Kein Vorsteuerabzug für unentgeltliche Gebäudeüberlassung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***10***, ***9***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für den Monat August 2015, welche gemäß § 253 BAO als gegen den Bescheid des ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) betreffend Umsatzsteuer 2015 vom gerichtet gilt, zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht:
I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für den Monat August 2015 vom (ON 11) setzte die belangte Behörde bei der Beschwerdeführerin die Umsatzsteuer mit einem Betrag 9.900,64 Euro fest.
Diese Festsetzung kam unter anderem durch eine Vorsteuerkürzung in Höhe von 1.670,64 Euro im Zusammenhang mit einer von der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin angemieteten Liegenschaft (im Bericht über das Ergebnis eine Außenprüfung bzw. Nachschau vom unter Tz 24 "***1***", ON 27, angeführt) zustande.
Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin nach mehreren Fristverlängerungen mit Schriftsatz vom (ON 4) sowie einer im Zuge eines Mängelbehebungsverfahrens mit Schreiben vom nachgereichten Begründung (ON 8), das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde ein.
Diese Beschwerde wurde seitens der belangten Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom (ON 13) als unbegründet abgewiesen.
Mit Schreiben vom (ON 14) begehrte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Bescheidbeschwerde zur Entscheidung an das Verwaltungsgericht.
Mit Bescheid vom (ON 12) wurde die Beschwerdeführerin zur Umsatzsteuer 2015 veranlagt, wobei die Umsatzsteuer mit 64.865,09 Euro festgesetzt worden ist.
Auch diesem Bescheid ging eine abgabenrechtliche Außenprüfung voraus. Der Bericht über das Ergebnis dieser Außenprüfung vom (ON 32) enthält unter Tz 4 "***1***", weitere Ausführungen, die zum Teil vom Bericht vom (ON 27) abweichen. Auch die durch den Umsatzsteuerjahresbescheid 2015 vom resultierende Abweichung von der bis dahin bestehenden Veranlagung ist zum Teil auf die Feststellungen der Außenprüfung im Zusammenhang mit der Vermietung "***1***" zurückzuführen.
Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die gegenständliche Bescheidbeschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Am fand vor dem Verwaltungsgericht ein Erörterungstermin statt.
Mit Schreiben vom (ON 45) schränkte die Beschwerdeführerin ihr Beschwerdebegehren auf die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Vermietung "***1***" ein.
Mit Schreiben vom (ON 50) verzichtete die Beschwerdeführerin ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin bzw. im verfahrensgegenständlichen Jahr ihre Rechtsvorgängerin (in der Folge: Beschwerdeführerin) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie ging im Jahr 2015 einer Handelstätigkeit nach und erzielte in diesem Zusammenhang (neben der verfahrensgegenständlichen Anmietung und Überlassung einer Liegenschaft und Möbel samt Betriebskosten an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer) ausschließlich Umsätze, die der Umsatzbesteuerung unterliegen oder bei denen trotz Steuerfreiheit ein Ausschluss vom Vorsteuerabzug nicht eintritt (echt steuerfreie Umsätze).
Die Beschwerdeführerin mietete im verfahrensgegenständlichen Zeitraum 2015 von einer anderen Gesellschaft mit beschränkter Haftung eine Liegenschaft samt Gebäude sowie diverse Möbel an der Adresse ***1***, ***8*** an.
Zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Vermieterin war ein monatlicher Mietzins von 6.000 Euro, wovon 360 Euro auf vermietete Möbel entfielen, vereinbart.
Die Beschwerdeführerin nutzte das angemietete Objekt im verfahrensgegenständlichen Zeitraum 2015 zu 40% für eigene unternehmerische Zwecke und zu 60% für die Überlassung an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer. Die angemieteten Möbel wurden ausschließlich dem Gesellschafter-Geschäftsführer überlassenen.
Die im Zusammenhang mit dem Gebäude anfallenden und der Beschwerdeführerin verrechneten Betriebskosten in Höhe von 7.130,53 Euro teilen sich entsprechend dem dargestellten Nutzungsverhältnis des Gebäudes auf.
Mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer bestand im Verfahrenszeitraum keine Übereinkunft (Mietvertrag), nach der die Beschwerdeführerin dem Gesellschafter besagte 60% des Gebäudes sowie in dem Gebäude befindliche Möbel gegen Entgelt zu Wohnzwecken überlasse. Der Gesellschafter-Geschäftsführer hat diesbezüglich auch kein Entgelt an die Beschwerdeführerin geleistet, noch wurden entsprechende Forderungen auf dem Verrechnungskonto des Gesellschafter-Geschäftsführers verbucht.
Die Überlassung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft samt Möbel an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer erfolgte causa societatis.
2. Beweiswürdigung
Dass die Beschwerdeführerin als Handelsgesellschaft mit Ausnahme der genannten Grundstücks- und Möbelüberlassung, einer umsatzsteuerpflichtigen beziehungsweise echt steuerbefreiten Tätigkeit nachgeht, ergibt sich unzweifelhaft aus den vorgelegten Unterlagen und der Einsichtnahme in den elektronischen Veranlagungsakt der Beschwerdeführerin.
Das Bestehen eines Mietverhältnisses zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Vermieterin ist zwischen den Verfahrensparteien unstrittig. Ebenso wurde die Höhe des Mietentgelts und dessen Aufteilung im Einvernehmen zwischen den Verfahrensparteien bereits im Rahmen der diesem Verfahren vorgehenden abgabenrechtlichen Außenprüfung festgehalten.
Im gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind keine Informationen zu Tage getreten, die diese zwischen den Verfahrensparteien unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen als unrichtig oder weniger wahrscheinlich als andere Umstände erscheinen lassen. Das Verwaltungsgericht folgt daher diesen glaubwürdigen Angaben.
Zur Aufteilung der Nutzung des Mietobjekts in den dem Gesellschafter-Geschäftsführer überlassenen Bereich (60%) und den eigenunternehmerisch genutzten Bereich (40%) besteht ebenfalls Übereinstimmung zwischen den Verfahrensparteien und wurde diese Aufteilung im Rahmen des Erörterungstermins am ausdrücklich beidseitig bestätigt. Der gleiche Aufteilungsschlüssel wurde auch - nach Durchführung einer entsprechenden Sachverhaltsermittlung - dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , GZ RV/5101320/2017, das unter anderem die ertragsteuerrechtliche Seite des gegenständlichen Bestandverhältnisses zum Gegenstand hat, zugrunde gelegt. Das Verwaltungsgericht folgt diesen glaubwürdigen Angaben.
Dass gegenständliche Nutzungsüberlassung hinsichtlich der Liegenschaft samt Möbel durch die Beschwerdeführerin an ihren Gesellschafter nicht Umständen vorgenommen hat, unter denen die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit gewöhnlich ausgeübt wird, sondern causa societatis erfolgte, ist schon daran ersichtlich, dass eine konkrete Gegenleistung des Gesellschafters nicht festgestellt werden konnte.
Die Höhe der Betriebskosten wurde dem Bericht der über das Ergebnis dieser Außenprüfung vom (ON 32) entnommen. Die Aufteilung entspricht dem im Rahmen des Erörterungstermins seitens der Verfahrensparteien übereinstimmenden Vorbringen. Das Verwaltungsgericht folgt diesen glaubhaften Angaben.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind als Vorsteuerbeträge abziehen.
Lieferungen und sonstige Leistungen gelten gemäß § 12 Ab. 2 Z 1 UStG 1994 als für das Unternehmen ausgeführt, wenn sie für Zwecke des Unternehmens erfolgen und wenn sie zu mindestens 10% unternehmerischen Zwecken dienen.
Nach dem festgestellten Sachverhalt hat die Beschwerdeführerin die angemieteten Möbel nicht zur Erzielung von zu besteuernden Umsätzen eingesetzt, sondern sie zur Gänze ihrem Gesellschafter unentgeltlich causa societatis überlassen. Für im Zusammenhang mit der Anmietung dieser Möbel in Rechnung gestellte Umsatzsteuer ist die Beschwerdeführerin daher gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 1 UStG 1994 nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Die dem persönlichen Wohnbedürfnis eines Steuerpflichtigen dienende eigene Wohnung gehört zum Kernbereich der persönlichen Lebensführung. Eine Person kann ihren Wohnbedarf auch dadurch befriedigen, dass sie die Wohnimmobilie durch eine in ihrem Einflussbereich stehende Körperschaft anschaffen oder herstellen und sich sodann von dieser Körperschaft das Recht auf Nutzung der Wohnimmobilie einräumen lässt. In einem solchen Fall ist zu prüfen, ob die Körperschaft mit der Nutzungsüberlassung als Unternehmerin zur Erzielung von Einnahmen tätig wird oder ob die Nutzungsüberlassung erfolgt, um der nahestehenden Person causa societatis Vorteile zuzuwenden. Die Einräumung der laufenden Nutzung an einer Wohnimmobilie durch eine Körperschaft an ihr nahestehende Personen kann zunächst eine bloße Gebrauchsüberlassung darstellen, die keine unternehmerische Betätigung im Sinne des UStG 1994 begründet. Erfolgt die Überlassung der Nutzung einer Wohnimmobilie an die nahestehende Person nicht deshalb, um Einnahmen zu erzielen, sondern um ihr einen Vorteil zuzuwenden, so fehlt es an einer wirtschaftlichen Tätigkeit. Anhaltspunkte für die erforderliche Abgrenzung zwischen wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen Tätigkeiten finden sich im Enkler, C-230/94, Rn 24 ff, insbesondere Rn 28. Demnach kommt es unter Bedachtnahme auf alle Besonderheiten des Einzelfalles entscheidend darauf an, ob die Nutzungsüberlassung unter Umständen erfolgt, unter denen die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit für gewöhnlich ausgeübt wird (vgl. mwN).
Nach dem festgestellten Sachverhalt erfolgte die Überlassung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft samt Möbel an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer erfolgte causa societatis.
Mangels Einsatz für eine unternehmerische Tätigkeit hat die Beschwerdeführerin mit der ihrem Gesellschafter überlassenen Liegenschaft demnach keine steuerbaren Umsätze erzielt. In diesem Ausmaß ist auch der Vorsteuerabzug für die im Zusammenhang mit dem Gebäude angefallenen Betriebskosten ausgeschlossen.
Gemäß § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 ist die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie im Zusammenhang mit der Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes für die in § 3a Abs. 1a Z 1 UStG 1994 genannten Zwecke steht. Dies trifft im gegenständlichen Fall auf die Überlassung des Wohnraums an den Gesellschafter zu.
Insoweit die Beschwerdeführerin die angemietete Liegenschaft für eigene besteuerte Zwecke eingesetzt hat, steht ihr der Vorsteuerabzug zu. Dieser Anteil beträgt nach dem festgestellten Sachverhalt 40 Prozent.
Der angefochtene Bescheid war daher spruchgemäß insoweit abzuändern, als die Summe der abziehbaren Vorsteuern und die erzielten Umsätze im Zusammenhang mit der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft bzw. Möbeln anzupassen war.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das gegenständliche Erkenntnis folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt damit nicht vor. Die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis ist daher unzulässig.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 12 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.5101651.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
OAAAC-33747