Einstellung aufgrund fehlender Rechtspersönlichkeit
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Monika Ahorn in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch HSP Rechtsanwälte GmbH, Gonzagagasse 4, 1010 Wien, betreffend die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf (nunmehr Finanzamtes Österreich ) vom betreffend Dienstgeberbeitrag 2010 bis 2012 sowie Haftung Lohnsteuer 2010 bis 2012
(Steuernummer ***BF1StNr1*** ) beschlossen:
I. Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Nach durchgeführter gemeinsamer Prüfung lohnabhängiger Abgaben erließ die belangte Behörde am Haftungsbescheide betreffend Lohnsteuer 2010 bis 2012 und setzte den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2010 bis 2012 fest. Gegen diese Bescheide erhob die beschwerdeführende Partei (in Folge Bf.) mit Schreiben vom fristgerecht Beschwerde.
Bereits am wurde in einer außerordentlichen Generalversammlung der Gesellschaft die Auflösung der Gesellschaft, die Abberufung des bisherigen Geschäftsführers und seine Bestellung als Liquidator beschlossen.
Aufgrund eines Antrages vom stellte die belangte Behörde am eine Bescheinigung gemäß § 160 Abs. 3 BAO aus. Darin wird bescheinigt, dass gegen die Löschung der Bf. im Firmenbuch keine steuerlichen Bedenken bestehen.
Mit Gesellschafterbeschluss vom ***4*** wurde die Liquidation als beendet erklärt und dem Liquidator die Entlastung erteilt. Sodann langte am ***1*** der Antrag auf Löschung der Gesellschaft beim Firmenbuch ein und wurde die Löschung infolge beendeter Liquidation am ***2*** im Firmenbuch eingetragen.
Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom erging an ***3*** als Verwahrer der Bücher der (gelöschten/liquidierten) Bf. Aufgrund des Vorlageantrages vom legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den entsprechenden elektronischen Aktenteilen dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Der streitgegenständliche Betrag in Höhe von 36.194,89 Euro ist gemäß § 212a BAO von der Einhebung ausgesetzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Ro 2014/13/0035 ausgesprochen, dass die Löschung einer GmbH im Firmenbuch insofern nur deklarativ wirkt, als sie nicht zum Verlust der Parteifähigkeit führt, solange Vermögen vorhanden ist. Demnach ist die Gesellschaft erst beendet, wenn kein Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden und die Gesellschaft im Firmenbuch gelöscht ist. Diese beiden Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Nur die tatsächlich vermögenslose Gesellschaft verliert mit ihrer Löschung ihre Existenz.
Die Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch kann erst nach Befriedigung oder Sicherstellung der Gläubiger nach Beendigung der Liquidation und Entlastung der Liquidatoren erfolgen. Die Liquidation ist beendet, wenn die Gesellschaft über kein ihr zuordenbares Vermögen verfügt. Die Rsp fordert zur Löschung der Gesellschaft die Erklärung sämtlicher Liquidatoren, dass die Liquidation beendet ist. (Umfahrer, GmbHG7 Kap 16, Rz 16.45)
Aus der mit Gesellschafterbeschluss vom ***4*** erklärten Beendigung der Liquidation sowie der erteilten Entlastung des Liquidators folgt daher, dass die Gesellschaft über kein ihr zuordenbares Vermögen mehr verfügt.
Könnte es im Beschwerdeverfahren zu einem Abgabenguthaben am Abgabenkonto und somit zu einem Rückzahlungsanspruch - und damit in weiterer Folge zu einem abwickelbaren Vermögen der Gesellschaft - kommen, so stünde die Rechtspersönlichkeit der Bf. auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch fort. Diese Folge wäre auch gegeben, wenn anderweitiges Vermögen vorläge.
Aufgrund der bis zum heutigen Tag aufrechten Aussetzung der Einhebung besteht auch im Falle einer gänzlichen Stattgabe der Beschwerde, keine Aussicht auf einen Rückzahlungsanspruch. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom bestätigt, dass kein Aktivvermögen vorliegt. Auch die steuerliche Vertretung der im Firmenbuch gelöschten Bf. hat mit Schreiben vom bekanntgegeben, dass keinerlei abwickelbares Vermögen mehr vorhanden ist.
Da die Gesellschaft im Firmenbuch gelöscht ist und über kein Vermögen verfügt, hat sie ihre Rechtspersönlichkeit und Parteifähigkeit verloren.
Gemäß § 80 Abs. 3 BAO iVm § 93 Abs. 3 GmbHG käme dem Verwahrer der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft allerdings nur im Fall des Fortbestehens der Rechtspersönlichkeit auch die Funktion eines Vertreters der fortbestehenden Gesellschaft zu, da diese Vertretungsregelung nur für eine aufgelöste, aber noch nicht beendete (somit noch parteifähige) GmbH gilt ( mVa Ritz, BAO7, § 80 Tz 13).
Aufgrund fehlender Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft war das beim Bundesfinanzgericht anhängige Verfahren mit Beschluss einzustellen. Mangels Parteifähigkeit erfolgt die Zustellung ausschließlich an die Amtspartei.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da die im Verfahren relevante Frage der Parteifähigkeit einer im Firmenbuch gelöschten und vermögenslosen GmbH durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ausreichend geklärt ist, war die Revision nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 79 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102123.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at