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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.05.2023, RV/2100049/2023

Aufhebung gem. § 299 BAO; ne bis in idem; Sonderausgaben nach § 18 Abs. 1 Z 6 EStG 1988

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache N.N., Adr.Bf., vertreten durch Q.Q. GmbH & Co KG, Adr.StB., über die Beschwerde vom betreffend Abweisung des Antrages auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2017 gemäß § 299 BAO vom , Steuernummer xxx, zu Recht erkannt:

I. Die mittels EDV erstellte Beschwerdevorentscheidung vom , welche über das Bundesrechenzentrum an den Bf. ausgesendet und diesem am zugestellt wurde, wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) ersatzlos aufgehoben.

II. Der Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der Bescheid vom betreffend Abweisung des Antrages vom auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2017 vom nach § 299 BAO wird aufgehoben.
Dem Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2017 vom gemäß § 299 Abs. 1 BAO wird stattgegeben.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) erzielte im Beschwerdejahr 2017 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Bf. war im Beschwerdejahr zudem zu 10% an der Firma "XX GmbH" beteiligt.

In seiner am bei der belangten Behörde eingelangten Einkommensteuererklärung machte er u.a. Steuerberatungskosten als Sonderausgaben (Kz 460) iHv. 6.543,83 Euro geltend. In der ebenfalls eingereichten Beilage zur Einkommensteuererklärung Formular "E1kv" erklärte der Bf. unter der Kz 981 "Überschüsse 27,5%" einen Betrag iHv. 1.736.657,00 Euro aus inländischen Kapitaleinkünften.

Anlässlich einer das Jahr 2017 betreffenden Außenprüfung - Prüfungsauftrag vom , Gegenstand Einkommensteuer 2017 - gemäß § 147 BAO wurde im Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom unter Tz. 2 "STB-Kosten im Zusammenhang mit Anteilsverkauf" eine Kürzung der Steuerberatungskosten (Kz 460) iHv. 5.543,83 Euro ausgewiesen. Begründend wurde im "Anhang zu Tz. 2 STB-Kosten im Zusammenhang mit Anteilsverkauf" ausgeführt: Die Firma "XX GmbH" (StNr. yyy), an der der Bf. einen Anteil von 10% gehalten habe, sei mit Kaufvertrag vom , an die "YY" verkauft worden. Die gesamten Steuerberatungskosten für die Abwicklung des Verkaufs seien vorab aus Vereinfachungsgründen an die "XX GmbH" verrechnet und anschließend an die jeweiligen Gesellschafter anteilsmäßig weiterverrechnet worden. Diese anteiligen Kosten in Höhe von 6.543,83 Euro seien dann vom Bf. in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 als Sonderausgaben zum Abzug gebracht worden. Die im Zuge des Verkaufs der GmbH-Anteile erzielten Einkünfte seien unter § 27 Abs. 3 EStG 1988 zu subsumieren. In Zusammenhang damit seien gemäß § 27a Abs. 3 Z 2 lit a EStG 1988 als Einkünfte der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös dem Einlösungs- oder Abschichtungsbetrag und den Anschaffungskosten, jeweils inklusive anteiliger Stückzinsen, anzusetzen. Die Anwendung des besonderen Steuersatzes gemäß § 27a Abs. 1 EStG [Anm. BFG: korrekt "iVm."] § 20 Abs. 2 zweiter Teilstrich EStG verbiete den Abzug von Werbungskosten.
Gem. § 18 Abs. 1 Z 6 EStG seien "Steuerberatungskosten, die an berufsrechtlich befugte Personen geleistet werden" als Sonderausgaben abzuziehen. Steuerberatungskosten im Sinne dieser Bestimmung umfassen nach der hA allgemein die Beratung und Hilfeleistung in Abgabensachen ohne Beschränkung auf bestimmte Abgabenarten, sofern die Ausgaben an berufsrechtlich befugte Personen geleistet würden. Nur eigene Ausgaben, zu denen der Steuerpflichtige aus einem Rechtsverhältnis selbst verpflichtet sei, würden als Sonderausgaben in Betracht kommen.
Aus den vorgelegten Rechnungen des Steuerberaters an die "XX GmbH" könne keine Leistungserbringung an den Bf. entnommen werden bzw. würden diese keine persönliche rechtsgeschäftliche Verpflichtung gegenüber einer berufsrechtlich befugten Person (Steuerberater) belegen, weshalb die geltend gemachten Aufwendungen nicht als Sonderausgaben steuerlich berücksichtigt werden könnten. Aus diesem Grund würden die geltend gemachten Steuerberatungskosten nur in einer Höhe von 1.000,00 Euro von Seiten der BP als Sonderausgaben anerkannt.

Das Finanzamt anerkannte unter Zugrundelegung dieser Feststellung im Einkommensteuerbescheid 2017 (Erstveranlagung) vom unter der Rubrik Sonderausgaben die beantragten Steuerberatungskosten lediglich iHv. -1.000,00 Euro und setzte die Einkommensteuer 2017 mit 475.456,00 Euro fest. Zur Begründung wurde auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen seien, verwiesen.

Nach einem hier nicht gegenständlichen und noch laufendem Beschwerdeverfahren stellte der Bf. mit Eingabe vom über FinanzOnline durch seine steuerliche Vertretung
den Antrag den Bescheid betreffend Einkommensteuer 2017 vom gemäß
§ 299 BAO aufzuheben. Begründend wurde ausgeführt, dass sich der Spruch des Einkommensteuerbescheides 2017 deshalb als nicht richtig iSd § 299 BAO erweisen würde, weil die in der Erklärung geltend gemachten Steuerberatungskosten nicht erklärungsgemäß als Sonderausgaben iSd § 18 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 berücksichtigt worden seien.
Im Zuge einer Unternehmensveräußerung des Bf. im Jahr 2017 und in weiterer Folge die betriebliche Aufgabe der Tätigkeit im Bereich von Internetportalen seien entsprechende Steuerberatungsleistungen entstanden, welche der Bf. als Sonderausgaben gem. § 18 Abs. 1 Z 6 EStG erklärt habe. Gemäß der angeführten Gesetzesstelle seien als Sonderausgaben Steuerberatungskosten zu qualifizieren, die an berufsrechtlich befugte Personen bzw. eine ebensolche Gesellschaft geleistet würden. Bezugnehmend auf die Niederschrift zur Schlussbesprechung vom habe die Finanzbehörde dazu angeführt, dass die Steuerberatungskosten dahingehend nicht anerkannt würden, als die zugrundeliegenden Honorarnoten für entsprechende Beratungsleistungen nicht an die natürliche Person des Bf. selbst, sondern in einem ersten Schritt an die "XX GmbH" gestellt worden seien und erst in einem zweiten Schritt von dieser zur Weiterverrechnung an ihre Gesellschafter gelangt seien.
Wie bereits im Zuge der Betriebsprüfung erläutert und vorgebracht worden sei, sei die oben beschriebene Vorgehensweise zur Fakturierung von Steuerberatungsleitungen nur aus verwaltungsökonomischen Gründen vorgenommen worden. Neben den Steuerberatungskosten seien noch weitere Beratungsleistungen (wie Notar, Rechtsanwalt, Unternehmensberatung) über die "XX GmbH" fakturiert worden.
Sollte sich diese Vorgehensweise für die Anerkennung der Steuerberatungskosten des Bf. als negativ erweisen, so würde die Steuerberatungskanzlei als jenes Unternehmen, dass die Leistungen erbracht habe, umgehend eine Gutschrift an die "XX GmbH" ausstellen und die Leistungen direkt an die Gesellschafter fakturieren. Es entziehe sich zwar des Verständnisses, dass ein solch unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand tatsächlich für die Anerkennung als notwendig erachtet werde, doch würde die Steuerberatungskanzlei den Erfordernissen des § 18 Abs. 1 Z 6 EStG selbstverständlich Folge leisten, sollte dies für den aktuellen Fall als notwendig erachtet werden.
Vor dem Hintergrund der Bezahlung der Steuerberatungskosten an eine nicht beruflich befugte Person bzw. entsprechende Gesellschaft stellte sich nun aber des Weiteren die Frage, weshalb der Bf. dennoch nur 1.000,00 Euro an Steuerberatungskosten als Sonderausgaben gewährt worden seien, sowie die Frage nach einer plausiblen Begründung für den Ansatz dieses Betrages. An dieser Stelle sei anzumerken, dass - aktueller Judikatur folgend - Steuerberatungskosten nicht als in unmittelbarem Zusammenhang mit Einkünften stehend zu beurteilen seien, die unabhängig von den jeweiligen Einkunftsarten entstehen würden. Bezogen auf § 18 Abs. 1 Z 6 EStG seien damit allgemein und uneingeschränkt die Beratung und Hilfeleistung in Abgabensachen umfasst, so auch die von erbrachten Beratungs- und Hilfeleistungen zu besonderen steuerlichen Fragen an den Bf., die dieser nach Ansicht der steuerlichen Vertretung nach zurecht als Sonderausgaben im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 6 EStG geltend gemacht habe. Entsprechendes sei auch bereits im Zuge der Betriebsprüfung dargelegt, jedoch von der Finanzverwaltung dahingehend qualifiziert worden, als diese Beratungsleistungen zu besonderen steuerlichen Fragen in Zusammenhang mit Einkünften aus Kapitalvermögen stünden. Dem könnte die steuerliche Vertretung nicht zustimmen, als diese Beratungskosten unter die Kategorie der allgemeinen steuerlichen Beratung zu subsummieren und nicht in Zusammenhang mit der Ermittlung von Einkünften aus Kapitalvermögen zu bringen seien.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag mit Verweis auf die Feststellungen der Betriebsprüfung und das Abzugsverbot gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 beim Vorliegen von Einkünften aus Kapitalvermögen, die dem besonderen Steuersatz gemäß § 27a EStG 1988 unterliegen, von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen.

Mit FinanzOnline Anbringen vom wurde - nach Fristverlängerungsantrag vom - Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom eingebracht und im Wesentlichen wie im Antrag vom begründet.

Am wurde von der belangten Behörde eine automationsunterstützt erlassene Beschwerdevorentscheidung abgefertigt, mit der die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 vom als unbegründet abgewiesen wurde, wobei in der Begründung auf eine zusätzliche Begründung verwiesen wurde.

Ebenfalls am wurde eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, mittels Formular "Verf. 40" erlassen, mit der die Beschwerde vom gegen den Abweisungsbescheid betreffend Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2017 gemäß § 299 BAO als unbegründet abgewiesen wurde. Zur Begründung wurde auf den Bericht vom verweisen und ausgeführt: Im Jahr 2017 seien Steuerberatungskosten in Höhe von 6.543,83 Euro geltend gemacht und im Zuge der Betriebsprüfung nicht zur Gänze anerkannt worden, da diese zum größten Teil für die Abwicklung im Zusammenhang mit dem Verkauf der "XX GmbH" (StNr. yyy) entstanden seien. Dass diese Kosten zum größten Teil dem Unternehmensverkauf zuzurechnen seien, sei aus mehreren Unterlagen, welche dem Finanzamt im Zuge eines Vorhalteverfahrens und der Betriebsprüfung übermittelt worden seien, ersichtlich.
Die belangte Behörde kopierte in Folge das E-Mail der steuerlichen Vertretung vom sowie eine übermittelte Zusammenstellung und Aufteilung der Steuerberatungskosten in den Begründungstext ein und führte weiters aus, dass in der vorgebrachten Beschwerde vom ebenfalls darauf hingewiesen werde, dass die Steuerberatungskosten im Zusammenhang mit einer Unternehmensveräußerung entstanden seien. Anhand dieser Auskünfte seitens der Steuerberatung sei klar ersichtlich, dass die angefallenen Steuerberatungskosten im Zusammenhang mit dem Unternehmensverkauf der "XX GmbH" stünden. Die im Zuge des Verkaufes der GmbH Anteile erzielten Einkünfte seien unter § 27 Abs. 3 EStG zu subsummieren. Die Erträge aus diesem Unternehmensverkauf seien im Jahr 2017 in der Einkommensteuererklärung als Einkünfte aus Kapitalvermögen unter der Kennzahl 981 erklärt worden. Der entstandene Gewinn sei mit dem ermäßigten Steuersatz gern. § 27a EStG in Höhe von 27,5% besteuert worden. Aufgrund des Abzugsverbotes gemäß § 20 Abs. 2 zweiter TS EStG 1988 sei der Abzug dieser Steuerberatungskosten verwehrt worden.
Da es sich bei diesem Verkauf von GmbH Anteilen um Kapitaleinkünfte, welche mit dem ermäßigten Steuersatz gem. § 27a EStG besteuert seien, handle, und bei diesen gem. § 20 Abs. 2 zweiter TS EStG 1988 ein Abzug von Werbungskosten bestünde, sei die Bemerkung der Betriebsprüfung über die Verrechnung der Steuerberatungskosten, als zusätzliche Information zu verstehen. Der Vorwurf in der Beschwerde die Steuerberatungskosten seien nur nicht anerkannt worden, da diese nicht direkt dem jeweiligen Klienten in Rechnung gestellt worden seien, sei schlichtweg falsch. Richtig sei, dass obwohl keine Rechnungen mit nachvollziehbarer Leistungsdarstellung vorliegen würden, Kosten für die Steuererklärungen in Höhe von 1.000,00 Euro als Sonderausgabe berücksichtigt worden seien.
Die Bestimmung des § 20 Abs. 2 zweiter TS EStG 1988 wonach Aufwendungen in Zusammenhang mit Sondersteuersätzen nicht abzugsfähig seien würde ins Leere gehen, wenn genau diese nichtabzugsfähigen Ausgaben über die "Hintertür" Sonderausgaben gem. § 18 EStG das progressiv zu besteuernde Einkommen reduzieren würden. In der Einkommensteuererklärung 2017 des Bf. seien Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit und den bereits erwähnten Einkünften aus Kapitalvermögen veranlagt worden. Daraus sei abzuleiten, dass die gewählte steuerliche Vertretung bestimmt mit Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Erstellung der Einkommensteuererklärung inklusiver Beilagen betraut gewesen sei und somit seien von der Betriebsprüfung Steuerberatungskosten in Höhe von 1.000,00 Euro anerkannt worden, wobei noch einmal anzumerken sei, dass diese dem Klienten von der Steuerberatungskanzlei nicht direkt in Rechnung gestellt worden seien.

Mit FinanzOnline-Eingabe vom wurde vom Bf. durch seinen steuerlichen Vertreter fristgerecht die Vorlage der Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid betreffend Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2017 vom an das Bundesfinanzgericht beantragt.

Die belangte Behörde legte die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht am auf elektronischem Wege vor (Vorlagebericht) und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Die belangte Behörde führte in ihrer - aufgrund eines Aufforderungsschreibens des Bundesfinanzgerichts übermittelten - Stellungnahme inkl. Beilagen vom u. a. aus, dass der [Anm. BFG: erste] Vorlageantrag vom persönlich per Telefon bei der belangten Behörde am zurückgenommen worden sei und sei zusätzlich per E-Mail vom das persönliche Ansuchen nochmals bestätigt worden.
Hinsichtlich der Beschwerdevorentscheidung vom (BFG-Akt OZ 9) stellte die belangte Behörde klar, dass diese den Abweisungsbescheid zum Antrag gem. § 299 BAO vom betreffe (edv-technisch habe aber nur "Einkommensteuerbescheid 2017" eingegeben werden können) und es nur diese Beschwerdevorentscheidung und die dazugehörige händische Bescheidbegründung gebe.
Hinsichtlich der berücksichtigten Steuerberatungskosten in Höhe von 1.000,00 Euro als Sonderausgaben gab die belangte Behörde an, dass die Aufwendungen im Schätzungswege mit 1.000,00 Euro von der Betriebsprüfung festgelegt worden sei. Dies entspreche den durchschnittlichen Kosten für die Erstellung einer Einkommensteuererklärung im Bezirk Leibnitz.
Zur Weiterverrechnung bzw. Kostentragung durch den Bf. wurde von der belangten Behörde auf die Vorhaltsbeantwortung vom verwiesen und ergänzt, dass im Zuge der Betriebsprüfung die Weiterverrechnung nicht weiter hinterfragt worden sei, da die Steuerberatungskosten an die "XX" gelegt worden seien und diese später an die "YY GmbH" verkauft worden sei. Im Kaufvertrag sei klar geregelt gewesen, dass jede Partei ihre Kosten selbst trage. Allerdings seine die Zahlungsflüsse im Vorhalteverfahren nicht vorgelegt worden.
Bezüglich des Zurechnung der Kosten zum Unternehmensverkauf verwies die belangte Behörde auf die in der Beschwerdevorentscheidung vom eingefügten Ausschnitte der Originaldokumente (E-Mail der steuerlichen Vertretung sowie Zusammenstellung und Aufteilung der Steuerberatungskosten, beides vom ) und auf die Beschwerde vom , Seite 1, in welcher die steuerliche Vertretung selbst ausführe, dass diese Kosten im Zuge einer Unternehmensveräußerung entstanden seien.

In Ergänzung zur Beantwortung des Aufforderungsschreibens des Bundesfinanzgerichts legte die belangte Behörde mit Eingabe vom folgende weiteren Unterlagen vor:
- E-Mail vom der steuerlichen Vertretung an die belangte Behörde btr. Weiterverrechnung und Zahlungsfluss der anteiligen Steuerberatungskosten,
- Aufstellung der Beratungskosten Zeitraum Juni 2016 - Juni 2017,
- Rechnung 0006 vom der XX GmbH an den Bf. iHv 39.750.82 Euro; Leistungsbeschreibung "Rechts- u. Wirtschaftsberatung Zeitraum: 10/2016-05/2017",
- Kontoauszug Bf. - Überweisung von 39.750,82 Euro an die "XX GmbH".

Im Erörterungstermin gem. 269 Abs. 3 BAO gab der steuerliche Vertreter des Bf. auf die Frage des Richters, ob es für das Beschwerdejahr eine Rechnung an den Bf. für die im Zusammenhang mit dem Verkauf der Anteile angefallenen Steuerberatungsleistungen an, dass für die Steuerberatungsleistung iZm der Anteilsveräußerung keine Rechnung an den Bf. von der Kanzlei gelegt worden sei.
Im Zuge der Erörterung wurde von den Verfahrensparteien schließlich festgehalten, dass aufgrund der direkt an den Bf. erbrachten Steuerberatungsleistungen ein Betrag iHv. 3.300,00 Euro als Sonderausgaben anzusetzen wäre.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. hat im Beschwerdejahr seinen 10%-igen Anteil an der Firma "XX GmbH" mit Anteils- und Abtretungsverkauf vom an die "YY GmbH" verkauft (BFG-Akt OZ 30, Kaufvertrag).
Die "XX GmbH" hat am für die anteiligen Kosten für Rechts- u. Wirtschaftsberatung im Zuge der Anteilsverkäufe der "XX GmbH" dem Bf. einen Betrag iHv. netto 33.125,69 Euro zuzügl. 20% MwSt iHv. 6.625,13 Euro, gesamt brutto 39.750,82 Euro, in Rechnung gestellt (BFG-Akt OZ 42, Rechnung 0006/2017), welche vom Bf. am bezahlt wurde (BFG-Akt OZ 40 und 41).
Laut Aufstellung der steuerlichen Vertretung wurde für die Steuerberatungsleistungen ein Gesamtbetrag iHv. brutto 65.438,30 Euro an die "XX GmbH" verrechnet. In Folge hat die "XX GmbH" entsprechend des 10%igen Anteils einen Betrag iHv. 6.543,83 Euro als anteilige Steuerberatungskosten an den Bf. weiterverrechnet (BFG-Akt OZ 17 und 31).
Eine Rechnung der steuerlichen Vertretung an den Bf. für die im Zusammenhang mit dem Verkauf Anteile angefallenen Steuerberatungsleistungen wurde laut Beschwerde und Aussage der steuerlichen Vertretung im Erörterungstermin aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht gelegt (vgl. BFG-Akt OZ 8, Beschwerde S. 3; BFG-Akt OZ 50, Niederschrift zum ET).
In seiner Einkommensteuererklärung 2017 vom hat der Bf. unter Kz 981 "Überschüsse 27,5%" einen Betrag iHv. 1.736.657,00 Euro aus inländischen Kapitaleinkünften ausgewiesen.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkte I und II (ersatzlose Aufhebung und Stattgabe)

I.Verfahrensrechtliche Beurteilung:

a) § 299-BAO-Verfahren und Beschwerdeverfahren:

Aus dem Verfahrensgang ist ersichtlich, dass parallel zum gegenständlichen Verfahren btr. Abweisung des Antrags gem. § 299 BAO ein Beschwerdeverfahren zur Frage der Abzugsfähigkeit der geltend gemachten Steuerberatungskosten in Höhe von 6.543,83 Euro offen ist.
Verfahrensgegenständlich ist ausschließlich das Verfahren btr. § 299 BAO, da nur zum Verfahren gem. § 299 BAO eine Vorlage an das Bundesfinanzgericht erfolgte.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs setzt eine Aufhebung nach § 299 BAO nicht voraus, dass der Bescheid bereits formell rechtskräftig geworden, also nicht (mehr) mit Bescheidbeschwerde anfechtbar ist () und können ein Aufhebungsantrag nach § 299 BAO und eine Bescheidbeschwerde auch parallel eingebracht werden ().
Entsprechend wird im nunmehrigen Verfahren über die Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid gem. § 299 BAO abgesprochen.

b) Zwei Beschwerdevorentscheidungen, beide datiert :

Wie aus dem Verfahrensgang ebenso ersichtlich, erließ die belangte Behörde am
- eine elektronisch inizierte abweisende Beschwerdevorentscheidung mit Verweis auf eine gesonderte Begründung (BFG-Akt OZ 9), welche laut Übernahmebestätigung am zugestellt wurde (BFG-Akt OZ 11),
und
- eine abweisende "händische" Beschwerdevorentscheidung mittels Formular "Verf 40" (BFG-Akt OZ 10), welche am um 09:24 Uhr in die Databox von FianzOnline des Bf. übermittelt wurde.
Zwar geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass die belangte Behörde zum elektronisch abgefertigten Bescheid (BFG-Akt OZ 9) lediglich eine zusätzliche Bescheidbegründung aussenden wollte. Da allerdings statt des Formulars "Verf 67" (= gesonderte Bescheidbegründung) das Formular "Verf 40" verwendet wurde (BFG-Akt OZ 10) und es sich bei diesem Formular um eine vollständige Beschwerdevorentscheidung handelt, hat die belangte Behörde zwei Beschwerdevorentscheidungen in derselben Sache erlassen.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs gilt der aus § 68 Abs. 1 AVG ableitbare Grundsatz, dass über ein und dieselbe Verwaltungssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist ("ne bis in idem") ebenso im Abgabenverfahren (vgl. z.B. ). Auch im Abgabenverfahren sind daher neuerliche Entscheidungen, denen die materielle Rechtskraft einer bereits vorliegenden Entscheidung entgegen steht, unzulässig, sofern nicht eine vom Gesetz vorgesehene Ausnahme gegeben ist. Dabei kommt es darauf an, ob die bereits entschiedene Sache ident ist mit jener, die Gegenstand der neuerlichen Entscheidung ist. Sache ist dabei die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches eines Bescheides gebildet hat ().

Da beide Beschwerdevorentscheidungen zur selben Sache ergangen sind, war zu klären, welche der beiden Bescheide später ergangen ist, da eine ersatzlose Aufhebung dieses - später erlassenen - Bescheides zu erfolgen hat (vgl. Ritz, BAO7, § 279, Rz 6 Bsp. 2 und die dort zitierte Judikatur des VwGH).
Aus den vorliegenden Unterlagen und der EDV-Abfrage über die Finanzdatenbanken war festzustellen, dass die mittels EDV erstellte Beschwerdevorentscheidung (BFG-Akt OZ 9) vom Bundesrechenzentrum per RSb an den Bf. am versendet und am zugestellt wurde (BFG-Akt OZ 11, Rückschein). Die "händisch" verfasste Beschwerdevorentscheidung mittels Formular "Verf 40" (BFG-Akt OZ 10) ist über FinanzOnline am um 09:24 Uhr ausgesendet und in die Databox des Bf. zugestellt worden (BFG-Akt OZ 44). Somit handelt es sich bei der "händischen" Beschwerdevorentscheidung um die ältere Erledigung und bei der am zugestellten Beschwerdevorentscheidung um die unzulässige abermalige Entscheidung in derselben Sache, weshalb der am zugestellte Bescheid ersatzlos aufzuheben war.

II.Beschwerde Abweisung Antrag gem. § 299 BAO:

Gem. § 299. Abs. 1 Satz 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.
§ 299 Abs. 2 BAO lautet:
"Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist."

Beschwerdegegenständlich ist die Frage, ob sich der Spruch des Einkommensteuerbescheides 2017 vom deshalb als nicht richtig iSd § 299 Abs. 1 BAO erweist, weil die geltend gemachten Steuerberatungskosten nicht erklärungsgemäß als Sonderausgaben iSd § 18 Abs 1 Z 6 EStG 1988 berücksichtigt worden sind.
Der Bf. vertritt dazu die Ansicht, dass die im Zuge einer Unternehmensveräußerung des Bf. und der damit einhergehenden Aufgabe der Tätigkeit im Bereich von Internetportalen entstandenen Steuerberatungsleistungen als Sonderausgaben gem. § 18 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 an den Bf. zu qualifizieren seien und die Fakturierung der Steuerberatungsleistungen an die "XX GmbH" nur aus verwaltungsökonomischen Gründen vorgenommen worden sei.

Dagegen vertritt die belangte Behörde die Ansicht, dass die im Zuge des Verkaufes der GmbH Anteile erzielten Einkünfte unter § 27 Abs. 3 EStG 1988 zu subsumieren und gem. § 27a EStG 1988 zu versteuern seien. Aufgrund des Abzugsverbotes gemäß § 20 Abs. 2 zweiter TS EStG 1988, wonach Aufwendungen in Zusammenhang mit Sondersteuersätzen nicht abzugsfähig seien, sei der Abzug dieser Steuerberatungskosten nicht möglich. Die Argumentation der steuerlichen Vertretung, die Steuerberatungskosten seien nur nicht als Sonderausgaben anerkannt worden, da diese nicht direkt dem jeweiligen Klienten in Rechnung gestellt worden seien, sei falsch.

Nach § 18 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 sind Steuerberatungskosten, die an berufsrechtlich befugte Personen geleistet werden, bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind.

Sonderausgaben kann - soweit nicht der Sondertatbestand des § 18 Abs. 3 Z 1 EStG 1988 greift (Sonderausgaben für nahe Angehörige) - grundsätzlich nur der Steuerpflichtige geltend machen, der zu ihrer Bezahlung aus einem Rechtsverhältnis verpflichtet ist und der sie auch tatsächlich zahlt (vgl. , mwH).

Wie aus dem Sachverhalt ersichtlich, lag das den Aufwendungen zugrundeliegende Rechtsverhältnis zwischen der steuerlichen Vertretung - also der "berufsrechtlich befugte Person" - und der "XX GmbH" vor. Die Weiterverrechnung an die Bf. erfolgte durch die "XX GmbH", welche keine "berufsrechtlich befugte Person" iSd. § 18 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 ist. Da es dem Bf. hinsichtlich der streitigen Steuerberatungskosten iZm. der Anteilsveräußerung an einer rechtlichen Verpflichtung zur Leistung an die berufsrechtlich befugte Person mangelt, liegen die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 nicht vor.

Allerdings wird von der belangten Behörde anerkannt, dass die steuerliche Vertretung im Streitjahr neben den Leistungen für die Anteilsveräußerung auch weitere Leistungen an den Bf. erbracht hat. Diese weiteren Leistungen wurden im Zuge des Außenprüfungsverfahrens gem. § 184 BAO im Schätzungswege mit 1.000,00 Euro ermittelt (vgl. BFG-Akt OZ 5, Außenprüfungsbericht).
Im Zuge des Erörterungsgesprächs vom wurde festgestellt, dass die (zusätzlichen) Aufwendungen der Höhe nach zu niedrig angesetzt wurden und der Sonderausgabenbetrag für Steuerberatungskosten von 1.000,00 Euro auf 3.300,00 Euro zu erhöhen ist.
Aufgrund der Erhöhung des Sonderausgabenbetrags erweist sich aber der Spruch des Einkommensteuerbescheids 2017 vom als nicht richtig.
Entsprechend sind die Voraussetzungen des § 299 Abs. 1 BAO ("... wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist...") gegeben, weshalb der Abweisungsbescheid vom aufzuheben und dem Antrag vom stattzugeben war.

Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass zwar gem. § 20 Abs. 2 zweiter TS EStG 1988 bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden dürfen soweit sie mit Einkünften, auf die ein besonderer Steuersatz gemäß § 27a Abs 1 EStG 1988 anwendbar ist in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Jedoch können zufolge § 20 Abs. 3 EStG 1988 nichtabzugsfähigen Aufwendungen und Ausgaben - mit Ausnahme von freiwilligen Zuwendungen und Zuwendungen an unterhaltsberechtigte Personen sowie mit Strafe bedrohte Geld- bzw. Sachzuwendungen - bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abgezogen werde. Dies ergibt sich daraus, dass § 20 EStG 1988 generell die private Sphäre von der betrieblichen und beruflichen Sphäre abgrenzt und Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen vom Prinzip her gerade Aufwendungen der privaten Sphäre erfassen (vgl. Kofler/Wurm in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20. Lfg, § 20 Rz 160 mwH und ).

Hinweis:
Die Konsequenz aus der Aufhebung des Bescheides, d.h., die Erlassung eines neuen Einkommensteuerbescheides 2017, fällt gem. § 299 Abs. 2 Satz 2 BAO in den Wirkungsbereich des Finanzamtes Österreich, da der den vom Gericht aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid von der Abgabenbehörde zu erlassen ist (vgl Ritz/Koran, BAO7, § 299 Rz 44a, mwH).

2.2. Zu Spruchpunkt III. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das vorliegende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs folgt, liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung beizumessen ist. Eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof war daher nicht zuzulassen.

Graz, am

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