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Verfahrensleitender Beschluss, BFG vom 17.05.2023, RV/7101317/2023

Mitteilung (Verständigung) gemäß § 281a BAO

Entscheidungstext

Verständigung

Das Bundesfinanzgericht teilt durch den Richter Mag. Christian Seywald im Beschwerdeverfahren über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Weining Steuerberatung GmbH, Nordwestbahnstraße 101/1/4, 1200 Wien, vom
- soweit sie gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom zu Steuernummer ***BF1StNr1*** betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2015 und 2020 sowie gegen die gleich datierten Bescheide zur Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2015 bis 2020 gerichtet ist -
gemäß § 281a BAOmit:

Nach Auffassung des Bundesfinanzgerichts wurde in Bezug auf die Beschwerde vom - soweit sie gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2015 und 2020 sowie gegen die gleich datierten Bescheide zur Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2015 bis 2020 gerichtet ist -

  • keine rechtswirksame Beschwerdevorentscheidung erlassen,

  • kein zulässiger Vorlageantrag eingebracht.

Die Beschwerdeführerin und die Personen, denen Einkünfte zugerechnet werden, sowie die belangte Behörde werden hierüber gemäß § 281a BAO formlos in Kenntnis gesetzt.

Hinweise:

  • 1.) Diese Verständigung wirkt auch gegenüber allen Beteiligten, denen Einkünfte zugerechnet werden (analog § 191 Abs. 3 BAO). Mit der Zustellung dieser Verständigung an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 BAO).

  • 2.) Diese Verständigung gemäß § 281a BAO betrifft die Beschwerde vom - soweit sie gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer für 2015 bis 2020 und gegen die gleich datierten Umsatzsteuerbescheide für 2015 bis 2020 gerichtet ist - nicht.

  • 3.) Das Beschwerdeverfahren in Bezug auf die Beschwerde vom - soweit sie gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2015 und 2020 sowie gegen die gleich datierten Bescheide zur Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2015 bis 2020 gerichtet ist -vor dem Bundesfinanzgericht wird organisatorisch eingestellt. Dies bedeutet, dass das Finanzamt Österreich die Beschwerde hinsichtlich Wiederaufnahme der Einkünftefeststellungsverfahren für 2015 und 2020 sowie hinsichtlich Feststellung der Einkünfte für 2015 bis 2020 nochmals an das BFG vorlegen wird müssen, nachdem das Finanzamt Österreich diesbezüglich eine wirksame Beschwerdevorentscheidung erlassen haben wird und wenn danach die Beschwerdeführerin diesbezüglich einen Vorlageantrag eingebracht haben wird.

  • 4.) Die Beschwerde vom betrifft hinsichtlich Wiederaufnahme der Verfahren zur Einkünftefeststellung nur die Jahre 2015 und 2020, nicht aber die dazwischenliegenden Jahre.

  • 5.) Soweit der Vorlageantrag vom die Wiederaufnahme der Verfahren zur Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO und die Feststellungen der Einkünfte gemäß § 188 BAO betrifft, ist er unzulässig und daher unwirksam. Das BFG wird diesbezüglich einen Beschluss zur Zurückweisung erlassen müssen.
    Die spätere Erlassung einer wirksamen Beschwerdevorentscheidung bewirkt nicht, dass ein davor eingebrachter Vorlageantrag zulässig wird.
    Zulässig und damit wirksam kann ein Vorlageantrag nur gestellt werden, nachdem die betreffende Beschwerdevorentscheidung rechtswirksam ergangen ist.
    Dies bedeutet: Sobald das Finanzamt eine wirksame Beschwerdevorentscheidung zu der Beschwerde hinsichtlich Wiederaufnahme der Einkünftefeststellungsverfahren für 2015 und 2020 sowie hinsichtlich Einkünftefeststellung (Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO) für 2015 bis 2020 erlassen haben wird und wenn die Beschwerdeführerin mit dem Inhalt dieser Beschwerdevorentscheidung nicht einverstanden ist, muss die Beschwerdeführerin innerhalb eines Monates ab Zustellung der Beschwerdevorentscheidung einen Vorlageantrag beim Finanzamt einbringen, damit eine inhaltliche Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes über die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme der Einkünftefeststellungsverfahren für 2015 und 2020 sowie gegen die Einkünftefeststellungsbescheide für 2015 bis 2020 möglich wird.

Begründung

§ 262 Abs. 1 BAO bestimmt: "Über Bescheidbeschwerden ist nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen."
Die in den Absätzen 2 bis 4 des § 262 BAO geregelten Ausnahmen von dieser Pflicht zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung liegen laut Aktenlage hier nicht vor.

§ 191 Abs. 3 Satz 2 BAO bestimmt: "Feststellungsbescheide (§ 188) wirken gegen alle, denen im Spruch des Bescheides Einkünfte zugerechnet bzw. nicht zugerechnet werden." Diese Bestimmung ist analog auch auf Bescheide zur Wiederaufnahme derartiger Verfahren und gemäß § 263 Abs. 3 BAO auf Beschwerdevorentscheidungen anzuwenden. Gemäß § 93a BAO gelten diese Regelungen auch für diesbezügliche Erledigungen durch das Bundesfinanzgericht.

Die in § 191 Abs. 3 Satz 2 BAO normierte Wirkung gegen alle, denen Einkünfte zugerechnet oder nicht zugerechnet werden, setzt freilich gemäß § 97 Abs. 1 BAO voraus, dass der Bescheid denen, für die er wirken soll, bekanntgegeben wird, insbesondere durch Zustellung (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 191 Rz 4 mit Verweis auf ). Solche Zustellungen werden durch die sogenannte Zustellfiktion erleichtert. Diesbezüglich normiert § 101 Abs. 3 BAO: "Schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§191 Abs.1 lit.a und c), sind einer nach §81 vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird."

Die von der Beschwerdeführerin angefochtenen Bescheide über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO (Einkünftefeststellungsbescheide) für 2015 bis 2020 vom verteilen die festgestellten Einkünfte auf jeweils zwei Personen. Jeder dieser Bescheide und auch jeder zugehörige Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO enthält folgenden Hinweis: "Dieser Bescheid wirkt gegen alle Beteiligten, denen Einkünfte zugerechnet werden (§ 191 Abs. 3BAO). Mit der Zustellung dieses Bescheides an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt dieZustellung an alle Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 und 4 BAO)."

Durch diesen Hinweis wirkt gemäß § 191 Abs. 3 Satz 2 BAO jeder dieser Bescheide nicht nur für die Beschwerdeführerin (***Bf1***), sondern mittels der Zustellfiktion gemäß § 101 Abs. 3 BAO zusätzlich auch für die beiden Personen, denen Einkünfte zugerechnet werden.

Eine Ausfertigung der Beschwerdevorentscheidung vom wurde der ***Bf1*** z.H. Steuerberatungsgesellschaft1, welche die Beschwerdeführerin bei der Beschwerdeerhebung und Vorlageantragsstellung vertrat, zugestellt und enthält (als sogenannte kombinierte Ausfertigung bzw. Sammelbescheid) die Aussprüche über die Abweisung der Beschwerde:

  • gegen die Bescheide zur Wiederaufnahme der Einkünftefeststellung gemäß § 188 BAO für die Jahre 2015 bis 2020; [Anmerkung: Da diesbezüglich die Beschwerdevorentscheidung nicht wirksam, also nichtig ist, ist es unproblematisch, dass hinsichtlich der Jahre 2016, 2017, 2018 und 2019 keine Anfechtung erfolgt ist]

  • gegen die Bescheide zur Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren 2015 bis 2020;

  • gegen die Bescheide zur Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2015 bis 2020;

  • gegen die Umsatzsteuerbescheide 2015 bis 2020.

Die Beschwerdevorentscheidung enthält keinen Hinweis gemäß § 101 Abs. 3 BAO. Das Finanzamt ist nicht verpflichtet, die Erleichterung durch die Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO in Anspruch zu nehmen (Ritz/Koran, BAO7 § 101 Rz 10). Dann hätte das Finanzamt aber zusätzlich auch jeder der Personen, denen Einkünfte zugerechnet werden, eine Ausfertigung der Beschwerdevorentscheidung zustellen müssen. Nach der Aktenlage erfolgte keine Zustellung einer Ausfertigung der Beschwerdevorentscheidung an die Personen, denen Einkünfte zugerechnet werden.

Soweit die Beschwerde gegen die Bescheide zur Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren für 2015 bis 2020 und gegen die Umsatzsteuerbescheide für 2015 bis 2020 gerichtet ist, sind diese Bescheide nur an die Beschwerdeführerin gerichtet und bedurften keines Hinweises gemäß § 101 Abs. 3 BAO. Auch die Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich dieser Bescheide bedurfte keines derartigen Hinweises.

Aus dem Wesen der einheitlichen Feststellung ergibt sich die gänzliche Unwirksamkeit eines Feststellungsbescheides iSd § 188 BAO, wenn er einem Beteiligten gegenüber nicht wirksam sein kann. Mangelt es dem Bescheid an dieser Einheitlichkeit, kommt ihm keine Bescheidqualität zu (vgl. , mwN). Auch eine Beschwerdevorentscheidung ist im Sinne des bereits zitierten § 262 Abs. 1 BAO ein Bescheid. Der Beschwerdevorentscheidung vom kommt - soweit sie die Wiederaufnahme der Verfahren zur Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO sowie die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO betrifft - keine Bescheidqualität zu.

Die Beschwerdevorentscheidung - soweit sie die Wiederaufnahme der Verfahren zur Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO sowie die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO betrifft - ist mangels Zustellung an die beiden Personen, denen Einkünfte zugerechnet werden, unwirksam (nichtig). Diesbezüglich ist rechtlich keine Beschwerdevorentscheidung ergangen. Dies bedeutet nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das Bundesfinanzgericht (bis auf weiteres) diesbezüglich nicht über die Beschwerde absprechen darf, weil es (noch) nicht hierfür zuständig ist.

Zur weiteren Vorgangsweise in solchen Fällen hat der Gesetzgeber den § 281a BAO geschaffen und § 300 BAO dahingehend novelliert, dass das Finanzamt eine unterlassene Beschwerdevorentscheidung nachholen kann.

§ 281a BAO bestimmt: "Wenn das Verwaltungsgericht nach einer Vorlage (§ 265) zur Auffassung gelangt, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder ein Vorlageantrag nicht eingebracht wurde, hat es die Parteien darüber unverzüglich formlos in Kenntnis zu setzen."

§ 281a BAO ist in drei Kommentaren behandelt worden, und es hat sich eine ständige Rechtsprechung über die weitere Vorgangsweise infolge einer Mitteilung gemäß § 281a BAO entwickelt:

Die neuesten abgabenverfahrensrechtlichen Kommentare sind:

  • Rzeszut/Tanzer/Unger, BAO-Stoll-Kommentar2, Bd. 4, aus 2023,

  • Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren3, Bd. 1, aus 2021,

  • Ritz/Koran, BAO7, aus 2021.

Diese drei Kommentare vertreten teilweise unterschiedliche Meinungen zu § 281a BAO, die aber im Hinblick auf die weitere Vorgangsweise weitgehend im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung stehen:

  • Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren3, Bd. 1, § 281a Rz 6: "Die Verständigung nach § 281a hat keine Wirkung und beendet allenfalls einen durch die unzulässige Beschwerdevorlage (§ 265) beim Verwaltungsgericht in Gang gesetzten internen Verwaltungsverlauf."
    aaO, Rz 9: "Das Gericht wird erst dann zuständig, wenn erstmals die Entscheidungspflicht iS der zitierten Rsp vorliegt."

  • Ritz/Koran, BAO7, § 281a Rz 3: Die Verständigung wird letztendlich als Beschluss angesehen. aaO, Rz 11: "§ 281a kann aber nicht Beschlüsse über die Einstellung des Beschwerdeverfahrens verbieten, in denen die in § 281a angeordnete Verständigung erfolgt".

  • Rzeszut/Tanzer/Unger, BAO-Stoll-Kommentar2, Bd. 4, § 281a Rz 5 f, folgen dieser und der in Fachzeitschriften geäußerten Kritik an § 281a BAO.

Die neuere Praxis des BFG verbindet mit der Mitteilung gemäß § 281a BAO die Einstellung des Beschwerdeverfahrens, d.h. die beim BFG vergebene(n) Geschäftszahl(en) werden ausgebucht, indem eine Erledigung durch Verfahrenseinstellung stattfindet. Vgl. ; , bestätigt durch ; ; ; ; , in Reaktion auf VwGH, , Ro 2021/13/0009; ; ; ; .

Diese neuere Praxis des BFG entspricht im Ergebnis der Schnittmenge aus den zuvor zitierten Literaturstellen.

Information für die Parteien (Belehrung gemäß § 280 Abs. 4 BAO)

Gegen diese Verständigung ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 281a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101317.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at