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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 01.06.2023, RV/5101785/2019

Genehmigung von EDV-mäßigen Wiederaufnahmebescheiden durch den zuständigen Organwalter

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/15/0083.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Mag. Susanne Haim, den richterlichen Beisitzer Mag. Günter Narat, den fachkundigen Laienrichter Leopold Pichlbauer und den fachkundigen Laienrichter Ing. Johannes Gruber im Beisein der Schriftführerin Alexandra Gallistl über die Beschwerde vom des Beschwerdeführers ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** Steuernummer: ***BF1StNr1***, vertreten durch den Steuerberater Herrn Martin Friedl, Marktplatz 2, 4650 Lambach, gegen die Bescheide des Finanzamtes Grieskirchen Wels (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 nach der am über Antrag der Partei (§ 274 Abs 1 Z 1 BAO) in Linz abgehaltenen öffentlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I)
Die Beschwerde wird gem. § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II)
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gem. Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Nach einer beim Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz BF) durchgeführten Außenprüfung wurden die Verfahren betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 von der belangten Behörde wiederaufgenommen und neue Sachbescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 erlassen. Aufgrund von der belangten Behörde angenommener Mängel der Losungsaufzeichnungen erfolgte eine Zuschätzung der Barerlöse sowie die Zurechnung von ungeklärten Privateinlagen und der Ansatz eines Sicherheitszuschlages.

Mit Schreiben vom wurde vom BF eine Beschwerde gegen die angeführten Bescheide eingebracht. In der Begründung wurde vorgebracht, dass es völlig falsch sei, wenn es schon aus anderen Gründen zu einer erheblichen Erhöhung von Umsatzerlösen im Schätzungsweg (praktisch zu einer Globalschätzung) komme, die Umsatzerlöse durch Sicherheitszuschläge und Hinzurechnung (angeblich) ungeklärter Privateinlagen von vorneherein zu erhöhen. Die Sicherheitszuschläge und Privateinlagen müssten in den nachfolgenden Zuschlägen ihre Deckung finden. Darüber hinaus werde im gesamten Prüfungszeitraum eine gleichbleibende Betriebsgröße unterstellt, obwohl das "C-Cafe" erst seit 2017 in der jetzigen Form betrieben werde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, da aufgrund der festgestellten Mängel der Losungsaufzeichnungen und erstmalig vorgelegten Belegen und Verträgen neue Tatsachen und Beweismittel hervorgekommen seien, die zu im Spruch anderslautenden Bescheiden geführt hätten.

Mit Schreiben vom wurde vom BF ein Vorlageantrag bei der belangten Behörde eingebracht. Im Zuge dessen wurde vom BF vorgebracht, dass die Außenprüfung durch ein Organ des damals noch "Finanzamtes Braunau Ried Schärding" durchgeführt worden sei und sich aus diesem Grund erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit der angefochtenen Bescheide stellen würden.

Am wurde die Beschwerde von der belangten Behörde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Mängelbehebungsauftrag des Bundesfinanzgerichtes vom wurde dem BF gem. § 309a iVm § 85 BAO aufgetragen, nachstehend angeführte Mängel der Beschwerde betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich der Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 2012 - 2016 zu beheben: "Der Beschwerde fehlt eine Begründung (§ 250 Abs 1 lit. d BAO)."

Mit Schreiben des BF vom erfolgte eine Verbesserung der Beschwerde. Die im Betriebsprüfungsbericht angesprochenen Tz seien völlig unübersichtlich gestaltet und daher für einen unbeteiligten außenstehenden Dritten und auch für den BF nicht nachvollziehbar, wobei insgesamt zu sagen sei, dass die vom Prüfer vorgenommene (punktuelle) Schätzungsmethode unzulässig sei. Würden sich die Schätzungsergebnisse aber insgesamt als falsch erweisen, könnten im Beschwerdeverfahren die bisherigen Wiederaufnahmegründe (punktuelle Schätzungsergebnisse) nicht von Bundesfinanzgericht einfach durch neue (andere) ersetzt werden.

Weiters wurden vom BF Nachkalkulationen für die Jahre 2012 bis 2016 sowie daran anknüpfend berichtigte Einnahmen - Ausgaben - Rechnungen und Steuererklärungen für die Jahre 2012 bis 2016 vorgelegt. Aus diesen Unterlagen ergebe sich, dass die behaupteten Wiederaufnahmegründe nicht vorgelegen seien.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der belangten Behörde Gelegenheit gegeben, zum angeführten Vorbringen des BF eine Stellungnahme abzugeben.

Mit Eingabe vom wurde von der belangten Behörde eine replizierende Stellungnahme zum Schreiben des BF vom abgegeben. Zum Vorbringen des BF betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren wurde ausgeführt, dass in den Bescheiden über die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend die Wiederaufnahmegründe auf die Niederschrift bzw. den Prüfungsbericht verwiesen worden sei. Aus dem Prüfungsbericht vom ergebe sich schlüssig, aufgrund welcher Feststellungen (Tz.) und für welche Abgaben die Wiederaufnahme der Verfahren vorgenommen worden sei. Die Wiederaufnahme der Verfahren sei entgegen der Ansicht der steuerlichen Vertretung nicht aufgrund der Schätzung, sondern wegen der festgestellten Mängel der Losungsaufzeichnungen nach Tz. 6 erfolgt. Ein Mangel der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung stelle eine neue Tatsache iSd. § 303 BAO dar (vgl. Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), §303, II. Voraussetzungen (Wiederaufnahmstatbestände) Rz. 22). Darüber hinaus sei die Wiederaufnahme der Verfahren aufgrund der in den Tz 2 - 5 angeführten Feststellungen (Rechnungen mit falschem Rechnungsempfänger, Aufwandskürzungen, PKW-Leasing BMW) erfolgt.

Zu den nachgereichten Kalkulationen wurde ausgeführt, dass es sich hierbei im Wesentlichen (nur minimale Abweichungen beim Wein betreffend das Jahr 2016) um dieselben Kalkulationen handelt, welche bereits im Zuge der Beschwerde vorgelegt worden seien. Es werde daher auf die diesbezügliche Stellungnahme vom verwiesen. Zu den berichtigten Erklärungen bzw. Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen werde angemerkt, dass die dort vorgenommenen Änderungen seitens der belangten Behörde teilweise nicht nachvollzogen werden könnten. Betreffend die Jahre 2012 und 2013 seien die seitens der steuerlichen Vertretung vorgenommenen Kalkulationen zwar in den berichtigten Einkommensteuererklärungen, jedoch nicht in den berichtigten Umsatzsteuererklärungen berücksichtigt worden.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom wurden dem Bundesfinanzgericht im Zuge einer Nachschau gem. § 144 BAO getroffene Feststellungen im Zusammenhang mit vom BF im Beschwerdezeitraum erzielten Einkünften aus ausländischem Kapitalvermögen übermittelt.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurden dem BF der Nachschaubericht hinsichtlich der im Beschwerdezeitraum erzielten Einkünfte aus ausländischem Kapitalvermögen sowie die Stellungnahme der belangten Behörde vom zur Kenntnisnahme übermittelt und Gelegenheit gegeben, diesbezüglich eine Stellungnahme abzugeben.

Das Ergänzungsersuchen des Bundesfinanzgerichtes vom wurde vom BF nicht beantwortet.

Mit Schreiben des steuerlichen Vertreters vom brachte der BF einen vorbereitenden Schriftsatz betreffend die Bescheidbeschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide vom in Hinblick auf die mündliche Verhandlung am ein. Jede Erledigung einer Abgabenbehörde, auch jene, mit der ein Verfahren wiederaufgenommen werden solle, bedürfe als Bescheid der Genehmigung. § 96 BAO gehe nämlich vom Verständnis aus, dass ein wirksamer Bescheid nur zustande komme, wenn er auf die Genehmigung eines Organwalters der Behörde und somit auf dessen Willen zurückzuführen sei ( Zl. 2005/14/0014). Zur Genehmigung sei die Person berufen, die den behördlichen Willen in den betreffenden Angelegenheiten zu bilden habe. Im monokratischen System sei dies der Behördenleiter bzw das von ihm ermächtigte Organ ( Zl. 95/17/0392). § 96 letzter Satz BAO enthalte zwar eine unwiderlegliche Genehmigungsvermutung (durch diese Bestimmung werde für in Abgabenverfahren automationsunterstützt erlassene Erledigungen unwiderleglich vermutet, dass die Genehmigung durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde vorliege), wie der VwGH in den Erkenntnissen vom , Zl. 2005/14/0014 und Zl. 2005/14/0015, aber zum Ausdruck gebracht habe, setze auch diese gesetzliche Regelung voraus, dass der einzelne Bescheid tatsächlich durch den Organwalter der Behörde veranlasst werde. Im Hinblick auf das Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom , wonach es im IT-Verfahren Direktbearbeitung (technisch) unmöglich sei, den Wiederaufnahmebescheid getrennt vom Sachbescheid freizugeben, liege hier ein Fehler vor, der als gewollte, aber gedanklich verfehlte Umsetzung der anzuwendenden Rechtsvorschriften in das besondere maschinelle Verfahren (Programmierungsfehler) zu werten sei (Stoll, BAO Kommentar, 2822). Solche Fehler seien weder gem. § 293 BAO berichtigungsfähig, noch könne der Fehler das gesetzliche Erfordernis des § 96 BAO ersetzen, dass der Bescheid tatsächlich durch den Organwalter der Behörde veranlasst werde.

Der belangten Behörde wurde dieser Schriftsatz mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom zur Kenntnisnahme übermittelt und Gelegenheit gegeben, darauf zu replizieren.

Mit Schreiben vom wurde von der belangten Behörde eine Stellungnahme samt Beilagen an das Bundesfinanzgericht übermittelt, welche dem BF mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom zur Kenntnisnahme weitergeleitet wurde.

Mit Schreiben des steuerlichen Vertreters vom brachte der BF einen weiteren ergänzenden Schriftsatz beim Bundesfinanzgericht ein. Die Behauptung der belangten Behörde im Schreiben vom , wonach zum Nachweis der Genehmigung der Wiederaufnahmebescheide und der Sachbescheide Screenshots der Bearbeitungsstationen beigegeben seien, sei tatsachenwidrig, weil sich die beigelegten Screenshots auf die neuen Sachentscheidungen und eben gerade nicht auf die Wiederaufnahmebescheide beziehen würden. Screenshots für die Wiederaufnahmebescheide und damit die Genehmigungsnachweise seien nach wie vor nicht aktenkundig. Für die Behauptung der belangten Behörde, im gegenständlichen Beschwerdeverfahren seien sämtliche angefochtenen Bescheide durch den Teamleiter des zuständigen Teams im Finanzamt Grieskirchen Wels genehmigt worden, gebe es daher keinen Beweis. Dazu widerspreche diese Behauptung der Feststellung des Bundesfinanzgerichtes in der E-Mail vom , wonach man in den "Bearbeitungsstationen" nur bei den Sachbescheiden Genehmigungen vom zuständigen Teamleiter sehe, bei den Wiederaufnahmebescheide sehe man nur den Vermerk "In Bearbeitung" durch den Prüfer vom unzuständigen Finanzamt. Der vorliegende Sachverhalt könne nur so beurteilt werden, als wären "händische" (nicht mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellte) Erledigungen nicht mit den Unterschriften jener versehen, die die Erledigungen genehmigt haben bzw keine Beglaubigungen enthielten, dass die Ausfertigungen mit den genehmigten Erledigungen der betreffenden Geschäftsstücke übereinstimmen und die Geschäftsstücke die eigenhändig beigesetzten Genehmigungen aufweisen.

Am fand die mündliche Verhandlung vor dem Senat in Linz statt. Seitens des steuerlichen Vertreters des BF wurde ergänzend vorgebracht, dass bereits im Vorlageantrag ein Beweisantrag auf Beischaffung eines geeigneten Nachweises durch das Finanzamt Grieskirchen Wels, aus dem jenes Organ hervorgehe, das die angefochtenen Bescheide genehmigt habe, zum Beweis dafür, dass die angefochtenen Erledigungen nicht wirksam seien, gestellt worden wäre. Diesem Beweisantrag sei bisher noch nicht entsprochen worden und könnten die von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen diesen Beweisbeschluss nicht ersetzen. Bei den neuen Sachbescheiden seien die Bearbeitungsstationen und die Genehmigung klar ersichtlich, nicht jedoch bei den Wiederaufnahmebescheiden. Diesbezüglich werde auf den Stammrechtssatz vom zu Ra 2021/15/0052 verwiesen, welcher anlässlich der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurde. Der Berichterstatter habe sich mit dieser Problematik an das Finanzministerium gewendet (Email vom ). Aus der Antwort des Finanzministeriums ergebe sich, dass der jeweilige Wiederaufnahmebescheid automatisch miterledigt (mitgenehmigt) werde. Über die Wiederaufnahme sei aber nach dem Gesetz zuvor abzusprechen. Es sei hier eine Umprogrammierung notwendig, der Fehler liege im Ministerium. Die gegenständliche Problematik sei bereits in der Entscheidung des UFS RV/0559-L/04 aufgezeigt worden.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 und die Sachbescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 wurden vom befugten Organwalter der belangten Behörde (des damals zuständigen Finanzamtes Grieskirchen Wels) genehmigt und durch das für den BF im Beschwerdezeitraum zuständige Finanzamt Grieskirchen Wels erlassen. Die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 und die Sachbescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 sind dem BF (mittels Zustellung an den mit Zustellvollmacht ausgewiesenen steuerlichen Vertreter) zugekommen.

In den Begründungen der Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 wird jeweils darauf verwiesen, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens aufgrund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung erfolgte, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind.

Nach der Maßgabe der Ergebnisse der abgabenbehördlichen Prüfung über den Zeitraum 2012 - 2016 sind folgende Mängel der Bücher und Aufzeichnungen des Beschwerdeführers festzustellen:

Im Beschwerdezeitraum wurden in der Buchhaltung des BF Rechnungen als Aufwand eingebucht und der Vorsteuerabzug geltend gemacht, wo der BF nicht Rechnungsempfänger war (Tz 2 BP-Bericht).

In den Jahren 2013, 2015, 2016 und 2017 wurden Privataufwendungen als Betriebsausgaben geltend gemacht und der Vorsteuerabzug geltend gemacht (Tz 4 BP-Bericht).

In den Jahren 2015 - 2017 wurden PKW-Aufwendungen als Aufwand geltend gemacht, die teilweise privat veranlasst waren (Tz 5 BP-Bericht).

In den Jahren 2013, 2015, 2016 und 2017 wurden Privateinlagen getätigt, die der Höhe und dem Zeitraum nach nicht nachgewiesen werden konnten (Tz 6 BP-Bericht).

Die Einzelumsätze wurden im Beschwerdezeitraum vom BF nicht zeitgerecht in der Registrierkasse erfasst. Von der Betriebsprüfung wurden einige "Bierzettel" vorgefunden, worauf ein Gesamtumsatz als Tageslosung erfasst war und keine Trennung nach 10 %igen und 20 %igen Umsätzen erfolgt ist. Die Einzelumsätze aus dem Eisverkauf wurden nur teilweise in der Registrierkasse erfasst. Teilweise wurden Tageslosungen aufgrund von Mehreinlagen in die Bank bzw Nichterfassung in der Registrierkasse (Bonierungsmängel) in pauschaler Höhe nacherfasst. Bei chronologischer Betrachtung der Kassenbuchungen am Konto 2700 wurden teilweise Kassenfehlbeträge bzw negative Kassenstände festgestellt. Die Pizzaumsätze wurden vom BF als "Durchläufer" betrachtet und nicht verbucht. Es erfolgten diesbezüglich weder Aufwands- noch Erlösbuchungen. Der BF hat angegeben, dass ca € 1,50 je Pizza aufgeschlagen werden. Bei der Kalkulation der Speise- und Getränkeerlöse wurden hohe Differenzen festgestellt (Tz 6 BP-Bericht).

Aufgrund dieser Mängel ist davon auszugehen, dass nicht alle Geschäftsfälle ordnungsgemäß erfasst wurden.

Das Landesgericht X hat den BF mit rechtskräftigen Strafurteil vom zu 00HV00 wegen der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 (1), 38 FinStrG idF v. BGBL I 2019/62 und nach §§ 33 (2) lit. a, 38 (1) FinStrG idF BGBl I 2019/62 schuldig gesprochen,

"zu nachgenannten Zeiten gewerbsmäßig vorsätzlich unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflichten eine Abgabenverkürzung bewirkt zu haben, und zwar:

1. durch die Abgabe unrichtiger Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2012 bis 2017 unter Verschweigen von nicht im buchhalterischen Rechenwerk erfassten Umsätzen seines Gastronomiebetriebes (2012 bis 2016) und von Einkünften aus ausländischem Kapitalvermögen (2012, 2013, 2015, 2016) eine Verkürzung von Einkommensteuer in Höhe von insgesamt € 147.474,85, nämlich

a. am für das Jahr 2012 in Höhe von EUR 17.405,35 (14.749,00)

b. am für das Jahr 2013 in Höhe von EUR 26.102,79 (21.009,00)

c. am für das Jahr 2014 in Höhe von EUR 37.909,00

d. am für das Jahr 2015 in Höhe von EUR 27.882,24 (24.265,00)

e. am für das Jahr 2016 in Höhe von EUR 31.525,87 (23.515,00)

2. durch das Nichterfassung von Umsätzen seines Gastronomiebetriebes im buchhalterischen Rechenwerk und die Abgabe unrichtiger Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2012 bis 2016 eine Verkürzung von Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt EUR 41.211,89, nämlich

a. am für das Jahr 2012 in Höhe von EUR 7.154,68

b. am für das Jahr 2013 in Höhe von EUR 7.688,89

c. am für das Jahr 2014 in Höhe von EUR 10.646,68

d. am für das Jahr 2015 in Höhe von EUR 7.055,74

e. am für das Jahr 2016 in Höhe von EUR 8.665,90

und weiters in der Zeit März 2017 bis Februar 2018 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen durch die Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate März 2017 bis September 2017 unter Verschweigen von Umsätzen seines Gastronomiebetriebes eine Verkürzung von Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt EUR 8.493,12, bewirkt, und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.

Der BF hat hiedurch die Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 FinStrG idF vor BGBL I 2019/62 bzw die Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 2 lit. a, 38 Abs 1 FinStrG idF vor BGBL I 2019/62 begangen."

2. Beweiswürdigung

Gem. § 167 Abs 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Gem. § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde im Übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Die Abgabenbehörde muss dieser Rechtsprechung zufolge den Bestand einer Tatsache nicht im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn nachweisen (vgl zB ; Ritz/Koran, BAO7 § 167 Rz 8 mwN).

Die Feststellung, dass dem BF die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 sowie die Sachbescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 (zu Handen seines steuerlichen Vertreters) zugestellt wurden, ergibt sich zweifelsfrei aus den Ausführungen in der Beschwerde vom (Beschwerde gegen die Bescheide vom , zugestellt am , mit denen die Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2012 bis 2016 gem. § 303 (1) BAO wieder aufgenommen und die Umsatz- und Einkommensteuern für die Jahre 2012 bis 2016 neu … festgesetzt wurden, …).

Die Feststellung, dass die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 sowie die Sachbescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 vom befugten Organwalter der belangten Behörde (des damals zuständigen Finanzamtes Grieskirchen Wels) genehmigt und durch das für den BF im Beschwerdezeitraum zuständige Finanzamt erlassen wurden, gründet sich auf die von der belangten Behörde übermittelten Abfragen aus der Datenbank der Finanzverwaltung (betreffend die EDV-mäßigen Freigaben in der IT-Anwendung "Direktbearbeitung") sowie die Auskunft des Bundesministeriums für Finanzen vom , welche den Verfahrensparteien zur Kenntnisnahme übermittelt worden war.

Hinsichtlich des Vorbringens des BF, dass die Wiederaufnahmebescheide nicht von einem Organ der (damals) zuständigen Behörde (Finanzamt Grieskirchen Wels) genehmigt worden seien und des diesbezüglich vom steuerlichen Vertreter im Vorlageantrag gestellten Beweisantrages, dass die belangte Behörde einen geeigneten Nachweis beischaffen möge, aus dem jenes Organ hervorgehe, das die angefochtenen Bescheide genehmigt habe, zum Beweis dafür, dass die angefochtenen Erledigungen nicht wirksam seien, ist festzuhalten, dass aus der Auskunft des Bundesministeriums für Finanzen vom klar hervorgeht, dass bei der EDV-mäßigen Genehmigung (im "IT-Verfahren Direktbearbeitung") durch den Organwalter in einem Genehmigungsschritt sowohl der jeweilige Wiederaufnahmebescheid als auch der dazugehörige Sachbescheid genehmigt werden (mit der Genehmigung des neuen Sachbescheides wird automatisch der dazugehörige Wiederaufnahmebescheid mitgenehmigt, ohne dass der "Genehmiger" die Genehmigung des Wiederaufnahmebescheides in einem zweiten Arbeitsschritt erledigen muss bzw. kann).

Es steht daher fest, dass die angefochtenen Wiederaufnahmebescheide vom befugten Organwalter der belangten Behörde (des damals zuständigen Finanzamtes Grieskirchen Wels) genehmigt und somit durch das für den BF im Beschwerdezeitraum zuständige Finanzamt erlassen und dem BF (zu Handen seines Zustellbevollmächtigten) zugestellt wurden (siehe auch unten Punkt 3.1.), sodass dem vom BF gestellten Beweisantrag mit den von der belangten Behörde vorgelegten Abfragen bzw mit der Auskunft des Bundesministeriums für Finanzen vom entsprochen wurde. Den gegensätzlichen Ausführungen des steuerlichen Vertreters in der mündlichen Verhandlung vom kann seitens des Bundesfinanzgerichtes nicht gefolgt werden.

Die unterschiedlichen internen Darstellungen im IT-Verfahren in den Bearbeitungsstationen (die Wiederaufnahmebescheide weisen die Anzeige "Bearbeitung 2018-06-11 B1" und "Bescheid 2018-08-31" auf und die Sachbescheide weisen die Anzeige "Freigabe 2018-08-31 L3" und "Bescheid 2018-08-31" auf) bedeuten nicht, dass eine Genehmigung der jeweiligen Wiederaufnahmebescheide unterblieben wäre.

Die Feststellungen betreffend die Mängel der Bücher und Aufzeichnungen des BF beruhen auf den von der belangten Behörde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, denen der BF nicht substantiiert entgegengetreten ist. Insgesamt ist daher festzuhalten, dass das Vorbringen der BF nicht geeignet ist, die sachliche Richtigkeit der geführten Aufzeichnungen glaubhaft zu machen.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gem. § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs 1 BAO).

Zunächst ist festzuhalten, dass das Finanzamt Österreich gem. § 323b Abs 1 BAO an die Stelle des die angefochtenen Bescheide erlassenden Finanzamtes Grieskirchen Wels getreten ist.

Zur Wirksamkeit der Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016:

§ 96 BAO idF BGBl. Nr. 312/1987 lautet:

"Alle schriftlichen Ausfertigungen der Abgabenbehörden müssen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann, soweit nicht in Abgabenvorschriften die eigenhändige Unterfertigung angeordnet ist, die Beglaubigung treten, dass die Ausfertigung mit der genehmigten Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist. Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gelten, wenn sie weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen, als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt."

Ein automationsunterstützt erzeugter Bescheid muss tatsächlich von der Verwaltungsbehörde veranlasst worden sein. Die nach außen in Erscheinung tretende Erledigung muss in jedem Einzelfall auf den Willen des durch das Gesetz zur Entscheidung berufenen Organs zurückführbar sein (vgl VfGH G 110-113/87 VfSlg 11590; VfGH B 122/79 VfSlg 8844; ). § 96 BAO geht grundsätzlich vom Verständnis aus, dass ein wirksamer Bescheid nur zustande kommt, wenn er auf die Genehmigung eines Organwalters der Behörde und somit auf dessen Willen zurückzuführen ist. Diese gesetzliche Regelung setzt voraus, dass der einzelne Bescheid tatsächlich durch den Organwalter der Behörde veranlasst wird (). Einer Abgabenbehörde können nur solche Erledigungen zugeordnet werden, die von der Behördenleiterin oder vom Behördenleiter approbiert worden sind oder die von einer Person unterzeichnet worden sind, der von dessen Behördenleiterin oder von dessen Behördenleiter eine Approbationsbefugnis erteilt worden ist (zB ; , Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren Band 13, § 93, Rz 4f).

Im Erkenntnis vom , 2008/15/0205, fasst der VwGH die Rechtsprechung wie folgt zusammen:

"Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts muss auch der automationsunterstützt erzeugte Bescheid tatsächlich von der Verwaltungsbehörde veranlasst worden sein. Die nach außen in Erscheinung tretende Erledigung muss in jedem Einzelfall auf den Willen des durch das Gesetz zur Entscheidung berufenen Organes zurückführbar sein (vgl die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , G 110-113/87, VfSlg 11590, und vom , B 122/79, VfSlg 8844, sowie das hg Erkenntnis vom , 2005/14/0014, in welchem der Verwaltungsgerichtshof für den Fall der Vollziehung von kaum Entscheidungsspielraum belassenden Nebengebühren, insbesondere Säumniszuschlägen, ein allgemein gehaltenes Einwirken des Organwalters auf den Einzelbeschied für noch ausreichend erachtet hat). § 96 BAO geht grundsätzlich vom Verständnis aus, dass ein wirksamer Bescheid nur zustande kommt, wenn er auf die Genehmigung eines Organwalters der Behörde und somit auf dessen Willen zurückzuführen ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2009/15/0002, ausgesprochen hat, setzt diese gesetzliche Regelung - vorbehaltlich der im Erkenntnis vom , 2005/14/0014, formulierten Einschränkungen - voraus, dass der einzelne Bescheid tatsächlich durch den Organwalter der Behörde veranlasst wird."

Vom Bundesfinanzgericht wurde festgestellt, dass die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 und die Sachbescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 vom befugten Organwalter der belangten Behörde (des damals zuständigen Finanzamtes Grieskirchen Wels) genehmigt und durch das für den BF im Beschwerdezeitraum zuständige Finanzamt Grieskirchen Wels erlassen wurden.

Im gegenständlichen Fall sind die geänderten Bescheiddaten von einem Organwalter des Finanzamtes Braunau Ried Schärding in die automationsunterstützte Datenverarbeitungsanlage eingegeben (in Bearbeitung gesetzt) und anschließend vom zuständigen Teamleiter des Finanzamtes Grieskirchen Wels (einem befugten Organwalter des für den BF im Beschwerdezeitraum zuständigen Finanzamtes) freigegeben und somit genehmigt worden. Der Bescheidwille (durch die Genehmigung des Organwalters der belangten Behörde) war dabei unzweifelhaft auf die Erlassung von den Feststellungen der Betriebsprüfung entsprechenden Bescheiden betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 sowie neuen Sachbescheiden betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 gerichtet. Exakt diesem Bescheidwillen entsprechende Bescheide wurden sodann mittels der automationsunterstützten Datenverarbeitung ausgefertigt und dem BF (zu Handen seines Zustellbevollmächtigten) zugestellt.

Den Anforderungen des VwGH (in den vom BF angeführten Erkenntnissen und 2005/14/0015; ) betreffend die Genehmigung von Bescheiden in automationsunterstützten Abgabenverfahren ist somit entsprochen.

Das Vorbringen des steuerlichen Vertreters des BF im Schreiben vom , wonach hier ein Fehler vorliege, der als gewollte, aber gedanklich verfehlte Umsetzung der anzuwendenden Rechtsvorschriften in das besondere maschinelle Verfahren (Programmierungsfehler) zu werten sei und dieser Fehler das gesetzliche Erfordernis des § 96 BAO nicht ersetzen könne, dass der Bescheid tatsächlich durch den Organwalter der Behörde veranlasst werde, geht ins Leere.

Maßgeblich ist, dass der Bescheidwille der belangten Behörde auf die Erlassung von den Feststellungen der Betriebsprüfung entsprechenden Bescheiden betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 sowie neuen Sachbescheiden betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016 gerichtet war und diese Bescheide mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung ausgefertigt und dem BF (zu Handen seines Zustellbevollmächtigten) zugestellt wurden.

Wie die belangte Behörde technisch die EDV-mäßige Freigabe der angeführten Bescheide (mit einem Genehmigungsschritt werden EDV-mäßig sowohl der Wiederaufnahmebescheid als auch der damit verbundene neue Sachbescheid genehmigt) regelt bzw umsetzt, bleibt dieser unbenommen. Der Umstand, dass dieser Genehmigungsschritt bei den Bearbeitungsstationen des Sachbescheides gesetzt wird und damit zeitgleich der Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens und der damit verbundene neue Sachbescheid ergehen, ändert nichts daran, dass seitens der belangten Behörde mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden bzw verfügenden Bescheid unter gleichzeitiger Aufhebung des früheren Bescheides die das wiederaufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung verbunden und damit dem Gebot des § 307 Abs 1 BAO entsprochen wird.

Die unterschiedlichen internen Darstellungen im IT-Verfahren in den Bearbeitungsstationen (siehe diesbezüglich Punkt 2. Beweiswürdigung) haben nicht zur Folge, dass eine Genehmigung des jeweiligen Wiederaufnahmebescheides unterblieben wäre. Die vom steuerlichen Vertreter des BF im Schreiben vom daraus getroffenen rechtlichen Schlussfolgerungen (Vergleich mit "händischen" Erledigungen, die nicht mit den Unterschriften jener versehen seien, die die Erledigungen genehmigt hätten) sind nicht zutreffend.

Zu den Gründen für die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2012 - 2016:

Gem. § 303 Abs 1 lit b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen unter anderem wiederaufgenommen werden, "wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind" und "die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte."

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln iSd § 303 Abs 1 lit b BAO nur aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wieder aufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können (vgl zB ; vgl zudem die bei Ritz/Koran, BAO7, § 303 Rz 31 angeführten Nachweise der Rsp des VwGH). Bei jährlich zu veranlagenden Steuern bezieht sich das "Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln" damit auf den Wissensstand des jeweiligen Veranlagungsjahres (vgl zB ; ; , mwN).

Seitens des BF wurde im Hinblick auf die angeführten Wiederaufnahmebescheide vorgebracht, dass die im Betriebsprüfungsbericht angesprochenen Tz völlig unübersichtlich gestaltet und daher für einen unbeteiligten außenstehenden Dritten und auch für den BF nicht nachvollziehbar seien, wobei insgesamt zu sagen sei, dass die vom Prüfer vorgenommene (punktuelle) Schätzungsmethode unzulässig sei. Würden sich die Schätzungsergebnisse aber insgesamt als falsch erweisen, könnten im Beschwerdeverfahren die bisherigen Wiederaufnahmegründe (punktuelle Schätzungsergebnisse) nicht von Bundesfinanzgericht einfach durch neue (andere) ersetzt werden. Weiters ergebe sich aus den vom BF vorgelegten Nachkalkulationen für die Jahre 2012 bis 2016 sowie daran anknüpfend berichtigten Einnahmen - Ausgaben - Rechnungen und Steuererklärungen für die Jahre 2012 bis 2016, dass die behaupteten Wiederaufnahmegründe nicht vorgelegen seien.

Die belangte Behörde stützt die Wiederaufnahme der Verfahren in den Bescheiden vom auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind. Derartige Verweise sind nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zulässig (vgl. , Rn 28 mit weiteren Nachweisen). Im Betriebsprüfungsbericht verweist die belangte Behörde auf die Feststellungen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens erforderlich machen, insbesondere auf die Mängel der Losungsaufzeichnungen (Tz 6 des Betriebsprüfungsberichtes), nämlich zB nicht zeitgerechte Erfassung der Einzelumsätze in der Registrierkasse, pauschale Nacherfassung von Tageslosungen, Vorliegen von Kassenfehlbeträgen, Buchung von ungeklärten Privateinlagen oder Nichterfassung der Pizzaumsätze, und somit neuhervorgekommene Tatsachen. Darüber hinaus hat die belangte Behörde bezüglich der Wiederaufnahme der Verfahren auch auf weitere neu hervorgekommene Tatsachen in den Tz 2 bis 5 des Betriebsprüfungsberichtes verwiesen, nämlich Rechnungen mit falschem Rechnungsempfänger (Tz 2 und 3), Aufwendungen für Anschaffung bürgerlicher Kleidung (Tz 4) bzw Ausscheiden eines zu geringen Privatanteiles für die Nutzung eines geleasten PKWs (Tz 5).

Tatsachen sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände (zB ; , 95/14/0094); also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis (als vom Bescheid zum Ausdruck gebracht) geführt hätten, etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften (zB ; , 95/14/0094; , 2006/13/0107; , 2010/15/0064). Solche Tatsachen sind ua getätigte Ausgaben (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 303 Rz 22).

Da die oben angeführten neuen Tatsachen erst nach Bescheiderlassung der Erstbescheide hervorgekommen sind und diese Tatsachen auch jeweils zu im Spruch anders lautenden Bescheiden führen, erfolgte die Wiederaufnahme der Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 2012 bis 2016 zu Recht. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, das Fehlen von Wiederaufnahmegründen aufzuzeigen.

Betreffend die für die Entscheidung über die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 20 BAO erforderliche Interessenabwägung ist wie folgt auszuführen: Von zentraler Bedeutung für die Ermessensübung ist die Berücksichtigung des Zweckes der Ermessen einräumenden Norm. Zweck des § 303 BAO ist es, eine neuerliche Bescheiderlassung dann zu ermöglichen, wenn Umstände gewichtiger Art hervorkommen. Ziel ist ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis. Daher ist bei der Ermessensübung grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (der Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit (Rechtskraft) zu geben (vgl Ritz/Koran, BAO7, § 303 Rz 67 mit Nachweisen der Rsp des VwGH).

In Anbetracht der Höhe der aufgrund der neuen Tatsachen erfolgten Zuschätzungen in den Jahren 2012 bis 2016 sind die Auswirkungen weder absolut gesehen noch im Hinblick auf das gesamtbetragliche Ergebnis der bisherigen Sachbescheide als geringfügig einzustufen (vgl dazu zB ). Es ist insoweit dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang gegenüber dem Grund der Rechtssicherheit einzuräumen und hat die belangte Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs 1 VwGG).

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs 4 B-VG).

Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).

Mit dem vorliegenden Erkenntnis folgt das Bundesfinanzgericht der hg einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Wiederaufnahme der Verfahren, vgl insbesondere ; und 2005/14/0015; ), weshalb gem. § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 323b Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 96 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 25a Abs. 1 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5101785.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at