Bescheidadressat ARGE: Nichtbescheid
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Mag. Barbara Bauer, LL.M., Zeltgasse 6/8, 1080 Wien, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Bestandvertragsgebühr, ErfNr. ***ErfNr***, Steuernummer ***BfStNr***, beschlossen:
Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Mit Schreiben vom wurde ein am 2. bzw. zwischen der ***1*** als Vermieterin und der ***2***, vertreten durch ***3*** und ***4***, als Mieterin abgeschlossener Hauptmietvertrag zur Gebührenbemessung dem Finanzamt angezeigt. Mietobjekt war das Büro Top 4/1 und Top 4/3 im Haus ***X***.
Zur gleichen Zeit wurde auch ein weiterer Mietvertrag von der ***1*** über ein anderes, an der gleichen Adresse befindliches Objekt, nämlich Büro Top 5/1, dem Finanzamt zur Gebührenbemessung zur Anzeige gebracht. Mieterin und Vertragspartnerin war in diesem Vertrag die ***Bf***, vertreten durch ***6*** und ***7***.
Mit Bescheid vom wurde eine Gebühr in Höhe von 17.513,50 Euro für den beschwerdegegenständlichen Mietvertrag festgesetzt, wobei die Bemessungsgrundlage lt. der Erklärung herangezogen wurde. Bescheidadressat war die "ARGE ***2***" mit der Adresse ***xxx*** und der Steuernummer ***BfStNr***.
Mit Beschwerde vom wurde diese Vorschreibung von der ***Bf***, vertreten durch die RA Mag. Barbara Bauer, hinsichtlich der Bemessungsgrundlage angefochten. Zusätzlich wurde angeregt, die Bestimmung des § 5 TP 33 Abs. 3 GebG (Anm. BFG: gemeint wohl § 33 TP 5 Abs. 3 GebG) zur Normenprüfungskontrolle dem Verfassungsgerichtshof vorzulegen. Die Bestimmung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Mit einer an die "ARGE ***2***" gerichteten und zu Handen der Rechtsanwältin zugestellten Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben.
Mit Vorlageantrag vom wurde wieder die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlage angeführt, der Abzug des Baukostenzuschusses des Vermieters von der Bemessungsgrundlage gefordert und die Einbeziehung der Versicherungsprämie in die Bemessungsgrundlage bemängelt.
Folgender Sachverhalt wird festgestellt:
Der Bestandvertrag vom 2. Februar bzw. wurde zwischen der ***1***, vertreten durch die ***A*** GmbH als Vermieterin und der ***2***, vertreten durch ***3*** und ***4*** als Mieterin abgeschlossen. Bei der Mieterin handelt es sich um einen Verein, der im Vereinsregister unter der ZVR-Zahl ***123*** eingetragen ist.
Der angefochtene Bescheid erging unter der Steuernummer ***BfStNr*** an die "ARGE ***2***" mit der Adresse ***xxx***.
Rechtlich ergibt sich daraus Folgendes:
Nach § 93 Abs. 2 BAO ist im Spruch eines jeden Bescheides die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die der Bescheid ergeht. Der Adressat ist namentlich zu nennen (Ritz/Koran, BAO7, § 93 Rz 6). Die Benennung dieser Person ist notwendiges, auch deutlich und klar zum Ausdruck zu bringendes Inhaltserfordernis des individuellen Verwaltungsaktes und damit konstituierendes Bescheidmerkmal (). Eine Umdeutung des Bescheidadressaten kommt nicht in Betracht (vgl. ).
In dem letztgenannten Erkenntnis wird ua. ausgeführt: "Eine an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gerichtete Erledigung kann alle Gesellschafter mit Gesellschaftszusatz nennen (etwa ,A, B und C [GesBR]'). Der Zusatz ,GesBR' mag üblich sein, notwendig ist er nicht, wenn aus den Gesamtumständen erkennbar ist, dass eine konkrete Gesellschaft Adressat der Erledigung ist (vgl. , mwN; vgl. nunmehr auch § 1177 Abs. 1 ABGB idF
BGBl. I Nr. 83/2014 und hiezu die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 270 BlgNR 25. GP 9 f, wonach der Gesellschaftsname nicht zwingend einen Rechtsformzusatz enthalten muss; vgl. zum Namen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts weiters § 178 UGB idF BGBl. I Nr. 120/2005). Betreffend Gesellschaften bürgerlichen Rechts ist in der Rechtsprechung auch eine Bezeichnung mit Nennung bloß eines Gesellschafters mit dem Zusatz ,und Mitbesitzer' oder ,und Mitgesellschafter' anerkannt (vgl. ; , 98/17/0360)."
Bei einer GesBR sind grundsätzlich alle Gesellschafter einzeln vertretungsbefugt (vgl Ritz/Koran, BAO7, § 81 Rz 1) und § 81 BAO ist beachtlich.
Eine ARGE ist ein Zusammenschluss zumindest zweier natürlicher oder juristischer Personen in der Rechtsform einer solchen Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Eine ARGE besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit, diese besitzen nur deren Mitglieder. Der angefochtene Bescheid ist an eine ARGE gerichtet, wobei die Bezeichnung an sich schon fehlerhaft ist, weil nur ein Mitglied der Gesellschaft genannt wurde.
Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes , 97/08/0444 besagt Folgendes: "Mangels Rechtspersönlichkeit kann die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (hier Arbeitsgemeinschaft) nicht Bescheidadressat sein. Soweit ein ,Bescheid' an jemanden gerichtet ist, dem es an Rechtssubjektivität mangelt, kommt die mit der Erlassung eines Bescheides intendierte normative Wirkung mangels eines geeigneten Rechtssubjektes, auf das sich diese auswirken könnte, nicht zu Stande; der Bescheid geht insoweit ins Leere. Ist - wie hier - die Gesellschaft bürgerlichen Rechts einziger Adressat des behördlichen Abspruchs, so ermangelt es einer solchen Erledigung nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insgesamt an der Bescheidqualität. Durch eine derartige Erledigung, die keine Rechtswirkungen entfalten konnte, konnte aber auch in die Rechte der Gesellschafter dieser Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht eingegriffen werden (Hinweis B , 94/05/0035)."
Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Eine Beschwerde ist vor allem unzulässig bei mangelnder Aktivlegitimation des Einschreiters oder bei mangelnder Bescheidqualität (Ritz/Koran, w.o., § 260 Rz 5). Kein Bescheid liegt zB auch vor, wenn die an sich Bescheidcharakter aufweisende Erledigung an keine Rechtsperson gerichtet ist. Da dem angefochtenen Gebührenbescheid bereits aufgrund der fehlenden Rechtspersönlichkeit der ARGE keine Rechtswirksamkeit zukommt, war die Beschwerde zurückzuweisen. Der Zweifel am Bescheidadressaten aufgrund der ungenauen Bezeichnung kann auch durch Auslegung nicht beseitigt werden. Daher ist der Rechtsakt wirkungslos und gilt als Nichtbescheid.
Dazu kommt, dass im gegenständlichen Fall durch ein Versehen überhaupt ein falscher Abgabenschuldner angesprochen wurde. Als Mieterin wird im Vertrag der Verein ***2*** genannt und wurde der Vertrag auch von diesem durch seine Vertreter abgeschlossen. Diese juristische Person wäre als Gebührenschuldnerin der Bestandvertragsgebühr anzusehen, die ***Bf*** ist gegenständlich keine Vertragspartnerin.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im Falle der mangelnden Bescheidqualität der angefochtenen Erledigung des Finanzamtes die dagegen erhobene Beschwerde iSd der oben zitierten Rechtsprechung des VwGH zwingend zurückzuweisen war, handelt es sich um keine Rechtsfrage, deren Lösung grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100493.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at