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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.05.2023, RV/5100730/2020

Medikamente als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

In der elektronisch übermittelten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 macht die Beschwerdeführerin unregelmäßige Ausgaben für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung iHv € 3.498,44 als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt geltend.

Im Einkommensteuerbescheid 2018 vom berücksichtigte die belangte Behörde € 1.113,54 als außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt und € 1.097,74 als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt ("Nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen").

Die belangte Behörde begründete wie folgt:

"Die beantragten zusätzlichen Kosten für Behinderungen wurden korrigiert, Kennzahl 476, da hier ausschließlich Kosten geltend gemacht werden dürfen, die in direktem Zusammenhang mit der Behinderung stehen.

Augenarzt, Zahnarzt, HNO, Brille: Diese Aufwendungen und die dazugehörenden Fahrtspesen sind der Kennzahl 730 zuzuordnen.

Medikamente ohne ärztliche Verordnung/Rezept sind nicht steuerlich abzugsfähig, da die Zwangsläufigkeit nicht nachgewiesen wurde. Dies gilt ebenso für die Damenschuhe.

Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt haben wir nicht berücksichtigt. Der Grund: Die Aufwendungen sind niedriger als der für Sie gültige Selbstbehalt in Höhe von 1.814,33Euro."

In der fristgerecht eingereichten Beschwerde vom führt die Beschwerdeführerin aus, die nicht anerkannten Krankheitskosten seien nicht bzw schwer nachvollziehbar und die Begründung gehe an der Realität vorbei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt iHv € 1.987,89 und mit Selbstbehalt iHv € 133,06 berücksichtigt, wobei die Ausgaben niedriger waren als der Selbstbehalt.

Mit Vorlageantrag vom wurde die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht beantragt. Begründend wurde wie folgt ausgeführt:

"PVA Untersuchung Kur: Bevor man eine Kur genehmigt bekommt und somit auf Kur fährt, muß man beim Vertrauensarztdes Versicherungsträgers (Vorladung) zur Untersuchung vorstellig werden (Notwendigkeit der Kur). Der Kurantritt war erst 2019, vom 13.3. bis (siehe Beilage) somit waren 2018 keine weiteren Kurkosten als Aufwand !! Der Aufwand für den Kuraufenthalt wird 2019 geltend gemacht. Die Fahrtkosten sind sehr gering und steuerlich wenig wirksam; Minderung der Bemessungsgrundlage € 28,78 !!

129 Kilometer x 0,42 = 54,18 abzgl. Vergütung PVA € 25,40 = Aufwand € 28,78

Eigenmedikation Augentropfen, Augensalben etc: Es wurde bereits im vorigen Schreiben angeführt, dass durch mündliche Befunde (KH Ried) die Behandlung mit Tränenersatz, Augentropfen und Salben empfohlen wird. Rezepte habe ich nicht erhalten da diese Medikamente ohne Rezept in der Apotheke erhältlich sind.

Bei diversen Ordinationen in der Augenambulanz im KH Ried (Frau Dr. Swoboda) werden die verschiedenen Medikamente besprochen und mitgeteilt, dass ich diese Präparate ohne Rezept in der Apotheke kaufen kann. Bestätigung wird beigebracht. Es handelt sich somit um Medikamentenbesorgung nach fachärztlicher Empfehlung (Verordnung) vom KH Ried, Augenambulanz und keine eigenmächtigen Käufe. Dass die angeführten Augentropfen im Zusammenhang mit meiner Krankheit (Störung der Augenmuskulatur, Einschränkung der Augenlider, etc., Bescheid wurde bereits vorgelegt) stehen, die auch am Bescheid des Sozialministeriums angeführt ist und für die mir ein Behinderungsgrad ausgestellt wurde.

Ich verweise auf Lohnsteuerrichtlinien RZ 851, dass Kosten für Medikamente sofern sie im Zusammenhang mit der Behinderung stehen, absetzbar sind. Aufgrund der vorgebrachten Erläuterungen und Darstellungen beantrage ich die Berücksichtigung der Aufwände für Medikamente in KZ 476, da sie eindeutig mit meiner Behinderung im Zusammenhang stehen. Weiters verweise ich dazu auf die LST-Richtlinien RZ 902: "Für die Anerkennung von Krankheitskosten als ag. Belastung ist erforderlich, dass nachweislich eine Krankheit vorliegt (siehe Bescheid Bundessozialamt), die Behandlung in direktem Zusammenhang mit dieser Krankheit steht und eine taugliche Maßnahme zur Linderung oder Heilung der Krankheit darstellt."

Weiters wird angeführt, dass Aufwendungen für Medikamente und Heilbehandlungen, die der Steuerpflichtige selbst zu tragen hat, absetzbar sind."

Mit Vorlagebericht vom wurde der Akte dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und am meiner Gerichtsabteilung zugeteilt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin leidet an einer Störung der Augenmuskulatur (Endokrine Orbitopathie), einer Einschränkung der Augenlider und Bindehäute (Benetzungsstörung der Binde-und Hornhaut, Fremdkörpergefühl, brennende Augen sowie gerötete Bindehaut), einer rheumatischen Muskelerkrankung (Polymyalagia Rheumatics) und an Bluthochdruck.

Der vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen festgestellte Grad der Behinderung beträgt 60 % seit 07/2016.

Die Beschwerdeführerin wurde von bis im Rehazentrum Kitzbühl stationär behandelt. Zur Bewilligung dieser "Kur" vielen Fahrtkosten zu einer Voruntersuchung in Höhe von € 28,78 an.

Auf Grund der Empfehlung der Augenambulanz des Krankenhauses Ried im Innkreis wurden Medikamente in Höhe von insgesamt € 1.098,45 angeschafft. Es handelt sich dabei größtenteils um Augentropfen bzw. Augensalben, welche allesamt mit der Behinderung der Beschwerdeführerin in unmittelbarem Zusammenhang stehen.

Im Vorlagebericht wurde das Beschwerdebegehren auf die Anerkennung der derzeit nicht berücksichtigten Medikamentenaufwendungen iZm der Augenerkrankung iHv € 1.098,45 und den Fahrtkosten zur Voruntersuchung einer Kur iHv € 28,78 eingeschränkt.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Parteienvorbringen, den vorgelegten Dokumenten und Aktenteilen sowie dem Einblick in die Datenbanken der Finanzverwaltung.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Steuerpflichtige, die eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt, selbst einwandfrei und "unter Ausschluss jeden Zweifels" das Vorliegen der Umstände darzulegen, auf die die Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe im Einzelnen anzuführen sind (Behauptungs- und Nachweispflicht: Jakom/Peyerl, EStG16, § 34 Rz 9, mit Verweis auf ).

Zwar gibt es im Abgabenverfahren keine verfahrensförmliche subjektive Beweislastregel; als allgemein anerkannte verfahrensvernünftige Handlungsmaxime gilt aber, dass die Abgabenbehörde ergebnishaft letzten Endes die Behauptungs- und Feststellungsbürde für die Tatsachen trägt, die vorliegen müssen, um den Abgabenanspruch geltend machen zu können, der Abgabepflichtige hingegen für jene, die den Anspruch aufheben oder einschränken (, unter Verweis auf Stoll, BAO-Kommentar, S 1561; ). Die steuerliche Berücksichtigung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung schränkt den Abgabenanspruch ein; sie begünstigt den Abgabepflichtigen, weshalb die Behauptung und der Beweis des Vorbringens vornehmlich dem Abgabepflichtigen obliegt (vgl. -G/06; ; ; ).

Es liegt also an der Beschwerdeführerin, schlüssig darzulegen, dass die von ihr angeschafften Medikamente mit jener Erkrankung in Zusammenhang stehen, welche zu einer vom Sozialministeriumsservice festgestellten Behinderung von 60 % geführt haben.

Dies ist der Beschwerdeführerin iZm den Medikamenten für die Augenerkrankung gelungen, welche im Ausmaß von € 1.098,45 auch belegt wurden. Für das Bundesfinanzgericht waren die Ausführungen der Beschwerdeführerin wie folgt glaubwürdig:

"Aufgrund des Sicca Syndroms muß ich stündlich eintropfen, wobei ich verschiedene Tropfen verwende um einem Gewöhnungseffekt vorzubeugen. Kontrollen finden alle 3-6 Monate auf der Augenambulanz des Krankenhauses Ried statt. Bei diversen Ordinationen in der Augenambulanz in Ried werden die verschiedenen Medikamente besprochen und mitgeteilt, dass ich diese Präparate ohne Rezept in der Apotheke kaufen kann. Es handelt sich somit um Medikamentenbesorgung nach fachärztlicher Empfehlung (Verordnung) vom KH Ried, Augenambulanz und keine eigenmächtigen Käufe.

Die angeführten Augentropfen stehen im Zusammenhang mit meiner Krankheit (Störung der Augenmuskulatur, Einschränkung der Augenlider, etc., Bescheid wurde bereits vorgellegt), die auch am Bescheid des Sozialministeriums angeführt ist und für die mir ein Behinderungsgrad ausgestellt wurde."

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Rechtsgrundlage

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen: Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2). Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3). Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst (Abs. 2).

Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Abs. 3).

Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt (Abs. 4 1. Satz).

§ 34 Abs. 6 EStG 1988 enthält eine abschließende Aufzählung, welche außergewöhnlichen Belastungen ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes bei der Ermittlung des Einkommensteuertarifes zu berücksichtigen sind (Katastrophenschäden, Berufsausbildung nach Abs. 8, Aufwendungen der Kinderbetreuung im Sinne des Abs. 9, Mehraufwendungen für Personen mit erhöhter Kinderbeihilfe, Aufwendungen im Sinne des § 35 EStG 1988, welche anstelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden, Mehraufwendungen im Sinne des § 35 Abs. 1 EStG 1988 soweit sie die pflegebedingter Geldleistungen übersteigen) und eine Verordnungsermächtigung für den Bundesminister für Finanzen, welche auch erlaubt, festzulegen, welche Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf den Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu berücksichtigen sind.

Gemäß § 35 Abs. 1 EStG 1988, steht dem Steuerpflichtigen jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu, wenn er außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat, und er keine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält.

Nach § 35 Abs. 2 EStG 1988 bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung).

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente;

- die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern;

- in allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (kurz: Sozialministeriumsservice).

Aufgrund der §§ 34 und 35 EStG 1988 erließ der Bundesminister für Finanzen die Verordnung BGBl 303/1996 (VO).

Gemäß § 1 Abs. 1 VO idF BGBl II 430/2010 sind die in den §§ 2 bis 4 genannten Mehraufwendungen, die der Steuerpflichtige durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat, als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25 % beträgt (Abs. 2).

Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen (Abs. 3).

Rechtliche Erwägungen

Die in § 34 EStG geforderte Zwangsläufigkeit von außergewöhnlichen Belastungen setzt in Bezug auf Krankheits- bzw. Behinderungskosten das Vorliegen triftiger medizinischer Gründe für den betreffenden Aufwand in dem Sinn voraus, dass ohne Anwendung der damit finanzierten Maßnahmen das Eintreten ernsthafter, gesundheitlicher Nachteile feststeht oder sich zumindest konkret abzeichnet.

Für Krankheitskosten fordert der VwGH deshalb, dass diese Maßnahmen tatsächlich Erfolg versprechend zur Behandlung oder zumindest Linderung einer konkret existenten Krankheit beitragen ().

§ 34 EStG gibt für die Form des Nachweises keine Beweisregeln vor. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist jeweils nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Einer typisierenden oder wirtschaftlichen Betrachtungsweise erteilt der VwGH eine Absage (; , 88/14/0011).

Im Allgemeinen erweist sich eine im Rahmen eines medizinischen Behandlungsplanes (und damit vor der Anwendung) erstellte, ärztliche Verordnung als geeigneter Nachweis für die medizinische Notwendigkeit einer Maßnahme. Doch ist dies keineswegs die einzige Möglichkeit einer Nachweisführung. Es ist letztlich Sache des Antragstellers, der Behörde jene Beweismittel zur Verfügung zu stellen, die eine Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen im oben dargestellten Sinn erlauben.

Dieser Beweis ist der Beschwerdeführerin gelungen.

Medikamente ohne Verordnung/Rezept

Arzneimittel sind nur dann als zwangsläufig in Sinne des § 34 EStG 1988 anzusehen, wenn ihr Beitrag zur Heilung oder Linderung einer Krankheit oder zur günstigen Entwicklung einer Behinderung und damit die medizinische Notwendigkeit hinreichend erwiesen ist. Das gilt insbesondere für frei erhältliche Präparate, die der Alternativ- bzw. Naturmedizin zuzurechnen sind. Für eine Anerkennung als außergewöhnliche Belastung ist daher im Allgemeinen erforderlich, dass die Medikamentation im Rahmen eines medizinischen Behandlungsplanes durch eine vor Anwendung erstellte ärztliche Verordnung erfolgt (siehe dazu z.B. ; -G/08; ). Selbstmedikamentation durch einen medizinischen Laien oder Beratung durch medizinisch nicht ausgebildete oder geschulte Personen genügt jedenfalls nicht.

Da die Beschwerdeführerin die medizinische Notwendigkeit der Anschaffung der Medikamente glaubhaft gemacht hat (siehe oben Punkt 2. Beweiswürdigung), waren die geltend gemachten Medikamentenkosten als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt anzuerkennen.

Fahrtkosten zur Voruntersuchung für eine Kur

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt die Berücksichtigung der Aufwendungen für einen Kuraufenthalt als außergewöhnliche Belastung dem Grunde nach nur dann in Betracht, wenn eine kurgemäß geregelte Tages- und Freizeitgestaltung vorliegt und der Aufenthalt somit seinem Gesamtcharakter nach kein Erholungsurlaub ist und wenn dabei ein bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren zur Anwendung kommt, das zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig ist (vgl an Stelle Vieler zB mwN).

Die Belastung beeinträchtigt nach § 34 Abs 4 leg cit wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, "soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen von

höchstens 7 300 Euro ...........................................6%
mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro ....................8%
mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro ................10%
mehr als 36 400 Euro ..........................................12%.

Vor diesem Hintergrund liegt aber eine Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin nicht vor, da die nachgewiesenen Fahrtkosten für die Voruntersuchung zu einer Kur von € 28,87 zuzüglich der bereits vom Finanzamt anerkannten außergewöhnlichen Belastungen mit Selbstbehalt in Höhe von € 133,06 den nach der Maßgabe des § 34 Abs 4 und Abs 5 leg cit zu berechnenden Selbstbehalt in Höhe von € 1.615,47 nicht übersteigt. Ob die in der oa Rsp des VwGH für eine Berücksichtigung von Kurkosten als außergewöhnliche Belastung dem Grunde nach erforderlichen Voraussetzungen (Zwangsläufigkeit) im Beschwerdefall erfüllt sind, kann vor diesem Hintergrund dahingestellt bleiben.

Somit ist der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2019 abzuändern und folgende außergewöhnliche Belastungen der Bf. sind im Streitjahr anzuerkennen:

Außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt: € 161,84

Diese Aufwendungen konnten nicht berücksichtigt werden, da sie niedriger sind als der für Sie gültige Selbstbehalt in Höhe von € 1.615,47 Euro.

Außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt: 3.086,34 Euro

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Soweit im Beschwerdefall Rechtsfragen zu lösen sind, folgt das Bundesfinanzgericht der hg einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100730.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at