Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.04.2023, RV/2100326/2022

Schätzung eines Telekomunternehmens aus dem Drittland

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache

***Bf1***, ***Bf1-Adr***,

über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Festsetzung Umsatzsteuer 11/2013 und
über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung eines Verspätungszuschlages für Umsatzsteuer für die Zeiträume 2010 - 2016 und die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Verspätungszuschlag 2010 - 2017 sowie die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Umsatzsteuer 2010 - 2017

I. zu Recht erkannt:

Die angefochtenen Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung eines Verspätungszuschlages für Umsatzsteuer für die Zeiträume 2010 - 2016 werden - ersatzlos - aufgehoben.

Der angefochtene Bescheid betreffend Verspätungszuschlag 2017 wird - ersatzlos - aufgehoben.

Die Beschwerde wird hinsichtlich der Bescheide betreffend Umsatzsteuer 2010 - 2017 gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Damit ist die Beschwerde gegen den Umsatzsteuer-Festsetzungsbescheid 2013 erledigt.

II. beschlossen:

Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Verspätungszuschlag 2010 - 2016 wird gem. § 261 BAO als gegenstandslos erklärt

III. Gegen dieses Erkenntnis bzw. diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin ist ein Telekommunikationsunternehmen aus Hong Kong. In den Streitjahren 2010 - 2017 hat die Bf. die Erstattung von Vorsteuern aus Roaminggebühren begehrt, die ihr von österreichischen Telekommunikationsunternehmen in Rechnung gestellt wurden, weil die Kunden der Bf. in Österreich telefonierten. Nachträglich gewährten die österreichischen Telekommunikationsunternehmen der Bf. Rabatte. Diese Rabatte, die zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage führen, hat die Bf. dem Finanzamt gegenüber nicht angegeben.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für den Monat November 2013 iHv 7.328,33 Euro fest. Das ist die Umsatzsteuer, die auf die im Jahr 2013 gewährten Rabatte entfällt.

In der Beschwerde vom hat die steuerliche Vertretung zunächst vorgebracht, dass es zu keinen Rabatten gekommen sei.

Nach der teilweise (der Höhe nach) stattgebenden Beschwerdevorentscheidung vom hat die Bf. am einen (bis dato noch nicht erledigten) Vorlageantrag betreffend Festsetzung Umsatzsteuer November 2013 eingebracht.

Das Finanzamt hat in Folge festgestellt, dass die Bf. in den Streitjahren 2010 - 2017 laut VO 383/2003 idF 221/2009 Umsätze im Inland ausführte und veranlagte die Bf. zur Umsatzsteuer. Die Umsätze berechnete das Finanzamt im Schätzweg. Die Schätzung der Umsätze wurde so begründet:

"Als Grundlage für die Schätzung der in Österreich ausgeführten Umsätze werden die Eingangsrechnungen von den österreichischen Telekomanbietern ohne Berücksichtigung nachträglich gewährter Gutschriften bzw. Rabatte herangezogen. Dadurch erhält man die Umsätze auf der "Vorleistungsebene", also die Preise, die sich die Netzbetreiber untereinander in Rechnung stellen. Den Grundsätzen eines ökonomisch denkenden Kaufmanns folgend, ist darüber hinaus noch ein Gewinnaufschlag zu berücksichtigen, der den Mobilfunknetz-Teilnehmern (weiter)verrechnet wird. Dies auch deswegen, da jeder Unternehmer bzw. jeder gesellschaftsrechtliche Vertreter einer Kapitalgesellschaft nach Gewinnen streben muss, um das "Überleben" des Betriebes zu gewährleisten. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens wurden Roaminggebühren wiederholt als weitaus überhöht kritisiert (Konsumentenschutzorganisationen). Ab dürfen Netzanbieter aus der EU bzw. dem EWR ihren Kunden für die Mobilfunknutzung im EU/EWR-Raum keine Roamingzuschläge mehr in Rechnung stellen. Dies betrifft jedoch nicht die Telekommunikationsfirmen in den Drittstaaten und werden dort die hohen Telefongebühren/ Roamingaufschläge weiterhin an (deren) Kunden verrechnet.

Nach Ansicht des ho. Finanzamtes erscheint daher unter Berücksichtigung aller Umstände ein Gewinnzuschlag von 30% - im unteren Bereich - als angemessen. Der auf diese Art ermittelte Inlandsumsatz ist mit 20 % zu versteuern. Die zahlenmäßige Darstellung der Berechnung ist der Beilage zu entnehmen. Die Voraussetzungen für vereinfachte Vorsteuererstattungsverfahren gemäß der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl. Nr. 279/1995 liegen nicht vor; es kommt daher zu einer (Erst)-Veranlagung der Umsatzsteuer für die Jahre 2010ff."

Als abzugsfähige Vorsteuern zog das Finanzamt im Rahmen der Schätzung die im Erstattungsverfahren beantragten Vorsteuern heran. Zusätzlich berichtigte das Finanzamt den Vorsteuerabzug gem. § 16 UStG 1994 in Höhe der von der IT-Systemprüfung bekannt gegeben (und von der Bf. der Höhe nach unbestrittenen) Rabatte. Dazu heißt es in der Bescheidbegründung:

"Die IT-Systemprüfung mit Standort Wien konnte erst nach aufwändigen/mehrmonatig dauernden und mehrmaligen Abgleichungen der im Jahr 2017 übermittelte Daten [...eine Liste sämtlicher Kunden, die in einem Drittland ein Telekommunikationsuntemehmen, soweit es mit diesen Unternehmen Abrechnungen und Gutschriften gab, bzw. deren Debitorenkonten mit sämtlichen Gutschriften pro Jahr (mit und ohne Umsatzsteuer und inklusive dem Leistungszeitraum), Drittstaaten) bzw. die von ausländischen Telekommunikationsunternehmen an ihre Unternehmen ausgestellt wurden] der drei betroffenen inländischen Telekommunikationsunternehmen: ***1***, ***2*** und ***3*** (vormals ***4***) diese für den Prüfungszeitraum 2010-2016 in die Prüfsoftware ACL einlesen und im November 2017 ausweiten. Es wurden die ( § 16 UStG 1994) Daten/Tabellen für die jeweiligen Drittlands-Telekombetreiber in eine entsprechende/nahezu gleiche Form gebracht, um die Auswertung unternehmensübergreifend zu erleichtern (TADIG-Code/ ROAMINGPARTNER/ Herkunft=NAME/ Jahr/USt/Gesamtergebnis) und abschließend sämtliche Daten zur Übermittlung in Excel-Tabellen (siehe Beilage) exportiert. Die Festsetzung an Umsatzsteuer/VZ erfolgte sodann an Hand dieser übermittelten GBP-IT-Liste vom November 2017 betreffend nachträglich ausbezahlter Rabatte (Credit Notes) am . Eine dbzgl. Beschwerde wurde nicht eingebracht. "

Zusätzlich dazu nahm das Finanzamt die Verfahren betreffend Verspätungszuschlag für Umsatzsteuer 2010 - 2016 mit folgender Begründung wieder auf:

"Die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgte gem. § 303 (1) BAO, weil die in der Begründung des Sachbescheides näher ausgeführten Tatsachen neu hervorgekommen sind, die im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend gemacht worden sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. "

Die dagegen eingebrachte Beschwerde vom begründete der steuerliche Vertreter zunächst damit, dass die Bf. überhaupt keine Umsätze im Inland erzielt hätte und daher das Vorsteuer-Erstattungsverfahren anzuwenden sei.

Abgesehen davon seien bei der Schätzung die Rabatte zu berücksichtigen, da es so bei der Schätzung zu einem Aufschlag von rund 300% gekommen sei. Überdies sei zu berücksichtigen, dass es unter den Leistungsempfängern auch Unternehmer gebe, für die das Reverse-Charge System anzuwenden sei.

Die Bescheide betreffend Verspätungszuschläge seien rechtswidrig weil keine Umsätze vorlägen.

Schließlich könne nach der Umsatzsteuer-Festsetzung auch kein Jahresbescheid ergehen, ohne das Verfahren wiederaufzunehmen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Zur Schätzung ergänzte das Finanzamt:

"Hinsichtlich des äußerst geringen ho. angewandten 30%igen Gewinnaufschlags wird auf eine Gebühreninfo, zB als Drittlandsvergleich im ***5***-Netz verwiesen, wonach in der EU nach Fair Usebzw. im Drittland (Zone 3) im Land und nach Österreich folgende Preise gelten: Abgehende Gespräche 3,84 Ct/Min EUR 1,69/MinAnkommende Gespräche 0,948 Ct/Min Ct 69,996/MinSMS-Versand 1,2 Ct/SMS Ct 35,004/SMSDaten 0,41 Ct/MB EUR 15,36/MB Die bei der Verrechnung der "Roaminggebühren" gewählte Vorgangsweise lässt den Schluss zu, dass die Ausgangsrechnungen bewusst überhöht vereinbart/ausgestellt wurden, um die den Kunden in den verschiedenen Auslandszonen verrechneten Tarife, die die Inlandstarife dramatisch übersteigen, zu argumentieren. Es ergaben sich weiters zu keiner Zeit Hinweise, dass nachträgliche Roaming-Rabatte an (Geschäfts)Kunden weitergegeben worden wären und wurde dies auch nicht vorgebracht oder nachgewiesen. Für die Preisgestaltung und die Schätzung des Gewinnaufschlags hinsichtlich der Auslandstarife sind daher wohl die ungekürzten Eingangsrechnungen die der Realität entsprechende, richtige Basis und war in eventu sogar diese missbräuchliche Preisgestaltung der Anlass für die EU, die Preise im EU-Binnenmarktgebiet (Fair Use, danach oa. Gebühren) zu regulieren. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens waren Roaminggebühren wiederholt als zu hoch kritisiert worden, bis schließlich ab Netzanbieter aus der EU bzw. dem EWR ihren Kunden für die Mobilfunknutzung im EU/EWR-Raum keine Roamingzuschläge mehr in Rechnung stellen durften."

Zu den Verspätungszuschlägen führte das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung aus, dass das Nichtmitwirken am Verfahren, das Nichtbeantworten von Vorhalten und das sich darin zeigende Verhalten der Bf. (fehlende Offenlegung, fehlende Mitwirkung, Nichtbekanntgabe des TADIG-Codes ***6***) sich auf die Beweiswürdigung der Behörde ausgewirkt habe.
Welche Gründe für eine Wiederaufnahme der Verfahren sprechen, lässt sich der Beschwerdevorentscheidung nicht genau entnehmen. Wahrscheinlich scheint es das Vorliegen von Rabatten, die nicht erklärt wurden, zu sein.

Im Vorlageantrag vom führte die Bf. zunächst aus, dass keine Schätzungsbefugnis gegeben sei, da das Finanzamt nicht einmal versucht habe, die Besteuerungsgrundlagen (mit Hilfe der Bf.) zu ermitteln.

Auch sei die Schätzung der Höhe nach unrichtig:

Da das Finanzamt den Gewinnaufschlag von 30% nicht auf die tatsächlichen Eingangsumsätze (nach Abzug der Rabatte), sondern auf die ungekürzten Eingangsumsätze angewendet hat, komme es im Ergebnis zu einem überhöhten Gewinnaufschlag von über 300%. Außerdem würden die geltend gemachten Vorsteuern von den vom Finanzamt angenommenen Vorsteuern abweichen. Außerdem seien die Leistungen an andere Unternehmer, für die der Übergang der Steuerschuld vorgesehen ist, nicht berücksichtigt.

"Da die gegenständlichen Rabatte unstrittiger Weise gewährt wurden (und die darauf entfallene Minderung des Vorsteuerabzugs seitens des Finanzamtes entsprechend festgesetzt wurde) müssen sie, um den tatsächlichen Verhältnissen möglichst nahe zu kommen, jedenfalls in die Berechnung der Ausgangsumsätze miteinbezogen werden. Auch die Annahme des Finanzamtes, dass sämtliche Ausgangsumsätze an Nichtunternehmer erbracht werden, scheint in dieser Hinsicht nicht realitätsgetreu. Gerade Roamingdienstleistungen werden aufgrund oft hoher Kosten im Ausland primär von Geschäftsreisenden in Anspruch genommen, sodass eine Schätzung von deren Anteil am Ausgangsumsatz mit 50% uE sachgerecht erscheint. Da für die gegenständlichen Dienstleistungen an Unternehmer das Reverse Charge Verfahren zur Anwendung kommt, sind diese Erlöse von der Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Ausgangsumsätze auszuscheiden. Entsprechend den vorstehenden Ausführungen würde eine sachgerechte Schätzung uE am Beispiel des Jahres 2012 wie folgt aussehen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Vorsteuern It Eingangsrechnungen
EUR 12.378,43 -
Minderung des Vorsteuerabzugs aufgrund von Rabatten
- EUR 6.844,24
= tatsächlicher VSt-Abzug
EUR 5.534,19
Vorleistungen daher (= Vorsteuerabzug x 5)
EUR 27.670,95
Ausgangsumsätze bei 30% Marge
EUR 35.972,24
davon 50% an Nichtunternehmer
EUR 17.986,12
davon 20% USt
EUR 3.597,22

Überdies habe das Finanzamt nicht in allen Jahren die tatsächlich beantragten Vorsteuern herangezogen. Richtig sei:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
Bisher beantragte VSt
Rel. Gutschriften (USt-Betrag)
VSt-Erstattung (+) bzw USt-Fests.(-)
2010
11.201,82
797,80
10.404,02
2011
12.215,62
996,54
11.219,08
2012
12.378,43
6.844,24
5.534,19
2013
39.536,83
7.465,74
32.071,09
2014
18.076,79
31.897,42
-13.820,63
2015
23.160,62
15.676,07
7.484,55
2016
26.923,13
21.629,66
5.293,47
2017
32.780,50
32.780,50

Die Bescheide seien jedoch ohnedies ersatzlos aufzuheben, weil es zu keiner Wiederaufnahme der Verfahren nach den erfolgten Festsetzungsbescheiden (Anmerkung: jeweils für November des Jahres) gekommen sei.

Zur Wiederaufnahme der Verfahren betr. Verspätungszuschläge erklärte die Bf., dass ihr nach wie vor nicht bekannt sei, welche neuen Tatsachen zur Wiederaufnahme geführt hätten. Überdies habe die Bf. aufgrund einer anderen Rechtsansicht fristgerecht Vorsteuer-Erstattungsanträge eingereicht. Damit sei sie ihren Erklärungspflichtungen nachgekommen.

Mit Erkenntnis vom , RV/2100527/2020 hat das BFG entschieden, dass die im wiederaufgenommenen Verfahren erfolgte Abweisung der Erstattungsanträge für die Jahre 2010 - 2014 und 2016 zu Recht erfolgte (die Abweisung 2015 war nicht strittig).

Mit Schreiben vom hat das BFG die Bf. eingeladen, innerhalb von 6 Wochen für die jeweiligen Streitjahre die tatsächlichen Umsätze aus dem Rechenwerk der ***Bf1***. vorzulegen oder eine eigene, begründete Schätzung beizubringen. Die Begründung hat die Schätzungsmethode, die der Schätzung zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen (vgl zB ).

Dieses Schreiben des BFG blieb bis dato unbeantwortet. Am informierte der steuerliche Vertreter das BFG darüber, dass er als steuerlicher Vertreter abberufen wurde. Danach wurden seitens der Bf. keine Schriftsätze mehr eingebracht.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist ein Telekommunikationsunternehmen aus Hong Kong. In den Streitjahren 2010 - 2017 haben Kunden der Bf. mit ihrem Mobiltelefon in Österreich telefoniert. Dafür wurden der Bf. von österreichischen Telekommunikationsunternehmen Roaminggebühren in Rechnung gestellt. Nachträglich gewährten die österreichischen Telekommunikationsunternehmen der Bf. Rabatte.

Die Bf. hat keine Umsätze erklärt. Erstattungsanträge wurden (zT nach Wiederaufnahmen) abgewiesen, die Beschwerde dagegen wurde vom BFG mit mittlerweile rechtskräftigem Erkenntnis vom , RV/2100527/2020 abgewiesen.

Das Finanzamt veranlagte die Bf. mit Bescheiden vom erstmals zur Umsatzsteuer 2010 - 2017 und schätzte die Umsätze, indem es auf die auf die Bemessungsgrundlage der beantragten Vorsteuern einen Gewinnaufschlag von 30% anwendete und begründete die Schätzung mit einem Vergleich mit Gebühren inländischer Telekommunikationsunternehmen. Rabatte wurden nur beim Vorsteuerabzug berücksichtigt.

Die Bf. erachtete die Schätzung als zu grob und wandte ein, dass der Übergang der Steuerschuld berücksichtigt werden müsse. Eine eigene begründete Schätzung wurde nicht beigebracht. Lediglich hinsichtlich der Schätzung des Jahres 2012 wurde der vom Finanzamt gewählte Gewinnaufschlag auf die Vorsteuern ohne Rabatte angewandt und behauptet, 50% der Kunden seien Unternehmer.

Die Wiederaufnahme der Verfahren zur Festsetzung eines Verspätungszuschlages für die Umsatzsteuer 2010 - 2016 erfolgte unter Hinweis auf die Begründung der Umsatzsteuerbescheide. Der Verspätungszuschlag für die Jahre 2010 - 2017 wurde im Ausmaß von 10% der geschätzten Umsatzsteuer verhängt.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt und wird von keiner Partei bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung

2.1. Rechtslage

§ 1 VO 383/2003 idF 221/2009: Liegt bei einer in § 3a Abs. 14 Z 12 und 13 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 52/2009, bezeichneten Leistung der Ort der Leistung gemäß § 3a des Umsatzsteuergesetzes 1994 außerhalb des Gemeinschaftsgebietes, so wird die Leistung im Inland ausgeführt, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird.

§ 135 BAO: Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.

§ 184 BAO (1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

§ 303 BAO: (1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

3.1. Wiederaufnahme des Verfahrens betr. Verspätungszuschläge 2010 - 2016

Werden sowohl der Wiederaufnahmebescheid als auch der im wiederaufgenommenen Verfahren ergangene Sachbescheid mit Berufung bekämpft, so ist nach der auch für das Beschwerdeverfahren sinngemäß geltenden ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst über die Berufung gegen den Wiederaufnahmebescheid zu entscheiden (vgl. z.B. ).

Das Rechtsinstitut der Wiederaufnahme auf Grund neu hervorgekommener Tatsachen bietet die Möglichkeit, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen. Tatsachen in diesem Sinne sind Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis als vom rechtskräftigen Bescheid zum Ausdruck gebracht, geführt hätten ().

Es ist Aufgabe der Abgabenbehörden, die von ihnen verfügte Wiederaufnahme durch unmissverständliche Hinweise darauf zu begründen, welche Tatsachen und Beweismittel auf welche Weise neu hervorgekommen sind ().

Im Beschwerdefall verweist der Wiederaufnahmebescheid auf die gesonderte Begründung der Sachbescheide. Dieser sind die rechtliche Würdigung der Behörde und die Grundlagen für die Schätzung zu entnehmen.
Eine neue Tatsache könnte in den Rabatten erblickt werden, die dem Finanzamt laut Begründung erst 2017 bekannt wurde.
In der Beschwerdevorentscheidung vom findet sich jedoch keine diesbezügliche Ergänzung der mangelhaften Begründung (was zulässig wäre lt , oder , mwN).

Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung - wie im Beschwerdefall die Erkenntnis, dass die Bf. Umsätze im Inland erzielt hat - sind keine Tatsachen iSd § 303 BAO (vgl zB unter Verweis auf ).

Wenn man daher in Auslegung der Begründungen des Finanzamtes die Rabatte als Wiederaufnahmegrund heranziehen würde, so käme man zu dem Ergebnis, dass diese Tatsache nicht zu einem anderslautenden Bescheid führen würde:

Gemäß § 135 BAO kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist.

Der gesetzliche Zweck der Festsetzung von Verspätungszuschlägen besteht darin, den rechtzeitigen Eingang der Abgabenerklärungen und damit die zeitgerechte Festsetzung und die Entrichtung der Abgabe sicherzustellen. Mit Verspätungszuschlägen wird die Säumnis bei Erfüllung der Abgabenerklärungspflicht und die daraus für die Finanzverwaltung/den Fiskus entstehenden Folgen und Risken geahndet ().

Im Beschwerdefall hat die Bf. rechtzeitig Erstattungsanträge für die Jahre 2010 - 2017 eingebracht. Damit hat die Bf. ihre Abgabenerklärungspflicht erfüllt, auch wenn die Abgabenerklärungen der Höhe nach unrichtig waren, weil die Bf. die Minderung der Bemessungsgrundlage und die Umsätze nicht in die Erklärungen aufgenommen hat.

Daher kann die Tatsache, dass die Vorsteuerbeträge in der unrichtigen Höhe erklärt wurden auch keinen anders lautenden Bescheid herbeiführen.

Hat das Finanzamt eine Wiederaufnahme auf Umstände gestützt, die keinen Wiederaufnahmegrund darstellen, ist der Bescheid im Berufungsverfahren ersatzlos aufzuheben ().

Die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens waren daher - wie im Spruch ersichtlich - ersatzlos aufzuheben.

3.2. Verspätungszuschlag 2010 - 2016 sowie 2017

Wird einer Bescheidbeschwerde gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid (§ 307 Abs. 1) entsprochen, so ist eine gegen die Sachentscheidung (§ 307 Abs. 1) gerichtete Bescheidbeschwerde gemäß § 261 BAO mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären.

Daher war die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Verspätungszuschläge 2010 - 2016 als gegenstandslos zu erklären, da diese Bescheide durch Aufhebung der die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügenden Bescheide gemäß § 307 Abs 3 BAO ohnedies nicht mehr im Rechtsbestand sind.

Hinsichtlich des Bescheides betreffend Verspätungszuschlag 2017 gilt auch, dass mit dem Verspätungszuschlag nur die Nichtabgabe der Steuererklärung und nicht die inhaltliche Unrichtigkeit der Erklärung geahndet werden soll. Damit besteht bereits dem Grunde nach keine Grundlage für die Verhängung des Verspätungszuschlages.

Das Finanzamt verhängte den Verspätungszuschlag 2017 für die Nichtabgabe der Umsatzsteuer-(Jahres)erklärung. Diese hat die Bf. jedoch deshalb nicht eingebracht, weil sie die Rechtsauffassung vertrat, keine Umsätze im Inland zu erzielen.

Diese (Rechts)frage wurde - zumindest dem Grunde nach - zwischenzeitig vom bzw. , "SK Telecom Co. Ltd" zu Lasten der Rechtsauffassung der Bf. entschieden.

Obwohl die Bf. keine Umsatzsteuer-Jahreserklärung eingereicht hat, hat sie durch die Einreichung des Erstattungsantrages den Normzweck erfüllt: Durch die im Erstattungsantrag gemachten Angaben war es dem Finanzamt möglich, die Umsatzsteuer festzusetzen.

Im Übrigen liegt die Festsetzung von Verspätungszuschlägen dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen (), wobei ein Rechtsirrtum bzw. das Handeln auf Grund einer vertretbaren Rechtsansicht die Annahme eines für das Ermessen wesentlichen Verschuldens ausschließen kann ().

Die Bf. hat nur deshalb einen Erstattungsantrag eingereicht, weil sie die Auffassung vertreten hat, dass die VO 383/2003 idF 221/2009 unionsrechtswidrig sei. Dass es sich dabei um eine vertretbare Rechtsansicht handelt, ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass das BFG in der Rechtssache "SK Telekom" deshalb ein Vorabentscheidungsersuchen eingebracht hat.

Mit einem Verspätungszuschlag soll nur das Fehlverhalten, Abgabenerklärungen nicht fristgerecht einzubringen, sanktioniert werden. Keinesfalls soll ein drohender Verspätungszuschlag Abgabepflichtige daran hindern, eine andere Rechtsauffassung als das Finanzamt zu vertreten.

Der Bescheid betr. Verspätungszuschlag 2017 war daher wie im Spruch ersichtlich aufzuheben, weil die Bf. fristgereicht Erklärungen eingereicht hat. Die Erklärung war zwar im Nachhinein gesehen unrichtig, jedoch beruhte die Unrichtigkeit auf einer vertretbaren Rechtsauffassung, weshalb die Bf. auch kein für die Verhängung eines Verspätungszuschlages wesentliches Verschulden trifft.

3.3. Festsetzungsbescheid 11/2013

Im Beschwerdefall hat das Finanzamt die Umsatzsteuer für den Zeitraum November 2013 gemäß § 21 Abs 3 UStG 1994 festgesetzt, weil sich die Voranmeldung insofern als nicht richtig erwiesen hat, als die Bf. die gewährten Entgeltsminderungen nicht in ihre Erklärungen aufgenommen hat.

In weiterer Folge wurde ein Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2013 erlassen.

Kommt es nach zu einer Festsetzung von Umsatzsteuer zu einer Jahresveranlagung zur Umsatzsteuer, so wird der Festsetzungsbescheid mit der Veranlagung außer Kraft gesetzt (vgl die in Ruppe/Achatz, UStG 19945, § 21 Tz 22 dargestellte Judikatur des VwGH).

Daher ist eine Veranlagung zur Umsatzsteuer trotz Festsetzungsbescheides ohne Wiederaufnahme möglich.

Für Zwecke der Einbringung von Beschwerden gilt in dem Fall gemäß § 253 BAO, dass die Bescheidbeschwerde gegen den Festsetzungsbescheid auch als gegen den Umsatzsteuer-Jahresbescheid gerichtet gilt.

Für Zwecke der Erledigung der Beschwerden ergibt sich daraus, dass inhaltlich nur über die Beschwerde gegen die Jahresbescheide abzusprechen ist, wobei die in der Beschwerde gegen die Festsetzungsbescheide gemachen Einwendungen auch bei den Erwägungen über die Jahresbescheide zu berücksichtigen sind.

Die Beschwerde gegen den Festsetzungsbescheid 11/2013 gilt damit als miterledigt und es bedarf keines gesonderten Spruches.

3.4. Schätzung Umsatzsteuer 2010 - 2017

Fehlende Wiederaufnahme nach Festsetzungsbescheiden

Wenn der Unternehmer die Einreichung der Voranmeldung pflichtwidrig unterlässt oder wenn sich die Voranmeldung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist, so hat das Finanzamt die Steuer festzusetzen. Eine Festsetzung kann nur so lange erfolgen, als nicht ein den Voranmeldungszeitraum beinhaltender Veranlagungsbescheid erlassen wurde (§ 21 Abs 3 UStG 1994).

Das Finanzamt hat somit zunächst hier nicht mehr strittige Festsetzungsbescheide erlassen und die Bf. in Folge gem. § 21 Abs 4 UStG 1994 zur Umsatzsteuer veranlagt. Wie im Falle ordnungsgemäß eingereichter Umsatzsteuer-Voranmeldungen ist ein Unternehmer auch bei erfolgter Umsatzsteuer-Festsetzung zur Umsatzsteuer zu veranlagen, ohne dass es zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens kommen müsste. Der Bescheid über die Umsatzsteuer-Vorauszahlung hat dabei keine Bindungswirkung für den Jahresbescheid (vgl Ruppe/Achatz, UStG 19945, § 21 Tz 22 und Tz 40).

Schätzung

Der VwGH hat am , Ro 2016/15/0035 erkannt: "Während Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (mit Wirkung vom ) die allgemeine, fakultative Möglichkeit der Besteuerung mittels Leistungsortverlagerung durch die Mitgliedstaaten vorsieht, schreibt Art. 59b MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (mit Wirkung vom bis ) eine zwingende Leistungsortverschiebung für jene Fälle vor, in denen ein drittländischer Unternehmer Telekommunikationsleistungen an in der Gemeinschaft ansässige Nichtsteuerpflichtige erbringt. Für alle Fälle, die nicht durch Art. 59b MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG erfasst sind, besteht ein Wahlrecht nach Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (vgl. Langer in Reiß/Kraeusel/Langer (Hrsg), Umsatzsteuergesetz 138. Lieferung (Juli 2017) Art. 43-59b MwStSystRL Rz. 134 ff). Von diesem Wahlrecht hat der österreichische Verordnungsgeber mit der Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009 Gebrauch gemacht. Die genannte Verordnung findet daher in Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG ihre unionsrechtliche Deckung (vgl. Ecker in Melhardt/Tumpel, UStG2, § 3a Rz 274 f; Miladinovic, ecolex 2017/39, 75). Werden die Telekommunikationsdienste eines Drittlandunternehmens von einem nicht in der EU ansässigen Nichtunternehmer im Inland genutzt, verlagert sich der Ort der Leistung nach der Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF 221/2009 in das Inland (vgl. auch Ruppe/Achatz, UStG4, § 3a Tz 190 (Fall 3); Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MwSt, 46. Lfg (Dezember 2015), § 3a Abs 15 u 16 Tz 697). "

Auch der , "SK Telecom Co. Ltd" entschieden, dass die Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF 221/2009 dem Unionsrecht entspricht.

Damit steht fest, dass die Bf. in den Streitzeiträumen 2010 - 2017 Umsätze in Österreich erzielt hat, weil ihre Telekommunikationsdienste von nicht in der EU ansässigen Nichtunternehmer im Inland genutzt wurden.

Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese gem. § 184 BAO zu schätzen.

Die Bf. vertrat zunächst die Rechtsansicht, dass sie keine Umsätze in Inland erziele. In weiterer Folge hat sich die Bf. in Zusammenhang mit der Schätzung trotz mehrmaliger Aufforderung (auch durch das BFG) nicht zu den Besteuerungsgrundlagen, insbesondere nicht zu den tatsächlichen Gewinnaufschlägen geäußert. Die Abgaben waren daher zu schätzen.

Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Abgabenbehörde grundsätzlich frei. Es ist jene Methode (allenfalls mehrere Methoden kombiniert) zu wählen, die im Einzelfall zur Erreichung des Zieles, den tatsächlichen Gegebenheiten (der tatsächlichen Besteuerungsgrundlage) möglichst nahe zu kommen, am geeignetsten erscheint (vgl. beispielsweise ).

Das Finanzamt hat als Schätzungsmethode die kalkulatorische Schätzung unter Anwendung eines Gewinnaufschlages von 30% und Ansatz der von der Bf. selbst bekannt gegebenen Vorsteuern gewählt. Das ist keine unübliche Schätzmethode (vgl Ritz, BAO6 § 184 Tz 15) und scheint damit im Beschwerdefall - obwohl sehr grob - geeignet zu sein, den tatsächlichen Gegebenheiten nahe zu kommen.

Bei der Schätzung sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Dennoch ist jeder Schätzung eine gewisse Ungenauigkeit immanent (zB ). Wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen.

Die Bf. hat zur Schätzung des Finanzamtes eingewendet, dass das Ergebnis bei dem vom Finanzamt gewählten Aufschlag von 30% zu hoch sei, weil die Rabatte und der Übergang der Steuerschuld auf unternehmerische Abnehmer nicht entsprechend berücksichtigt worden seien. Den Anteil an unternehmerischen Abnehmern hat die Bf. mit pauschal 50% angenommen, obwohl ihr die eigenen Kundenstrukturen bekannt sein müssten. Ebenso hat die Bf. keine Angaben zu ihren tatsächlichen Gewinnaufschlägen gemacht, obwohl ihr diese bekannt sein müssen.

Demgegenüber ergibt sich aus den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung, dass das Finanzamt den Gewinnaufschlag mit 30% bewusst niedrig gewählt hat: Laut Gebühreninfo als Drittlandsvergleich im ***5***-Netz waren die Gebühren für abgehende Gespräche um 4.400% höher als im Inland, bei SMS lagen sie um 2.900% höher, bei Daten gar um 38.000%. Angesichts dieser groben Unterschiede erscheint es wahrscheinlich, dass der Gewinnaufschlag mit 30% sehr niedrig angesetzt wurde.

Soweit man davon überhaupt ausgehen kann, dass die Vorbringen der Bf. substantiiert vorgetragene, für die Schätzung relevante Behauptungen darstellen (vgl zB , ), wurde darauf seitens der Behörde insoweit eingegangen, als sie angab, durch den bewusst niedrig gewählten Aufschlag alle für eine Minderung der Zahllast sprechenden Umstände berücksichtigt zu haben.

Da die Bf. weder Daten aus ihrem Rechenwerk vorgelegt noch Angaben zum tatsächlichen Gewinnaufschlag gemacht hat, obwohl ihr das - zumindest ansatzweise - möglich sein müsste, erschöpft sich ihr Vorbringen im Ergebnis darin, zu behaupten, dass die Schätzung zu hoch sei. Demgegenüber hat das Finanzamt eine bekannte, zulässige und geeignete Schätzmethode gewählt und allen Unwägbarkeiten durch eine hohe Reduktion des Gewinnaufschlages Rechnung getragen. Es ist daher anzunehmen, dass mit dieser Methode den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen nahegekommen werden kann.

Die Bescheide betreffend Umsatzsteuer 2010-2017 entsprechen damit den gesetzlichen Vorgaben. Die Beschwerde war diesbezüglich abzuweisen.

3.5. Revision

Gegen ein Erkenntnis bzw. einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts.hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall wird der eindeutigen Rechtsprechung des VwGH gefolgt weshalb eine Revision nicht zulässig ist.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100326.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at