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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.06.2023, RV/1100074/2022

Verjährung des Rechtes, Normverbrauchsabgabe festzusetzen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Peter Bilger in der Beschwerdesache *Bf1*, *Bf1-Adr*, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Festsetzung von Normverbrauchsabgabe zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Mit Kaufvertrag vom erwarb der Gatte der Beschwerdeführerin, *M.*, in Belgien ein beschädigtes Kraftfahrzeug der Marke "*X.*" (in der Folge: Kfz) und importierte es nach Österreich, wo er es umbauen und reparieren ließ. Am wurde das Fahrzeug mit dem Kennzeichen *Lfz-Kz1* auf die Beschwerdeführerin im Inland zum Verkehr zugelassen.

2. Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt aufgrund der Erstzulassung dieses Kfz im Inland Normverbrauchsabgabe in Höhe von 7.836,19 Euro fest und schrieb diese Abgabe dem Ehegatten der Beschwerdeführerin vor.

3. Die in diesem Abgabenverfahren zwischen den Parteien bestehende Streitfrage, ob das Kfz als Kraftfahrzeug im Sinne des § 2 Z 2 NoVAG und daher normverbrauchsabgabepflichtig sei oder nicht, wurde im Beschwerdeverfahren vom Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , RV/1100409/2015 im Sinne des Bestehens der Normverbrauchsabgabepflicht entschieden. Dennoch wurde der angefochtene Bescheid vom aufgehoben, weil das Finanzamt die Normverbrauchsabgabe dem Ehegatten der Beschwerdeführerin und nicht dieser als Zulassungsbesitzerin vorgeschrieben hatte.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom setzte das Finanzamt die Normverbrauchsabgabe in Höhe von 7.836,19 Euro nunmehr der Beschwerdeführerin als Abgabenschuldnerin vor. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Kfz sei, wie das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/100409/2015, bestätigt habe, als Kraftfahrzeug im Sinne des § 2 Z 2 NoVAG 1991 einzustufen. Bei einer erstmaligen Zulassung eines Fahrzeuges aufgrund eines Eigenimports sei Abgabenschuldner derjenige, auf den das Kraftfahrzeug zugelassen sei.

5. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde brachte die Beschwerdeführerin durch ihre rechtliche Vertretung vor, dieser sei ohne die Möglichkeit einer Akteneinsicht und ohne nachvollziehbare Begründungen und damit aufgrund eines mangelhaften Verfahrens ergangen. Zudem sei das Kfz kein Personenkraftwagen im Sinne des § 2 Z 2 NoVAG und sei der angefochtene Bescheid außerhalb der Verjährungsfrist ergangen, weshalb er auch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet sei.

6. Mit Bescheid vom erließ das Finanzamt einen Mängelbehebungsauftrag gemäß § 250 Abs. 2 BAO und forderte die Beschwerdeführerin zur Beigabe von Mustern, Abbildungen oder Beschreibungen, aus denen die für die Einreihung maßgeblichen Merkmale des Kfz hervorgingen, sowie zum Nachweis, dass das den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildende Kfz mit diesen Mustern, Abbildungen oder Beschreibungen übereinstimme, auf. Bei Versäumung der Frist bis gelte das Anbringen (die Beschwerde) als zurückgenommen.

7. In der Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages legte die Beschwerdeführerin eine Beschwerdeergänzung, in der ausgeführt wurde, die geforderten Unterlagen befänden sich im Akt zur Entscheidung des RV1100409/2015, sowie zusätzlich 2 Fotos zum Kfz vor.

8. Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Zur strittigen Frage der kraftfahrrechtlichen Einstufung des Kfz verwies es auf das zitierte Erkenntnis des BFG, mit dem das Kfz in die Position 8703 der Kombinierten Nomenklatur eingereiht und damit als Kraftfahrzeug im Sinne des § 2 Z 2 NoVAG eingestuft wurde. Zu den übrigen Einwänden betreffend Akteneinsicht und Festsetzungsverjährung führte es aus:

Es bestehe keine Verpflichtung, die Partei zur Akteneinsicht aufzufordern. Die Initiative zur Akteneinsicht habe von der Partei in Form eines darauf gerichteten Antrages auszugehen (mit Verweis auf Ritz/Koran BAO7, § 90 Rz 2 mwN). Ein derartiger Antrag sei aber nicht gestellt worden.

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO betrage die Verjährungsfrist bei der NoVA fünf Jahre, gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO beginne die Verjährung mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden sei, gemäß § 209 Abs.1 BAO verlängere jede nach außen erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen die Verjährungsfrist um ein Jahr. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin habe die Abgabenbehörde 2015 mit der Freischaltung des Kfz in der Genehmigungsdatenbank befasst, um die Zulassung zu erwirken. Im Zuge dessen sei die Abgabenpflicht festgestellt und dem Ehegatten gegenüber bescheidmäßig vorgeschrieben worden. Dieser Bescheid sei als nach außen erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs zu werten gewesen und habe die 5-jährige Verjährungsfrist um ein Jahr bis zum Ablauf des Kalenderjahres 2021 verlängert. Der angefochtene Bescheid sei daher innerhalb der Verjährungsfrist ergangen.

9. Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin durch ihre rechtliche Vertretung den Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

10. Am legte das Finanzamt die Beschwerde samt den dazugehörigen Akten dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. In der Beschwerde wird unter anderem vorgebracht, der angefochtene Bescheid sei außerhalb der Verjährungsfrist ergangen und daher rechtswidrig. Über diesen Einwand ist vor der Beurteilung der inhaltlichen Streitfrage, ob das in Rede stehende Fahrzeug als Kraftfahrzeug im Sinne des § 2 Normverbrauchsabgabegesetz (NoVAG 1991) einzustufen ist oder nicht, weil im Falle einer bereits eingetretenen Verjährung der angefochtene Bescheid auch bei Bejahung der materiell-rechtlichen Frage aufzuheben wäre.

2. Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist bei den Verbrauchssteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichsthofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Die Normverbrauchsabgabe ist keine Verbrauchssteuer (vgl. ; Ritz, BAO2, § 207 Rz 11). Für sie gilt daher die fünfjährige Verjährungsfrist.

Gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Gemäß § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Gemäß § 4 Abs. 3 BAO bleiben in Abgabenvorschriften enthaltene Bestimmungen über den Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruchs (der Steuerschuld) unberührt.

Gemäß § 209 Abs. 1 BAO verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207 BAO) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabeanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77 BAO) von der Abgabenbehörde unternommen werden. Die Verjährungsfrist verlängert sich um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.

Um eine fristverlängernde Wirkung zu erzielen, muss die Amtshandlung nicht gegen den Abgabenschuldner selbst gerichtet sein, (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 209 Rz 4, m.w.N.), sie muss aber von der sachlich zuständigen Abgabenbehörde unternommen worden sein (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 209 Rz 9, m.w.N.). Auch Amtshandlungen der Abgabenbehörden zweiter Instanz können die Verjährungsfrist verlängern. Verwaltungsgerichte sind keine Abgabenbehörden, von ihnen durchgeführte Ermittlungen oder ergehende Beschlüsse oder Erkenntnisse haben daher keine verjährungsfristverlängernde Wirkung (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 209 Rz 9, m.w.N.).

3. Gemäß § 1 Z 3a NoVAG 1991 unterliegt die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland, sofern die Steuerpflicht nicht bereits nach Z 1 und 2 leg. cit. eingetreten ist oder nach Eintreten der Steuerpflicht eine Vergütung nach § 12 oder § 12a leg. cit. erfolgt ist, der Normverbrauchsabgabe. Abgabenschuldner ist in diesem Fall derjenige, für den das Kraftfahrzeug zugelassen wird (§ 4 Z 2 NoVAG 1991).

Gemäß § 7 Z 2 NoVAG 1991 entsteht die Steuerschuld im Falle der erstmaligen Zulassung nach § 1 Z 3 mit dem Tag der Zulassung. Der Abgabenschuldner hat gemäß § 11 Abs. 3 NoVAG 1991 spätestens einen Monat nach der Zulassung (Fälligkeitstag) eine Anmeldung einzureichen, in der er den zu entrichtenden Betrag selbst zu entrichten hat. Kommt der Abgabenschuldner dieser Verpflichtung nicht nach, kann das Finanzamt innerhalb der Bemessungsverjährung die Abgabe mit Abgabenbescheid festsetzen (§ 201 Abs. 2 Z 3 BAO).

4. Im Beschwerdefall wurde das in Rede stehende Fahrzeug am auf die Beschwerdeführerin zum Verkehr zugelassen. An diesem Tag ist auch die Normverbrauchsabgabeschuld entstanden. Die Verjährungsfrist für die bescheidmäßige Festsetzung der Normverbrauchsabgabe begann somit mit Ablauf des Jahres 2015, also am und endete am .

Das Finanzamt beruft sich für sein Recht, die Normverbrauchsabgabe mit dem angefochtenen Bescheid vom festzusetzen, auf den Normverbrauchsabgabebescheid an den Ehegatten der Beschwerdeführerin vom . In diesem Bescheid sei eine fristverlängernde Handlung des Finanzamtes zu sehen, mit der die Verjährungsfrist um ein Jahr bis verlängert worden sei.

Dem kann das Bundesfinanzgericht nicht folgen, weil der angesprochene Bescheid an den Ehegatten der Beschwerdeführerin nach Beginn der Verjährungsfrist ergangen ist. Eine Unterbrechung einer Frist erfordert aber schon begrifflich bereits den erfolgten Beginn des Fristenlaufs (vgl. ). Der noch vor dem Beginn der Verjährungsfrist an *M.* gerichtete Bescheid über die Festsetzung von Normverbrauchsabgabe war daher nicht geeignet, die Verjährungsfrist zu unterbrechen und um ein Jahr zu verlängern. Dasselbe gilt für die aufgrund einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ergangene Beschwerdevorentscheidung vom . Auch diese erging nach Beginn der Verjährungsfrist. Andere Amtshandlungen mit fristverlängernder Wirkung sind nicht zu erkennen.

Damit endete die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für das in Rede stehende Fahrzeug am und war der angefochtene Bescheid daher außerhalb der Verjährungsfrist erlassen worden. Er war daher ersatzlos aufzuheben.

1.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzliche Bedeutung wird mit dieser Entscheidung nicht angesprochen. Eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 2 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Z 3a NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 4 Z 2 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 11 Abs. 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 4 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 7 Z 2 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100074.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at