Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.05.2023, RV/4100309/2019

Leistungsort für sonstige Leistungen von deutschen "Betreibern" im Zusammenhang mit Sportwetten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin I. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Höfler Steuerberatungs KG, Hausergasse 31, 9500 Villach,
a. über die Beschwerde vom gegen die Umsatzsteuerbescheide 2010 und 2011 vom (zuvor eingebracht gegen die Bescheide vom betreffend Umsatzsteuerfestsetzung 02.2010-12.2010 und Umsatzsteuerfestsetzung 01-03/2011),
b. über die Beschwerde vom gegen die Bescheide vom betreffend Umsatzsteuerfestsetzung 07-12/2012 und Umsatzsteuerfestsetzung 01-11/2013 sowie Umsatzsteuerfestsetzung 01-03/2014, alle angeführten Bescheide erlassen vom Finanzamt Klagenfurt, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) führte im Beschwerdezeitraum mit Geschäftsanschrift in Ort 1-Ö ein Unternehmen mit dem Gegenstand Annahme und Vermittlung von Wetten aller Art. Sie - im nachfolgenden Vertrag auch "Buchmacher" genannt - schloss (damals noch unter anderem Firmenwortlaut) mit einem "Betreiber" in Deutschland den einen Geschäftsbesorgungsvertrag:

"Vorbemerkung

Der Buchmacher ist aufgrund der von der Landesregierung xxx erteilten Konzession vom Januar 2008 berechtigt, Sportwetten aller Art zu veranstalten, anzunehmen und zu vermitteln. Der Betreiber schafft in seinen Räumlichkeiten seinen Kunden die Möglichkeit, online Zugang zu dem Wettangebot des Buchmachers zu erhalten. Der Buchmacher ist Lizenznehmer und bedient sich des Wettangebotes der Wett-GmbH X wie auch deren technischer Unterstützung (Quotenlieferant, Risikoüberwachung, Ergebnisdienst).

§ 1 Vertragssegenstand

1.1 Der Betreiber bietet Kunden die Möglichkeit, Sportwetten mit dem Buchmacher nach den Wettbestimmungen des Buchmachers zu tätigen.

1.2 Der Wettvertrag kommt ausschließlich zwischen Buchmacher und Kundenzustande. Der Betreiber bleibt von dem Vertragsverhältnis zwischen Kunden und Buchmacher unberührt.

1.3 Der Betreiber erklärt, kein Insolvenzverfahren anhängig zu haben, sowie keine eidesstattliche Versicherung abgegeben zu haben.

§ 2 Pflichten des Betreibers

2.1 Der Betreiber gewährleistet geeignete Räumlichkeiten und personelle Voraussetzungen für seine Geschäftsbesorgung.

2.2 Der Betreiber hängt die Wettbedingungen, Konzession des Buchmachers, Jugendschutzgesetz sowie Suchtpräventionsmaßnahmen gut sichtbar in seinen Räumlichkeiten auf und verpflichtet sich, seine Kunden auf diese Bedingungen hinzuweisen.

2.3 Der Betreiber nimmt Sportwetten ausschließlich nach den jeweils geltenden Wettbestimmungen des Buchmachers und zu den von diesem angebotenen Auszahlungsquoten an.

2.4 Der Betreiber verpflichtet sich, ausschließlich für den Buchmacher Sportwetten zu vermitteln und keine Sportwetten selbst, oder für Andere zu halten oder zu vermitteln.

2.5 Der Betreiber leitet alle Daten zu dem Wettgeschäft sofort an den Buchmacher weiter.

2.6 Der Betreiber übt seine Tätigkeit mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns aus und verpflichtet sich, die Interessen des Buchmachers zu wahren. Der Betreiber verpflichtet sich, seine Steuern und Sozialabgaben ordnungsgemäß zu erklären und abzuführen.

2.7 Der Betreiber verpflichtet sich, die ihm übermittelten, monatlichen Umsatzauswertungen unverzüglich, spätestens 3 Werktage nach Erhalt, auf das Konto Nr. xxx bei der Bank-D zu überweisen. Sollte die Gutschrift nicht bis spätestens zum 10. des Monats erfolgt sein, wird ohne weitere Vorankündigung das Kassensystem abgeschaltet.

2.8 Der Betreiber hat eine eigene E-Mail-Adresse einzurichten, um Monatsauswertungen und andere wichtige Mitteilungen empfangen zu können.

2.9 Der Betreiber verpflichtet sich, einen Betrag in Höhe von 3.000,00 € in seine Kasse einzuzahlen, um eventuelle Gewinnauszahlungen vorlegen zu können.

2.10 Der Betreiber entrichtet monatlich eine Supportpauschale in Höhe von 400,00 € für Programm-, Quoten- und Ergebnisdienste.

2.11 Der Betreiber ist für die Werbeausstattung seiner einzelnen Läden selbst zuständig, hat diese aber vorher mit dem Buchmacher abzustimmen, damit die Corporate Identity gewährleistet ist. Die Kosten hierfür sind vom Betreiber zu tragen.

2.12 Verluste aus Vormonaten werden in die Folgemonate übernommen und dann mit anfallenden Provisionen verrechnet.

§ 3 Rechte und Pflichten des Buchmachers

3.1 Der Buchmacher sichert dem Betreiber das Vorliegen sämtlicher staatlicher Konzessionen zu, die für den weltweiten Abschluss von Wettverträgen am Firmensitz des Buchmachers erforderlich sind.

3.2 Der Buchmacher hat das Recht, ohne Angabe von Gründen eine Wette abzulehnen.

3.3 Der Buchmacher verpflichtet sich, die anfallenden Wettgewinne selbst zu berechnen und diese Daten dem Betreiber zum Zwecke der Auszahlung zur Verfügung zu stellen.

3.4 Der Buchmacher verpflichtet sich, dem Betreiber Abrechnungsunterlagen zur Verfügung zu stellen.

3.5 Der Buchmacher nimmt nur Wetten an, die vor Beginn des Sportereignisses ihm elektronisch übermittelt wurden.

§ 4 Entgelte und Abwicklung des Zahlungsverkehrs

4.1 Der Anteil des Betreibers am Rohertrag beträgt 75 %, Rohertrag ist der vom Buchmacher aufgrund der Tätigkeit des Betreibers erzielte Umsatz abzüglich der ausgezahlten Gewinne.

4.2 Anteilsauszahlungen erfolgen einmal monatlich, unverzüglich nach Abrechnung aller Programmtage des Vormonats.

4.3 Der Buchmacher erstellt - selbst oder durch Dritte - zum Monatsende eine Umsatzaufstellung für den vergangenen Monat, wobei er seinen Anteil und die Supportpauschale in Abzug bringt.

4.4 Mit den genannten Entgelten ist die gesamte Tätigkeit des Betreibers auch hinsichtlich Personalkosten, Mieten etc. für den Buchmacher abgegolten.

4.5 Zwischenabrechnungen sind im gegenseitigen Einvernehmen möglich und bleiben hiervon unberührt.

§ 5 Vertragsdauer

5.1 Der Vertrag beginnt mit dem Datum der Unterzeichnung und hat eine Laufzeit von 3 Jahren. Er verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, wenn er nicht spätestens 3 Monate vor Ablauf der ursprünglichen Vertragslaufzeit fristgemäß, schriftlich gekündigt wurde. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. Der Wechsel des Firmensitzes des Buchmachers stellt keinen Kündigungsgrund dar. In diesem Falle tritt, bei eventueller Änderung der Firmierung, der Nachfolger in sämtliche Rechte und Pflichten dieses Vertrages ein.

5.2 Der Vertrag endet zu dem Zeitpunkt, zu dem einer der Vertragsparteien ihren Betrieb durch Wegfall einer behördlichen Genehmigung oder aus anderen Gründen einstellen muss. Ist die Einstellung nur vorübergehend, ruht der Vertrag. Wechselseitige Ersatzansprüche sind in diesen Fällen ausgeschlossen.

5.3 Wesentliche Verletzungen dieses Vertrages, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder deren Ablehnung mangels Masse sowie technische und rechtliche Unmöglichkeit der Durchführung des Vertrages berechtigen beide Parteien zur fristlosen außerordentlichen Kündigung.

§ 6 Haftung

6.1 Der Betreiber haftet für Schäden, die durch vorsätzliche Handlungen im Arbeitsbereich der Verkaufsstelle gegenüber dem Wettnehmer verursacht werden.

6.2 Zur Anerkennung oder Abwehr von Forderungen, die sich aus, durch Fahrlässigkeit des Betreibers verursachten Personen- oder Sachschäden ergeben, empfiehlt der Buchmacher den Abschluss einer geeigneten Haftpflichtversicherung.

6.3 Der Betreiber haftet für die Sicherung des Geldbestandes. Eine Haftung des Buchmachers für Verlust, Diebstahl oder Abhandenkommen gegenüber dem Betreiber ist ausgeschlossen. Der Betreiber hat alle erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen hierfür einzurichten.

§ 7 Sonstige Vereinbarungen

7.1 Beide Parteien verpflichten sich, gegenüber Dritten über alle geschäftlichen Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer Geschäftsabwicklung zur Kenntnis gelangen, während der Laufzeit und nach Beendigung des Vertragsverhältnisses Stillschweigen zu bewahren.

§ 8 Schlussbestimmungen

8.1 Nebenabsprachen zu diesem Vertrag wurden nicht geschlossen. Änderungen und Ergänzungen bedürfen der Schriftform.

8.2 Die Gültigkeit dieses Vertrages wird durch die etwaige Ungültigkeit einzelner Bestimmungen in seiner Gesamtheit nicht berührt. Ungültige Bestimmungen werden durch solche ersetzt, die ihrem Inhalt nach dem Sinn der Vereinbarung am nächsten kommen.

8.3 Gerichtsstand bei Vertragsstreitigkeiten ist Ort 1-D."

A. Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide 2010 und 2011 vom (zuvor eingebracht gegen die Bescheide vom betreffend Umsatzsteuerfestsetzung 02/2010-12/2010 und Umsatzsteuerfestsetzung 01-03/2011)

Im Zuge einer Umsatzsteuernachschau für den Zeitraum 01/2009-03/2011 hielt das Finanzamt im Bericht Folgendes fest:

"T z. 1 Vermittlung von Sportwetten

Sachverhalt

Mit Notariatsakt vom x.x.2007 wurde die Bf. als Gesellschaft mit beschränkter Haftung errichtet. Gegenstand des Unternehmens ist die Annahme und Vermittlung von Wetten aller Art. Der Sitz der Gesellschaft ist in Ort 1-Ö. ("Ort 1" - Österreich). Die Geschäftsanschrift lautete bis … im Ort 1. Für den Standort Ort 1 (nähere Adresse angeführt) wurde vom Amt der LReg. Bundesland 1 die Bewilligung zum gewerbsmäßigen Abschluss von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen und zur gewerbsmäßigen Vermittlung solcher Wetten erteilt (Bescheid vom xx.xx.2007, Zahl xxx).

Der eigentliche Umsatz des Unternehmens wird in Deutschland über Vermittlung von dort ansässigen "Betreibern" erzielt. Die Bf. schließt mit deutschen Unternehmern (Betreiber) Verträge über die Vermittlung von Sportwetten ab. Die Betreiber haben ihren Firmensitz- bis auf einen Betreiberim Ort 1 - ausschließlich in Deutschland und sind als Unternehmer in verschiedenen Sparten tätig.

Gemäß dem Geschäftsbesorgungsvertragschafft der Betreiber in seinen Räumlichkeiten den Kunden die Möglichkeit, "online" Zugang zu dem Wettangebot der Bf. in Österreich zu erhalten. Der jeweilige deutsche Betreiber leitet somit die angenommene Sportwette elektronisch an den österreichischen Buchmacher (Bf.) weiter. Dafür wird dem Betreiber eine Vermittlungsprovision in unterschiedlicher Höhe vom getätigten Sportwettenumsatz zuerkannt. Der Wettvertrag kommt ausschließlich zwischen Buchmacher und Kunden zustande. Die Annahme der Sportwetten in den Räumlichkeiten der Betreiber erfolgt durch eigene Terminals (Ausdruck von Wettscheinen), die den Betreibern von der Bf. zurVerfügung gestellt werden.

Monatlich werden von der Bf. Ausgangsrechnungen an die Betreiber gestellt, in denen der Sportwettenumsatz, die Gewinnauszahlung, die Vermittlungsprovision und ev. der Werbekostenzuschuss getrennt ausgewiesen werden. Der in Rechnung gestellte Betrag wird vom Betreiber auf das Bankkonto der Bf. überwiesen.

Tz.2 Werbekostenzuschüsse

Die Werbekostenzuschüsse der Bf. an die Betreiber für Werbeleistungen stellen Katalogleistungen i.S. d. § 3a Abs. 10 Z 2 UStG (bis 2009) bzw. sonstige Leistungen i.S.d. § 3a Abs. 6 UStG (ab 2010) dar.

Die "Reverse Charge"-Regelung des § 19 Abs. 1 UStG kommt zur Anwendung.

Übergang der Steuerschuld auf die Bf. und kein Recht auf Vorsteuerabzug wegen Zusammenhang mit unecht steuerbefreiter Leistung."

Der Prüfer beurteilte den Fall umsatzsteuerrechtlich wie folgt:

"Die Leistungen an den jeweiligen Spieler, d. i. der Sportwettenumsatz fällt unter § 3a Abs. 7 UStG 1994. Zumal nach § 3a Abs. 7 UStG 1994 eine sonstige Leistung, die an einen Nichtunternehmer ausgeführt wird, an dem Ort ausgeführt wird, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt, ist der Ort der sonstigen Leistung Österreich. Die Leistung ist gemäß § 6 Abs. 1Z 9 iit. d sublit. aa UStG 1994 steuerfrei.

Die Betreiberin hat nach Ansicht des Prüfers eine Vermittlungsleistung an die Bf. erbracht. Ab 2010 richtet sich der Ort der Vermittlungsleistung nach § 3a Abs. 6 UStG 1994. Demnach wird eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer ausgeführt wird, an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmenbetreibt. Damit sei Österreich der Ort der Leistung.

"Mangels einer Befreiungsbestimmung ist die Vermittlungsleistung der Betreiber in Österreich umsatzsteuerpflichtig. Die "Reverse Charge"-Regelung des § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 kommt zur Anwendung. Es erfolgt somit der Übergang der Steuerschuld auf den österreichischen Unternehmer. Die Bf. hat jedoch wegen des Zusammenhanges mit einer unecht steuerbefreiten Leistung kein Recht auf einen Vorsteuerabzug."

Diesen Feststellungen folgend erließ das Finanzamt die Umsatzsteuer-Festsetzungsbescheide für 02/2010-12/2010 sowie 01/2011-03/2011.

In der Beschwerde gegen die angeführten Bescheide brachte die Bf. vor, nach dem Rechtsgutachten des Univ. Prof. Dr. Taucher vom handle es sich bei der Leistung der deutschen Betreiber umsatzsteuerrechtlich um eine sonstige Leistung, die in der Hauptsache darin bestehe, auch ihren Kunden (z.B. Tabak-Traffik, Handelsgeschäfte, etc.) bzw. Gästen (z.B. Gasthaus) die Möglichkeit zur verschaffen, mit der Bf. Wettgeschäfte abzuschließen. Vom Ziel der Leistungsbeziehungen zwischen der Bf. und den deutschen Betreibern stehe die Verschaffung der Möglichkeit im Vordergrund, bilde somit die Hauptleistung, womit Werbeleistungen, Vermittlungsleistungen nur Nebenleistungen dieser Hauptleistung darstellten. Für sich betrachtet selbstständige bürgerlich-rechtliche Vorgänge seien umsatzsteuerrechtlich einheitlich zu behandeln. Die für die Zielerreichung dominierende Leistung, die Hauptleistung, prägen das Leistungsbündel und sei diese Hauptleistung für die umsatzsteuerrechtliche (einheitliche) Behandlung entscheidend.

Diese sonstige Leistung (Vorleistung der Bf.) werde am Ort der deutschen Betreiber(§ 3a Abs.12 UStG = Art. 9 Abs. 1der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie) ausgeführt, weshalb diese Leistungen auch nicht unter dem Aspekt des Reverse-Charge-System (§ 19 Abs. 1 UStG) der österreichischen Umsatzsteuer unterliegen können.

Die in den Rechnungen (Gutschriftsrechnungen) der Bf. an die Betreiber ausgewiesenen Provisionen samt Gewinnbeteiligung und WKZ könnten deshalb (bei der Bf.) keine Belastung mit Umsatzsteuer nach sich ziehen. Das Rechtsgutachten nehme auch noch zur steuerlichen Thematik der Leistungen von Unternehmen ohne Sitz im Inland ausführlich Stellung. Daher werde auf eine ausführliche Begründung der Nicht-Festsetzung der Umsatzsteuer verzichtet.

In der Beschwerdevorentscheidung (BVE) hielt das Finanzamt fest, dass die Leistungen der Bf. an die Spieler in Österreich erbracht worden seien (siehe Aigner in Taxlex 2010,195, A. Ausgangslage, erster und zweiter Satz samt Fußnote 1).

Die Leistungen der Betreiber an die Bf. seien in Österreich erbracht worden, weil es sich hierbei - wie der Europäische Gerichtshof im Urteil vom , C-316/07, Markus Stoß al., Rn. 14 festgehalten hat - um Vermittlungsleistungen handle. Der Ort dieser Vermittlungsleistung sei (vor und ab dem ) nach § 3a Abs. 4 und § 3a Abs. 6 Österreich.

Die Bf. brachte den Vorlageantrag ein.

Im Vorlagebericht hielt der Amtsvertreter fest, dass der Hinweis im Vorlageantrag auf § 3a Abs. 12 UStG 1994 grundsätzlich zutreffend sei (vgl. in diesem Sinne das VwGH Erkenntnis vom , Ra 2014/15/00 56). Allerdings übersehe die Bf. den zeitlichen Geltungsbereich dieser Bestimmung und dass diese Generalklausel mit in das Empfängerortprinzip (d.i. nunmehr § 3a Abs.6 UStG 1994 gekippt sei. Die Beschwerde erweise sich daher als unbegründet.

Am erließ das Finanzamt die Umsatzsteuerbescheide 2010 und 2011, in denen die Ergebnisse der angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzung erfasst waren. Da die Umsatzsteuerbescheide 2010 und 2011 an die Stelle der Festsetzungsbescheide getreten sind, gilt gemäß § 253 BAO die gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuerfestsetzung 02-12/2010 und 01-03/2011 eingebrachte Beschwerde auch gegen die nunmehr erlassenen Umsatzsteuerbescheide 2010 und 2011 eingebracht.

In einem ergänzenden Schreiben vom führte der Amtsvertreter zur Frage, ob das Finanzamt nunmehr von einer anderen sonstigen Leistung ausgehe, aus, dass diese Frage Vermittlungsleistung oder andere sonstige Leistung nach Ansicht des Finanzamtes offen bleiben könne, weil das Ergebnis in beiden Fällen dasselbe sei: Die Leistungen der Betreiber würden in Österreich erbracht. Für eine Änderung am Ergebnis der Bp bleibe kein Raum.

B. Beschwerde gegen die Bescheide betreffend die Umsatzsteuerfestsetzung für 07/2012-12/2012, 01/2013-11/2013, 01/2014-03/2014

Nach einer weiteren Bp für den Zeitraum 07/2012 bis 11/2013 erließ das Finanzamt wiederum Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide für 07-12/2012, 01-11/2013 sowie 01-03/2014, in denen es wiederum die unter Pkt. A festgehaltene Ansicht vertrat. Die Beträge waren der Höhe nach unstrittig.

Dagegen erhob die Bf. Beschwerde mit der im Verfahren unter Pkt. A. angeführten Begründung.

Das Finanzamt wies in der BVE die Beschwerde als unbegründet ab. Es verwies auf das (auch für den vorliegenden Streitzeitraum auf das in Aigner, taxlex 2010, 195, festgehaltene Erkenntnis des .

Die Bf. brachte den Vorlageantrag ein.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. und der Betreiber haben die Vereinbarung abgeschlossen. Die Bf. hat dem Betreiber Terminals zur Verfügung gestellt, die diese in ihren Räumlichkeiten in Deutschland aufgestellt hat.

Die Betreiberin hat die Agenden laut Geschäftsbesorgungsvertrag besorgt und an die Bf. ein Bündel von Leistungen, wie Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten für die Wettterminals, Anbringen der Bedingungen, Werbung, Auszahlung der Spielgewinne gegen Übergabe der von der Bf. zur Verfügung gestellten Wettscheine, Übermittlung der Ergebnisse an die Bf., erbracht. Der Betreiber hat den vereinbarten Anteil vom Rohertrag erhalten.

Das Finanzamt sah in der Tätigkeit der deutschen Betreiberin vorerst eine Vermittlungsleistung. Aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag gehen keine Verpflichtungen zu einem aktiven Tun des deutschen Betreibers zum Geschäftsabschluss zwischen der Bf. und dem Kunden hervor, auch hat das Finanzamt kein solches aktives Tun in Bezug auf den Geschäftsabschluss behauptet oder festgestellt.

Nunmehr erachtet das Finanzamt den Hinweis der Bf. auf das Erkenntnis des 56, als zutreffend und erhebt somit gegen die Qualifikation der Tätigkeit des deutschen Betreibers als "sonstige Leistung" keinen Einwand.

2. Beweiswürdigung

Die Entscheidung fußt auf dem vorgelegten Akteninhalt und den Vorbringen der Parteien im Beschwerdeverfahren.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu. A. Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide 2010 und 2011 sowie
B. Beschwerde gegen die Bescheide betreffend die Umsatzsteuerfestsetzung für 07/2012-12/2012, 01/2013-11/2013 und 01/2014-03/2014

Strittig ist, wo im gegenständlichen Fall der Leistungsort für das vom Betreiber erbrachten "Leistungsbündel" gelegen ist, weiters auch die Frage der Nicht-/Anwendbarkeit der Revers-Charge-Regel.

Sonstige Leistungen sind gemäß § 3a Abs. 1 UStG 1994 Leistungen, die nicht in einer Lieferung bestehen. Eine sonstige Leistung kann auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustandes bestehen.

Gemäß § 3a Abs. 5 UStG 1994 gilt für Zwecke der Anwendung der Abs. 6 bis 16 und Art. 3a

1. als Unternehmer ein Unternehmer gemäß § 2, wobei ein Unternehmer, der auch nicht steuerbare Umsätze bewirkt, in Bezug auf alle an ihn erbrachten sonstigen Leistungen als Unternehmer gilt;

2. eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als Unternehmer;

3. eine Person oder Personengemeinschaft, die nicht in den Anwendungsbereich der Z 1 und 2 fällt, als Nichtunternehmer.

Gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 wird eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 1 und 2 ausgeführt wird, vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art. 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend.

Eine sonstige Leistung, die an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 ausgeführt wird, wird gemäß § 3a Abs. 7 UStG 1994 vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art. 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.

Eine Vermittlungsleistung an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 wird gemäß § 3a Abs. 8 UStG 1994 an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird.

Gemäß § 19 Abs. 1 UStG 1994 ist Steuerschuldner in den Fällen des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 der Unternehmer, in den Fällen des § 11 Abs. 14 der Aussteller der Rechnung.

Bei sonstigen Leistungen (ausgenommen die entgeltliche Duldung der Benützung von Bundesstraßen) und bei Werklieferungen wird die Steuer vom Empfänger der Leistunggeschuldet, wenn der leistende Unternehmer im Inland weder einen Wohnsitz (Sitz) noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte hat (TS 1) und der Leistungsempfänger Unternehmer im Sinne des § 3a Abs. 5 Z 1 und 2 ist oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, die Nichtunternehmer im Sinne des § 3a Abs. 5 Z 3 ist.

Der leistende Unternehmer haftet für diese Steuer.

Zur Leistung der Bf. an den jeweiligen Spieler

Gegen die diesbezügliche Beurteilung des Finanzamtes hat die Bf. keinen Einwand erhoben, auf den einzugehen gewesen wäre.

Zur Leistung des Betreibers an die Bf.

Im Erkenntnis des Ra 2014/15/0056, ist festgehalten:

"22 Eine Vermittlungsleistung im Sinne des Umsatzsteuerrechtes liegt vor, wenn ein Unternehmer durch Herstellung unmittelbarer Rechtsbeziehungen zwischen einem Leistenden und einem Leistungsempfänger einen Leistungsaustausch zwischen diesen Personen herbeiführt, wobei der Vermittler im fremden Namen und auf fremde Rechnung tätig wird (vgl. ).

23 Der EuGH hat dazu entschieden, dass die Vermittlungstätigkeit "eine Mittlertätigkeit ist, die u. a. darin bestehen kann, einer Vertragspartei die Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrags nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder im Namen und für Rechnung des Kunden über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln, wobei Zweck dieser Tätigkeit ist, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, ohne dass der Vermittler ein Eigeninteresse an seinem Inhalt hat" (vgl. , Ludwig, Rz 28 mwN)."

Im Erkenntnis des RV/7102033/2013 (Revision mit Beschluss des Ra 2017/13/0059, zurückgewiesen) wurde die Tätigkeit des Unternehmers, der aufgrund eines Vermittlungsvertrages mit einem Bündel von Leistungen seinen Kunden die Möglichkeit bot, mit einem anderen Unternehmer Wetten abzuschließen, als "sonstige Leistung" angesehen, weil es eben an dem für eine Vermittlungsleistung erforderlichen aktivem Tun des Unternehmers fehlte.

Ein vom EuGH gefordertes "aktives Zutun" eines Vermittlers am Zustandekommen eines Vertrages zwischen zwei Parteien, ohne dass der Vermittler ein Eigeninteresse hätte, konnte im gegenständlichen Fall für den Betreiber nicht festgestellt werden und wurde ein solches aktives Zutun auch nicht behauptet. Demnach ist die Tätigkeit bzw. das Tätigkeitsbündel keine Vermittlungsleistung.

Hier hat daher der deutsche Betreiber an die Bf. im Beschwerdezeitraum eine andere sonstige Leistung erbracht.

In diesem Fall kommt die Generalklausel des §3a Abs. 6 UStG 1994 zum Tragen. Dies bedeutet, dass die sonstige Leistung, die die Betreiberin an die Bf. erbringt, an dem Ort ausgeführt wird, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Demnach ist hier der Ort der anderen sonstigen Leistungen in Österreich gelegen.

Betrachtet man die vom Betreiber erbrachten Leistungen an die Bf., lassen sich diese als "das Eröffnen der Möglichkeit für die Bf., durch Aufstellen der Terminals in den Räumlichkeiten des Betreibers für den vertraglich vereinbarten Zeitraum mit deutschen Kunden Sportwetten mit von der Bf. zur Verfügung gestellten Wettscheinen abzuschließen, dies gegen einen Anteil des vom Betreiber erzielten Umsatzes abzüglich ausgezahlter Gewinne (Rohertrag) zur Abdeckung der gesamten Tätigkeit des Betreibers inklusive Personalkosten und Miete" beschreiben.

Diese sonstigen Leistungen des Betreibers sind jedoch - zumal der Ort der sonstigen Leistungen in Österreich gelegen ist - in Österreich steuerbar und steuerpflichtig.

Stellt man sich - obwohl seitens der Bf. nicht (konkret) vorgebracht - die Frage, ob die Leistungen allenfalls steuerfrei sein könnten, so ist diese Frage zu verneinen. Die schon in Erkenntnis des , aufgeworfene Frage, ob allenfalls eine unecht befreite Vermietung von Grundstücken gemäß § 6 Abs. 1 Z. 16 UStG 1994 vorliegen könnte, verneinte der VwGH. Er verwies u. a. auf das C-275/01, Sinclair Collins, hin, in dem sich der EuGH mit der Aufstellung von Automaten in Gasthäusern beschäftigt und dabei ausgesprochen hat, dass es keine Vermietung eines Grundstücks darstellt, wenn der Eigentümer von Räumlichkeiten (der Lokalinhaber) dem Eigentümer eines Zigarettenautomaten das Recht einräumt, den Automaten für einen Zeitraum von zwei Jahren an einer von dem Lokalinhaber bezeichneten Stelle in den Räumlichkeiten gegen einen prozentualen Anteil an den Bruttoerträgen aus dem Verkauf von Zigaretten und anderen Tabakwaren aufzustellen, zu betreiben und zu warten, jedoch mit keinen anderen Besitz- und Kontrollrechten als in der schriftlichen Vereinbarung zwischen den Parteien angegeben.

Zumal auch im gegenständlichen Fall keine Anhaltspunkte dafür zu erblicken sind, dass die Betreiberin der Bf. "das Recht eingeräumt hätte, "das Geschäftslokal oder Teile desselben so in Besitz zu nehmen, als ob sie dessen Eigentümerin wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen", war auch von keiner unecht befreiten Vermietung iSd § 6 Abs. 1 Z. 16 UStG 1994 auszugehen.

Nach all dem Gesagten ist die Steuerpflicht für die der Höhe nach nicht angefochtenen Entgelte aus den Leistungen des Betreibers an die Bf. zu bejahen.

Zumal diese Entgelte im Zusammenhang mit unecht steuerbefreiten Umsätzen des § 6 Abs. 1 Z. 9 lit. d sublit. aa UStG 1994 stehen, kommt der Bf. kein Vorsteuerabzug zu.

Nach all dem Gesagten konnte der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein, weshalb sie als unbegründet abzuweisen war.

Zur Un/Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Ansicht des BFG bezüglich der Leistungen der Betreiber an die Bf. sowie bezüglich des Nichtvorliegens einer Vermietung von Grundstücken iSd § 6 Abs. 1 Z. 16 UStG 1994 findet im Erkenntnis des 56, Deckung. Die vom BFG gezogenen Rechtsfolgen ergeben sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

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ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100309.2019

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