Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.05.2023, RV/5100222/2022

Eintritt eines Terminverlustes gemäß § 230 Abs. 5 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom zu Steuernummer ***BF1StNr1*** betreffend

1) Pfändung einer Geldforderung sowie

2) Pfändungsgebühr und Auslagenersätze

zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt

Dem Beschwerdeführer wurde aufgrund der vom Gesetzgeber normierten Covid-19-Sonderregelungen wiederholt die Entrichtung seiner Abgabenschulden gestundet.

Mit einem über FinanzOnline eingebrachten Zahlungserleichterungsansuchen vom wurde die Entrichtung des Abgabenrückstandes in Raten ab beantragt.

Das Finanzamt bewilligte mit Bescheid vom die Entrichtung des Abgabenrückstandes von 15.199,44 € zuzüglich der bis zum Ablauf der Zahlungserleichterung anfallenden Einkommensteuervorauszahlungen von 500 € in zwölf Monatsraten zu je 1.300,00 €. Die erste Rate war am fällig, die zweite Rate am .

Im Spruch des Bescheides wurde auf Seite 2 darauf hingewiesen, dass im Falle eines Terminverlustes gemäß § 230 Abs. 5 BAO Einbringungsmaßnahmen zulässig wären. Ein Terminverlust trete ein, wenn auch nur zu einem Ratentermin eine Zahlung der festgesetzten Rate unterbleibt oder nicht in die Zahlungserleichterung einbezogene Abgaben nicht fristgerecht entrichtet werden.

Mit Wirksamkeit wurde ein Betrag von 1.000,00 € auf das Abgabenkonto überwiesen und mit Wirksamkeit ein weiterer Betrag von 1.600,00 €. Laut Zahlungsbelegen wurden Verrechnungsweisungen erteilt und zwar jeweils für "ZK 2021". Da Abgaben der Abgabenart ZK (Zuschuss Karenzurlaubsgeld) am Abgabenkonto nie verbucht und daher auch nicht rückständig waren, wurden die beiden Zahlungen über insgesamt 2.600,00 €, die betragsmäßig den bewilligten Raten für September und Oktober 2021 entsprachen, auf den von der Zahlungserleichterung umfassten Rückstand verbucht.

Die Umsatzsteuervorauszahlung für Juli 2021 in Höhe von 1.303,00 € war am fällig. Da die am fällige zweite Rate aus der bewilligten Zahlungserleichterung bereits mit Wirksamkeit entrichtet worden war, stand für die Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlung 07/2021 gemäß § 210 Abs. 6 BAO eine Frist bis zu. Mit einer per wirksamen Zahlung von 1.303,00 € wurde diese Vorauszahlung auch termingerecht entrichtet.

Für die Entrichtung der am fälligen Umsatzsteuervorauszahlung 08/2021 in Höhe von 650,00 € bestand ebenfalls eine Zahlungsfrist gemäß § 210 Abs. 6 BAO bis . Eine termingerechte Entrichtung dieser Umsatzsteuervorauszahlung 08/2021 fand nicht statt. Die Entrichtung dieser Abgabe erfolgte erst mit einer per wirksamen Überweisung eines Betrages von 700,00 €. Der Beschwerdeführer hatte auf diesem Überweisungsbeleg auch eine Verrechnungsweisung zur Abdeckung der Umsatzsteuervorauszahlung 08/2021 erteilt.

Aufgrund der nicht termingerechten Entrichtung der Umsatzsteuer 08/2021 war somit Terminverlust eingetreten. Über diesen Terminverlust wurde der Beschwerdeführer mit Verständigung gemäß § 230 Abs. 5 BAO vom auch informiert.

Am wurde ein Rückstandsausweis über den zu diesem Zeitpunkt vollstreckbaren Abgabenrückstand in Höhe von 11.349,44 € ausgestellt.

Hinsichtlich dieses vollstreckbaren Rückstandes verfügte das Finanzamt mit Bescheid vom eine Pfändung der Bezüge des Beschwerdeführers von der ***DS*** (Drittschulderin) und wurden mit weiterem Bescheid vom Pfändungsgebühr (113,49 € = 1 % von 11.349,44 €) sowie Auslagenersätze (5,42 €) festgesetzt.

In einem über FinanzOnline am eingebrachten "Ersuchen um (Rechts)auskünfte (RAK)" ersuchte der Beschwerdeführer um eine neue Ratenvereinbarung und "umgehenden Rückruf der Pfändungsvereinbarung". Es wären alle Raten bezahlt und würden ab sofort fristgerecht überwiesen. Abschließend wurde ausgeführt: "Besteht hier noch eine Möglichkeit? Danke für Ihr Entgegenkommen, vielen Dank!".

In einem am über FinanzOnline eingebrachten "Sonstigen Anbringen und Anfragen (SONST)" wurde nochmals um neuerliche Ratenbewilligung "auf Basis der bisherigen Ratenzahlung" und um "Aussetzung bzw. Stornierung der Pfändung" ersucht, da alle Abgaben und Raten bisher überwiesen worden wären und alle Raten und Abgaben "ab sofort fristgerecht" überwiesen würden.

Mit einer über FinanzOnline eingebrachten Eingabe vom erhob der Beschwerdeführer Einspruch gegen die mit Bescheid vom festgesetzten Kosten für die Pfändung, "da die Pfändung nicht rechtens ist (Einspruch vom 17. und )". Es seien alle anstehenden Raten und Abgaben überwiesen worden.

Das neuerliche Zahlungserleichterungsansuchen vom wies das Finanzamt mit Bescheid vom ab.

In einer "Mitteilung über die Einschränkung des zu überweisenden Betrages" vom teilte das Finanzamt der Drittschuldnerin der gepfändeten Bezüge des Beschwerdeführers mit, dass bei jederzeitigem Widerruf und unter voller Wahrung des Pfandranges bis auf weiteres keine Einbehaltungen durchzuführen wären.

Diese Einschränkung teilte das Finanzamt auch dem Beschwerdeführer mit. Die Einschränkung bleibe aufrecht, solange monatlich ein Betrag von 1.900,00 € auf das Abgabenkonto überwiesen werde und die laufenden Abgaben (Umsatzsteuer) termingerecht gemeldet und bezahlt würden; da diese Zahlungen nicht erfolgten, wurde die Einschränkung am widerrufen und erfolgten Überweisungen der Drittschuldnerin an das Finanzamt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom , die sich - aus dem Inhalt erkennbar - sowohl gegen den Pfändungsbescheid vom sowie den Bescheid vom über die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätze richte, als unbegründet ab.

Dagegen richtet sich der über FinanzOnline eingebrachte Vorlageantrag vom . Alle Zahlungen würden laufend erfüllt und wären auch erfüllt worden bis das Finanzamt im Dezember 2021 seinen "Prozess" (gemeint offenkundig: die Lohnpfändung) "gestartet" habe.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.

II. Beweiswürdiung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den zitierten Aktenteilen und den im Abgabeninformationssystem gespeicherten Daten. Zu prüfen war, ob hinsichtlich der mit Bescheid vom bewilligten Zahlungserleichterung Terminverlust eingetreten war. Der Beschwerdeführer vertrat in der Eingabe vom , auf die in der Beschwerde verwiesen wurde, die Ansicht, dass "alle Abgaben und Raten bisher überwiesen worden wären und alle Raten und Abgaben ab sofortfristgerecht überwiesen würden". Damit gesteht der Beschwerdeführer eine nicht fristgerechte Entrichtung der Abgaben in der Vergangenheit zu. Konkret betrifft dies die am fällig gewesene und aufgrund der Zahlungsfrist gemäß § 210 Abs. 6 BAO bis zu entrichtende Umsatzsteuervorauszahlung 08/2021, die aber erst mit Überweisung vom unter Erteilung einer entsprechenden Verrechnungsweisung durch den Beschwerdeführer entrichtet worden war. Damit steht die nicht fristgerechte Entrichtung dieser Abgabe, die zu einem Terminverlust führte, fest.

III. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 226 Bundesabgabenordnung (BAO) sind Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, in dem von der Abgabenbehörde festgesetzten Ausmaß vollstreckbar; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete und der Abgabenbehörde bekanntgegebene Betrag.

Wurden Zahlungserleichterungen bewilligt, so dürfen gemäß § 230 Abs. 5 BAO Einbringungsmaßnahmen während der Dauer des Zahlungsaufschubes weder eingeleitet noch fortgesetzt werden. Erlischt eine bewilligte Zahlungserleichterung infolge Nichteinhaltung eines Zahlungstermines oder infolge Nichterfüllung einer in den Bewilligungsbescheid aufgenommenen Bedingung (Terminverlust), so sind Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der gesamten vom Terminverlust betroffenen Abgabenschuld zulässig.

Im Spruch des Bewilligungsbescheides vom wurde auf Seite 2 darauf hingewiesen, dass im Falle eines Terminverlustes gemäß § 230 Abs. 5 BAO Einbringungsmaßnahmen zulässig sind. Ein Terminverlust trete ein, wenn auch nur zu einem Ratentermin eine Zahlung der festgesetzten Rate unterbleibt oder nicht in die Zahlungserleichterung einbezogene Abgaben nicht fristgerecht entrichtet werden.

Im gegenständlichen Fall trat aufgrund der nicht fristgerechten Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlung 08/2021 Terminverlust ein, und waren damit Einbringungsmaßnahmen, insbesondere die am vom Finanzamt verfügte Lohnpfändung zulässig. Als Grundlage für diese Einbringungsmaßnahme diente der am ausgestellte Rückstandsausweis (§ 229 BAO).

Gemäß § 26 Abs. 1 lit. a Abgabenexekutionsordnung (AbgEO) hat der Abgabenschuldner für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens eine Pfändungsgebühr im Ausmaß von 1 % vom einzubringenden Abgabenbetrag zu entrichten. Diese beträgt im gegenständlichen Fall somit 1 % vom vollstreckbaren Rückstand in Höhe von 11.349,44 € und damit 113,49 €.

Außer dieser zu entrichtenden Gebühr hat der Abgabenschuldner gemäß § 26 Abs. 3 AbgEO auch die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen (insbesondere Postspesen) zu ersetzen. Diese betrugen im gegenständlichen Fall 5,42 €, die gesamten Kosten aus der Pfändung damit 118,91 €.

Insgesamt gesehen erweist sich daher sowohl die vorgenommene Lohnpfändung als auch die Kostenvorschreibung als rechtmäßig, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war im gegenständlichen Fall nicht zu klären. Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer konkreten Fallgestaltung liegt nach seiner Judikatur auch dann keine erhebliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, wenn das Gesetz selbst eine klare, eindeutige Regelung trifft (vgl. etwa , mwN).

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 210 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 226 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 230 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 229 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 26 Abs. 1 lit. a AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 26 Abs. 3 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100222.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at