzliche Präzisierung zu lösen.
Nach der - in den zuletzt wiedergegebenen Gesetzesmaterialien erwähnten - ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sollte nach der Absicht des Gesetzgebers in Fällen, in denen der Unterhalt einer Person durch die Unterbringung in Anstaltspflege oder einem Heim durch öffentliche Hand sichergestellt war; kein Anspruch auf Familienbeihilfe " bestehen, wobei es nicht auf die Art der Unterbringung ankam (Bezeichnung als Anstalt oder Heim), sondern ausschließlich auf die gänzliche Kostentragung durch die öffentliche Hand (vgl. 2006/13/0092; , 2002/15/0181; , 2003/13/0162; , 2001/15/0075).
Diese Sichtweise wurde vom Verwaltungsgerichtshof - im Hinblick auf den mit dem Familienbeihilfenrecht verfolgten Zweck (Entlastung des Unterhaltsbelasteten) und den typisierenden Charakter der Regelungen des FLAG (vgl. 2011/16/0173, mwN) - für sämtliche Fallkonstellationen, in denen der typische Lebensunterhalt (ua Unterkunft, Bekleidung, Verpflegung) durch die öffentliche Hand gedeckt wird, vertreten (vgl. Ra 2017/16/0124; , Ra 2017/16/0053; sowie , Ra 2014/16/0014, zum Ausschluss der Familienbeihilfe subsidiär Schutzberechtigter, die Leistungen aus der Grundversorgung erhalten; , 201 1/16/0173, bei Strafgefangenen; , 2007/13/0120, bei Ableistung des Zivildienstes; , 2004/15/0103, bei Ableistung des Präsenzdienstes).
Zur Frage, inwieweit ein Beitrag zu den Unterhaltskosten Auswirkungen auf den Eigenanspruch der Kinder haben kann, hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass eine gänzliche Unterhaltstragung durch die öffentliche Hand nicht mehr gegeben ist, wenn das Kind selbst zum eigenen Unterhalt beiträgt (vgl. etwa 2001/15/0075, mwN, zu einem Kind, das Pflegegeld und eine Waisenpension bezogen hatte).
Es ist in keiner Weise ersichtlich, dass mit der Änderung des § 6 Abs. 5 FLAG (mit BGBl. I Nr. 77/2018) eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beabsichtigt worden wäre.
Nach dem Gesagten ist daher auch nicht erkennbar, dass aufgrund der Änderung des § 6 Abs. 5 FLAG in einer Konstellation wie im vorliegenden Revisionsfall - vor dem Hintergrund einer (zumindest vorläufigen) gänzlichen Kostentragungsverpflichtung der öffentlichen Hand aufgrund der übertragenen Obsorge (vgl. vorliegend §§ 30, 32, 35 und 36 Wiener Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013, LGB1. Nr. 51/2013) - der Unterhalt des Kindes nicht mehr als "zur Gänze" durch die öffentliche Hand getragen anzusehen sein soll, wenn Dritte - somit weder das Kind selbst, noch dessen Eltern - Kostenbeiträge zum Unterhalt des Kindes leisten."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Wiener Kinder- und Jugendhilfe ist mit der Obsorge des mj. BF, geboren am ***Gb***, im Bereich Pflege und Erziehung betraut. Eine Übertragung der Obsorge im Bereich der Vermögensverwaltung (mittels Gerichtsbeschluss) wurde beantragt, wurde aber bislang nicht vorgenommen.
Der BF befindet sich seit in einer sozialpädagogischen Einrichtung der Wohngemeinschaft Caritas der Erzdiözese Wien, Bertha-von-Suttner-Gasse 5/3/1A und ist dort mit einem Hauptwohnsitz gemeldet.
Laut Homepage https://www.caritas-wien.at/hilfe-angebote/menschen-mit-behinderung/kinder-jugendliche/wohnen/wohngemeinschaft-bertha-von-suttner-gasse umfasst das Angebot volle Verpflegung, überwiegend Einzelzimmer, Nachtbereitschaft, umfassende medizinische Versorgung und Therapieangebote für Kinder im Alter von 2 bis 9 Jahren mit Entwicklungsverzögerung und/oder Behinderung, aber auch für Kinder ohne Behinderung. Die Kostenübernahme erfolgt in Wien durch die Stadt Wien.
Seit finden Besuchskontakte der Eltern im Rahmen von Tagesausgängen statt, dabei wurde Naturalunterhalt in Form von Freizeitgestaltung und Verköstigung durch die Eltern geleistet.
Der mj. BF verbringt die Wochenenden inkl. Übernachtung seit September 2020 abwechselnd bei seiner Mutter und seinem Vater.
Der mj. BF bezieht kein eigenes Einkommen und leistet keinen Kostenbeitrag zum Aufenthalt in der genannten Einrichtung.
Die Eltern sind von der Leistung einer Kostenübernahme befreit und leisten keinen Geldunterhalt.
Der Kinder- und Jugendhilfe der Stadt Wien entstehen Kosten von mindestens € 80 täglich.
Der Unterhalt (die Kosten der Unterbringung) wird bis August 2020 zur Gänze von der Kinder- und Jugendhilfe der Stadt Wien getragen. Die Kostenübernahme erfolgt in Wien über die Wiener Kinder- und Jugendhilfe, Referat Inklusion.
Beweiswürdigung:
Unstrittig, aktenkundig und nachgewiesen sind die persönlichen Verhältnisse des BF, die Betrauung der Wiener Kinder- und Jugendhilfe mit der Obsorge im Bereich Pflege und Erziehung, dass der BF über kein eigenes Einkommen verfügt und weder er noch seine Eltern einen Kostenbeitrag leisten.
Dass der mj. BF seit September 2020 im Rahmen der Wochenendbesuche abwechselnd bei seiner Mutter und seinem Vater übernachtet ergibt sich aus dem E-Mail des Betreuers ***K*** (vom ), der Eingabe der Kinder- und Jugendhilfe vom und und blieb seitens der belangten Behörde unwidersprochen. Durch die Beantwortung des Auskunftersuchens durch die Kinder- und Jugendhilfe Wien vom wurde bekanntgegeben, dass seit Besuchskontakte der Eltern im Rahmen von Tagesausgängen stattfinden, wobei Naturalunterhalt in Form von Freizeitgestaltung und Verköstigung durch die Eltern geleistet wurde.
Unstrittig ist ferner, dass die leiblichen Eltern weder Geldunterhalt noch einen Kostenbeitrag (in Geldform) leisten.
Dass der Unterhalt bis zumindest September 2020 von der Kinder- und Jugendhilfe der Stadt Wien getragen wird, ergibt sich aus der Homepage der Wohngemeinschaft (https://www.caritas-wien.at/hilfe-angebote/menschen-mit-behinderung/kinder-jugendliche/wohnen/wohngemeinschaft-bertha-von-suttner-gasse) und dem Vorbringen der Wiener Kinder- und Jugendhilfe über die Kostentragung von mindestens € 80.-.
Dass das BFG von diesem Sachverhalt ausgeht, wurde der Kinder- und Jugendhilfe der Stadt Wien vorgehalten und blieb unwidersprochen. Es wurde weder die Kostenvereinbarung mit der Caritas vorgelegt noch wurde nachgewiesen, dass die Wohngemeinschaft (teilweise) spendenfinanziert ist. Wenn die Kinder- und Jugendhilfe in der Beantwortung des Vorhaltes zur Finanzierung der sozialpädagogischen Einrichtung vermeint, dass sich aus deren Sicht die Entscheidung nicht auf den Typus der Finanzierung zentralisieren soll, dann geht sie damit nicht auf die gestellten Fragen ein und zudem von einer unzutreffenden Rechtslage aus (siehe unten). Zur Aufforderung, die Unterhaltskosten für den BF aufzuschlüsseln, den monatlichen Beitrag der Caritas und die Zuordnung zu (etwaigen) Spenden oder sonstigen Finanzierungsmitteln zu dokumentieren, erfolgte keine Stellungnahme.
Angesichts des Umstandes, dass von der Kinder- und Jugendhilfe der Stadt Wien trotz Aufforderung bislang kein Beschluss für die Obsorgeübertragung im Bereich der Vermögensverwaltung vorgelegt wurde, war davon auszugehen, dass eine solche (mittels Gerichtsbeschluss) noch nicht stattgefunden hat.
Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Beurteilung:
Strittig ist, ob der Unterhalt des BF zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe bzw. der öffentlichen Hand geleistet wird, oder ob durch die Besuchskontakte sog. Naturalunterhalt durch die Eltern geleistet wird und daraus dem mj. BF Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge ab August 2018 auf Grundlage von § 6 Abs. 5 FLAG 1967 (Eigenanspruch) zustehen.
Weiters erachtet die belangte Behörde die Obsorge im Bereich der Vermögensverwaltung als notwendige Voraussetzung für die Geltendmachung des Anspruches (Aktivlegitimation).
§ 6 Abs. 5 FLAG 1967 idgF normiert:
Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3).
Zur Aktivlegitimation des Antragstellers:
Zunächst ist strittig, ob der Jugendwohlfahrtsträger, dem die Obsorge im Bereich Pflege und Erziehung für den mj. BF übertragen wurde, befugt ist, für den BF rückwirkend einen (Eigen)Antrag auf Familienbeihilfe iSd § 6 Abs. 5 FLAG 1967 zu stellen.
Im ggstdl. Fall wurde über den Antrag des BF auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für den Zeitraum ab August 2018 u.a. deshalb abschlägig entschieden, weil der Magistrat der Stadt Wien mangels Vorliegen einer Obsorgeübertragung im Bereich der Vermögensverwaltung nach Ansicht der belangten Behörde nicht legitimiert sei, einen rückwirkenden Antrag auf Familienbeihilfe zu stellen und insoweit nicht vertretungsbefugt sei.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat bereits klargestellt, dass die Unterhaltsleistungen der Eltern regelmäßig der Erbringung bzw. Finanzierung jener Obsorgemaßnahmen dienen, die der Pflege und Erziehung zuzuordnen sind. Dementsprechend betrifft die Geltendmachung von Unterhalt den Bereich der Pflege und Erziehung und nicht jenen der Vermögensverwaltung. Die gesetzliche Vertretung in Unterhaltssachen steht damit grundsätzlich jenem Elternteil zu, dem die Pflege und Erziehung zukommt bzw. übertragen wurde. Es besteht somit keine Veranlassung, von der Auffassung wieder abzugehen, wonach die gesetzliche Vertretung in Unterhaltssachen grundsätzlich - außer bei anderslautender Beschlussfassung - demjenigen zusteht, dem Pflege und Erziehung zukommt bzw übertragen wurde (8 Ob 99/12k [ErwG 6.1.]); dies kann auch der KJHT sein (vgl. 8 Ob 99/12k; Neuhauser aaO).
Der OGH beschäftigt sich im Beschluss vom , 6 Ob 62/20s mit dem Sinn und Zweck der Familienbeihilfe und gelangt zu dem eindeutigen Schluss:
"... so verbleibt als Zweck der Familienbeihilfe, die Pflege und Erziehung des Kindes (als Zuschuss) zu erleichtern und die mit dessen Betreuung verbundenen Mehrbelastungen - zumindest zum Teil - auszugleichen. ... Gerade diesem Zweck dient aber auch der Unterhaltsbeitrag, den der geldunterhaltspflichtige Elternteil gemäß § 231 ABGB zu leisten hat (vgl die Beispiele bei Gitschthaler, Unterhaltsrecht4 [2019] Rz 1; siehe auch Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht9 [2019] 128; 8 6 Ob 62/20s, Neuhauser in Schwimann/Neumayr, ABGB-TaKomm4 [2017] § 231 Rz 2 - alle mit zahlreichen Judikaturnachweisen), womit nicht ersichtlich ist, weshalb zwar Geltendmachung und Empfangnahme von Kindesunterhalt zum Obsorgeteilbereich Pflege und Erziehung gehören sollen, nicht aber Geltendmachung und Empfangnahme von dem Kind zustehenen Familienbeihilfeleistungen."
Aus diesen Überlegungen folgt, dass die Unterhaltsleistungen der Eltern regelmäßig der Erbringung bzw. Finanzierung jener Obsorgemaßnahmen dienen, die der Pflege und Erziehung zuzuordnen sind. Dementsprechend betrifft die Geltendmachung von Unterhalt den Bereich der Pflege und Erziehung und nicht jenen der Vermögensverwaltung. Die gesetzliche Vertretung in Unterhaltssachen steht damit grundsätzlich jenem Elternteil zu, dem die Pflege und Erziehung zukommt bzw. übertragen wurde (vgl auch RIS-Justiz RS0072255: Für eine unterschiedliche Zuordnung der Empfangnahme von Unterhalt und der Geltendmachung besteht kein sachlicher Grund).
Aus den zit. Beschlüssen des OGH, denen das BFG folgt, ergibt sich daher - im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde - dass auch rückwirkende Anträge auf Familienbeihilfe vom Obsorgebereich Pflege und Erziehung umfasst sind. In wird die Auffassung des Vaters, eine Vertretungsbefugnis des KJHT für die beiden Kinder bestehe hier in "Unterhaltssachen, jedenfalls was den rückständigen Unterhalt betrifft - jedenfalls in diesem Fall sei Vermögensverwaltung gegeben - nicht", explizit nicht geteilt.
Das BFG kommt daher zum Ergebnis, dass im ggstdl. Fall der Magistrat der Stadt Wien, MA 11, Kinder- und Jugendhilfe, Rechtsvertretung Bezirke 12,23, dem die Obsorge im Bereich Pflege und Erziehung übertragen wurde, befugt war, für den BF (auch) rückwirkend für den Zeitraum ab Mai 2018 die Familienbeihilfe zu beantragen (vgl. , und ).
Die Vertretungsbefugnis des Magistrats der Stadt Wien ist damit zu bejahen. Die Aktivlegitimation des Einschreiters ist gegeben. Sohin konnte es auch auf sich beruhen, ob der beantragte Beschluss zur Obsorgeübetragung hinsichtlich Vermögensverwaltung zwischenzeitlich eingetroffen ist oder nicht.
Anspruchszeitraum
Die Frage, ob für einen bestimmten Anspruchszeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum ist der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruchs für ein Kind kann somit von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. in ständiger RspR etwa ). Die Entscheidung über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Leistungen, zu denen auch die Familienbeihilfe zählt, ist ein zeitraumbezogener Abspruch.
Ein Bescheid über die Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe "ab" einem bestimmten Anspruchszeitraum, ohne im Spruch einen Endpunkt festzusetzen, gilt nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH jedenfalls für den Zeitraum bis einschließlich jenes Kalendermonats, in welchem der Bescheid erlassen wird, ungeachtet dessen, ob sich zwischen dem Anfangszeitpunkt und diesem Zeitpunkt die Sach- oder Rechtslage geändert hat. Ein solcher Bescheid gilt jedoch über diesen Zeitpunkt der Bescheiderlassung hinaus solange weiter, als sich die der Bescheiderlassung zugrundeliegende Sach- und Rechtslage nicht ändert ( mwN; ).
Der Streitzeitraum wird daher durch den in der Beschwerde bekämpften Erstbescheid des Finanzamtes definiert. Da im Erstbescheid nur der Beginn des Zeitraums genannt wird ("ab August 2018"), ist für das Ende des Streitzeitraums grundsätzlich das Datum des Ergehens des Bescheides, nämlich Mai 2020, maßgeblich. Nachdem sich ab September 2020 die Sach- (und damit ggf. auch die Rechtslage) ändert (ab September 2020 finden Übernachtungen bei den Eltern statt), war sohin über den Zeitraum August 2018 bis August 2020 abzusprechen.
Eigenanspruch nach § 6 Abs. 5 FLAG 1967
Ausgehend von der Diktion des § 6 Abs. 5 erster Satz FLAG 1967 verbleibt seitens des BFG festzuhalten, dass - entgegen der Ansicht der gesetzlichen Vertretung des BF - dessen Anspruchsberechtigung nicht nur an die erwiesenermaßen nicht erfolgte überwiegende Tragung des Unterhaltes durch die Kindseltern anknüpft, sondern darüber hinaus, sprich sohin kumulativ der Unterhalt des BF nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe getragen werden darf ().
Das BFG vertrat in Anlehnung an die Judikatur des VwGH (zB ; ; ; ; ) in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. zB , ) die Ansicht , dass kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, wenn der Unterhalt des Kindes zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe (bei Aufenthalt in einer sozialpädagogischen Einrichtung) oder zur Gänze aus Mitteln der öffentlichen Hand (zB durch eine bedarfsorientierte Mindestsicherung oder die Grundversorgung) getragen wird, da in diesen Fällen der Mindestunterhalt des Kindes bereits vollständig durch Mittel der öffentlichen Hand sichergestellt ist. Gleiches gelte, sofern die Eltern zwar nicht überwiegend, jedoch zumindest teilweise regelmäßig zum Unterhalt ihres Kindes beitragen.
Im Erkenntnis vom , RV/5101471/2016, erkannte das BFG wie folgt (Auszug):
"… Der Verwaltungsgerichtshof brachte in zahlreichen Erkenntnissen zum Ausdruck, dass nach Absicht des Gesetzgebers in Fällen, in denen dem Heim durch die öffentliche Hand sichergestellt ist, kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehen soll. Es komme dabei nicht auf die Art der Unterbringung (Bezeichnung als Anstalt oder Heim), sondern ausschließlich auf die Kostentragung durch die öffentliche Hand zur Gänze an (vgl. 2002/15/0181; 2003/13/0162; 2001/15/0075; 99/14/0320; 99/15/0210). Dies sei nicht der Fall, wenn zum Unterhalt durch die untergebrachte Person selbst - etwa auf Grund eines sozialversicherungsrechtlichen Anspruches - beigetragen werde. Soweit die betreffenden Aufwendungen zur Gänze aus öffentlichen Mitteln getragen würden, befänden sich Behinderte in Wohnheimen auf Kosten der Sozialhilfe im Sinne des § 6 Abs. 5 FLAG 1967; dies auch dann, wenn diese Kosten formell aus Mitteln der Behindertenhilfegedeckt werden (vgl. 96/14/0140; 89/13/0156)".
In der jüngeren Rechtsprechung vertrat der VwGH die Ansicht, dass vor allem beim sogenannten Eigenanspruch von Kindern, denen die Eltern nicht überwiegend Unterhalt leisten (§ 6 Abs. 5 FLAG), der Anspruch auf Familienbeihilfe voraussetze, dass sich das Kind nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befindet. Hier leuchte der Gedanke hervor, dass ein Anspruch auf Familienbeihilfe ausgeschlossen sei, wenn die öffentliche Hand überwiegend oder grundsätzlich für den Unterhalt des Kindes sorgt, auch wenn die Eltern zum Teil Unterhalt leisten (). Ein Anspruch auf Familienbeihilfe scheide aus, wenn der typische Lebensunterhalt (u.a. Unterkunft, Bekleidung, Verpflegung) durch die öffentliche Hand gedeckt wird ().
Der Gesetzgeber hat auf diese Rechtsprechung, wonach ein Eigenanspruch bereits dann ausgeschlossen sein soll, wenn die öffentliche Hand überwiegend oder grundsätzlich für den Unterhalt des Kindes sorgt, durch die oben dargestellte Änderung der rückwirkend mit in Kraft getretenen Bestimmung des § 6 FLAG idF BGBl I Nr. 77/2018 reagiert. Dieser Änderung lag ein Initiativantrag von Abgeordneten des Nationalrates (386/A vom , 26. GP) zugrunde. In der Begründung dieses Antrages wurde unter anderem ausgeführt:
"Für den Fall, dass keinem Elternteil ein Anspruch auf Familienbeihilfe zusteht, besteht durch eine Sonderregelung die subsidiäre Möglichkeit, dass das Kind für sich selbst die Familienbeihilfe beanspruchen kann (Eigenanspruch auf Familienbeihilfe). Ein solcher Eigenanspruch ist nach der derzeitigen Rechtslage ausgeschlossen, wenn sich die Kinder auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren Judikatur zum Ausdruck gebracht, dass in Konstellationen, bei denen typischer Unterhalt der Kinder (überwiegend) durch die öffentliche Hand gedeckt ist, ein Anspruch auf die Familienbeihilfe ausgeschlossen ist, wobei es nicht auf die Form der Unterbringung ankommt. Die in diesem Zusammenhang stehende Thematik, inwieweit ein Beitrag zu den Unterhaltskosten trotzdem einen Anspruch vermitteln kann, ist durch eine gesetzliche Präzisierung zu lösen."
Es soll nun sichergestellt werden, dass ein Eigenanspruch des Kindes auf Familienbeihilfe auch dann gegeben ist, wenn das Kind selbst aufgrund eines sozialversicherungsrechtlichen Anspruches (z.B. Pflegegeld) oder aufgrund einer eigenen Erwerbstätigkeit regelmäßig zur Deckung der Unterhaltskosten beiträgt. Gleiches soll gelten, sofern die Eltern zwar nicht überwiegend jedoch zumindest teilweise regelmäßig zum Unterhalt ihres Kindes beitragen.
Sofern der Unterhalt des Kindes zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe (bei Aufenthalt in einer sozialpädagogischen Einrichtung) oder zur Gänze aus Mitteln der öffentlichen Hand (zB durch eine Bedarfsorientierten Mindestsicherung oder die Grundversorgung) getragen wird, ohne dass ein oben angesprochener Beitrag geleistet wird, soll kein Anspruch auf die Familienbeihilfe bestehen, da in diesen Fällen der Mindestunterhalt des Kindes bereits vollständig durch Mittel der öffentlichen Hand sichergestellt ist.
Wie aus dem dargestellten Sachverhalt ersichtlich, war der BF im Rahmen der vollen Erziehung im gesamten Streitzeitraum in der Wohngemeinschaft Caritas der Erzdiözese Wien, Bertha-von-Suttner-G 5/3/1A, 1220 Wien, untergebracht und ist diese Einrichtungen zur Gänze aus den Mitteln vorgenannten Bundeslandes budgetiert worden.
In Ansehung vorstehender Ausführungen gelangte somit das BFG zur Überzeugung, dass der Unterhalt des Bf. im streitgegenständlichen Zeitraum zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe gedeckt und ergo dessen dieser in § 6 Abs. 5 erster Satz FLAG 1967 - negativ formulierter Anspruchsvoraussetzung - nicht Rechnung getragen wurde.
Auch nach der jüngsten Entscheidung des VwGH ist im gegenständlichen Beschwerdeverfahren davon auszugehen, dass der Unterhalt des Beschwerdeführers iSv § 6 Abs. 5 FLAG als "zur Gänze" durch die öffentliche Hand (aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe) getragen anzusehen ist ().
Sowohl nach der oben zitierten Rechtsprechung des VwGH als auch dem Willen des Gesetzgebers soll jedenfalls dann kein Beihilfenanspruch bestehen, wenn für den Unterhalt des Kindes zur Gänze aus Mitteln der öffentlichen Hand gesorgt wird. Dies war im vorliegenden Fall aber im Zeitraum August 2018 bis August 2020 der Fall, sodass für diesen Zeitraum kein Beihilfenanspruch des BF besteht.
Naturalunterhalt der Eltern
Was den vorgebrachten Naturalunterhalt der Eltern anbelangt, so wird auf die einhellige Rechtsprechung des VwGH verwiesen, wonach die Antwort, inwieweit die Unterhaltskosten für das Kind (überwiegend) getragen werden, davon abhängt, ob die Eltern überwiegend den Geldunterhalt geleistet haben ( mit Verweis auf ). Demnach scheidet ein Anspruch auf Familienbeihilfe aus, wenn der typische Lebensunterhalt durch die öffentliche Hand gedeckt wird ().
Vor allem beim sogenannten Eigenanspruch von Kindern, denen die Eltern nicht überwiegend Unterhalt leisten (§ 6 Abs. 5 FLAG), setzt der Anspruch auf Familienbeihilfe voraus, dass sich das Kind nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befindet. Hier leuchtet der Gedanke hervor, dass ein Anspruch auf Familienbeihilfe ausgeschlossen ist, wenn die öffentliche Hand überwiegend oder grundsätzlich für den Unterhalt des Kindes sorgt, auch wenn die Eltern zum Teil Unterhalt leisten ().
Auch der VfGH sieht die Regelung als verfassungsrechtlich unbedenklich an - vgl. etwa den - und hat ausgedrückt, dass die Deckung der typischen Unterhaltsansprüche durch die öffentliche Hand den Anspruch auf Familienbeihilfe ausschließt.
Bei der an § 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG orientierten Bestimmung des § 6 Abs. 5 FLAG kommt es allein auf den Geldunterhalt an. Der Umstand, dass die Eltern des Kindes Betreuungsleistungen erbringen, steht dem nicht entgegen (, , 2009/15/0209, , 2009/13/0241, , 2011/16/0068).
Ergo dessen erfolgte der für den Zeitraum vom bis zum spruchmäßig auf Abweisung des Antrages auf Gewährung von Familienbeihilfe lautende Bescheid völlig rechtens.
Antrag ab Mai 2018
Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass der Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge rückwirkend abMai2018 gestellt wurde und für den Zeitraum Mai 2018 bis Juli 2018 ein, ohne nachvollziehbare Begründung, unerledigter Antrag durch die belangte Behörde vorliegt.
Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Eine derartige Rechtsfrage liegt im vorliegenden Fall nicht vor, da die mangelnde Anspruchsberechtigung des Bf. direkt auf der Norm des § 6 Abs. 5 erster Satz FLAG 1967 gründet.
Belehrung und Hinweise
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 6 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 6 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100984.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at