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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.06.2023, RV/1100227/2021

Kleinunternehmerregelung - umsatzsteuerliche Ansässigkeit bei einer Vermietung im Inland?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK


Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. W in der Beschwerdesache des Bf., G-Straße-xx, Gde X, vertreten durch XYa, Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater, R-Straße-xy, GDe Y, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich, Postfach 260, 1000 Wien, vom betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2019 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe


Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) hat die österreichische und die deutsche Staatsbürgerschaft und war im Beschwerdejahr ganzjährig in der Schweiz wohnhaft bzw. ansässig. Er ist Eigentümer des Reihenhauses in Gde X, G-Straße-xx, welches er seit April 2014 vermietete.

In der am elektronisch eingelangten Umsatzsteuererklärung für 2019 machte der Bf. für die im Zusammenhang mit der Vermietung des gegenständlichen Reihenhauses stehenden Umsätze die Umsatzsteuerbefreiung für Kleinunternehmer (§ 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994) geltend.

Im Rahmen abgabenbehördlicher Vorhalteverfahren (vgl. Ergänzungsersuchen vom und vom ) wurde von Seiten des Bf. unter Vorlage einer Einnahmen-/Ausgabenrechnung für 2019 samt Anlagenverzeichnis erklärt, dass der Bf. die gegenständliche Vermietung vom Wohnsitz seines Vaters (VaterBf, wohnhaft in der L-Straße-zz, Ge Z) aus verwalte; Mietverträge und sonstige Unterlagen im Zusammenhang mit der Vermietung würden dort aufbewahrt und auch vom Bf. im Zuge der Besuche seines Vaters dort bearbeitet werden. Die Vermietung würde demnach eindeutig in Österreich betrieben werden, womit die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung zustehe. Weiters wurde unter Verweis auf die Beschwerdevorentscheidung zu St. Nr. xy-abc/defg noch angegeben, dass die Aufteilung der Mieteinnahmen und der Betriebskosten bei einem Kleinunternehmer völlig belanglos sei.

Entgegen den bf. Erklärungen erließ das Finanzamt in der Folge den Umsatzsteuerbescheid 2019 vom , in welchem es die Umsätze aus der in Rede stehenden Vermietung (ohne Berücksichtigung der Kleinunternehmerregelung) als umsatzsteuerpflichtig behandelte. Begründend führte es dazu Folgendes aus:

"Gemäß § 6 (1) Z 27 Umsatzsteuergesetz 1988 (richtig wohl: 1994) ist ein Kleinunternehmer ein Unternehmer, der im Inland sein Unternehmen betreibt und dessen Umsätze im Veranlagungszeitraum € 30.000,- nicht übersteigen. Dabei kommt es ab dem Jahr 2017 auf den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit an. Dieser ist an jenem Ort gelegen, an welchem die Handlungen zur zentralen Verwaltung des Unternehmens vorgenommen werden. Diese wesentlichen Entscheidungen werden grundsätzlich dort getroffen, wo der Unternehmer ansässig ist. Da Ihr Ansässigkeitsort in der Schweiz liegt, befindet sich daher auch der Sitz Ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit in der Schweiz. Somit kann die Kleinunternehmerregelung nicht in Anspruch genommen werden.
Mangels vorgelegter Unterlagen werden die vereinnahmten Betriebskosten in Höhe der laut übermittelter Überschussrechnung angegebenen Aufwendungen angesetzt und zum Normalsteuersatz versteuert. Die Mieteinnahmen werden mit dem ermäßigten Steuersatz von 10% angesetzt".

Dagegen erhob der Bf. mit am elektronisch eingelangtem Anbringen Beschwerde. Dabei beantragte die steuerliche Vertretung des Bf., die Umsatzsteuererklärung 2019 wie erklärt zu veranlagen und gab Nachstehendes begründend an:

"Herr Bf. verwaltet die Vermietung (G-Straße-xx, GdeX) vom Wohnsitz seines Vaters, VaterBf, wohnhaft in der L-Straße-zz, Ge Z aus. Mietverträge und sonstige Unterlagen im Zusammenhang mit der Vermietung werden dort aufbewahrt und auch vom Abgabepflichtigen im Zuge der Besuche seines Vaters dort bearbeitet. Darunter fallen Tätigkeiten wie Berechnung der Betriebskosten, Berechnung der Mietpreisindexierung, Führung der Belegsammlung. Kleinere Instandhaltungen werden persönlich direkt im Mietobjekt durchgeführt.
Die Vermietung wird demnach eindeutig in Österreich betrieben. Somit steht die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung zu."

Nach einem weiteren Vorhalteverfahren (vgl. Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom und den in diesem Zusammenhang vorgelegten Mietvertrag vom ) wies die Abgabenbehörde mit Umsatzsteuerbescheid 2019 (Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO) vom die Beschwerde als unbegründet ab; auf die ausführlichen begründenden Ausführungen des Finanzamtes in der diesbezüglichen Bescheidbegründung (Verf 40) wird an dieser Stelle verwiesen.

Mit Schriftsatz vom beantragte die steuerliche Vertretung im Namen und Auftrag des Bf. die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Im Vorlageantrag verwies die steuerliche Vertretung auf das oben dargestellte Beschwerdevorbringen und erklärte ergänzend, dass der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit eindeutig in Österreich, nämlich in der L-Straße-zz, Ge Z, gelegen sei. Der Bf. nehme alle Handlungen zur zentralen Verwaltung seines Unternehmens am Wohnsitz seines Vaters, nämlich in seinem ehemaligen "Kinderzimmer", wahr.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt - wie dem Bf. zu Handen seines steuerlichen Vertreters mitgeteilt wurde - die in Rede stehende Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Dabei gab die Abgabenbehörde noch an, dass seiner Ansicht nach die "wesentlichen Entscheidungen" der Vermietungstätigkeit (entsprechend ) am Ort der Ansässigkeit des Bf. im Ausland getroffen würden. Die in der Beschwerde vorgebrachten Tätigkeiten, welche am Wohnsitz des Vaters ausgeführt würden, fielen nicht unter die im genannten Erkenntnis aufgezählten "wesentlichen Entscheidungen" einer Vermietungstätigkeit. Im Vorlageantrag werde festgehalten: ""Herr Bf. nimmt alle Handlungen zur zentralen Verwaltung seines Unternehmens am Wohnsitz seines Vaters, nämlich in seinem ehemaligen "Kinderzimmer" wahr"".

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat über die Beschwerde erwogen:


Im konkreten Fall war von nachstehendem in den Akten der Abgabenbehörde sowie des Finanzgerichtes abgebildetem Sachverhalt auszugehen:

Der im Beschwerdejahr ganzjährig in der Schweiz (CH-GDE HM) wohnhafte bzw. ansässige Bf. ist österreichischer sowie deutscher Staatsbürger und ist Eigentümer des Reihenhauses (samt dazugehörigem Autoabstellplatz, Holzschopf und Garten) in Gde X, G-Straße-xx, welches er seit April 2014, so auch im Streitjahr, vermietete. In Österreich hatte er im streitgegenständlichen Jahr keinen Wohnsitz.

Zur streitwesentlichen (siehe dazu die diesbezüglichen rechtlichen Ausführungen weiter unten) Sachfrage, wo im fraglichen Jahr die wesentlichen Entscheidungen zur Leitung des gegenständlichen Unternehmens bzw. der in Rede stehenden Vermietung des Reihenhauses getroffen wurden, ist Folgendes festzuhalten:

Es ist Sache des Abgabepflichtigen, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nehmen will, selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl. dazu zB ; ; ; gemäß § 119 Abs. 1 BAO hat die Partei die Verpflichtung, die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offen zu legen; die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen).

Der Umfang der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht beschränkt sich keineswegs lediglich auf das Vorbringen unbewiesener Tatsachen. Umstände, die regelmäßig oder sogar ihrer Natur entsprechend nach außen nicht in Erscheinung treten, sind in erster Linie von demjenigen unter Beweis zu stellen, der ihr Vorliegen behauptet ().

Der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit (§ 115 BAO) der Sachverhaltsermittlung tritt generell bei Begünstigungsbestimmungen in den Hintergrund. Eine erhöhte Mitwirkungspflicht (Beweismittelbeschaffungspflicht und Vorsorgepflicht) des Abgabepflichtigen besteht weiters auch, wenn ungewöhnliche Verhältnisse vorliegen, die nur der Abgabepflichtige aufklären kann, oder wenn die Behauptungen des Abgabepflichtigen mit den Erfahrungen des täglichen Lebens in Widerspruch stehen (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 115 Tzen 12 f, mwN).

Nach § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde und auch das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Über-zeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht, wobei es genügt, hiebei von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 167 Tzen 6 ff, mwN).

Das Finanzamt hat mit Vorhalt vom , den Bf. (vergeblich) ersucht, darzulegen, wo alle für die Vermietungstätigkeit wesentlichen Entscheidungen (zB Beginn, Dauer und Ende der Vermietungstätigkeit, etc.) getroffen werden bzw. wurden, und auch mit Beschwerdevorentscheidung vom - wie bereits im Erstbescheid - klar auf die für die Beurteilung der konkreten Beschwerdesache maßgebliche Bedeutung jenes Ortes hingewiesen, an welchem die wesentlichen Entscheidungen der gegenständlichen Vermietungstätigkeit getroffen wurden.
Von Seiten des Bf. wurde mit Vorhaltsbeantwortung vom bzw. mit Beschwerdeschriftsatz vom vorgebracht, dass der Bf. die gegenständliche Vermietung insofern vom Wohnsitz seines Vaters (VaterBf, L-Straße-zz, Ge Z, konkret in seinem ehemaligen "Kinderzimmer") aus verwalte, als Mietverträge und sonstige Unterlagen im Zusammenhang mit der in Rede stehenden Vermietung dort aufbewahrt und dort auch von ihm im Zuge der Besuche seines Vaters bearbeitet würden; darunter fielen Tätigkeiten, wie die Berechnung der Betriebskosten, die Berechnung der Mietpreisindexierung sowie die Führung der Belegsammlung; kleinere Instandhaltungen würden vom Bf. persönlich direkt im Mietobjekt durchgeführt werden. Im Vorlageantrag vom wird unter Verweis auf das Beschwerdevorbringen und replizierend auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung allein erklärt, dass der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit eindeutig in Österreich, nämlich in der L-Straße-zz, Ge Z, gelegen sei, zumal der Bf. alle Handlungen zur zentralen Verwaltung seines Unternehmens am Wohnsitz seines Vaters, nämlich in seinem ehemaligen "Kinderzimmer", wahrnehme.

Der Bf. hat, obwohl es seine Aufgabe gewesen wäre, es trotz entsprechender Vorhaltungen (an dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass auch den entsprechenden Feststellungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung - wie der Verwaltungsgerichtshof mehrfach betont hat - Vorhaltswirkung zukommt) unterlassen, entsprechende Unterlagen bzw. Beweismittel vorzulegen, die belegen, sowie - auch wenn ein Beweis durchaus zugemutet werden konnte - den Versuch zu unternehmen, durch einwandfreie, konkrete Sachverhaltsangaben glaubhaft zu machen, dass die wesentlichen Entscheidungen zur Leitung des Unternehmens (der Vermietungstätigkeit) im Beschwerdejahr im Inland getroffen worden sind, und damit die Feststellungen bzw. Ausführungen des Finanzamtes (substantiiert) zu entkräften.

Den von Seiten des Bf. in der erwähnten Vorhaltsbeantwortung bzw. in der Beschwerde gemachten Sachverhaltsangaben, welche sich nur in Behauptungen erschöpften (der Bf. hätte für eine entsprechende Dokumentation des von ihm behaupteten Geschehens zu sorgen), enthalten trotz ausdrücklichem Ersuchen, zu erklären, wo alle für die Vermietungstätigkeit wesentlichen Entscheidungen (zB Beginn, Dauer und Ende der Vermietungstätigkeit, etc.) getroffen wurden, keine Hinweise, dass der Bf. im fraglichen Jahr 2019 seine Entscheidungen zur Leitung des Unternehmens tatsächlich in Österreich fällte.
Im Vorlageantrag wird lediglich - ganz allgemein gehalten - behauptet, dass der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit eindeutig in Österreich, nämlich in der L-Straße-zz, Ge Z, gelegen sei, zumal der Bf. alle Handlungen zur zentralen Verwaltung seines Unternehmens am Wohnsitz seines Vaters, nämlich in seinem ehemaligen "Kinderzimmer", wahrnehme. Abgesehen davon, dass einem früher und zeitnäher getätigten Vorbringen, nämlich, dass in dem gegenständlichen Kinderzimmer (nur) Tätigkeiten, wie die Berechnung der Betriebskosten, die Berechnung der Mietpreisindexierung sowie die Führung der Belegsammlung erfolgten, in der Regel höherer Wahrheitsgehalt zukommt als einem späteren, abweichenden Vorbringen, widerspricht es der Lebenserfahrung anzunehmen, dass die wesentlichen Entscheidungen einer Vermietung im Rahmen von gelegentlichen Besuchen des Vaters im ehemaligen Kinderzimmer getroffen werden bzw. für die Vermietungstätigkeit einer einzelnen Wohnung dafür eigens bestimmte Räumlichkeiten unterhalten bzw. in Anspruch genommen werden. Das unbewiesene Vorbringen im Vorlageantrag war als reine Zweckbehauptung zu werten.

Angesichts dieser Überlegungen (kein verlässlicher Hinweis bzw. Beleg dafür, dass der Bf. seine Entscheidungen zur Leitung des Unternehmens im Streitjahr tatsächlich in Österreich fällte) war nach Ansicht des erkennenden Richters in freier Beweiswürdigung davon auszugehen, dass im Beschwerdejahr die wesentlichen Entscheidungen der gegenständlichen Vermietungstätigkeit am Ort der Ansässigkeit des Bf. im Ausland (Schweiz) getroffen wurden.

Rechtlich ergibt sich Folgendes:

Zur strittigen Frage, ob im Beschwerdejahr für die in Zusammenhang mit der in Rede stehenden Vermietung stehenden Umsätze die Mehrwertsteuerbefreiung für Kleinunternehmer iSd § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 zur Anwendung gelangen kann, ist Folgendes zu sagen:

Das Bundesfinanzgericht hat bereits wiederholt in der gegenständlichen Beschwerdesache vergleichbaren Beschwerdefällen entschieden. Zuletzt hat das Finanzgericht mit Senats-entscheidungen vom 28. bzw. , GZen. RV/1100120/2019 und RV/1100291/2021 (siehe dazu unter https://findok.bmf.gv.at/findok?execution=e2s1), unter Bedachtnahme auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung streitwesentlich ua. Folgendes festgestellt:

""Gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 in der für den gegenständlichen Fall anzuwendenden Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2016 (AbgÄG 2016), BGBl. I Nr. 117/2016, sind von den unter § 1 Abs. 1 Z 1 fallenden Umsätzen steuerfrei die Umsätze der Kleinunternehmer.
Kleinunternehmer ist ein Unternehmer, der im Inland sein Unternehmen betreibt und dessen Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 im Veranlagungszeitraum 30.000 Euro nicht übersteigen.

Nach Art. 282 der Richtlinie 2006/112/EG gelten die Steuerbefreiungen und -ermäßigungen nach diesem Abschnitt für Lieferungen von Gegenständen und für Dienstleistungen, die von Kleinunternehmen bewirkt werden. Nach Art. 283 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 2006/112/EG gilt dieser Abschnitt nicht für die Lieferungen von Gegenständen und Erbringung von Dienstleistungen durch einen Steuerpflichtigen, der nicht in dem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem die Mehrwertsteuer geschuldet wird.

Der , Schmelz, über das Vorabentscheidungsersuchen des Unabhängigen Finanzsenates (Beschluss vom , RV/0679-W/09) entschieden, dass der Ausschluss der außerhalb Österreichs ansässigen Kleinunternehmen von der Mehrwertsteuerbefreiung zwar zu einer Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs führe, diese Beschränkung aber gerechtfertigt sei. Der EuGH führt in diesem Urteil C-97/09 in Rn. 71 aus, "dass beim gegenwärtigen Stand der Entwicklung der Mehrwertsteuerregelung das Ziel, die Wirksamkeit der Steueraufsicht im Hinblick auf die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen zu gewährleisten, und das Ziel der Kleinunternehmerregelung, mit der die Wettbewerbsfähigkeit der Kleinunternehmen gestärkt werden soll, es zum einen rechtfertigen, dass die Anwendbarkeit der Mehrwertsteuerbefreiung auf die Tätigkeiten der Kleinunternehmen beschränkt wird, die im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem die Mehrwertsteuer geschuldet wird, ansässig sind, und zum anderen, dass der zu berücksichtigende Jahresumsatz derjenige ist, der in dem Mitgliedstaat erzielt wird, in dem das Unternehmen ansässig ist."
Im Übrigen hat der EuGH die Überlegung der Generalanwältin, den Eigentümer einer Immobilie als ansässigen Steuerpflichtigen zu betrachten, auch wenn er diese Immobilie nicht selbst als Wohnung nutze, nicht übernommen und diesbezüglich ausgesprochen, der Umstand, dass die Kleinunternehmerin ihre einzigen steuerpflichtigen Umsätze mit der Vermietung ihrer Wohnung erziele, bedeute nicht, wie die österreichische Regierung in der mündlichen Verhandlung erklärt habe, dass die österreichischen Behörden davon ausgehen könnten, dass die Kleinunternehmerin in Österreich ansässig sei (vgl. Rn. 31 dieses Urteils C-97/09).

Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, "dass die Ansässigkeit iSd Art. 283 Abs. 1 Buchst. c der MwStSystRL nicht auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Unternehmers abstellt, sondern auf den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit" (vgl. , Rn. 22, uHa ).

In diesem Erkenntnis vom , Ra 2020/15/0115-5, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt: "Wie der Schmelz, C-97/09, Rn 70, ausgeführt hat, bezweckt die Regelung des Art. 283 Abs. 1 Buchst. c der MwStSystRL ua., zu verhindern, dass Steuerpflichtige, die in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind, der Besteuerung ihrer Tätigkeiten durch Verweis auf die dort geltenden Kleinunternehmerbefreiungen entgehen könnten, auch wenn diese Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit den Umfang der Geschäftstätigkeit eines Kleinunternehmens objektiv überschreiten würden. Vor diesem Hintergrund und auch im Hinblick auf Art. 10 DVO (EU) 282/2011 zur MwStSystRL und im Einklang mit dem Stoppelkamp, C-421/10, ist als Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit der Ort zu verstehen, an dem der Unternehmer die Handlungen zur zentralen Verwaltung des Unternehmens vornimmt. In richtlinienkonformer Umsetzung dieser Bestimmung stellt § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 idF AbgÄG 2016, BGBl. I Nr. 117/2016, auf den Ort ab, an dem das (gesamte) Unternehmen betrieben wird" (-5, Rn. 23).

Seitens des erkennenden Senats des Bundesfinanzgerichts ist davon auszugehen, dass nach der oa. Rechtsprechung des EuGHs hinsichtlich der Bestimmung des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit bzw. der Ansässigkeit entscheidend ist, wo die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung getroffen und die Handlungen zur zentralen Verwaltung des Unternehmens vorgenommen werden.

Das Bundesfinanzgericht hat in gleichgelagerten Fällen die Kriterien Beginn, Dauer, Ende der Vermietungstätigkeit, Vermietung von allen oder nur einzelnen Objekten, Privatnutzung von Objekten, Veräußerung von Objekten, Betrauung oder Nichtbetrauung einer Immobilienverwaltungsfirma mit Dienstleistungsarbeiten, Umfang einer allfälligen Bevollmächtigung als wesentliche Entscheidungen eingestuft, die für die Bestimmung des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit relevant sind (vgl. zB ; ; ).""

Der erkennende Richter schließt sich diesen rechtlichen Überlegungen und Einschätzungen an.
Im Beschwerdefall ist sohin allein entscheidend, wo im Streitjahr vom Bf. alle für die in Rede stehende Vermietungstätigkeit "wesentlichen Entscheidungen" getroffen wurden.
Wie in den obigen Sachverhaltsfeststellungen dargelegt, wurden im Beschwerdejahr alle für die Vermietungstätigkeit wesentlichen Entscheidungen vom Bf. in der Schweiz getroffen und lag damit der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit ("Ort der Unternehmensleitung") des Bf. im Ausland.

Vollständigkeitshalber sei noch erwähnt, dass der Bf. im Beschwerdejahr auch über keine feste Niederlassung im Inland verfügte und wurde dies von ihm auch nicht behauptet.
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH verlangt der Begriff "feste Niederlassung" einen durch das ständige Zusammenwirken der für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen erforderlichen Personal- und Sachmittel gebildeten Mindestbestand. Daher setzt er einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur voraus, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der betreffenden Dienstleistungen ermöglicht. Insbesondere ist bei einer Struktur, bei der es an eigenem Personal fehlt, keine Subsumtion unter den Begriff "feste Niederlassung" möglich. Bestätigung findet diese Rechtsprechung in Art. 11 der Durchführungsverordnung Nr. 282/2011, wonach eine feste Niederlassung ua. eine "von der personellen und technischen Ausstattung her" geeignete Struktur aufweist (vgl. , Titanium Ltd, Rnen. 42 und 43). Für das konkrete Vorabentscheidungsersuchen hat der EuGH in seinem Urteil vom , C-931/19, Titanium Ltd, Rn. 46, entschieden, dass eine in einem Mitgliedstaat vermietete Immobilie keine feste Niederlassung im Sinne des Art. 43 der Richtlinie 2006/112 sowie der Art. 44 und 45 der Richtlinie 2006/112 in ihrer geänderten Fassung darstellt, wenn der Eigentümer der Immobilie nicht über eigenes Personal für die Leistungsbewirkung im Zusammenhang mit der Vermietung verfügt.
Das Kriterium des eigenen Personals ist damit auch dann nicht erfüllt, wenn der Eigentümer persönlich vor Ort tätig ist bzw. die mit der Vermietung anstehenden Tätigkeiten selbst ausführt (vgl. dazu zB ).

Für den vorliegenden Fall ergibt sich somit, dass im Beschwerdejahr weder der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit ("Ort der Unternehmensleitung") noch eine "feste Niederlassung" (aktive Verwaltung durch dauernde Präsenz und beständige Struktur aus Personal- und Sachmittel) im Inland vorlagen. Folgedessen war die Kleinunternehmerregelung nach § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 zu Recht nicht anzuwenden.

Zulässigkeit der Revision:


Gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lagen keine Rechtsfragen vor, denen grundsätzliche Bedeutung zukamen. Die im Beschwerdefall zu lösende Rechtsfrage der umsatzsteuerlichen Ansässigkeit bei einer Vermietung im Inland beschränkte sich auf Rechtsfragen, welche bereits im Gesetz hinreichend geklärt sind und in der oben zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung beantwortet wurden. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

Gesamthaft war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 282 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1
Art. 283 Abs. 1 lit. c RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 119 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100227.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at