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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.06.2023, RV/7100687/2023

Kosten Privatoperation

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***3***, ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht:

I.Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit elektronisch eingebrachter Abgabenerklärung vom begehrte die Beschwerdeführerin die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen wegen eigener Behinderung gemäß § 35 Abs. 5 EStG 1988 im Ausmaß von 26.103,02 Euro.

Mit Vorhalt vom ersuchte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin hinsichtlich der beantragten tatsächlichen Krankheitskosten um Nachreichung einer detaillierten Aufgliederung sowie belegmäßigen Nachweis.

Dieser Vorhalt blieb seitens der Beschwerdeführerin unbeantwortet. Mit Erinnerungsschreiben vom forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin erneut zur Übermittlung der genannten Unterlagen auf. Auch dieser Aufforderung kam die Beschwerdeführerin nicht nach.

Am erließ die belangte Behörde den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 ohne Berücksichtigung der beantragten Kosten für außergewöhnliche Belastungen.

Binnen verlängerter Rechtsmittelfrist brachte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 ein. Unter einem legte sie umfangreiche Belege hinsichtlich der Kosten im Zusammenhang mit ihrer Behinderung beziehungsweise Krankheit vor und ersuchte um deren Berücksichtigung.

Mit weiterem Vorhalt vom ersuchte die belangte Behörde um Stellungnahme sowie Vorlage von entsprechend ärztlichen Bestätigungen betreffend die geltend gemachten Kosten für eine private Operation und andere Privatbehandlungen. Auch dieses Ersuchen beantwortete die Beschwerdeführerin nicht.

Am erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung, mit der sie der Bescheidbeschwerde teilweise stattgab. In der dazu ergangenen händischen Begründung stellt die belangte Behörde rechnerisch die Ermittlung der nunmehr anerkannten und nicht anerkannten Kosten der außergewöhnlichen Belastung dar. Insgesamt wurden in der Beschwerdevorentscheidung Kosten in Höhe von 20.622,24 Euro anerkannt. Nicht anerkannt wurden nach dieser Begründung "einige doppelt erfasste Rechnungen" und Kosten, die "nicht der unmittelbaren Heilbehandlung dienen" sowie Privatbehandlungs- und Privatspitalskosten. Zudem sei hinsichtlich des berücksichtigten und mit den tatsächlichen Kosten aus der Pflegenotwendigkeit verrechnetem Pflegegeld eine Differenz festzustellen gewesen.

Mit Schriftsatz vom begehrte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Bescheidbeschwerde zur Entscheidung an das Verwaltungsgericht und begehrte die Berücksichtigung der Kosten für die Operation nach Abzug der Ersätze in Höhe von 3.301,49 Euro als außergewöhnliche Belastung. Die übrigen Feststellungen der Beschwerdevorentscheidung blieben seitens der Beschwerdeführerin unbeanstandet.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Bescheidbeschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Sie erzielte im beschwerdegegenständlichen Jahr 2020 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 49.787,06 Euro und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 36.874,37 Euro.

Der Beschwerdeführerin sind im Jahr 2020 tatsächliche Kosten aus der eigenen Behinderung in Höhe von 20.622,24 Euro erwachsen.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen und der Einsichtnahme in den elektronischen Veranlagungsakt der Beschwerdeführerin. Dies betrifft insbesondere ihren gewöhnlichen Aufenthalt und die Höhe ihrer Einkünfte. Diese wurden dem übermittelten Lohnzettel des BVA Pensionsservice (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) sowie dem Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2020 zur Steuernummer ***1*** (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) entnommen. Auch das Vorliegen einer Behinderung der Beschwerdeführerin kann dem Verwaltungsakt entnommen werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe z.B. mwN) gilt die Beschwerdevorentscheidung als Vorhalt. Zumal sie die Beschwerdeführerin nicht gegen die in der Beschwerdevorentscheidung ausgesonderten "doppelt erfassten Rechnungen" wendet und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine Anhaltspunkte zutage getreten sind, die für die Unrichtigkeit dieser Feststellung sprechen, folgt das Verwaltungsgericht diesen zwischen den Verfahrensparteien unstrittigen und übereinstimmenden Vorbringen. Das gleiche gilt für die seitens der belangten Behörde angesetzten Differenz aus berücksichtigten und den tatsächlichen Kosten im Zusammenhang mit der Pflegenotwendigkeit der Beschwerdeführerin. Sohin ergeben sich die für das Verwaltungsgericht glaubhaften, im Sachverhalt festgestellten, tatsächlichen Kosten aus der eigenen Behinderung der Beschwerdeführerin.

Hinsichtlich der Kosten für die privat durchgeführte Operation wird auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Zwischen den Verfahrensparteien strittig ist lediglich die Berücksichtigung der Kosten für eine private durchgeführte Operation als außergewöhnliche Belastung, welche die Beschwerdeführerin im Vorlageantrag mit 3.301,49 Euro beziffert.

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein, zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung, können gemäß § 35 Abs. 1 iVm Abs. 5 EStG 1988 die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung ohne Selbstbehalt geltend gemacht werden.

Begünstigungsfähig als außergewöhnliche Belastung ist grundsätzlich nur der durch die Behinderung bedingte Mehraufwand, somit jener Aufwand, der über die typischen Kosten der Lebensführung hinausgeht (vgl. ). Nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme führt zu einer außergewöhnlichen Belastung. Die Aufwendungen müssen vielmehr zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die Maßnahmen zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig ist (vgl. ).

Zum Nachweis der Notwendigkeit ist ein ärztliches Zeugnis oder ein Gutachten erforderlich. Einem ärztlichen Gutachten kann es gleich gehalten werden, wenn ein Teil der angefallenen Aufwendungen von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung übernommen wird (vgl. mwN).

Aufwendungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, können dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, wenn sie aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind. Die Beweislast dafür trägt der Steuerpflichtige, der selbst alle Umstände darzulegen hat, auf welche die Berücksichtigung bestimmter Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung gestützt werden kann (vgl. mwN).

Die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin ist, wie im Verfahrensgang wiedergegeben, dieser Beweispflicht trotz mehrmaliger Aufforderung nicht nachgekommen. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin im Vorlageantrag, wonach gerade Ausgaben für private Krankenhäuser im Wege der außergewöhnlichen Belastungen anzusetzen seien, vermag einen Nachweis im Sinne der dargestellten Rechtsprechung nicht zu ersetzen. Das gleiche gilt für den ebenfalls im Vorlageantrag enthaltenen Hinweis auf einen Arzt, der "einen schon länger behandelt und dem man vertraut".

Im Lichte der dargestellten Rechtsprechung waren die begehrten Aufwendungen in Höhe von 3.301,49 Euro nicht zu berücksichtigen, sehr wohl aber die im Sachverhalt festgestellten tatsächlichen Kosten aus der eigenen Behinderung in Höhe von 20.622,24 Euro.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Bescheid im Sinne der Beschwerdevorentscheidung abzuändern.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Darüber hinausgehende Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung liegen nicht vor. Die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis ist daher für unzulässig zu erklären.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100687.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at