Verwendung eines kopierten Behindertenausweises, Verkürzung der Parkabgabe
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***15*** über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als Abgabenstrafbehörde vom , Zahl MA67/***8***, betreffend Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBI. für Wien Nr. 9/2006, in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 71/2018, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am , in Anwesenheit des Beschuldigten und im Beisein des Schriftführers AD Rudolf Keinberger, zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der Beschwerde insoweit stattgegeben, als die Geldstrafe auf € 60,00 herabgesetzt wird. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird mit 12 Stunden neu bestimmt.
Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis bestätigt.
Gemäß § 64 VStG hat die beschwerdeführende Partei je € 10,00 als Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu ersetzen.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keine Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III: Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.
IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** (A) wurde vom Kontrollorgan mit der Nummer ***2*** der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien am um 11:42 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in ***3***, beanstandet, da es sich nach dessen eigenen Wahrnehmungen bei dem Parkausweis gemäß § 29b StVO 1960 mit der ***4*** um eine Farbkopie handelte.
Das Kontrollorgan machte in der Anzeige folgende Anmerkung: "29b Ausweis Farbkopie. Erkannt: Folierung keine abgerundeten Ecken, rechte obere Ecke weißer Rand, Falz mittig kopiert, linke untere Kante nicht gerade geschnitten. Delikt-Text: Parknachweis wurde manipuliert".
Mit Schreiben vom teilte das Sozialministeriumservice dem Magistrat mit, dass der Bf. keinen § 29b-Parkausweis besitze. Der § 29b-Parkausweis mit der Nummer 250586 sei auf ***5***, geb. ***6***, whft in ***7***, ausgestellt worden und sei unbefristet gültig.
Nach erfolgter Lenkererhebung vom wurde der Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf. genannt) von der Magistratsabteilung 67 (kurz: MA 67) mit Schreiben vom unter Anführung der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung zur Rechtfertigung binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens aufgefordert.
Mit E-Mail vom brachte der Bf. vor, die ihm von der MA 67 vorgelegte Anlastung einer Verwaltungsübertretung möchte er nicht unnötig belastend zu seiner Tante hinauszögern. Da seine Tante mobil sehr eingeschränkt sei, habe er für seine Tante eine Erledigung gemacht und habe er sich dafür den Ausweis von seiner Tante geliehen. Dem Vorwurf, dass es sich um eine Kopie handle, könne er leider nicht ganz folgen, da seine Tante lediglich im Besitz von einem Exemplar sei, welches behördlich ausgestellt worden sei. Er bedaure diesen Vorfall sehr und werde natürlich auch die Strafe tragen, welche das Vergehen der Nutzung des Ausweises seiner Tante mit sich bringe und er versichere, dass es nicht erneut zu dieser Übertretung kommen werde.
Mit nunmehr angefochtenem Straferkenntnis vom , Zahl MA67/***8***, wurde der Bf. vom Magistrat der Stadt Wien, MA 67, für schuldig befunden, das in Rede stehende Kraftfahrzeug am um 11:42 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in ***3***, abgestellt zu haben, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parknachweis (Parkschein, Tages - oder Wochenpauschalkarte) gesorgt zu haben. Im Fahrzeug sei lediglich eine Kopie des Ausweises gemäß § 29b StVO mit der Nummer 250586 hinterlegt gewesen. Da dieser nicht auf den Namen des Bf. ausgestellt worden sei, sei die Befreiung von der Entrichtung der Parkometerabgabe vorgetäuscht worden. Demnach habe der Bf. die Parkometerabgabe hinterzogen.
Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. deswegen eine Geldstrafe in der Höhe von 365,00 Euro und eine für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 3 Tage 15 Stunden verhängt.
Gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) habe der Bf. zudem einen Beitrag von 36,50 Euro zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten. Der zu zahlende Gesamtbetrag betrug daher 401,50 Euro.
Begründend stellte die Behörde unter Anführung der erhobenen Beweise (Einsichtnahme in die Organstrafverfügung des Parkraumüberwachungsorgans der Landespolizeidirektion Wien aufgrund einer eigenen dienstlichen Wahrnehmung, zur Beanstandungszeit angefertigte Fotos, Aufforderung zur Rechtfertigung und Rechtfertigung des Bf.) fest, unbestritten sei sowohl die Lenkereigenschaft des Bf. geblieben, als auch, dass das gegenständliche Fahrzeug zum Tatzeitpunkt an der in Rede stehenden Örtlichkeit abgestellt gewesen sei.
§ 6 der Parkometerabgabeverordnung zähle jene Fälle taxativ auf, für die die Abgabe nicht zu entrichten sei.
Die Abgabe sei nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von dauernd stark gehbehinderten Personen abgestellt oder in denen solche Personen gemäß § 29b Abs. 3 StVO befördert werden, wenn die Fahrzeuge mit dem Ausweis gemäß § 29b Abs. 1 oder 5 StVO 1960 gekennzeichnet seien (§ 6 Abs. 1 lit. g Parkometerabgabeverordnung).
Hiermit könne lediglich die Verwendung des Ausweises im Original gemeint sein.
Laut den Angaben des Meldungslegers in den Zusatzvermerken in der Anzeige habe es sich bei dem im Fahrzeug hinterlegten Ausweis gemäß § 29b StVO 1960 um eine Farbkopie gehandelt.
Die Kennzeichnung des Fahrzeuges mit dem Ausweis gemäß § 29b Abs. 1 oder 5 StVO 1960 wirke ausschließlich dann abgabenbefreiend, wenn das Originaldokument zur Kennzeichnung verwendet werde. Die Anbringung einer Farbkopie eines solchen Ausweises erfülle diese Voraussetzung nicht.
Im Hinblick darauf, dass eine Farbkopie eines Ausweises gemäß § 29b StVO angebracht gewesen sei und die Beförderung des Ausweisinhabers nicht erfolgt sei, sei jedenfalls der Tatvorwurf der Abgabenhinterziehung gegeben.
Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstelle, müsse gemäß § 5 Abs. 2 der Wiener Parkometerabgabeverordnung bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten.
Dieser Verpflichtung sei der Bf. nicht nachgekommen und er habe dabei die Abgabe hinterzogen.
Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, sei auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen, zumal die Verwendung von manipulierten Parkscheinen nicht mehr auf fahrlässiges Verhalten zurückgeführt werden könne, sondern das Verhalten des Bf. bereits vorsätzliches Handeln beinhalte, weshalb daher sein Verschulden als erheblich angesehen werden müsse.
Somit seien sowohl die objektiven, als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.
Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt zur Schwere der Verschuldensform aus (Abgabenhinterziehung in Folge Verwendung einer Farbkopie), dass die Strafe spruchgemäß festzusetzen gewesen sei, um den Bf. von einer Wiederholung wirksam abzuhalten.
Der Bf. erhob gegen das Straferkenntnis binnen der Rechtsmittelfrist Beschwerde und brachte (wörtlich) das Folgende vor:
"Wie in meiner Stellungnahme angegeben habe ich bereits mitgeteilt, dass ich nicht bestreite gegen §5 Abs. 2Parkometerabgabeverordnung verstoßen habe und bin daher auch sofort bereit die daraus folgenden € 48,-Zu bezahlen, allerdings bestreite ich nach wie vor den Vorwurf eines Duplikats oder Kopie des Parkausweisesgemäß §29b StVO 1960 mit der ***4*** welcher auf meine Tante ***5*** ausgestellt ist und auch inIhrem Besitz ist, verwendet zu haben geschweige denn, dass ein solcher existiert!Ich bin auch jederzeit bereit von meiner Tante den Parkausweis abzuholen und bei Ihnen vorzuzeigen um diesesMissverständnis aus der Welt zu schaffen.Meine persönliche Meinung, dass womöglich aufgrund der Bildqualität, Lichtverhältnisse oder des fotografierensDurch die Windschutzscheibe mit einer Spiegelung die Qualität beeinträchtigt ist, darum bin ich jederzeit bereitDas verwende Dokument vorzulegen.Ich bitte daher um Nachsicht bzw. um die Möglichkeit diese Situation aufklären zu können und den VorwurfEin gefälschtes Dokument verwendet zu haben, zu verhindern.Für etwaige Fragen stehe ich natürlich jederzeit zur Verfügung."
Der Magistrat der Stadt Wien legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).
In der mündlichen Verhandlung vom wurde wie folgt erhoben, vorgebracht und festgestellt:
"Zusammenfassend steht außer Streit, dass Sie das Auto mit dem Kennzeichen ***1*** (A) am , um 11:42 in ***16*** geparkt haben und mit einem Parkausweis mit der ***4***, ausgestellt auf ***5***, die nicht beim Parkvorgang dabei war, eine Gebührenbefreiung geltend gemacht haben.
Strittig ist, ob der echte Ausweis im Auto gelegen ist oder eine Farbkopie, wie die Behörde behauptet.
Der Beschuldigte hat zur heutigen Verhandlung den verfahrensgegenständlichen Ausweis mitgebracht.
Verhandlungsleiterin (V): Wollen Sie zu Ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Angaben machen?
Besch: Zwei Kinder, beschäftigt beim ***9***, ***10***, ich habe hohe Verbindlichkeiten. Ich kann meine Parkscheine mit der Firma abrechnen, daher hätte ich auch keine Ausgabe gehabt, die ich hätte vermeiden wollen. Ich habe jetzt eine Kopie vom Ausweis angefertigt, weil mir die Rechtsabteilung gesagt hat, dass man auf einer Kopie auch klar ersehen kann, dass es Abweichungen zum Original gibt. Ich habe daher heute auch eine Farbkopie mit.
Beginn der Zeugeneinvernahme um 10:11 Uhr:
Zeugeneinvernahme nach § 25 Abs. 6 VwGvG:
***12***, ***13***, Überwachungsorgan, ausgewiesen durch: Ausweis der LPD- Wien, ***14***.
Belehrung nach § 48 AVG, § 49 AVG (Entschlagungsrecht) Wahrheitserinnerung § 50 AVG (falsche Aussage vor einem Gericht ist gemäß § 288 StGB strafbar):
Zeuge gibt nach WE an: fremd.
V: Es werden die Daten zur Beanstandung des verfahrensgegenständlichen Parkvorganges vorgehalten und dem Zeugen die damals angefertigte Kopie des Parkausweises für Behinderte vorgehalten.
Z: Das ist das Foto von dem PDA (Das ist das Gerät, mit dem Beanstandungen dokumentiert werden). Es geht um die obere Ecke des Ausweises, die nicht gerade geschnitten ist. Es gibt einen Falz in der Mitte. Der Ausweis ist einmal gefaltet, die Folie ist nicht gefaltet.
V: Wir haben heute den Originalausweis da. Dieser wird dem Zeugen zur Einsicht gezeigt.
Auch die Vorsitzende nimmt Einsicht in den Originalausweis und gibt ihre Feststellungen im Vergleich zur Kopie aus dem Akt wieder.
Es wird festgestellt, dass der Ausweis wohl einmal leicht gefaltet wurde, da eine Einkerbung in der Folie darauf schließen lässt. Er kann jedoch nicht vollständig zusammengelegt worden sein, weil ansonsten die Folie wegen ihrer Härte wohl gebrochen wäre. Es wird in der Folge ein Vergleich der Ecken der Kopie sowie des Originalausweises vorgenommen. Dazu ist auffällig, dass die rechte obere Kante der Kopie besonders deutlich vom Original abweicht und die Kante auf der Kopie nicht abgerundet, sondern stark nach unten verlängert ist. Bei der rechten unteren Kante zeigt die Kopie keine Rundung, sondern im Eck eher einen Schrägstrich. Die Unterschiede sind dank der Vergrößerung deutlich zu sehen. Der Originalausweis hat andere Kanten als die im Akt erliegende Kopie zeigt.
Beschuldigter: Ich sehe diese Unterschiede auch, sie sind nicht bestreitbar. Ich kann mir aber nicht erklären wie es dazu gekommen ist, dass offenbar eine Kopie des Ausweises im Auto gelegen ist. Ich habe auch in der Familie gefragt, ob es eine Kopie des Ausweises gibt, dies wurde verneint.
Ende der Zeugeneinvernahme um 10:28 Uhr.
Besch: Es gibt bei uns auch niemanden mit dem technischen Knowhow, um so eine Kopie zu erstellen und zu folieren. Es war der Plan mit meiner Tante ein Kasterl abzuholen, wobei jedoch jede Fahrt mit ihr sehr mühsam ist. Es wurde dann von ihr vorgeschlagen, dass ich nur schnell ihren Ausweis nehmen und allein fahren sollte.
Der Beschwerdeführer verzichtet gemäß § 48 VwGVG auf die Verlesung des gesamten Akteninhaltes des Aktes des Magistrats der Stadt Wien, der somit als verlesen gilt.
Schluss des Beweisverfahrens gemäß § 47 Abs. 2 VwGVG.
Der Beschuldigte beantragt die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens. Ich habe nicht damit gerechnet, dass der Ausweis und die Kopie so sichtbare Unterschiede aufweisen, weil ich keine Kopie gemacht und in das Auto gelegt habe. Ich arbeite für die ***11*** und kämpfe immer für Rechte, daher würde ich so etwas nicht vorsätzlich machen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Sachverhalt
Aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den eigenen Wahrnehmungen des Kontrollorgans der Parkraumüberwachung, den auf dem PDA (Überprüfungsgerät) erfassten Anzeigedaten, den zur Beanstandungszeit aufgenommenen Fotos und aus der Information vom Sozialministeriumservice vom ergibt sich folgender Sachverhalt:
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** (A) war am um 11:42 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in ***3***, abgestellt.
Zur Beanstandungszeit war im Fahrzeug der Parkausweis gemäß § 29b StVO 1960 mit der ***4*** hinterlegt.
Der Parkausweis ***4*** wurde für Frau ***5*** unbefristet ausgestellt.
Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** (A) war zum Beanstandungszeitpunkt der Bf.
Der Bf. hat weder die Abstellung des Fahrzeuges an der angeführten Örtlichkeit noch die Lenkereigenschaft bestritten.
In Beantwortung der Aufforderung zur Rechtfertigung brachte der Bf. vor, er habe Erledigungen für seine mobil sehr eingeschränkte Tante ***5*** gemacht und er habe sich dafür den Ausweis geliehen. Es habe sich dabei um jenes Exemplar gehandelt, welches behördlich ausgestellt worden sei.
In seiner Beschwerde brachte der Bf. vor, dass der Ausweis im Auto das Original gewesen sei.
Zufolge der eigenen Wahrnehmungen des Meldungslegers hat es sich bei dem beanstandeten Ausweis nicht um das Original, sondern um eine Farbkopie gehandelt.
Das vom Meldungsleger angefertigte Foto des im PKW beim beanstandeten Parkvorgang abgelegten Ausweises wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem BFG mit dem vom Beschwerdeführer mitgebrachten Originalausweis verglichen. Es war bei diesem Vergleich für alle Anwesenden ersichtlich, dass nicht der Originalausweis im Auto abgelegt war und vom Meldungsleger fotographiert worden ist.
Gesetzliche Grundlagen und Würdigung
Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.
Nach § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.
Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung hat jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.
Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.
§ 29b Abs. 1 StVO 1960 normiert:
"Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung ,Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung verfügen, ist als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen."
Gemäß § 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung ist die Abgabe nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von Inhabern eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, sofern die Fahrzeuge beim Abstellen mit diesem Ausweis gekennzeichnet sind.
Den Bestimmungen des § 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung zufolge tritt die Befreiung von der Entrichtung von Parkgebühren nur dann ein, wenn im Fahrzeug, das von einem Inhaber eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, sichtbar und im Original der Parkausweis hinterlegt ist (vgl. zB , , , ).
Bei den Organen der Parkraumüberwachung handelt es sich um besonders geschulte Organe, denen die Wahrnehmung und richtige Wiedergabe maßgeblicher Sachverhalte zugemutet werden kann.
Meldungsleger sind auf Grund des abgelegten Diensteides der Wahrheit verpflichtet. Im Fall der Verletzung dieser Pflicht treffen sie straf- und dienstrechtliche Sanktionen.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dient die Anzeige dem Beweis der Rechtsrichtigkeit der Meldungslegung und ist als taugliches Beweismittel anzusehen (vgl. , ).
Der Meldungsleger hat in der Anzeige detailliert festgehalten, woran er die Farbkopie erkannt hat, nämlich die Folierung hat keine abgerundeten Ecken, an der rechten oberen Ecke befindet sich ein weißer Rand, der Falz ist mittig mitkopiert und die linke untere Kante ist nicht gerade geschnitten.
Bei dem vom Bf. in der mündlichen Verhandlung dem Gericht zur Einsichtnahme vorgelegten Ausweis handelte es sich zweifellos um das Original. Da dieses aber die vom Meldungsleger festgestellten Auffälligkeiten nicht aufwies, ist auszuschließen, dass das Original zum beanstandeten Abstellzeitpunkt im Fahrzeug hinterlegt gewesen ist, weshalb mit dessen Vorlage die Feststellungen des Meldungslegers bestätigt wurden.
Entscheidend ist nicht, dass der ausgestellte Behindertenausweis im Original vorhanden ist, sondern dass der Behindertenausweis gemäß § 29b StVO im Original hinter der Windschutzscheibe gut sichtbar angebracht ist (vgl. ).
Der Bf. hat somit durch die Verwendung einer Farbkopie des Parkausweises die objektive Tatseite der ihm von der belangten Behörde angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht.
Was die subjektive Tatseite betrifft, so genügt nach § 4 Abs. 1 des Parkometergesetzes zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens bereits Fahrlässigkeit.
Es ist ausgesprochen unwahrscheinlich, dass sich ein Fahrer im Zeitpunkt der Abstellung des Fahrzeugs nicht dessen bewusst ist, nur eine Kopie eines Behindertenausweises in Händen zu haben. Die Verwendung eines kopierten Behindertenausweises ist im Regelfall nicht auf ein bloß fahrlässiges Verhalten zurückzuführen, jedoch gelten in einem Strafverfahren nicht allgemein gültige Annahmen, sondern ist die Entscheidung, ob jemand für schuldig erkannt wird und welche Verschuldensform anlastet wird, eine Frage der freien Beweiswürdigung im Einzelfall. Der Beschwerdeführer hat sofort einbekannt, dass seine Tante bei dem beanstandeten Parkvorgang nicht dabei gewesen ist und hat auch in der mündlichen Verhandlung echte Überraschung gezeigt, dass der Originalausweis deutliche Abweichungen zur Fotographie aus dem Verwaltungsstrafakt aufgewiesen hat. Er hat in keinster Weise den Eindruck eines überführten Täters gemacht, sondern einer Person, die sich nicht erklären kann, wie es zu der Verwendung der Kopie gekommen ist, wobei er den Sachverhalt nach Vergleich des Ausweises mit der Fotographie nicht in Abrede gestellt hat.
Diese Verfahrenseinlassung und der persönliche Eindruck vom Beschwerdeführer waren ausschlaggebend, dass lediglich von fahrlässigem Vorgehen ausgegangen wird.
Der Beschwerdeführer hat demnach einen nicht vom ihm kopierten Behindertenausweis verwendet und damit fahrlässig unter Inanspruchnahme einer nicht zustehenden Befreiung eine Verkürzung der Parkometerabgabe bewirkt.
Zur Strafbemessung
Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu € 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).
Gemäß § 10 Abs. 1 VStG richten sich Strafart und Strafsatz nach den Verwaltungsvorschriften, soweit im VStG nicht anderes bestimmt ist.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat Grundlage für die Bemessung der Strafe.
Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.
Bei der Strafbemessung ist gemäß § 19 VStG darauf Bedacht zu nehmen, dass ein öffentliches Interesse an der Abgabenentrichtung besteht. Werden die hiefür vorgesehenen Kontrolleinrichtungen nicht oder unrichtig entwertet, entgehen der Gemeinde Wien unter Umständen die entsprechenden Abgaben. Angesichts der hohen Hinterziehungs- und Verkürzungsanfälligkeit der Parkometerabgabe ist eine Bestrafung in einer Höhe geboten, die sowohl eine individualpräventive als auch eine generalpräventive Wirkung entfaltet.
Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, allerdings muss die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen (vgl. ; ).
Das Verschulden des Bf. war nicht unerheblich, da im verfahrensgegenständlichen Fahrzeug erwiesenermaßen eine Farbkopie eines Ausweises gemäß § 29 b StVO eingelegt war.
Bei der Strafbemessung sind auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Bf. zu berücksichtigen. Er hat Sorgepflichten für zwei Kinder und seine wirtschaftliche Lage ist auf Grund von Verbindlichkeiten als angespannt zu bezeichnen. Der Bf. ist unbescholten.
Angesichts der Wichtigkeit einer effizienten Parkraumbewirtschaftung ist der objektive Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, erheblich.
§ 16 Abs. 1 VStG lautet: Wird eine Geldstrafe verhängt, so ist zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.
Gemäß § 16 Abs. 2 VStG darf die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.
Die Ersatzfreiheitsstafe war an die neu bemessene Geldstrafe anzupassen.
Kostenentscheidung
Da die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 VStG in Höhe von 10% der Strafen festzusetzen sind (mindestens jedoch mit zehn Euro), wurden sie somit in Höhe von € 10,00 korrekt festgesetzt.
Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.
Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 16 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7500082.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at